Volltext Seite (XML)
Drahtanschriß: Nachrichten Dresden. Fernsprecher-Sammelnummer: 8» 841. Nur für Nachlgespräche: 80011. 18SS Donnerstag, LS. August 1V17. /5 >77S/ /jM ^Ä7^/ LÄ7/^. Schristleitung und Hauptgeschäftsstelle: Marienstrahe S84V. Druck u. Verlag von Liepsch L Reichardt in Dresden. «tertellLdrlich In Dresden und Vororten det poetmaNaer Zutraaun, <on Sonn- und Montagen nur I Die einlpal»,« Zeile «etwas Silben» Sb Pt.. Borzuaspiittze u. «n,eigen in Runnnern noch »«««» u. -0"gUgS-vNLVUl)l. einmal) sowie bet etnmaitger Zustellung durch die Post (ohne Bestellgeld) S üo M. monallich >20 M. s LlllgetZLN'PI.bis6. Feiertagen II. Tarit. Lü °/° Teuerungozulchlag. — Au»w. Allste. geg. Borauobezahi. — Beiegbi. 10Ps. Nachdruck »»« mit deutlicher Quellenangabe «.Dresdner Nacht.-> ,ulaffig. — llnoeriangl« Schritiftücke werden nicht autbewadrl. Irr Kanzler und die Friedensentschließung der Reichstags. Sine neue Rede des Kanzlers im Hauvtansschub.— kine krllürung der Mehrheitsvarteien gegen den Kanzler.—Günstiger Stand der gsonzo-Schlacht. — Neue englische Angriffe in Flandern abgewiesen. — Deutsche Fliegerangriffe aus die englische Küste. Ser deutsche Abendbericht. B c r l i n. 22. August, abends. (Amtlich. W. T. B.s I« Flandern haben sich die heute früh einsetzcude» englischen Angriffe östlich von Npern auf eine Front von IS Kilometern ausgedehnt, sie sind unter schwere» Ver lusten fikr den Feind gescheitert. Bor Verdun ruhte bisher der Fnfanteriekampf. Das Feuer blieb östlich der Maas stark. Bombenangriffe unserer Fliegergeschwader gegen be festigte Orte an der englischen Küste waren erfolg reich. Im Osten nichts Wesentliches. Sefterreichlsch-ungarischer Kriegsbericht. Wien, 22. August. Amtlich wird verlautbart: Oestttcher Kriegsschauplatz. Bei Soveja, bei Ocna und westlich von Sulta nnter- »ahm der Feind starke, aber vergebliche Angriffe. Sonst nichts von Belang st« melden. Italienischer Kriegsschauplatz. Der 21. August ist i» der Geschichte der Jsonzo- Armee einer der heißeste« Kampftage geworden. Oestlich von Cauale mußte dem Feinde das Dorf Vrn überlasse» werden. Alle Anstrengungen der Italiener, den Stost über die Höhe südlich des Ortes hinauszutragen, blieben erfolglos. Ebenso scheiterten südlich von Descla mehrere, mit erheblichen Kräften geführte Angriffe des Gegners, wobei sich das mährische Landsturm - Regiment Nr. 25 besonders hervortat. Siegreich wie an den Vortagen behaupteten östlich von Görst und bei Biglia die tapferen Verteidiger ihre vordersten Gräben gegen neuerliche wieder holte Anstürme. Schwere Verluste und völlige Erschöpfung stwangen hier den Feind, nachmittags eine Kampfpause ein- treten st» lassen. Am schwersten wurde auf der Karst- Hochsläche gerungen. Unterstützt durch ein an Kraft kaum mehr stu überbietcndcs Artilleriescner. warf Her Feind vom frühen Morgen bis st»m späten Abend Division auf Division gegen unsere Stellungen. Heftigster Anprall rich tete sich gegen die beiden Flügel des Abschnittes, gegen den Raum Faiti—Hrib—Eoftanieoica, wo die seit Sommer ISIS am Karst fechtenden ungarischen Heercsregimenter 89 und 48 «e«e» Hcldenrnhm ernteten, und gegen Medeaststa und Sau Giovanni. Das Ergebnis des Tages entsprach der glänzenden Haltung der Truppen und ihrer Führer; vermochte cs auch z« kleinen, im Abwchrversahre« gelegenen Schwankungen gekommen sei«, der Erfolg blieb «nbe st ritten auf unserer Seite. Heute feit Tagesanbruch stürmen italienisch« Massen aufs nene gegen unsere Karst- stclluugeu a». Bei der Heeresgruppe des Feldmarschalls Freiherr« ». Conrad kam es vielfach zu erhöhter Gesechtstätigkeit. Im Sugaua«Tal wurden von unseren Erknndungs» abteilnngen 78 Gefangene eingcbracht. Bei den gestern gemeldete« ttnternchmcn nordwestlich von Arsiero blieben 2 Offiziere» 18» Mann und 8 Maschinengewehre in unserer Hand. Westlich des Garda-Sees überwältigte« nufere Trnppc« nach heftigen Kämpfen einen feindliche« Stützpunkt. sW.T.B.s Der Chef des Genera lftabs. SnmdWicher ;«r Pavklnote. Der Wiener Mitarbeiter der „Frankfurter Zeitung" wendet sich gegen die Behauptung, die päpstliche Note sei von österreichischer Seite angeregt worden. Zum Beweise führt er Aeußcrungen eines Diplomaten an. di« vor mehre ren Monaten gemacht worden seien und im wesentlichen be sagten: „Sie werden sehen, im Spätsommer, nach dem vor aussichtlichen Scheitern der Westossensive, und größere Fort schritte der Tauchboote vorausgesetzt, wird plötzlich aus irgendeinem Winkel Europas ein Fricdensvorschlag aus tauchen, der von der gesamten englischen Presse unisono wütend beschimpft werden wird, während doch niemand anders der Urheber des Vorschlages sein wird, als die eng lische Regierung selbst". Der Mitarbeiter des Frankfurter Blattes bemerkt dazu, er wolle keineswegs behaupten, das, dieser Diplomat sich als Prophet erwiesen habe und die päpstliche Note auf englische Anregung zurttckgehe, immerhin bewiesen diese Aeußcrungen, daß der Schritt des Papstes für diplomatische Kreise nicht ganz unerwartet gekommen tei. Das dürfte richtig sein und mehr noch: es sprach von Anfang an manches dafür, daß der Papst, als er seinen Schritt unter nahm. von englischem Einfluß nicht ganz frei gewesen ist, ganz sicher aber nicht gegen den Willen der englischen Re gierung gehandelt hat. Inzwischen haben sich die Beweise dafür gemehrt. Schon am Montag hat der englische Gesandte am Vatikan im Auftrag seiner Regierung den Empfang der Note bestätigt und erklärt, die päpstliche Kundgebung würde in London einer wohlwollenden und ernsten Prüfung unter zogen. Im englischen Unterhaus,: hat aber bereits am 18. August der Liberale Morrel in einer Polemik gegen die „Times" gesagt, die päpstliche Note biete, wenn sic auch nicht befriedigend sei. doch eine Grundlage für Verhandlungen. Die Dinge liegen also heute so, daß die englische Negierung sich durchaus die Möglichkeit gewahrt hat. der päpstlichen An regung näher zu treten. Daß dies im Gegensatz zu dem größte» Teil der Presse geschehen würde, ist sicher kein Zu fall. Den englischen Unterhändlern ist durch die Haltung der Presse nur die Arbeit erleichtert worden. Wenn sie tat sächlich auf der Konferenz erscheinen, dann können sie schon ihre bloße Anwesenheit als ein Opfer bezeichnen, das die englische Negierung gebracht habe um- das selbstverständlich durch Zugeständnisse von der anderen Sette wottgemacht wer den müsse, weil sich das britische Kabinett sonst vor der widerstrebenden öffentlichen Meinung nicht rechtfertigen könne. Wenn man nun neben diese englische Taktik Asnßc- rungcn deutscher und österreichischer Blätter hält, wenn man sich erinnert, wie beispielsweise die „Germania" sich in aller hand Andeutungen über die Vorgeschichte der päpstlichen Note gefiel, aus denen man entnehmen konnte, und das Ausland selbstverständlich sofort entnommen hat, baß die Mittelmächte um den Schritt gewußt haben, dann kann man nicht behaupte», daß unseren Unterhändlern ihre Aufgabe erleichtert worben wäre. Merkwürdig muß es auch be rühren, wenn die Wiener „Reichspost" die Entdeckung macht, der allgemeine Nahmen des päpstlichen Schreibens sei der selbe, den die verantwortlichen Leiter der Politik Oester reich-Ungarns und Deutschlands zu wiederholten Malen bezeichnet hätten, und zu beweisen sucht, Ser Papst hätte, als er von den gerechten Aspirationen Italiens sprach, nicht die Raubgelüste der italienischen Negierung gemeint und auch nicht die Ansprüche Italiens ans das Küstenland und auf Dalmatien. Faktisch bliebe dann von den italie nischen Ansprüchen nichts übrig, dem steht aber entgegen, daß der Papst in gang unmißverständlicher Weise von strittigen territorialen Fragen zwischen Italien und Oesterreich und Deutschland und Frankreich spricht und der Hoffnung Ausdruck verleiht, den Bestrebungen der Völker möchte nach Maßgabe des Gerechten und Möglichen Rechnung getragen werden. Eine Ablehnung der italie nischen Ansprüche hieraus zu folgern, erfordert eine ge wisse Vergewaltigung des Sinnes der päpstlichen Worte. Derartige Auslegungskünste erübrigen sich, wenn man, sei es auch nur als Arbeitshypothese für die Beurteilung der politischen Aktion Benedikts XV., die in der „Frank furter Zeitung" wiedergegebenen Aeußcrungen des Wiener Diplomaten als wahrscheinlich annimmt. Die Voraussetzungen, die jener Diplomat für eine von England angeregte Vcrmittlungsaktion einer neutralen Macht gemacht hat, sind ja heute vorhanden. Die flandrische Offensive Haigs kann als gescheitert an gesehen werden, der offenbar groß angelegte Durch- brnchSversuch P-tatns an der Verdun-Front ver spricht kein besseres Ergebnis. Der Untcrseekrieg Lauert mit immer steigender Wirkung an, alle Gegenmittel haben sich, wie die überraschend geringen Verluste an Untersee booten beweisen, als nutzlos erwiesen. Ans die Offensive Cadornas dürfte man in London nach der völligen Erfolg losigkeit seiner bisherigen zehnmaligen Anstürme von vornherein keine großen Hoffnungen gesetzt haben, der rus sische Bundesgenosse ist mattgesetzt, in Rumänien machen die Mittelmächte Fortschritte. Es wird für England Zeit, den Krieg abznbauen, bisher haben die Bundesgenossen geblutet, was im Interesse der englischen Weltmacht nur erwünscht sein konnte, jetzt aber kommen die Grundlagen des englischen Imperiums ins Wanken. Infolge der fort währenden SchtffSverluste laufen dte Cityleute Gefahr, aus der Vormachtstellung im Wclihmrdel verdrängt zu wer den. Die Frachtengewinne, all die Vermittlungsgebühren, die durch Len Welthandel bisher in die Taschen der eng lischen Grotzkausleute flössen, sind unwiederbrinalich dabin. wenn England nach dem Kriege keine konkurrenzfähige Handelsflotte mehr hat. Man iehnt sich nach dem Ende in London. Und war nicht der Papst, nachdem Wilson seine Rolle ausgcspielt hatte, der allergeeignetste Vermittler? Am Vatikan sind die Mittelmächte nicht mehr vertreten« das Feld für die Betätigung der Verüandsdiplomatie ist dort freier als irgendwo sonst in der Welt. In jedem anderen neutralen Staate kann die Ansicht der Mittelmächte und ihrer Verbündeten ohne Schwierigkeiten an Len amt lichen Stellen kundgegeben werden, nur am Vatikan ist das nicht möglich. Es ist also ganz natürlich, daß hier der Hebel angesetzt wurde. Mir welchem Erfolge, ist jedem klar, der die päpstliche Note ohne Voreingenommenheit, ledig lich auf ihren politischen Gehalt hin. geprüft hat. Räu mung der besetzten Gebiete, vor allem Belgiens, „Ver ständigung" über Elsaß-Lothringen und die italienischen Be strebungen, das sind alles Verbandsziele. Wenn dafür die deutschen Kolonien zurückgegeben werden sollen, so will das wenig besagen, und noch weniger dte Forderung der Frei heit der Meere. Wenn England Calais in Besitz hat und auf Belgien wieder die Hand legen kann, wie einst, dann kann es jeden Vertrag über die Freiheit der Meere unterschreiben. Daß im Ernstfälle dieser Vertrag kein anderes Schicksal hätte, als die Pariser und Londoner Sce- rechtsdcklarativncn und all die anderen internationalen Ab machungen, liegt auf der Hand. Demgegenüber haben wir daran festzuhalten, daß wir die Sieger sind und cs bleiben werden. Der Reichskanzler hat am Dienstag im Hauptausschnß auf Grund eines Telegramms der Obersten Heeresleitung erklärt, Deutsch land siehe so günstig da wie nie. Es ist selbstverständlich, daß diese günstige militärische Lage Deutschlands für uns die Grundlage bei den Friebensvcrhandlungcn abgcben muß. Auch heute noch ist die Kricgskyrte maßgebend und muß es sein, wenn der Friede ein deutscher Friede werden und uns vor künftigem Ueberfall sichcrstellen soll. Darüber dürfen uns schöne Worte von der Vorherrschaft des Rechtes — noch bei jedem Friedensschluß ist davon die Rsöe ge wesen und nur zu oft sind deutsche Lebensinteresscn solchen Phrasen geopfert worden — ebensowenig hinwegtäuschen. wie das Geschrei der feindlichen Presse, die noch immer die Bestrafung des Schuldigen fordern zu müssen glaubt. Wir könnten uns diese Forderung mit Recht zu eigen machen: denn die Angegriffenen waren wir, und die Ur heber dieses Krieges fitzen oder saßen noch bis vor kurzem in London. Paris und Petersburg. Es ist ein Zeichen deut scher Gutmütigkeit, wenn wir anders denken und nur die Sicherung unserer Zukunft verlangen. Sie aber müssen wir haben, unter allen Umständen und restlos, sie könne n wir auch haben, und zwar in nicht zu ferner Zukunft, wenn auch die Heimat den Siegeswillcn beweist, der unsere Truppen draußen erfüllt. * b. Die Londoner „Daily News" läßt sich anS Genf die Meldung machen, daß die Friedenskundgebung des Papstes hauptsächlich veranlaßt worden sei durch das Betreiben der internationalen katholischen F r ie d e n S l i g a, deren Sitz in Zürich sei und die stark unter dem Ein fluß Erzbergers stehe. Das englische Blatt wacht also den Versuch, die päpst liche Note als von deutscher Seite inspiriert hinzustellen. Der Zweck ist sehr durchsichtig, es fragt sich aber sehr, v-b nicht in der internationalen katholischen FriedenSliga in Zürich ganz andere und stärkere Kräfte bestimmend sind, als eben Herr Erzberger, dem doch wohl mehr die Rolle des Geschobenen zusammen dürfte. Der Ksnzler rmd die FnedeKsenLMeßMg der Mehrheitstzarteien. Neue Erklärungen im HanptiNlSschlch. Unser Berliner Mitarbeiter meldet uns: Im weiteren Verlaufe der Verhandlungen des Hauptaus- schufses des Reichstags am Mittwoch (über deren Anfang be reits im Vorabendblatt berichtet) fragte der fortschrittliche Abgeordnete Dr. Naumann, ob für die Zukunft andere Grundsätze bei der Auswahl des Personals für den diplomatischen Dienst und in der Methode des Abschlusses von St an t S ve rt r ü ge n gelten sollen. Die Volksvertretungen müßten an dem Abschlüsse von Staatsvertr<igen beteiligt werden: das sei eine der wich tigsten Forderungen der Zukunft. Zwischen den Verbün deten feien formulierte Verträge von größter Wichtigkeit. Wir müßten aus diesem Gebiete noch viel weiter kommen. Wie stehe es mit der eingeleitetcn Besprechirng zwischen den Verbündeten auf den Gebieten der Handels- und Ver kehrspolitik, ferner mit Len Verträgen für die Donau- Schiffahrt? Der Gedanke der Schicdsverträge müsse in alle internationalen Abmachungen hi nein gearbeitet wer den. Ein sozialdemokratischer Abgeordneter gab seiner F r i e d e n s h o f s n u n g Ausdruck, die sich zwar nicht auf die feindlichen Staatsmänner, wohl aber auf die feindlichen Völker stützen könne. Daher brauchten wir in unseren Friedensbemühungen auch nicht zu erlahmen. Er verteidigte die Fricöensrefolution des Reichstags vom, 10. Juli und wetterte gegen die Annexionisten. Nach der Mittagspause führte ein Zentrumsabgcord- neter <Erzbergcr» tn längerer Rede aus, daß der Staats sekretär mit seiner Wendung vom „letzten Kriegssahre", tn das wir hineingingen, auch eine Verpflichtung übernommen habe. Hoffentlich behalte er recht mit seiner Auffassung, daß der Krieg in diesem Fahre zu Ende gehe. Sein Wort, daß