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Dresdner Journal : 29.09.1896
- Erscheinungsdatum
- 1896-09-29
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-189609293
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18960929
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18960929
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1896
-
Monat
1896-09
- Tag 1896-09-29
-
Monat
1896-09
-
Jahr
1896
- Titel
- Dresdner Journal : 29.09.1896
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v„»«-»ret«: Für Dresden vierteljährlich 2 Mart 60 Pf., bei den Kaiser- lich deulschen Postanftalten vierteljährlich 3 Mart; außer- halb de- Deutsche« Reiche- Post- and Stempelzuschlaa. Einzelne Nummern: 10 Ps Urschet»»»: Täglich mit Ausnahme der Sonn- und Feiertage abends. Fernspr -Anschluß: Dresdner S Mmal. SukündtaungSgrbühre»: Für den Raum einer gespal tenen Zeile t!nner Schrift 20 Ps Unter „Linaelandt" die Zeile SO Pj. Bei Tabellen- und Zifirrnsatz entsprechender Ausschlag. Herausgeber: Nünigliche Expedition des Dresdner Journals Dresden, Zwingerstr. 20. Fernspr Anschluß: Nr ILAL. 227. Dienstag, den 29. September, abends. 1896. WW^ Wir ersuchen unsere geehrten Post bezieher um rechtzeitige Erneuerung der Be stellungen bei den betreffenden Postämtern, da mit in der Zustellung der bezogenen Exemplare keine Unterbrechung eintritt. Löuigl. Expedition des Dresdner Journals. Amtlicher Teil. Trelde«, 26. September. Mit Allerhöchster Ge nehmigung Sr. Majestät des Königs ist dem Grenz- aufseher Eduard Richard Müller in Ebersbach für die von ihm am 17. Juni dieses Jahres bewirkte Er rettung eines Mannes vom Tode des Ertrinken- in dem großen Teiche der Firma „Wünsches Erben" da selbst die silberne Lebensrettungsmedaille mit der Be- fugniß zum Tragen derselben am weißen Bande ver liehen worden. Se. Majestät der König haben Allergnädigst ge ruht zu genehmigen, daß der Oberregierungsrath Kraft bei der Abtheilung der hiesigen Kreishaupt mannschaft für Ablösungen und Gemeinheitstheilungen das von Sr. Hoheit dem Herzoge zu Sachsen-Alten burg ihm verliehene Ritterkreuz 1. Klasse des Sachsen- Ernestinischen Hausordens annehme und trage. Se Majestät der König haben Allergnädigst zu genehmigen geruht, daß der im Königreich Sachsen staatsangehörige Postverwalter Staritz in Hummels hain das ihm von Sr. König!. Hoheit dem Prinzen Albrecht von Preußen, Regenten des Herzogthums Braunschweig, verliehene Bei dienstkreuz 1. K lasse des Herzoglich Braunschweigischen Hausordcns Heinrichs des Löwen annehme und trage. Se. Majestät der König haben Allergnädigst zu genehmigen geruht, daß die nachgenannteil Executiv- beamten der Polizeidirektion hier die ihnen von Sr. Majestät dem Deutschen Kaiser und Könige von Preußen verliehenen Auszeichnungen, und zwar: die Polizeiinspektoren Zacharias und Hettig die silberne Medaille zum Rothen Adlcrorden, ferner die Kriminal gendarmen Zieger und Beck, sowie der Stadtgendarm Uhlmann die Kriegerverdienstmedaille annehmen und tragen. Er»ea»»a-e«, Verletzungen rr. im öffentlichen Dienste. rcpartemcnt der Finanzen. Bei der Postvcrwaltung sind ernannt worden: Kolbe, zeither Postjecretär, als Ober- LostdireciionssecretSr in Diesden; Lipski, zeiiher PostsecretSr, alS Ober Postdireclionssccretär in Leipzig; — Hertwig, zeit- hcr Ldcrpostassistent, a!s Kanzlist bei der Kaiser!. Oberpost- dircction zu Dresden; Wagner, zeither Obcrpostassistcnt, als BürcauaMent bei der Kaiser!. Oberpostdirection zu Dresden. Departement des Kultus und öffentlichen Unterrichts. Erledigt: eine ständige Lehrerstelle in Großzschocher bei Leipzig. Kollator: der Gemeinderat daselbst. Einkommen: lovo M. Gehalt und 20t) M Logisgeld sür einen verheirateten und 120 M. für einen unverheirateten Lehrer. Das Ein kommen steOt durch legulativmüßige A.terszulagcn nach 2b jähriger Dienstzeit bis 1900 M. und Logisgeld Gesuche sind bis zum 13. Oktober beim Gemcinderate in Groß zschocher einzureichen; — die 2. ständige Lehrerstelle in Rothenbach bei Glauchau. Kollator: die oberste Schulbehörde. Einkommen: 1000 M. Gehalt, 150 M. Wohnungsgeld und 36 M sür Turnunterricht Bewerbnngsgesuche mit sämtlichen Zeugnissen bis in die neueste Zeit sind bis zum 19. Oktober bei den« K. Bezirlsschulinspeltor Schulrat Lötzsch in Glauchau einznreichcn; - die 4. ständige Lehrerstelle in St. Egidien. Kollaior: die oberste Schulbehörde. Einkommen: 1000 M. Ge halt, 120 bez. 180 M Wohnungsgeld und 72 M sür Über stunden Bewerbungsgesuche mit sämtlichen Zeugnissen bis in die neueste Zeit sind bis zum 19. Oktober bei dem K. Bezirks- schulin pektor Schulrat Lötzsch in Glauchau einzureichen; — die Kirchschulüelle in Lobsdors bei Nicderlungwitz Kollator: die oberste Sbulbehörde Einkommen: 1021 M vom Schul dienst, Siu M. 74 Pf. vom Kirchendienst, 2i6 M. für Über stunden, 72 M. für Fortbildungsschule, 36 M für Turnunter ¬ richt, beziehentlich 60 M sür Erteilung des Radelarbeitsunter richtet an die Frau des Lehrers und Amtswohnung. Bt- werbungsgesuche mit sämtlichen Zeugnissen bis in die neueste Zeit sind bis zum 19. Oktober bei dem K. BezirkSschulinspektor Schulrat Lötzsch in Glauchau einzureich n. nichtamtlicher Teil. Zu Lem letzte« armenische« Ansr«hr i« Konstantinopel erbalten wir von unserem dortigen Mitarbeiter einige zusammenfasiende Darlegungen, die sich in Über einstimmung mit neueren maßgebenden Auslassungen entschieden gegen die Armenier wenden und gleichzeitig ein Stimmungsbild von der augenblicklichen Loge in der türkischen Hauptstadt ergeben. Es ist in der Korrespondenz folgendes gesagt: Seit dem letzten Putsch anarchistischer Armenier sind mehr als vier Wochen vergangen, und seitdem hat es die Regierung nicht an umfassenden Sicher- heitsmaßregeln fehlen lassen; die durch die Garnisons truppen unterstützte Polizei und Gendarmerie ist mit anerkennenswerter Energie unausgesetzt thätig, ver brecherischen Anschlägen zuvorzukommen, verdächtigen Spuren nach allen Richtungen hin nachzug-hen. Dennoch will die Zuversicht der Bevölkerung in eine endliche Wiederkehr normaler Verhältnisse nicht ein treten, man bangt noch immer vor der nächsten Zu kunft, und dazu tragen wohl in erster Reihe all' die unheimlichen Funde bei, welche die Polizei täglich zu Tage fördert, und die wohl auch beherztere Gemüter, als es die Levantiner im allgemeinen sind, in Furcht setzen würden. Es ist namentlich die Aufdeckung er staunlicher Mengen von Dynamit und anderer Spreng präparate, welche auf die Bevölkerung einen depri mierenden Eindruck hervorbringt, den gesamren Handel und Wandel der schwer geprüften Hauptstadt voll kommen lahm legt, jede Unternehmungslust untergräbt. Die bisher erlangten Schuldbeweise lassen keinen Zweifel darüber, daß man es mit einer weitverzweigten Verschwörung zu thun hat, deren Mitglieder aller dings zum größten Teile im Ausland ihre Pläne schmiedeten, die aber in Konstantinopel eine große Zahl von Anhängern gerade unter jenem Teile der armenischen Bevölkerung fanden, der keinerlei Ur sache hatte, sich über seine Lage zu beklagen. Viel mehr erfreuten sich letztere der unbedingtesten Frei heiten, nahmen und nehmen noch jetzt im Staats dienste und in andern Berufen hervorragende Stellen ein, und waren auch sonst vermöge ihrer Arbeitslust und ihrer Intelligenz vor andern Nationalitäten bevorzugt. Zielbewußt arbeiteten sie Hand in Hand mit den Anarchisten, zahlreiche Lehrer und Geistliche trugen den Giftstoff revolu tionärer Ideen in die breiten Schichten der ar menischen Bevölkerung, welcher zum großen Teile die vorgesteckten Ziele fremd waren. So sehr man d e ersten Ausbrüche der Volks wut in der letzten Augustwoche bedauern muß, so läßt sich dafür doch eine gewisse Entschuldigung oder- mildernde Erklärung finden, wenn man die durch die Ereignisse hervorgerufene nicht ungerechtfertigte Er bitterung, den Bildungsgrad und die religiösen Vor urteile der Muselmanen in Betracht zieht. Hätte der frühere Patriarch Jzmirlian, dem die vorbereiteten Dinge nicht unbekannt gewesen sein dürften, seinen Einfluß auf seine Religionsgemeinde wenigstens dazu angewendet, vor dem Gebrauch anarchistischer Mittel zu warnen, so hätte er seinen Leuten einen großen Dienst geleistet und es wäre vielleicht nicht zu dem grauenvollen Blutvergießen gekommen. Wenn die Armenier heute die Bilanz ziehen, so müssen sie zur Überzeugung gelangen, daß mit Dynamit und Nitroglycerin sich kein Staat der Welt so leicht Re formen aufzwingen läßt, und daß die gegen die Ver brecher angewandten Maßregeln im Vergleiche zu dem, was man anderwärts unter gleichen Verhältnissen gethan haben würde, nicht so drakonischer Art sind, als es von verschiedenen Seiten dargestellt wird. Hat doch der Sultan erst jüngst über die Entlassung ar menischer Beamter aus dem Dienste verschiedener öffentlicher Institute sein Mißfallen auSgedrückt und hervorgehoben, daß eS zunächst am Staate gewesen wäre, sich des armenischen Elementes zu entledigen. Letzteres aber ist nicht eingetreten. vielmehr genießen die im Staatsdienste stehenden Armenier nach wie vor die kaiserliche Gnade. Der Herrscher hat außer dem strengsten Befehl gegeben, in der Provinz dafür Sorge zu tragen, daß keinem der dort leben den Armenier ein Leid zugefügt werde. Man macht somit an höchster Stelle sehr wohl Unterschied zwischen dem Schuldigen und dem Schuldlosen. Wenn unter den gegebenen Verhältnissen gewisse Beschränk ungen eintreten müssen und namentlich vorläufig keine Reisrbewilligungen erteilt werden, so hängt dies mit der anhängigen Untersuchung gegen jene zusammen, die zu den Ereignissen, sei es aus Verblendung oder mit Absicht, ihre Hand geboten und damit auch die europäische Bevölkerung in Angst versetzt haben, ob wohl deren Sicherheit von allem Anfänge an nicht bedroht war, von keiner Seite eine solche Ausschreit ung verkam. Wenn die Botschaften und die übrigen diplomatischen Missionen gewisse Sicherheitkmaßregeln getroffen haben, die auch gegenwärtig noch aufrecht erhalten werden, so geschieht dies nicht, weil man seitens der mohammedanischen Bevölkerung Ausschreit ungen zu befürchten hätte, svndirn weil niemand sicher ist, ob die ausländischen revolutionären Komitees nicht nach einer gewissen Zeit zu einem neuen Schlage ausho'en werden. Einiges wird zur all eineinen Beruhigung der nun erfolgte Rücktritt des Monsignore Bartholomäus beitragen, der sich im allgemeinen in der armenischen Religionsgemeinde keiner besonderen Beliebtheit erfreut. Bei der demnächst erfolgenden Neuwahl des Patriarchen wird seine Kandidatur nicht mehr aufgesbllt werden. In einer vor mehreren Tagen beim Musteschar des auswärtigen Amtes Artin Pascka Dadian — der einer der hervorragendsten Familien des Landes an gehört — abgehaltenen Versammlung armenischer Notabeln ist ein diesbezüglicher Beschluß gefaßt worden. Man hat sich dahin geeinigt, den Sultan um seine Zustimmung zur Wahl des Bischofs von Oltakicn Vahram zu bitten Man hat ferner die Ausschreit ungen, deren sich die armenischen Geheimkomitees schuldig machten, auf das schärfste verurteilt Einen tiefen Eindruck machte auf die Bevölkerung die auf Initiative dcs Großmeisters der Artillerie, Marschall Zecci Pascha im Artilleriearsenale von Tophane veranstaltete öffentliche Ausstellung der bis her zu tage geförderten Bomben, Waffen und sonstigen Werkzeuge, die den Anarchisten bei Verfolgung ihrer verbrecherischen Pläne gedient haben. Es war eine in ihrer Art wohl noch nirgends veran staltets Exposition. Nicht weniger als 186 Bomben verschiedener Form und Größe lagen da in Säge späne gebettet nebeneinander, dazwischen gab es ein ganzes Arsenal von Handfeuerwaffen, Säbeln, Dolchen, sodann mehrere Handpressen mit Schriftkästen, deren man sich für die geheime Korrespondenz bediente, auch mehrere zu passenden Verkleidungen bestimmte Anzüge fehlten nicht, und zuletzt wurde diese Kollektion von den mit Nitroglycerin gefüllten Fläschchcn vervollständigt. Der größte Teil dieser Funde, die leider noch nicht bei ihrem Abschlusse angelangt zu seiu scheinen, ist bekanntlich in den jüngsten Tagen gemacht worden, wo es der Polizei zuerst in Skutari und dann in Pera gelang, mehrcre anarchistische Nester auszubeben, in denen die Herstellung der Mordinstrumentc im großen Maßstabe betrieben wurde. Das Publikum läßt sich die Gelegenheit nicht entgehen, diese merk würdige Schaustellung zu besichtigen; vor einigen Tagen fand ein unaufhörlicher Pilgerzug nach dem großen Hofe des Artilleriearsenals statt, wo auch die türkische Frauenwelt, trrtz ihrer sonstigen Ab geschiedenheit, durch ein auffallend starkes Kontingent vertreten war. So manche Verwünschung ward da laut gegen die Leute, die mit diesen Mitteln uner hörte Massenmorde herbeisühren wollten uud die es nun dahin gebracht haben, daß die gebildete Welt die Sympathien, die sie sonst den Armeniern widmete, nun fast vollständig aufgegeben hat. §in nener Hafen Rußlands am Schwarzen Meere. Das große Reich des europäischen Ostens wird von uns im Hinblick auf seine ethnographischen Ver hältnisse und den damit zusammenhängenden Kultur- zustand gern halbasiatisch genannt; jedoch nach manchen wirtschaftlichen Erscheinungen könnte man es ebensogut mit dcn jungen Ländern Amerikas und Australiens vergleichen, insofern nämlich, als infolge der geringen Bevölkerungsdichte der Reichtum an Gaben der Natur uud die Gunst der geographischen Lage an vielen Stellen bei weitem noch nicht so ausgenutzt werden, als es möglich wäre. Das führt zu der Erscheinung, daß sich an solchen Stellen ein außerordentlich rascher, vorher nicht geahnter wirtschaftlicher Aufschwung voll zieht, sobald einmal die günstigen Naturbedingungen erkannt und ihre Ausnutzung in Angriff genommen worden ist. Auch dann gleicht Rußland jenen jungen Ländern, daß ein solcher wirtschaftlicher Auf schwung zu einem wichtigen Teile der Arbeit, der Intelligenz und dem Kapitale Frnnder zu verdanken ist. Am leichtesten erkennt man so rasche wirtschaft liche Fortschritte an einer ihrer Folgen, an dem plötz lichen Wachstum von Städten, die in der Nähe von Gebieten liegen, denen sich auf einmal die Unter nehmungslust zuwendet So hat St Petersburg, die jüngste, noch nicht 200 Jahre zählende Haupfftadt Europas, nicht nur alle andern Städte des russischen Rei ches überflügelt, sondern sich auch zur sünften Millionen stadt unseres Erdteils emporgeschwuugen. Odessa, das jetzt gerade 100 Jahre alt ist, nimmt mit seinen 341000 Einwohnern die vierte Stelle unter den russischen Städten ein. Libau in Kurland hatte 1867 nur 0000 Einwohner. Zur Zeit des letzten russisch türkischen Krieges, durch den der Weg nach dem Schwarzen Meere für den Handel fast verschlossen war, und nach der Einführung der Korn- und Helzzölle in Deutschland erkannte man, daß Libau sich zu einem Ausfuhrhafen vorzüglich eigne, und lenkte deshalb dorthin den Verkehr mit so gutem Erfolge, daß sich die Einwohnerzahl jetzt auf 33000 erhöht hat Tas jüngste Beispiel dieser Art liefert die Hafenstadt Noworossijsk (Noworossijskaja) am kaukasischen Ufer des Schwarzen Meeres, die ein französischer Reisender noch 1885, als ein unbedeutendes Dorf be zeichnete, und deren auch heute noch unsere besten geographischen Hand- und Wörterbücher nur mit ein paar Zeilen gedenken, obwohl sie in dcn letzten Jahren außerordentliche Fortschritte gemacht hat und einer noch größeren Zukunft entgegengeht. Das er kennt man aus der Schilderung, welche der Franzose A. A. Fauvel auf Grund seiner Beobachtungen und Erkundigungen während einer im September vorigen Jahres ausgeführten Reise im jüngsten Hefte des „Bulletin" der Handelsgeographischen Gesellschaft zu Havre von Noworossijsk entwirft. Nahe dem Westcnde des Kaukalus, 125 km rom Eingänge zum Aiowsche» Meere nach O; en entfernt, fchneidet die ge räumige Z mes-Vai, nach einem aus dem Kaukasus kommen den und hier mündenden Flüßchen genannt, ziemlich io Km nach Nordw ftcn ins Land ein. Hier legten 1722 die Türken, Luuss und Wissenschaft. Der Kampf um die nene Kunft. Ein Publikum, das keinen Trieb zur Kunst hat und kein Bedürfnis danach, ist unglücklich und barbarisch zu nennen Aber eine Künstlerschaft, die nur für Künstler malt, die sich gewöhnt, nur auf das Verständnis von Fachgenoffen zu rechnen, kann auf die Dauer nicht be stehen Eine Kunst, die das Laienelement ignoriert und nur Atelierprobleme behandelt, läuft dieselbe Gefahr, wie eine Wissenschaft, deren Resultate nur von einem immer mehr sich verengenden Kreis von Fachgenossen bemerkt und verstanden werden. Sie zieht sich vom Leben zurück und das Leben wird sich schließlich aus ihr zurückziehen und fliehen So verfällt eine Kunst, die nur um ihrer selbst willen gepflegt wird, mit Notwendigkeit dem technischen Spintisieren und brotlosen Virtuositäten. Sie würde auf diesem Wege zu einer Endeinsicht kommen, die Goethes Egmont sich mit den Worten eingestehen muß: „Umsonst hab' ich so viel gesprochen, die Luft hab' ich erschüttert, weiter nichts gewonnen " Die vorstehenden Worte, einem vor kurzem veröffent lichten Werke de» Heidelberger Privatdozenten der Ge schichte und Kunstgeschichte Carl Neumann „Der Kampf um die neue Kunst" (Berlin, 1896, Verlag von Hermann Walther) entnommen, könnten als Motto über jeder eingehenden Betrachtung des augenblicklichen Standes der deutschen Kunst, nicht nur der bildenden Kunst, stehen Doch Neumann« aus Vorträgen erwachsenen Abhandlungen über den „Kampf um die neue Kunst" haben eben nur das hartumstrittenste Gebiet, das der vildenden Kunst, namentlich der Malerei, im Auge. Sie suchen in dem leidenschaftlichen Streit, dem Für und Wider von recht« und link«, einen freieren Standpunkt zu gewinnen Im großen und ganzen ist der Verfasser von der Überzeugung durchdrungen, daß in der jüngsten Kunstbewegung nicht nur ein berechtigtes, sondern ein notwendiges Grundprinzip sei. Er spricht von den Be strebungen, mit denen die „bildende Kunst von den Banden alter Autoritäten sich loswand, von den irreführenden Vorbildern glänzender, aber vergangener Kunstperioden", er nennt den Kampf'der Gegenwart einen „Kampf um das Recht, mit eigenen Augen zu sehen, sich selbst den Trunk zu schöpfen auü dem Quell ewiger Offen« barung, aus der Natur", er meint selbst, daß wir noch in dcn Anfängen dieser Bewegung stehen, daß das „Zu viel des Nüchternen" sich mit der Zeit verlieren, das un befangene Naturstudium, die in gewissenhafter Schulung vorschreitende Technik den Boden für eine ersehnte neue Kunst bereiten werde Von vornherein ist also Neumann gegen den Verdacht geschützt, der modernen Kunst, ja selbst gewissen naturalistischen Anläufen, vorurteilsvoll, blind oder unfreundlich gegenüberzustehen. Nichtsdestoweniger täuscht sich der Verfasser des interessanten Buches keinen Augen blick über den verhängnisvollen Anteil, dcn so viele ganz außer- ja widerkünstlerische Elemente an dem „Kampf um die neue Kunst" gehabt haben und noch haben Mit Recht sieht er die stärkste Gefahr in der Zumischung der Mode, der modernen Unruhe, der launischen Unsicherheit zu künstlerischen Bestrebungen, zur ohnehin geringen Empfänglichkeit des deutschen Publikum«, zur Subjektivität der Urteile. Streng scheidet er die thatfächlichen Leistungen und die falschen Konsequenzen, die au« diesen Leistungen gezogen werden. Niemand wird auf den Einfall kommen, einen Gegner der neuen Kunst in einem Beurteiler zu suchen, der den genialen Arnold Böcklin einen „Künstler au» Kernholz" nennt und wohl weiß, daß dessen Wurzeln bis in die Schicht unseres Bodens reichen, wo die tiefsten Raffeeigentümlichkeiten lagern „Denn da» ist da» Ge heimnis der Wirkung bei großen Künstlern; ein ganzes Volk scheint an ihren Werken mitzuarbeiten So gehört auch Han« Thoma zu den Sonntag«kindern, die Dinge finden, Erscheinungen sehen, die vielleicht zu einfach sind, um von stumpfen Augen erfaßt zu werden Gewöhnliche Augen werden nur vom Gleißenden gereizt, fast möchte man sagen, vom Geschminkten Die Frühlingswiese aber mit ihren Blumen, das reise Kornfeld, den Hauch der Wolkenschattcn — wer hat das bei uns vor Böcklin und Thoma malen können?" Wer aber so empfindet und denkt, der darf ohne Gefahr auch vernehmen lasten, was umsonst zu leugnen, zu verstecken, zu beschönigen gesucht wird, daß man auö Meistern wie Böcklin und Thoma irreleitende Vorbilder schafft, daß man Künstler, die nach ihrer inneren Größe und der Energie ihres Stils wirken sollten, nur auf Sonderbarkeiten, in denen sie sich manchmal gefallen, zu würdigen und zu preisen unternimmt. „Das Launen- yaftc", sagt Neumann, „wird neuerdings als Blüte und feinster Reiz der Individualität gepriesen Das Gesuchte und Verblüffende, das Auffällige und Närrische wird für das Geniale auSgegebcn Während wahrhafte Künstler tiefgründig sind und manchmal schwer in der Ausführung, da sie sich nie genug thun können, ist jetzt da» Paradoxe und Improvisierte und Skizzenhafte att die Tagesord nung gelangt Eine Richtung, die unmittelbar in den Dilettantismus (dem der Verfasser an seinem Platze eine gewisse Bedeutung für die Hebung des Publikums nicht abspricht) hinausmündet. In dem Augenblick, wo alle unsere Hoffnungen auf die zunehmende Genauigkeit des Studiums, auf die erstarkende handwerkliche Solidität gestellt waren, müssen wir erleben, daß ein Dilettantismus um sich greift, der uns künstlerische Genialität vortäuschen will " Neumann ist weit entfernt davon, um solcher Erschein ungen willen zu verzagen. Er kann nur nicht umhin, di« hastige Sucht, Aussehen zu erregen, die dem SensationS- kitzel de« Publikum« allzu weit entgegenkommt, den Mangel an Stille und Sammlung, au» der doch allein da» Große und Bleibende entspringt, fest in« Auge zu fasten Er beklagt e» mit allem Recht, daß die Kunst zu einer Ware herabgedrückt worven ist, bei der d»e Neuheit einen wich tigen Faktor bildet „Ein Publikum, vor dem in jeder Jahreszeit die Erzeugnisse aller Zonen ausgebreitet iverden, verlangt schließlich, wie etwas Selbstverständliches, auch eine Frühjahrs- und eine Herbstkunst und dic Künstler beeilen sich, immer frische Toilette zu machen" Mit aller Bestimmtheit tritt er dem beliebten Einwande entgegen, daß es auch in früheren Zeiten eine Mode gegeben habe, und der tröstlichen Zuversicht, daß doch ein Hau« noch immer nicht mit Maschinen gebaut, ein Bild noch immer wie in alten Zeiten gemalt werde „Die geschäftliche Spekulation, die auf immer neuen Absatz bedacht ist, hat in unserem Jahrhundert der Mode eine Bedeutung ver liehen, die ohne Analogie dastcht Das ist freilich wahr, einen Wechsel von Mode hat es immer gegeben Nur ist daS Zeitmaß in dem von einem Jahrzehnt zum folgenden, von einer Gesellschaftszeit zur anderen die Moden jagend sich ablöscn, in unserem Jahrhundert ein unerhört schnelles geworden In Tracht und Gerät ist da» Publikum völlig einer wechselnden Spekulation au-geliefert Eine Tyrannei, die nur bei einem so haltlosen und geschmacksunsicheren Publikum, wie dem unseres Jahrhundert», geübt werden kann. E« ist zunächst nicht ersichtlich, wie dieser große, aus geschäftlichen Gründen emporgewachfene Faktor der Mode der höheren Kunst etwa« sollte anhabcn können. Denn ein Haus baut man sich nicht öfters und die Bilder an den Wänden wechselt man nicht wie die Kleider Trotzdem besteht die Thatsachr, daß die Unterwerfung de« Publikums unter die Mode sich auch in der Kunst fühlbar macht. Denn das Publikum, das die neuesten Hüte und Farben trägt, ist dasselbe, das die Kunstausstellungen besucht und Abnehmer von Kunstwerken ist. Wie sollte nun die durch den eiligen Wechsel der Mode abgestumpfte und schwer reizbare Nervrnsubstanz eines Publikums, da» nur noch von Neuem gekitzelt wird, nicht auch die Kunst beeinflussen? Wie sollte nicht auch die Kunst in da» große Fahrwasser gedrängt werden, Neue« zu
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