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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 16.12.1896
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1896-12-16
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18961216017
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1896121601
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1896121601
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Bemerkung
- Bindung fehlerhaft: Seiten in falscher Reihenfolge
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1896
-
Monat
1896-12
- Tag 1896-12-16
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Monat
1896-12
-
Jahr
1896
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Die ganze Art und Weise, wie sie mit diesem Fürsten umgegangen sind, um sich seiner zu ent ledigen, bildet ein Blatt in der Geschichte Englands, daS wenig Ehrenvolles erzählt. DaS Auftreten Großbritanniens in Witu droht neue, blutige Aufstände herbeizufübren: die Engländer haben an die Spitze WituS oder richtiger de- Suahelilandes eine ihrer Crealuren al- Sultan gesetzt unter dem Vorgeben, au- der Familie Fumo Omari'S, die vor 1000 oder 1200 Jahren vom persischen Golf eingewandert ist und vor etwa 800 Zähren da- Sultanat gegründet hat, da- seitdem ununterbrochen in ihren Händen gelegen bat, sei kein Tbron- berechtigter mehr vorbanden. Das Alles steht, wie schon hervorgrhoben, im directen Widerspruch mit dem Ver trage vom 1. Juli 1880 zwischen Deutschland und Groß britannien. Großbritannienhatte—wir folgen hier einem erschöpfen den und sehr instructiven Artikel der „Post" — in jenem Vertrage die Souverainetar des Sultanats Witu ausdrücklich anerkannt, bat aber tatsächlich fast vom ersten Tage Witu nicht als ProtecroratSland, als selbstständigen Staat, der nur Schutz genießt, behandelt, sondern wie eigenen Colonialbesitz, in dem es schalten und walten kann, wir es ihm beliebt. Obwohl England in dem schon genannten Vertrage vom 1. Juli 1890 die Souverainetät WituS gewährleistet hatte, suchte eS sie schon im October jenes ZahrcS zu umgehen. Schon damals war es bestrebt, dem Sultan Fumo Bakari die Verwaltung des Landes zu entziehen, um sie einer eng lischen Gesellschaft zu übertragen. Fumo Bakari zeigte iuoessen keine Neigung, seine Rechte aufzug^en. Die Folge war, daß Großbritannien sofort einen Preis von 10 000 Rupien (15 000 .^) auf den Kopf deS Sultans setzte. Diesen Preis hat sich ein gewissenloser entfernter Verwandter Fumo Bakari'S zu verdienen gehofft, der den Sultan unter frruno- schaftlichem Vorwande am 3. Januar 1891 besucht, und, ron diesem zum Essen eingeladen, vergiftet hat. Ten Preis hat der Mörder allerdings nicht bekommen, vielmehr drohte ihm der englische Vertreter, als er die Nachricht vom Tode des Sultans überbrachte und die 10 000 Rupien ver langte, mit Verhaftung. Aber auch England erreichte mit diesem Morde, für den man im Witulande allgemein die britische Regierung verantwortlich macht, wenigstens vor der Hand, nichts; der zur Regierung gelangte Bruder Fumo Bakari'S, Baha Scheh, zeigte sich den englischen Wünschen ebenfalls nicht geneigt. Doch auch hier war bald Abhilfe geschaffen; seine Verwandten erklärten ibn eines Tages kurzer Hand für wahnsinnig und setzten ihn ab. Nun gelangte der dritte Bruder, Fumo Omari (dessen Tod jetzt gemeldet wird), auf den Thron; zwischen ibm und den Engländern kam es zu einer Verständigung. Ohm wurde klar gemacht, daß er von allen Lasten frei sein und keine Unzuträglichkeiten haben würde, wenn er die Ver waltung seines Landes der englisch-ostafrikanischen Gesellschaft übertrüge. DaS geschah durch mündliches Abkommen, das der Sultan als gläubiger Mohamedaner und ehrlicher Mann für vollkommen ausreichend erachtete, zumal da auch seine Vorgänger, die Sultane Achmed und Fumo Bakari, mit dem deutschen Reiche hinsichtlich der Schutz ausübung kein schriftliches, sondern nur ein mündliche- Ab kommen getroffen batten. Dies Vertrauen Fumo Omari'S aber haben die Engländer schnöde gemißb raucht. Denn kaum hatte die englisch-ostafrikanische Gesellschaft die Ver, waltung des Sultanats übernommen, so erlaubte sie sich allerlei Uebergriffe gegen die Eingeborenen und versuchte, den Sultan zu controlircn und in seiner Stadl Witu zu in te: niren, um ihn noch gefügiger zu machen. Da sich nun aber weder der Sultan, noch dessen Unlertbanen eine solche Behandlung gefallen lassen wollten, kam es zu kriege rischen Verwickelungen. Die englisch - ostasrikanische Gesellschaft verfügte indessen selbst nicht über ge nügende Machtmittel, und so rief sie die britische Re gierung nm Hilfe an, die in der Folge verschiedene Dörfer und Ortschaften an der Küste bombardiren und Orte im Binnenlande durch ihre Truppen zerstören ließ. Daß ein solches Auftreten nickt zur Beruhigung der Eingeborenen dienlich sein konnte, liegt auf Ver Hand. Aber es fand sogar, nachdem das Eabinel Salisbury gestürzt war, dessen Haupt ein intimer Freund der leitenden Persönlichkeiten in der eng lisch-ostafrikanischen Gesellschaft ist und sich noch jederzeit bereit gefunden hat, Alles zu lbun, nm den englischen Colonial besitz zu erweitern, in Gladstone einen Gegner. Verfolgte dieser im Princip auch die einmal eingeschlagenrn Wege der Cvlonialpolitik weiter, so sah er doch ein, daß das Veryalten der Gesellschaft weitere schwere Verwickelungen herbeiführen mußte. Er zwang diese daher, sick aus dem Sultanat zurück- zuziehen, und übertrug nach wenigen Wochen die Ausübung der HobeilSrechte im Sultanat Witu an den Sultan von Zanzibar. Dieser Sckritt ist mehr als einmal als geradezu perside bezeichnet worven. Denn der Sultan von Zanzibar war eS gewesen, mit dem da- Suabelilanv bis zum Jahre 1885 in sortwäbrenden Streitigkeiten gelebt batte, und gegen dessen Angriffe sich Sultan Achmed hatte sichern wollen, als er sein Reich unter deutschen Schutz stellte. Die Folge diese- Schritte- waren neue Kämpfe mit den Eingeborenen, und nach wenigen Monaten sah die britische Regierung sich veranlaßt, die Verwaltung dem Sultan von Zanvbar zu nehmen und selbst auSzuüben Diese An gelegenheit hat s. Z. sogar in England Aufsehen gemacht und zu Interpellationen im Parlament geführt. Diesen gegenüber hat die britische Regierung erklärt, daS Sultanat Witu sei rin souveräner Staat, der selbstständig und unab hängig von den Besitzungen deS Sultan- von Zanzibar und den Ländern der britischen Zntercssenspäre verwaltet werde; denn das Sultanat Witu sei nur Protectorarsland. Trotz dieser bündigen amtlichen Erklärung wirtbschaftete die britische Regierung weiter dahin, die Selbstständig keit deS Sultanats ganz zu beseitigen. Sie ließ zunächst nicht mehr die Sultanatsflagge zu, sondern brauchte eine besondere Flagge für das Protcctorat-gebiet, die der britischen sebr ähnlich ist. Die Lanve-verwaltung verschmolz sie mit der von Zanzibar. Sie theilte die Küste von Englisch- Ostafrika in mehrere Verwaltungsbezirke und ließ einen dieser Bezirke, dem auch das Sultanat Witu zugetbeilt war, vom Gebiete deö Sultan- von Zanzibar, nämlich der Insel Lamu auS, regieren. Auch die besondere Kinanzverwaltung wurde fallen gelassen. Kurzum, nach außen ist Witu als selbstständiger Staat nicht mehr kenntlich. Waren damit dem Sultan Fumo Omari alle Hoheit-rechte au- der Hand gewunden, so gab er sich im Interesse deS Friedens mit der Sache vorläufig doch zufrieden. Trotzdem ließ England kein Mittel unversucht, den Sultan ganz zu verdrängen. Da sich indessen ein legaler Grund nicht finden ließ, mußte zu einem Borwand gegriffen werden. Im October 1894 wurde plötzlich der Sultan Fumo Omari von Söldnern des britischen Landesverwalters, der zu diesem Zwecke von Lamu herübergekommcn war, in seinem Hause überfallen und nach Lamu geschleppt. Fumo Omari sollte sich gegen eine englische Verfügung vergangen haben, die in Ostindien publicirt worden war, er sollte, ohne Erlaubniß nachgesucht zu haben, im Widerspruch mit jener Verordnung — obwohl Witu ein suveräner Staat war — Schießwaffen und Munition in seinem Besitz gehabt haben. Unter diesem Vorwanke wurde der Sultan, wie ein gemeiner Verbrecher, in Ketten nach Lamu gebracht, wo ihn der britische Beamte so brutal behandelt haben soll, daß er ihm sogar die Kleider vom Leibe riß. Fumo Omari wurde nun in ein Gefängniß in Lamu geworfen, einem Orte im HobeitSbereicke des Sultans von Zanzibar, mit dem das Sultanat Witu nichts zu thun hat. Nicht genug damit, wurde er zur Processirung sogar nach Zanzibar selbst geschickt. Hier aber mochte denn doch wohl der britische Agent und Generalconsul befürchtet haben, daß das rechtlose Verfahren in Zanzibar ruchbar werden und so großes Auf sehen machen werke, daß eS, zur Kenntniß der deutschen Ne gierung gelangt, Maßnahmen veranlassen könnte, die geeignet gewesen wären, die britischen Absichten zu durchkreuzen. Er schickte daber den noch immer gefangenen Sultan schleunig nach Lamu zurück und wies den dortigen englischen Beamten an, ibn nach Witu zurückzubringen und ibm dort wegen der angeblichen Uebertretung einer ostindischen Verordnung zu processiren. Das ist geschehen und Fumo Omari, ohne daß ihm ein NechtSbeistand oder die Vorladung von Zeugen zugestanden worden wäre, in wenigen Minuten abgeurtheilt worden; er wurde zu Landesverweisung auf Lebens zeit und Einziehung seines Vermögens verurtbeilt. Abermals wurde er in Ketten nachZanzibar geschleppt,um von dort nach Capstadt deportirt zu werden. Gegen dieses un- geheuerliche Vorgehen der britischen Negierung, daS in ganz kurzer Zeit den sicheren Tod Fumo Omari's im kalten Klima von Capstadt herbeigefübrt hätte, protestirten s. Z. die Vertreter de- Sultans, die Gebrüder Denhardt, bei der deutschen Negierung und erreichten durch die Ver mittelung deS Auswärtigen Amtes, daß Fumo Omari wenigstens in Ostafrika verblieb. Al- Gefangener der Eng- lä: de: wurde er in Zanzibar gehalten. Jetzt bat der Tod seinen Leiden ein Ende gemacht. Ob er natürlichen Todes gestorben ist oder nicht, ob für seinen Tod die britische Regierung wie für den seines Bruders Fumo Bakari direct verantwortlich gemacht werden kann. daS bleibt abzuwarten. Thatsache ist, daß England, im Wider spruch mit seinen Verträgen, den Sultan eines Staates, dessen Souveränetät eS nicht allein anzuerkennen sich ver tragsmäßig verpflichtet, sondern die es tbatsächlich öffentlich im Parlament anerkannt bat, von seinem Tbron entfernt bat, um dessen Gebiet seinem eigenen Colonialbesitz einzuverleiben. Der Tod deS rechtmäßigen Sultans wirk zweifellos von den Engländern benutzt werden, da- Sultanat weiter zu ver gewaltigen und damit gleichzeitig auch die Interessen und Reckte deutscher Reichsangehöriger, die in Witu angesiedelt sind, mit Füßen zu treten. Deutsches Reich. * Leipzig, 15. December. Von befreundeter Seite er halten wir die nachstehende, einem „Bourgeois" zugegangene Offerte, welche die „Volksstimme, socialdemokratisches Organ für Main und Rheingau, Wetterau und TaunuS" versendet: Frankfurt a. M., lm December 1896. ?. ?. In der Zeit vom 13. bis 20. d. M. findet in den hiesigen und benachbarten WeihnachtSsparcassen die Auszahlung der Jahreseinlagrn an die Mitglieder statt. Da die Mitglieder der ra. 100 WeihnachtScassen meist der Arbeiterbevölkerung angeboren und die Summe der vertheilten Gelder pro Casse auf mindestens 1500 zu beziffern ist, so dürste eine Geschäfts, empfehlnng in dieser Zeit spectell in unserem Blatt sich für Sie al« sehr lohnend erweisen, und bitten wir, uns Ihren geschätzten Insertion-.Auftrag möglichst umgehend zugehen zu lassen. Hochachtungsvoll! Expedition der Volksstimine. Hiernach ist zweierlei festzustellen. Erstens dir erfreuliche Thatsache, vaß nach sachverständigem socialkemokra tischen Unheil allein im Verbreitungsbezirk der Frankfurter „Volks stimme" lediglich in WeihnachtSsparcassen fast ausschließlich von Arbeitern 150 000 gespart werden; zweitens die erfreuende Thaisache, daß ein echter Socialdemokrat, der daS Sparen an sich nicht leiden kann, deshalb nicht ver hindert wird, die Ersparnisse Anderer für sich geschäftlich nutzbar zu machen. Berlin, 15. December. Unter den Neuforderungen der Marincverwaltung befindet sich, wie bekannt, auch die l. Nate zum Bau eines Panzerschiffe- erster Classe al- Ersatz für das Panzerschiff „König Wilhelm". Dieses Panzerschiff hat noch im Jahre 1895/96 eine durchgreifende Instandsetzung erfahren, die, wir sich au- den Abrechnungen desselben Jahres ergiebt, den in Aussicht genommenen Mehr aufwand um rund 767 000 -4! überschritt. E- interefsirt inveß diese Summe weniger, als di« Mittheilungen der Marineverwaltung über die Wiederinstandsetzung des Panzerschiffes, weil diese einen Einblick in den Bau betrieb überhaupt gewährt. Als der Umbau in Angriff genommen werden sollte, waren die allein dafür geeigueren kaiserlichen Wersten in Kiel und Wilhelmshaven mit Arbeiten überhäuft. Der Bau mußte beschleunigt werden; so wurde «ine Privatwerft mit der Arbeit betraut. In Rücksicht auf die Entwickelung der Sckiff-dautechnik ließ sich der Umbau nicht gegen eine bestimmte Summe vergeben. Die Arbeiten wurden genau controlirt und nach Maßgabe des aufgcwandteu Material- und der Löhne bezahlt. AlS Ver gütung für Benutzung der Werft und sonstiger wurde ein Zuschlag ru den Lohnsätzen gewährt. Während der Ausführung deS Baues nahmen einzelne Arbeiten einen wesentlich größeren Umfang an, als auf Grund der vorher vorgenommenen Untersuchung deS Schiffe-, soweit dieselbe ohne Entfernung der Einrichtungen möglich war, vermuthel werden konnte, insbesondere durch die wasserdichte Herstellung der bisher mit hölzernen Böden versehenen Munitionskammern, wobei ein vollständiger Ersatz der nicht mehr auSbesserungS fähigen Holztheile durch Stahl sich als nothwendig herauS- stellte, und die Verstärkung der Kohlenbunkerschottc, um den selben im Falle eines Lecke» genügende Widerstandsfähigkeit gegen eindringendes Wasser zu geben. Zugleich stiegen die mili- tairischen Forderungen auf Grund der inzwischen gewonnenen Erfahrungen so erheblich, daß eme ganzeReihe von umfangreichen, vorher nicht beabsichtigten Aenkerungen am Schiffe nothwendig wurde, um dasselbe nach Möglichkeit in einen den heutigen Anschauungen entsprechenden, kriegsbrauchbaren Zustand zu versetzen: in erster Linie die Aufstellung eines gepanzerten CommandothurmcS und die Entfernung alle- entbehrlichen HolzwerkeS. Diese Umbauten hatten wieder neue umfang reiche Aenderungen in den Einrichtungen zur Folge, z. B. die Herrichtung neuer Commandoelemente, die Erneuerung der Oberdecksbeplattung u. s. w. Hätte man die Ausführung dieser Arbeiten unterlassen, um innerhalb der Kosten grenze zu bleiben, so hätte die-, wie amtlich ver sichert wird, eine Verschlechterung de- GefechlSwerthes F-irttletsn. Der Karpfen. Von vr. Ludwig Karell. Nachdruck Verbote«. Mit neidischen Gefühlen sahen früher die Amerikaner ans unsere Weihnachtstafel. Alle-, was da so lieblich duftet iliid verführerisch winkt, unter dem Geäst der reich beladenen Tanne, konnten sie sich zu eigen machen, nur da- Haupt gericht unseres Christabend- — den Karpfen — nicht. Lange tonnte Laster äonkttdkm e- nicht verwinden, wie sich d»e Europäer an dem leckere» Fische gütlich thaten. Aber der konservative Bewohner unserer Teiche wollte trotz aller Be mühungen der Fischereivereine von dem überseeischen Wasser nicht- wissen; da entschloß sich der Californier Julius Poppe, eigen« eine Expedition zu dem Zwecke zu unternehmen, um den beschuppten deutschen Spießbürger in die neue Welt zu überführen. Auf der Domäne Rheinstein, in der Nähe von Lübeck, brachte der Genannte 83 Karpfen, im Durchschnittsalter von drei Monaten, an sich. In dieser stummen Gesellschaft schiffte cr sich von Hamburg auS nach New Bork ein. Trotz der äußerst geniigsamen Passagiere war die Uebersabrt nicht leicht zu bemerkstrlligen, weil man täglich da- süße Wasser, in dem sie untergebracht waren, erneuern mußte. Nur 20 von den stillen Kindern der Trave erreichten die Mündung deS Hudson« lebend, davon gingen in einer Nacht noch zwölf — vielleicht an Heimweh — zu Grunde. Einer von den übrig gebliebenen konnte wahrscheinlich die New Dotter Hotelluft nickt vertragen, und so brachte Herr Poppe nur sieben äußerst matte und durchaus nicht mehr „muntere Fischlein" nach San Francisco. Auch von diesen mußten zwei ihr Leben lassen, und so wurden endlich die fünf letzten der schlüpfrigen Garde dem amerikanischen Teiche einverleibt. Sie wuchsen und vermehrten sich aber mehr als biblisch, denn heute wimmelt e< in einem Umkreise von 2000 Meilen von ihnen. In England führte Leonhard MaScal die ersten Karpfen im Jahre 1654 ein. Fast zur selben Zeit wurden sie auS Schlesien nach Preußen verpflanzt, und zwar soll beim Schloß ArenSberg, drei Meilen von Königsberg entfernt, der erste Karpfenteich im Lande gewesen sein. Noch später trifft man sie auch in Schweden und Dänemark an. Die alten Griechen, wie Aristoteles und OppianuS, nennen ibn ,^7pri»uo»^, d. h. ein Fisch aus Cypern, daraus bildete sich das lateinische „6^prtnus". Heute ist sein Name fast in allen Sprachen gleichlautend, so nennt man ihn in England carp, in Frankreich cnrps, in Italien curpa, in Holland eurpor. Nirgend- wird er aber so hoch gehalten wie in Japan, wo man ihn „lü-lu-nmg", den König der Fische, nennt. Der Karpfen ist nicht nur ein ruhiger Insasse unserer Teiche, sondern er macht auch wenig von sich reden, nur wenn ganz besonders große und eigenartig gestaltete Exemplare ge fangen wurden, gedenkt ihrer die Chronik. Ein alter Natur forscher, Aldrovaudu-, erzählt von einem Karpfen mit einer menschenähnlichen Physiognomie und von einem anderen, der rothe Schuppen hatte, und zu Omburg gefangen wurde. Dieser muß eine große Rarität gewesen sein, denn der Kur fürst Joachim von Brandenburg machte ihn dem Kaiser Karl V. zum Geschenke, welcher ihn wieder seiner Schwester Maria devicirte. Ein Ichthyologe auS dem vorigen Jahrhundert berichtet von einem bei Augsburg erbeuteten Riesenkarpfrn im Ge wichte von 80 Pfd. Ein bei Dertz gefangener muß auch kein leichter Geselle gewesen sein, denn er wurde seiner Länge halber Friedrich dem Großen zum Geschenke gemacht. Aus der Oder soll einmal be» Frankfurt ein 140 Pfd. schwerer herauSgezogen worden sein. Der Goliath unter den Karpfen muß aber im Como-See gelebt Haden, denn JoviuS sagt von ihm: er sei 400 Pfd schwer gewesen, und man habe au» seinen Rippen Messerklingen gemacht. Dem geduldigen und sanften Floffenträger unserer Ge wässer schrieb man früher mit Unrecht geringe geistige Be gabung zu. Nun läßt sich allerdings nicht annehmen, daß er über die politischen Wirren im Teiche nachdenkt, aber er weiß dennoch jederzeit, wo er bleibt. Weil man ibn viel lieber todt, in einer pikanten Brühe, als lebendig im frischen Wasser hat, stellt man ibn auf mannigfache Weise mit Hamen, Wathen, Reusen und drrgl. nach. Er läßt sich aber schwer fangen, denn sobald er daS Netz bemerkt, steckt er den Kopf in den Schlamm und läßt jene- über sich Hinweggeben; findet er keinen weichen Boden, um seinen Kopf zu bergen, o weiß er sich mittelst des Schwanzes in eine derartige Be wegung zu setzen, daß er in ManneShöhe über daS Netz hinwegspringt. Leichter kann man ibn durch ein sich an der Angel krümmendes Würmchen berücken. So harmlos er auch aussieht, wenn er sich durch daS Wasser tragen läßt, so macht er, wie wir eben gesehen haben, gar oft recht tüchtige Seitensprllnge. Mitunter ist unser „Springin-wasser" in seinen turnerischen Leistungen so kühn, daß man ihn den Harra» im Fischteiche nennen könnte. Ein Beispiel dafür erlebten die Bewohner einer Ortschaft an der Theiß. Daselbst fand an einem Pfingsttage, bei drückender Hitze, rin außerordentlich reicher Andrang von Fischen statt. Da deS Feiertage- wegen nicht die genügende Anzahl von Fischern ausgetrieben werden konnte, so lag die Gefahr nahe, daß die Thiere die Netz« und den vor denselben errichteten Zaun durch brechen würden. Um sie zurückzuscheuchen, wurde mit Rudern in- Wasser geschlagen, ja sogar Flintenschüsse abgefeuert, aber Alle- blieb ohne Erfolg. Da schoß plötzlich ein großer Karpfen in die Höbe und fpranz, mit gewohnter Virtuosität, über da» Netz hinüber. Nach kurzer Zeit schwang er sich wieder in sein früheres Gefängniß zurück und nun entstand «in Plätschern, ein Springen, eine wilde Flucht, deren man nicht Meister werden konnte. Der findige Karpfen hatte seinen Genossen die Möglichkeit des Entrinnen» eröffnet. Uebrigen« liebt er auch dir Abwechslung und wenn er bei unS stabil bleibt, so zieht er e» dock ander-wo vor, „Wasser und Leute" kennen zu lernen und sich auf die Wanderschaft zu begeben, so in Rußland, wo er alljährlich, um zu laichen, aus dem schwarzen Meere in die Flüsse schwimmt. Während dieser Zeit legt der Karpfen ein eigene» Gewand an, wie e» einem Hochzeiter geziemt. Diese schuppigen Galan erhalten dann einen schleimigen Hautüberzug an einigen Stellen de» Kopfe» und kleine warzige Erhabenheiten an den Brustflossen. In dieser Ausstattung tritt der Herr Karpfen al» Freier auf. Sein ernste», stumme« Gebühren verwandelt sich in ein auSgelaffene« Benehmen. Er bat auch allen Grund dazu, denn in der Regel bewerben sich drei Damen au» diesem wenig beredten Geschlechte um die Gunst eine» Männchen». Der moderne Zug der Ehelosigkeit bat bei ihnen jedoch chon von Alter» her Anhänger gehabt. Bereits Aristoteles hebt hervor, daß solche Fische ganz besonder» fett und schmackhaft werden. Nicht nur da- Mahl frommer Katholiken am Freitag und da» Essen am Weihnachtsabend liefert der Karpfen für die ganze civilisirte Welt, sondern er wird auch noch zu vielen anderen Dingen herangezogen. So bereiten die Kalmücken aus seiner Schwimmblase ein« Art Leim, der allerdings hinter dem der Hausenblase weit zurücksteht. Don der Haut machen sie sogar einen wasserdichten Stoff, sie nennen diesen LasausLksseio. Er wird fabricirt, indem man die Haut von den Schuppen befreit und mit saurer Milch und einem Gerbstoffe behandelt, den die Kalmücken au» der Wurzel einer Pflanze, der Ltatice coriatta, gewinnen. AuS diesem Karpfenleder werden sehr elegante Westen verfertigt. Die Küstenbewohner des kaSpischen Meere» haben sehr karpfen reiche Seen; sie werfen aber von jedem derartigen Fisch die Eierstöcke weg, weil sie glauben, daß diese da» Fieber ver Ursachen; die berumlungernden Gänse und Enten sind weniger vorurtheilsvoll. Die hellgrüneGalleublafe deSKarpfen» benutzen jene al» Malerfarbe. Wir lassen gerne den Stutzern unter den Kalmücken ihre Karpfenwesten und den Ruffen am kaSpischen See ihre Gallen farben, wenn wir un» nur an seinem Fleische delectiren können! Dem Gegensätze, zwischen dem Wohlgeschmack des selben und der unglaublichen Anspruchslosigkeit in Bezug aus feine Nahrung, giebt ein ebenso begeisterter al« frommer Ichthyologe au» dem vorige» Jahrhundert iu folgenden Worten Ausdruck: „Ein schlechte« Stroh, et» dürre» Heu, Und wenn es fett sryn soll, gemengt mit wenig Spreu, So nicht mit Wasser angegossen, Wird von der Kuh znr Winterszeit genossen, Und giebt doch süße Milch. Wie geh« es zu? Da« wissen weder ich noch Du, So klug wir immer auch durch die Lrsabrung werden. Dir Karpse liegt im Koth und lebt vom Schlamm der Erden, Irrt in den Wässern rum, bald hier, bald ander-wo, Und giebt doch süße- Flttsch, wer macht es so?"
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