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»io. 15«. Donnerstag, Seu 2 t. Dezember 18S». MMM fiii MlSllW I Warandt, Aossen, Sieöenteßn und die Umgegenden. Amtsblatt Kl die Rgl. Amtshauptmannschaft Meißen, für das Rgl. Amtsgericht und den Stadtrath zu Wilsdruff sowie für das Rgl. Forstrentamt zu Tharandt. Lokalblatt für Wilsdruff, Alttcmneberg, Birkenhain, Blankenstein, Braunsdorf, Burkhardtswalde, Groitzsch, Grumbach, Grund bei Mohorn, Helbigsdorf, ^zogswalde mit Landberg, Hühndorf, Kausbach, Kesselsdorf, Kleinschönberg, Klipphausen, Lampersdorf, Limbach, Lotzen, Mohorn, Munzig, Neukirchen, Neu- tanyeberg, Niederwartha, Oberhermsdorf, Pohrsdorf, Röhrsdorf bei Wilsdruff, Roitzsch, Rothschönbera mit Perne, Sachsdors, Schmiedeivalde, Sora, Steinbach bei Kessclsdori, Steinbach b. Moborn, Seeligstadt, Spechtshausen, Taubenheim, Unkersdorf, Weistropp, Wildberg. ^scheint wöchentlich dreimal und zwar Dienstags, Donnerstags und Sonnabends. — Bezugspreis vierteljährlich 1 Mk. 30 Pf., durch die Pop bezogen 1 Mk. 55 Pf. Inserate werden Momags, Mittwochs und Freitags dis spätestens Mittags 12 Uhr angenommen. — Insertionspreis 10 Pfg. pro viergespaltene Corpuszeile. Druck und Berlaq von Martin Beraer in Wilsdruff. — Verantwortlick für die Redaktion Martin Beraer daselbst. § L7. Jahrg. ! Das Bürgerliche Gesetzbuch. Ehescheidung. : Die Ehe, als vollkommene LebenS-Gemeinschaft zwischen ? Bin und Frau, soll nach der Anschauung des deutschen nur durch den Tod eines Ehegatten gelöst werden. /N gewissen Fällen aber ist eine Scheidung der Ehe zu- uMg. Hierzu bedarf es eines gerichtlichen, auf Ehe- i Mung lautenden Urtheils. Das Bürgerliche Gesetzbuch an Scheidungs-Gründen nur Ehebruch und zwei Ms^estellte Ehedelikte, nämlich Doppelehe und wider- Wiirliche Unzucht, ferner die Nachstellung nach dem Leben, böswillige Verlassunq, endlich die unheilbare Geistes- Wnkheit. Beim Ehebruch ist der bisher nieist giltige Zündsatz des Ausgleichs, wonach bei beiderseitigem Ehe- die Scheidung unstatthaft ist, nicht übernommen. Wenso ist eine Scheidung auf übereinstimmenden Antrag Mer Ehegatten wegen unüberwindlicher Abneigung, wie W bisher in verschiedenen deutschen Staaten zugelaffen nicht mehr möglich. I, Die Scheidungsklage muß, den Fall der Geistes- I^nkheit ausgenommen, binnen sechs Monaten von dem lUgenblick an erhoben werden, wo der Ehegatte von dem IWeidungsgrunde Kenntniß erlangt hatte. Sind seit dem IMrilt des Scheidungsgrundes zehn Jahre verstrichen, kann aus diesem Grunde unter keinen Umständen mehr We Scheidung verlangt werden. Ehe die Scheidungs- IAge erhoben werden kann, muß der zur Klage entschlossene I?atte beim Amtsgericht des Orts, wo der Mann wohnt, IBen Sühne-Termin beantragen. Erscheint der ver legte Theil bei diesem sowie bei dem dann anzuberaumenden ließen Sühnetermin nicht, so gilt der Sühneversuch als IWlungen, und der Erhebung der Scheidungsklage steht Mts mehr im Wege. Das Gericht ist verpflichtet, das IProzeßverfahren, ehe auf die angebotenen Beweise näher .^gegangen wirb, auf eine gewisse Zeit (höchstens zwei lPbre) auszusetzen, wenn eine Aussöhnung der Ehegatten Mt ausgeschlossen erscheint. Auf Antrag eines der Ehe- Wtten kann das Gericht für die Dauer des Scheidungs- Wesses das Getrenntleben der Ehegatten erlauben, W gegenseitige Unterhaltungspflicht und den Unterhalt kr Kinder ordnen rc. In vem auf Scheidung der Ehe Blenden Urtheil muß ausgesprochen werden, wer der Milbige Theil ist. Die nächste Wirkung des Scheidungsurtheils ist die ^Mündige Lösung der Ehe und damit der Wegfall aller Wirkungen des bisherigen persönlich-rechtlichen und ver- ' Ugens-rechtlichen Verhältnisses der Ehegatten zu einander. Die Frau hat nun die Wahl zwischen dem Namen ihres Hannes oder ihrem eigenen, und wenn sie früher schon ^inal verheirathet war, dem ihres früheren Mannes; Wern darf sie jedoch nur dann nehmen, wenn sie nicht allein schuldig erklärt worden ist. In diesem Falle Wn ihr der Mann die Führung seines Namens unter- Wen, und damit erhält sie ihren Mädchennamen wieder. W für allein schuldig erklärte Theil und seine Erben Wen dem andern durch eine Rente einen standesgemäßen Werhalt in gewissen Grenzen zu gewähren. Der wegen Mifteskrankheit seines Ehegatten Geschiedene muß jenem Welben Unterhalt wie der allein schuldige Theil leisten. ... Der unschuldige Ehegatte kann die dem schuldigen Ehrend des Brautstandes und der Ehe gemachten Ge« Menke zurückfordern. An der Unterhaltungspflicht der Ellern gegenüber den Kindern wird durch die Scheidung Wts geändert. Hat der Mann einem Kinde Unterhalt '^ gewähren, so muß er diesen zunächst aus den Ein- Wien des etwaigen Vermögens des Kindes, an dem er Zaft seines väterlichen Rechtes die Nutznießung hat, be llten. Reichen diese Einkünfte dazu nicht aus, so ist geschiedene Frau verpflichtet, dem Manne einen an- »offenen Beitrag zu leisten. Hofbälle. Aus dem Verlage von Wilhelm Köhler in Minden, West falen, noch rechtzeitig zu Weihnachten erschienenen Geschenkbuche: Das Leben im deutschen Kaiserhause. Von A. Oskar Klaußmann. Mit zahlreichen Abbildungen und Kunstbeilagen von Prof. Doepler, Knotet u. a. Preis Mk. 1.—, elegant gebunden Mk. 1,60. Alljährlich finden in der Winterszeit beim Kaiserpaar einige Hvfbälle statt, zu dem nicht nur die Hofgesellschaft, sondern auch zahlreiche Persönlichkeiten aus der Stadt oder aus der Provinz geladen werden. In feenhafter Beleuchtung strahlt das Schloß am Abend, und bis acht Uhr muß die Auffahrt der Gäste vollendet fein. Durch die Hof- und Hausmarschälle werben im Weißen Saale die Gäste in Gruppen geordnet. Natürlich herrscht die Uniform vor, da besonders viel junge Offiziere als Tänzer eingeladen find. Jeder Offizier, dec sich IN Berlin im Winter aüfhält, hat das Recht, im Hofmarschallamt seine Karte ab zugeben, und wird daraufhin ohne Weiteres zu einem der Hvfbälle eingeladen. Außer der Generalität und den jungen Osfizieren ist vertreten das hohe Beamtenthum des Reichs und der Bundesstaaten und selbst aus der Provinz sind zahlreiche höhere Beamte den Einladungen gefolgt. In ihren violetten oder rothen Sammettaloren fallen in der Gesellschaft die Rektoren und Professoren der Universität, der technischen Hoch schule, die Dozenten der Kunstakademie auf. Mit ihren Amtsketten geschmückt, stehen da die Bürgermeister der großen Städte, die Stadtverordnetenvorsteher, die Mitglieder der städtischen Körperschaften. Die Aristokratie des ganzen Landes stellt ihre Vertreter. Kunst, Wissenschaft und LitteraLur haben ebenfalls ihre Vertreter in einfachem schwarzem Frack oder in kleidsamer Hoftracht entsendet. Der Weiße Saal sieht im Glanz des elektrischen Lichtes geradezu bezaubernd schön aus. Er erhält aber erst wirkliches Relief durch die zahlreiche Festversammlung. Gegen 8^ Uhr verkünden die Zeremonienmeister durch Aufschlagen mit den goldenen Stäben, die sie tragen, das Nahen des Zuges, in dem sich die Majestäten befinden. Dieser Zug besteht aus dem Obcr-Hofmarscholl, der von Zeremonienmeistern und Kammerherren begleitet wird. Dann folgen die Hofmarschälle, hinter diesen der Oberst-Mundschenk, der Oberst-Truchseß. Im Borzimmer, in dem sogenannten Königin-Zimmer, hat dos Diplomatisch- Korps, haben die Botschafter und Gesandten Aufstellung genommen, werden hier von Kaiser und Kaiserin begrüßt und schließen sich dem Zuge an. Sie schreiten un mittelbar vor dem Kaiserpaar her, hinter welchem wieder die sämmtlichen männlichen und weiblichen Familienmitglieder des Herrscherhauses in feierlichem Zuge den Saal betreten. Der Zug macht erst einen Rundgang durch den Saal, bei welchem Kaiser und Kaiserin Bekannte unter den Gästen begrüßen. Dann zieht sich das Kaiserpaar unter den Thronhimmel zurück, und der Kaiser giebt das Zeichen zum Beginn des Tanze«. Da die Leserinnen wohl eine solche Tanzkarte vom Hof ball interesstren dürfte, geben wir nachstehend den Inhalt einer solchen: I. Lagunen-Walzer von Strauß, Lontrsä-mss l: Flora-Quadrille von Fahrbach. —Polka l: „Im Mai- von Michaelis. OootrsäLnss II: „Najade" von Strauß. Walzer II: „Weaner Modln" von Ziehrer. — lancier: Hofball-Klänge von Lehnhardt. — Polka II: „Brautschau- von Strauß. — Pause. — Walzer: „Schlittschuhläufer- von Waldteufel. — Galopp: „Diabvlin- von Fahrbach. — Walzer. „Morgen blätter- von Strauß. — Galopp: „Hokus-Pokus-, „Halali". Offiziere aus der Hofgesellschaft fungiren als Vortänzer. Sie holten darauf, daß sich innerhalb der bunt durcheinander wogenden Menge offene Kreise bilden, in denen stets nur eine bestimmte Anzahl von Paaren tanzt. Ebenso halten sie da rauf, daß die einzelnen Paare nicht über eine gewisse Zeit hinaus tanzen, damit alle Damen an die Reihe kommen. Wie wir aus dem interessanten Weihnachts-Geschenkbuch weiter ersehen, nimmt der Kaiser nie an dem Tanze Theil, die Kaiserin höchst selten. Will eine der Prinzessinnen tan,"i, so befiehlt sie durch den Hofmar'chall einen Herrn, der mit ihr tanzt. Ein Tänzer darf niemals ohne Aufforderung eine Prinzessin zum Tanz engagieren. Kaiser und Kaiserin bleiben während des Hosballes nicht fortwährend auf dem Throne sitzen, sondern sie begeben sich immer wieder in den Saal, um hier, zw schm oca Gästen herumwandelnd, bald hier, bald dort stehen zu bleiben und sich mit den einzelnen Leuten in oft recht lange und wichtige Gespräche zu vertiefen. Um II Uhr begiebt sich der Hof mit den Botschaftern und Exzellenzen nach d-n sogenannten Königin-Zimmern und nach dem Schweizersaale, um dort ein Souper cmzunehmen. Für die anderen fünf- bis sechshundert Gäste wird in der Bildergallerie ein riesiges Büffett aufgeschlagen, das mit allen Delikatessen besetzt ist und bei dem die herrlichsten Weine aus dem königlichen Keller, vor allem aber französischer Champagner in Fülle gereicht werden. Gegen ^12 Uhr erscheint dann das Kaiserpaar, umgeben vom Gefolge, wieder im Saal und bleibt hier bis gegen I Uhr. Es folgt dann der Cotillon, bei dem es jedoch keine Damen- spende giebt. Gegen I Uyr wird das Signal „Halali-, der Schluß des Tanzes, gegeben. Während deS letzten Tanzes entfernen sich Kaiser und Kaiserin und unmittelbar nach ihnen verlassen ai ch die Gäste daS Schloß. Während des Winters finden außer diesen Hofbälle» auch noch Hoskonzerte und sogenannte Couren statt. Eine Cour ist eigentlich eine kleine Gesellschaft und ein Hof ball ohne Tanz. Auch bei der Cour erscheinen im feierlichen Zuge die Majestäten, nehmen unter dem Thronhimmel Platz, und die Anwesenden werden einzeln vorgestellt oder gehen im Zuge, sich vor dem Throne verneigend, an den Majestäten vorüber. Eine Cour dauert gewöhnlich nur zwei bis drei Stunden. Es werden den Gästen nur Erfrischungen von den Dienern im Saale selbst gereicht und gewöhnlich werden auf dieser Cour diejenigen Gäste vereinigt, welche den Majestäten erst vorgestellt werden oder die bisher noch nicht an den größeren Festlichkeiten theilgenommen haben. Das Gold der Sünde. Roman von Emilie Heinrichs. (Nachdruck verboten.) (Fortsetzung.) II. Kapitel. Eginhard Eteinhöfer saß in seinem Zimmer, emsig an dem Modell einer kleinen Maschine arbeitend. Ein neuer Geist schien seit dem Tage, an welchem er Hart muths Zeilen gelesen, ihn zu beleben; die Träumereien ge waltsam bannend, wandte er sich mit eisernem Fleiße den prak tischen Wissenschaften zu, besuchte die polytechnische Schule und war häufig in der väterlichen Fabrik zu finden, um sich von den Arbeitern bald dies, bald jene« erklären zu lassen. Alle liebten den freundlichen jungen Herrn und sehnten die Zeit herbei, wo er die Fabrik übernehmen würde. Der Vater freute sich im Stillen dieser wohlthätigen Ver änderung und ließ ihn unumschränkt gewähren, während die Mutter mit ihren beiden Komplicen sich von ihrer ersten Ueber- raschung kaum zu erholen vermochte und auf neue Pläne sann. „Nur ruhig, keine Ucbereilung, Kinder!" pflegte der Notar in seiner gewöhnlichen Ruhe zu sagen, „wir haben den Commercienrath im Netze; mag er zappeln so viel wie er will.- Die Reise schien er gänzlich aufgegeben zu haben; als seine Frau ihn daran erinnerte, blickte er sic finster an und sprach: „Es scheint, daß vier Augen Euch hier zu viel sind — noch bin ich Herr im Hause — hütet Euch vor meinem Miß trauen!" Er war jetzt wieder ruhiger und sicherer in seinem ganzen Wesen; fürchtete er jetzt doch nicht mehr da« Gespenst neuer Erbansprüche, seitdem er von dem Polizei-Inspektor einen Brief erhalten, worin dieser ihm die traurige Episode mit seines Bruders Gattin und Kindern mitthcilte. Es war dem stolzen Manne freilich unlieb, einen theilweisen Mitwisser seines Ge heimnisse« in jenem Beamten zu haben, und er hätte gern die betreffenden Papiere, welche jener in Verwahrsam genommen, gehabt