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Zchönburzer Tageblatt AmMÄ für de« Ltadtraih m W«!de«bmg Trscheiut täglich mit Ausnahme der Tage nach Sonn- und Festtagen. Annahme von Inseraten für die nächster-- scheinende Nummer bis nachmittags 2 Uhr. Der Abonnementspreis beträgt vierteljähr lich 1 Mk. S5 Pf. Inserate pro Zeile 10 Pf., Einges. 20 Pf. Expedition: Waldenburg, Kirchgafse 255. und Waldenburger Anzeiger Zugleich weit verbreitet in den Städten Penig, Lunzenau, Lichtenftein-Callnberg und in den Ortschaften Filialen: in Altstadtwaldenburg bei Herrn Kaufmann Beruh. Schuppe; in Penig bei Herrn Kaufmann Rob. Härtig, Mandelqafss; in Rochsburg bei Herrn Buchhalter Fauth-, in Lunzenau bei Hrn. Buchhdlr. E. Dietze, in Wechselburg bei Herrn Schmied Weber; in Lichtenstein b. Hrn. Buchh. I. Wehrmann. —— der nachstehenden Standesamtsbezirke: Altstadt-Waldenburg, Braunsdorf, Callenberg, St. Egidien, Ehrenhain, Frohnsdorf, Falken, Grumbach, Kaufungen, Langenchurssorf, Langen leuba-Niederhain, Langenleuba-Oberhain, Niederwiera, Obergräfenhain, Oberwiera, Oberwinkel, Oelsnitz i. E., Reichenbach, Remse, Rochsburg, Rußdorf, Schlagwitz, Schwaben, Steinbach, Wechselburg, Wiederau, Wolkenburg und Ziegelheim. Sonnabend, den 8. October 234. 1W7. Witterungsaussichtm für den 8. Oktober: Bei nordwestlicher Windrichtung fortdauernd trübes, zn Regen neigendes Wetter. Temperatur unverändert. Barometerstand am 7. October, nachmittags 3 Uhr: 760 mm. "Waldenburg, 7. October 1887. s Es wird behauptet, zwischen dem Fürsten Bismarck l und seinem guten Freunde, dem italienischen Minister- - Präsidenten seien nicht nur politische, sondern auch - wirthschaftliche Fragen besprochen worden, besonders - der schon alte Plan eines mitteleuropäischen Zollvereins, ; der ein gewaltiges Gegengewicht gegen die russischen - Zollschraubereien bilden würde. Zollvereine haben j ihren hohen Werth; was hat nicht Alles der deutsche : Zollverein zu Wege gebracht. Man kann deshalb auch s von dem Plane eines mitteleuropäischen Zollbundes j sagen, je eher desto besser! Aber verkennen wir die ! Schwierigkeiten nicht, die sehr, sehr groß sind, und zu ; denen vor Allem auch eine Finanzreform der betheilig- z ten Staaten gehört. Denn die Staatskassen werden i dadurch Einbußen erleiden, Handel nnd Wandel dage gen großen Vortheil haben. Zu erreichen ist das Ziel wohl, aber nicht auf heute und morgen! Zu den Besprechungen in Friedrichsruhe bringt im Uebrigen die „Nat.-Ztg." noch folgende bemerkenswer- then Auslassungen von höherer Stelle: „Die Verlei hung des Schwarzen Adlerordens zu Kaisers Geburts tag im März l. I. an den Grafen Robilant, dama ligen italienischen Minister des Auswärtigen, hat der Welt das erkennbare Signal dafür gegeben, daß in den diplomatischen Beziehungen zwischen Deutschland und Italien ein Ereigniß sich vollzogen habe, das eine so bedeutsame und unter besonders schmeichelhaften Um ständen gegebene Auszeichnung herausforderte. Die Verhandlungen über eine neue Form des Bündnisses zwischen den beiden Reichen, die eine Zeit lang voll ständig in das Stocken gerathen waren, sind, wie nicht zu bezweifeln steht, in der kritischsten Periode für den europäischen Frieden, im Vorfrühling dieses Jahres zum Abschluß gekommen. Von diesem Abschluß an ist die Aufklärung des politischen Horizontes zu rechnen, der im verflossenen Winter ein so überaus düsterer war. Die große Verstärkung, welche die Friedensliga damals erhielt, war von einem unmittelbar erkennbaren Moralischen Einfluß, der sich in allen europäischen Ca- binetten verspüren ließ. Dann fügte sich in den Ring des deutsch-italienisch-österreichischen Bündnisses der wei tere Ring des deutsch-englisch-österreichischen Einver ständnisses, dessen Existenz nicht zweifelhaft ist, wenn auch die Form desselben nicht feststeht. Es ist das ein Seebündniß, das aus dem großen Mittelmeer we der einen russischen, noch einen französischen See will werden lassen. Danach könnte es scheinen, als ob für Deutschland und Italien zu weiteren Verabredungen keine Veranlassung vorliegen möchte. Indessen bleibt noch Raum für die Vermuthung, daß das Stichwort bes ganzen Verhältnisses, der Bündnißfall, in eine bestimmtere Beziehung zur heutigen Weltlage gesetzt werden konnte. Ueber das wie? könnte man nur mußlge Vermuthungen aufstellen. Die Welt ist vor kurzer Zett erst belehrt worden, daß die deutsche Po litik sich weder durch Stimmungen, noch durch Ver stimmungen beherrschen läßt, und ihre Zwecke absolut friedliche und Vertragstreue sind. Italien kann gerade wie Deutschland unter Umständen gezwungen sein, nach zwei Seiten hin Front zu machen. Herr Crispi hat in Frankfurt die Front gegen Rußland sogar mit be sonderem Nachdruck hervorgehoben. Für Deutschland ist Rußland kein Rival und den Besitz von Konstan tinopel hat Fürst Bismarck Deutschlands eigenen In teressen gegenüber für belanglos erklärt; die Eifersucht der Mittelmeermächte wird denjenigen, der sich Kon stantinopel bemächtigen wollte, alsbald als den ge- > meinsamen natürlichen Feind erscheinen lassen, und dieser Eifersucht darf Deutschland die Behütung dieser Position ruhig überlassen. Indessen Deutschland ist selbstverständlich der Freund seiner Freunde, und wenn es ihm an jeder Ursache fehlt, andere, wie freundnach barliche Beziehungen zu Rußland zu unterhalten, so kann Deutschland, als im Orient wenigstbetheiligte Macht sich doch, was Rußlands Orient-Interessen an belangt, auf den Standpunkt zurückziehen, das beste hende Vertragsrecht zu respectiren. Es ist wahrschein lich, daß ein derartig abgrenzender Standpunkt der Verständigung zwischen den deutschen und italienischen Staatsmännern zur Grundlage gedient hat." Das Organ Bismarcks, die „Nordd. Allg. Ztg.", bemerkt zum gleichen Thema: Der Besuch des Herrn Crispi in Friedrichsruh hat die volle Uebereinstim mung der beiden Staatsmänner m ihrer Entschlossen heit ergeben, im Verein mit Oesterreich-Ungarn den Frieden zu erhalten, einen europäischen Krieg nach Möglichkeit zu verhindern und im Falle der Noth wendigkeit gemeinsam abzuwehren. Diese Aufgabe rst keiner schwebenden Detailfrage untergeordnet; sie ist auch nicht der Ausfluß vorübergehender persönlicher Stimmungen, sondern das Ergebniß der Gesammt- interessen beider Völker, welche gewillt sind, nach Wie derherstellung der nationalen Einheit sich der Pflege der damit errungenen Güter zu widmen. Der fried liebende Bürger, welcher jedes neue zur Bekräftigung des europäischen Friedens dienende Pfand mit Freuden begrüßt, wird deshalb mit Genugthuung auf die Be sprechungen von Friedrichsruhe blicken. In diesem Sinne hat sich die öffentliche Meinung Europas durch die überwiegende Mehrzahl der Zeitungen ausgespro chen. Diejenigen ausländischen Stimmen, welche ihr Mißfallen über diesen Besuch zu erkennen geben, zeigen dadurch, daß sie nicht der großen Mehrheit der euro päischen Bevölkerung angehören, welche den Frieden will, sondern der kleinen Anzahl Derer, welche die Kalamität großer Kriege über Europa herbeizuführen suchen. Politische Rundschau. Deutsches Reich. Das Kaiserpaar befindet sich, wie aus Baden- Baden berichtet wird, daselbst im allerbesten Wohlsein und unternimmt bei dem jetzigen schönen Wetter täg lich längere Spazierfahrten in die Umgegend. Im Laufe des Donnerstag Vormittags nahm der Kaiser mehrere Vorträge und militärische Meldungen entge gen, empfing den Besuch einiger fürstlicher Personen und arbeitete längere Zeit mit dem Militärcabinet. Der Bundesrath hielt am Donnerstag eine Si tzung ab. Zu einem definitiven Beschlusse bezüglich der Entsendung eines Reichscommissars für die Mel- bourner Weltausstellung kam es zunächst nicht. Die Angelegenheit wurde an die Ausschüsse verwiesen. Die neue physikalisch-technische Reichsanstalt wird am 15. October in Berlin eröffnet. Auf seinem Gute Moholz bei Niesky starb in Folge Schlaganfalls am Donnerstag General der Infanterie Graf Kirchbach (geb. 23. Mai 1809 zu Neumarkt in Schlesien). 1866 führte Kirchbach die 10. Infan teriedivision mit großer Auszeichnung. Beim Aus bruch des deutsch-französischen Krieges erhielt der Ge neral das Commando des 5. Armeecorps und ward am 10. August 1870 zum General der Infanterie ernannt, nachdem er bei Wörth leicht verwundet war. An der Schlacht von Sedan und den Kämpfen um Paris nahm Kirchbach hervorragend Antheil, besonders an der Schlacht am Mont Valorien (19. Januar). Nach dem Kriege erhielt der General den Schwarzen Adlerorden. Am 23. Mai 1876 feierte er in Posen unter großen Ovationen sein 50jähriges Dienstjubi läum. Das zunehmende Alter zwang ihn endlich, das Generalcommando des 5. Armeecorps niederzulegen. Fürst Bismarck hat in einem Erlasse dargelegt, daß die Annahme, die Errichtung einer Jnnungsfach- schule sei die Voraussetzung für die Verleihung der Privilegien des K 100o der Gewerbeordnung an eine Innung auf Jrrthum beruhe. „Eine Innung kann die Voraussetzung des § 100s, soweit die Fürsorge für die Ausbildung der Lehrlinge durch Unterricht in Be tracht kommt, auch erfüllen, wenn sie ihre Mitglieder anhält, daß sie die Lehrlinge den Unterricht der ge werblichen Fortbildungsschule mit größter Pünktlichkeit besuchen lassen und alle Ausschreitungen der Lehrlinge streng ahnden, resp. den Beschwerden der Lehrer in vol lem Maße entsprechen." Der „entthronte" König Malietoa von Samoa wird einstweilen auf Kaiser-Wilhelmsland in Neu- Guinea internirt werden. Von seinen ehemaligen Un- terthanen hat ihm Niemand eine Thräne nachgeweint. Ein Reutersches Telegramm meldet über die vorher gegangenen Ereignisse nach: Aus Samoa eingegan gene Nachrichten besagen, daß König Malietoa, gegen den die Deutschen wegen der von seinem Volke auf deutschen Plantagen verübten Räubereien unlängst den Krieg erklärten, sich jetzt ergeben hat und verbannt wurde. Er wurde an Bord des mit versiegelten Ordres segelnden Kanonenbootes „Adler" gebracht. Vor sei ner Abreise schrieb Malietoa an den britischen und amerikanischen Consul und erklärte denselben seine Ent täuschung darüber, daß er von ihnen keine Unterstützung empfangen habe. Im Uebrigen herrscht in Samoa völlige Ruhe. Auf dem Socialistencongreß in St. Gallen hat die „schärfere Tonart," die mit der Haltung der Partei vertreter im Reichstage, die ihr zu zahm erscheint, schon lange unzufrieden ist, den vollen Sieg davonge tragen. Die Reichstagsfraction hat einen directen Tadel bekommen, man hat sogar das Eingehen von Wahlcompromissen getadelt. Die Socialdemokraten sollen sich um keine andere Partei kümmern, sondern als „Socialrevolutionäre" in jeder Beziehung ihren eigenen Weg gehen. Wer eine Steinwand nicht sehen will, zerrennt am Ende sich den Schädel. Im Ueb rigen wurden die bekannten socialistischen Programm punkte hervorgehoben und auf's Neue gebilligt. Ueber die Beliebtheit der deutschen Reichspost dampfer in Ostasien schreibt die „Ceylon-Times": „Nichts ist bemerkenswerther als die Art und Weise, wie die deutsche Dampferlinie in wenigen Monaten die be liebteste von allen für Reisende aus Ceylon geworden ist. Wahrscheinlich würde sich, wenn man eine Stati stik aller seit Eröffnung der deutschen Linie von Co lombo abgegangenen Passagiere hätte, herausstellen, daß diese mehr befördert als irgend eine andere. Wa rum das? Die Schnelligkeit und Billigkeit der Fahrt wird der Grund sein. Andere Dampfer berechnen 450 Rup. für eine 28—30 Tage dauernde Fahrt, während die deutschen Schiffe den Passagier in 22 bis 23 Tagen nach Southampton bringen und nur 500 Rup. berechnen. 50 Rup. mehr für eine Woche Er-