Volltext Seite (XML)
10. November 1857. Wienstag Weißeritz-Zeitung Inserate werd«» mit 8 Pfg. für die Zeile berechnet S und tn allen Expeditionen angenommen. Erscheint Dienstags und Freitag«. Zu beziehen durch alle Postanstal ten. Preis pro Quart. lO Ngr. Ein unterhaltendes Wochenblatt für den Bürger und Landmann. M 88. Verantwortlicher Redacteur: Carl Jehne in Dippoldiswalde. Tagesgeschichte. Dippoldiswalde. Das Theater zieht an jedem Vorstellungsabende seine Zuschauerräume voll; nur an vielleicht 2—3 Abenden waren die letzteren nicht ganz, oder wie zum öfteren dagewesen, überfüllt. Herr Director Feist wirb dankbar dafür sein: er will die Lücken in seiner Gesellschaft, die oft recht fühlbar waren, ausfüllen; er hat eine zweite „Liebhaberin," eine „Heldin und Mutter," einige „Schauspieler für alle Rollen" re. verschriehen und erwartet mit jedem Tage deren Eintreffen hier. Auch ist nach längerer Pause die Fräul. Kautzky wieder ausgetreten, die gar recht vermißt ward; ihre Heiserkeit (fast Stimmlosigkeit zu nennen) ist zum größten Theil gehoben. Ferner wirb Herr Feist in nächster Zeit uns mehrere „aus feinerem Zeuge gewobene" Lustspiele und neue Schauspiele vor führen; die Gesellschaft stubirt jetzt, wie wir hören, ein: „Die Grille," „Nur eine Seele," „Der Sonnen wendhof" u. a. Die Leistungen der Mitglieder an langend, so wollen wir sie im Allgemeinen recht be friedigend nennen; Fräul. Agnes Feist hatte in den letzten Wochen nur wenig Gelegenheit, ihr gutes Spiel in Rollen zur Geltung zu bringen, die für sie paffen, da sie wegen Krankheit Anderer deren Rollen übernehmen mußte, gleichviel, ob sie dafür taugte oder nicht. Herr A. Feist erntete als „Domi" im Stücke gleichen Namens zwei Mal wohlverdienten Beifall durch seine große Gewandtheit und gute Mimik. Herr Kunzendorf war in den Stücken, über die bisher in d. Bl. berichtttwärd, nicht an seinem Platze gewesen; in den vergangenen zwei Wochen sahen wir ihn erst in fast allen Vorstellungen „in seinem Glanze." Seine Komik ist groß, ohne übertrieben zu sein; sie wurde belohnt durch verdienten Hervorruf. Frau Daunert ist eine prächtige „Alte," ihre Tochter keine prächtige „Junge," doch besser in der letzten Zeit, als im Anfänge. Dresden, 5. November. ''Nachdem die Weinlese des Jahres 1857 in Sachsen beendigt ist, läßt sich mit einiger Sicherheit ein annäherndes Resultat der selben angeben. Die Ernte war, was Vie Güte des gewonnenen Mostes betrifft, eine durchaus zufrieden stellende, ja ganz ausgezeichnete; was dagegen die Menge angeht, eine zum Theil unter den Erwartungen und vorhergehenden Schätzungen zurückbleibende. Bei der nationalen Wichtigkeit, welche der Weinbau der Gegenden bei Strehla, Meißen, Dresden und Pirna für Sachsen hat, ist cs nicht ohne Interesse, zu er fahren, daß die Thäligkeit der wichtigsten unter den inländischen Champagnerfabriken, der zu Niederlößnitz, im heurigen Jahre den Einkauf und die Verarbeitung von über 300 Faß Most aus den besten Lagen der Weinbauorte im Preise von 10 Thlr. L Ctr. blauer Burgundertrauben und von 8 Thlr. L Ctr. besonders schöne Sorten weißer Trauben umfaßte und zu diesen gleichen oder sich annähernden Preisen andere Cham pagnerfabriken, wie die der Herren Hanisch in der Oberlößnitz und Jäffing in Kotzschenbroba, Trauben eingekauft haben; wie auch zu gleichen Preisen Trauben von Kaufleuten behufs der Weinbereitung oder Moste zu 120 Thlr. L Faß erhandelt worden sind, während viele größere und kleinere Weinbcrgöbesitzer ihre Wein erträge selbst einlegten und dadurch dem Konsum der nächsten Zeit werthvolle Vorräthe an Wein sichern. Berlin, 5. Nov. Der Wetteifer mit Preußen, welcher gegenwärtig von Wien auS in der Presse zu Gunsten der Herzogthümer an den Tag gelegt wird, ist in hohem Grade erfreulich, zumal wenn auch die ersehnten Thaten beweisen werden, auf welche es jetzt vor Allem ankommt, daß im Wiener Cabinet es gleich tief empfunden wird, wie sehr die Ehre und Würbe Deutschlands in den Herzogtümern gekränkt und verletzt worden ist. Der gesammten deutschen Nation könnte es sicherlich nur zur größten Freude und Genugthuung gereichen, wenn die beiden deutschen Großmächte hinsichtlich der thatkräftigen Währung deutscher Rechte eine gleich glänzende Ehrenpalme sich errängen. .. Posen, 4. Nov. Bei uns steht es gegenwärtig recht klösterlich auS, denn in jüngster Zeit sind hier zwei weibliche Erziehungsanstalten erstanden, die von Nonnen geleitet werden, welche dem Jesuitenorden affilirt sind. Die „Ursulinerinnen" haben vor vier Wochen ihr Pensionat eröffnet und schon zählt ihre Anstalt, die ganz in jesuitischem Sinne geleitet werden soll, 250 Zöglinge. Die Damen „vom Herzen Jesu," die wohl nichts Anderes sind, als weibliche Jesuiten, sind auch bereits eingetroffen und haben ihr großes, hier angekaufteS Gebäude bezogen, daS jetzt ganz klösterlich eingerichtet wird. Der große Garten ist bereits mit einer hohen Mauer umzogen und die Ein- gangSthür mit einem eisernen Sprachgitter versehen. Zu Neujahr soll die Anstalt, Vie für Töchter aus ven höher» Ständen der Polen berechnet ist, eröffnet werben, und eS leibet keinen Zweifel, daß auch sie sofort zahl reiche Zöglinge zählen wird, da die Jesuiten bei dem polnischen Adel gut vorgearbeitet haben. — Für die abgebrannte Stadt Bojanowo ist in der That recht viel geschehen. BiS jetzt sind durch Wohlthätigkeit 87,000 Thlr. für dieselbe zusammengebracht. Ein ein ziger reicher Gutsbesitzer, Namens Kaulsuß, hat der