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Dienstag. . Lriprtz. Die Zeitung er. scheint mit AutnLhme de« Sonntag« ttglich nachmittag« ftr den folgenden Tag Preto für da« Bierteljahr I'/, Thlr.; jede einzelne Siummer r Ngr — Nr. 208. — 7. September 1858. DrnWk AllMM Mmig. «Wahrheit und Recht, Freiheit und Gesetz I» Zu beziehen durch alle Post ämter de« In- und Antlande«, sowie durch die Erpedttion in Leipzig iOuerstraße Nr. 8). Insertionsgebühr ür den Raum einer Zelle L Ngr. Deutschland. LI Frankfurt a. M., 4. Sept. In Bezug auf die holsttin-lauen- burgische Angelegenheit kann ich Ihnen melden, daß die dänische Re gierung trotz der ihr in der letzten Bundestagsversammlung gegebenen Wei sung, binnen drei Wochen einen ausgleichcnden Schritt in der Sache zu thun, d. h. vor allem dem ErecutiönSauSschusse Antwort und befriedigen den Bescheid auf die letzten Beschlüsse der Bundesversammlung zu geben, doch, als sei eS zum Trotz, für gut befunden hat, den gesetzten Termin, den 2. Sept., erst ablaufen zu lassen, um dann am 3. Sept, aus Schloß Gkodshorg unter dem Vorsitz des Königs eine Sitzung deS GeheimratHS zu halten und die dem Erecutionsausschusse zu ertheilende Antwort zu be- rathen und zu sanctionircn. Diese Antwort ist bereits von Kopenhagen ab gegangen und wird am 6. Sept, in die Hände des hiesigen holstein-lauen- burgischen Gesandten gelangen, von demselben sogleich dem Erecutionsaus- schuffe zur Mittheilung gebracht werden und in der nächsten Vundestags- fltzung, am 9. Sept., zur weitern Berathung kommen. Wenn man allerlei vorläufigen Andeutungen Glauben schenken darf, so ist die Antwort keines wegs in einem solchen Geiste der Nachgiebigkeit abgefaßt, daß sie der Stim mung in Deutschland entsprechen kann. Die Bundestagsgesandten kehren allmählich von ihren Erholungsreisen zurück. Der Präsidialgesandtc Graf Rechberg wird heute abends wieder hier cintreffen. — Nach einer kopcnhagener Mittheilung der Hamburger Nachrichten vom 4. Sept, hat zu SkodSborg eine geheime Staatsrathssitzung stattgefunden, in welcher die nach Frankfurt zu sendende Antwort festgestellt worden ist. Der Hamburger Börsen-Halle wird aus Kopenhagen zur holstei nischen Frag« geschrieben: „Es kann aus zuverlässiger Quelle gemeldet werden, daß den früher» Einräumungen des dänischen Cabiners, Suspen sion der Gesammtstaatsverfaffung für die Herzogthümer, Aufhebung des GesammtstaatSministeriums deS Innern zur Ermöglichung der Unterhand lungen, welche diesseits vorgeschlagen wurden, nunmehr auch die der Sus pension der Verfügung vom 11. Juni 1854 hinsichtlich der Begrenzung der besonder» Angelegenheiten, sowie die der sechs ersten Paragraphen der Ge- sammtverfaffung sich anschließen werden." Vom Mam, 3. Sept. Mit Spannung sieht man einer Mittheilung darüber entgegen, ob die holstein-lauenburgischen Bundestruppen, welche dermalen bei Rendsburg zu der vom Deutschen Bunde ungeordneten Inspektion vereinigt sind, unter deutschem oder dänischem Kommando von den inspicirenden Bundesgeneralen manövriren werden. Ein dänisches Kom mando würde nach dem Bundesreglcment, demgemäß bei deutschen Bundes truppen nur deutsches Kommando gebraucht werden darf, nicht zulässig sein, und die mit der Jnspection des holstein-lauenburgischen Kontingents beauf tragten Generale würden eine Verletzung dieser Bestimmung seitens der Dä nen nicht gestatten dürfen. In gewöhnlich gut unterrichteten Kreisen wird versichert, daß diese Generale entschieden einschreiten würden, wenn in diesem Betreff Anlaß zu einer Beschwerde gegeben werden sollte. (N. C.) Preußen, t Serbin, 5. Sept. Aus der neuesten Fortsetzung des sehr beachtenSwerthcn Aufsatzes des Preußischen Wochenblatt über die traditionellen Tendenzen Rußlands und das rasche Anwachsen seiner Macht, welcher aus der Feder eines namhaften Mannes geflossen sein soll, heben wir folgende Stelle hervor: „Verfolgt man das allmähliche Vorgehen Rußlands aus der Karte, so stellt sich eine ganz eigenthümliche Erscheinung heraus. Ob be wußt oder unbewußt, war der Ausdchnungsdrang Rußlands fast durchgän gig von dem Princip des Umfassens begleitet, und fast überall, wo das Reich sich vergrößerte, geschah dies in der Weise, daß entweder gleichzeitig oder nach und nach in zwei Richtungen die Fühlhörner sich ausstreckten,' um bei günstiger Gelegenheit sich zusammenzuschließcn und so, gleichwie zwi schen den Armen einer Zange, das Dazwischenliegende festzuhalten. Zuerst tritt dies am Finnischen Meerbusen auf, wodurch die Herrschaft in der Ost see begründet wurde, welche durch die Erwerbung von Ostpreußen, wozu im Siebenjährigen Kriege alle Mittel in Bewegung gesetzt wurden, einen Zuwachs erhalten sollte. Später, als diese Absicht gescheitert, sehen wir in dem allmählichen Vorschieben nach Westen auf Kosten Polens den zweite» Arm hervorschießen, der mit dem Einschieben deS Keils zwischen Preußen und Oesterreich durch Requisition des GroßherzogthumS Warschau bisjetzt fein größtes Wachsthum erreicht hat. Polen im Süden, die Ostsee im Nor den halten jetzt Ostpreußen umspannt." Nachdem die Befolgung desselben Systems in Bezug auf das österreichische Kronland Galizien, die Donau- fürstenthümer, daS Schwarze Meer, Persien, die Länder der turkomanischen Stämme, China, die Steppen der Kirgisenhorden re. in schlagender Weise nachgewiescn worden ist, schließt der Aufsatz mit folgenden behcrzigenSwer- then Worten: „Eine vorläufige Beunruhigung der europäischen Staaten- verhältniffe kann in dieser Erpanston des russischen Kolosses, die sich dort in weiter Ferne Raum sucht, wol noch nicht gefunden werden. Ob aber, wenn die innern Zustände deS Reichs nach den, Willen des jetzigen Herr schers neu geordnet sind, wenn Eisenbahnen die weiten Räume durchschnei den, wenn die Südmeerflotte in gehöriger Zahl und Größe der Schiffe zum Auslaufen fertig ist — ob dann nicht wieder ein Drang nach Westen, eine Wiederaufnahme der bisjetzt noch nicht realisirten, gewissermaßen für Ruß land historisch gewordenen orientalischen Idee» auftrctcn werde, wer ver möchte wol in. Ernste daran zu zweifeln?" Gegenwärtig, wo die ver- muthliche Zusammenkunft des Prinzen von Preußen mit dem Kaiser Alexan der in Warschau zu de» unbegründetsten politischen Deutungen Anlaß gibt, möchten diese Betrachtungen um so mehr an ihrer Stelle sein, da sie den Beweis liefern, daß man hier die Augen hinsichtlich der traditionellen Po litik Rußlands offen hat. Die schon seit einer langen Reihe von Jahren bestehenden freundschaftlichen Beziehungen zwischen dem Prinzen von Preu ßen und dem Kaiser Alexander, welche gerade ihren Ursprung in manche» gleichartigen Auffassungen habe» dürften, die den Kaiser vor Europa so hoch gestellt und die in Rußland einen Umschwung herbeigeführt haben, werden uns als rein persönlicher Natur bezeichnet, welche mit den diplo matischen Beziehungen Preußens zu Rußland nichts zu schaffen haben. Preußen hat von dem jetzigen Kaiser Alexander nichts zu besorgen, wol aber viel von den russischen Traditionen. Würtembcrg. Stuttgart, 3. Sept. Die Beerdigungsfrage ist bei uns bereits auf das Feld der Praxis hinübergespielt worden. In einer paritätischen Ortschaft des Oberlandes hat jüngst der katholische Pfarrer dem evangelischen Geistlichen die Haltung einer Leichenrede auf dem gemeinschaft lichen Kirchhofe am Grabe eines allgemein geachteten Kranke» untersagt, und zwar trotz der dringendsten Bitten der nächsten Verwandten des Ver storbenen. Natürlich ist die Entrüstung über ein solches Benehmen bei ge bildeten Katholiken und Protestanten gleich groß. (Wes.-Z.) Stuttgart, 4. Sept. Zn der heutigen Sitzung der II. Kammer ent wickelte der Abg. Hopf seine Motion in Betreff der Trennung der Schule von der Kirche. Er ist dazu veranlaßt worden durch das neue Volksschul gesetz, durch daS Concordat und die gleichmäßigen Bestrebungen der evan gelischen Kirche. Für den sechsten Abschnitt des Volksschulgesetzes will er drei Artikel der deutschen Grundrechte eingereiht, welche ganz gemäßigt seien, für welche sich damals jedermann, selbst der jetzige CultusdepartementSchcf Staatsrath v. Rümelin, als Reichstagsabgeordnetcr, ausgesprochen habe. Die Schule solle ganz unabhängig von der Kirche stehen und der letzter» nicht untergeben, sondern eine freie Staatsinstitution sein. Zwar will er Geist liche von der Beaufsichtigung der Schule nicht ausschließen, sie vielmehr bei besonderm Beruf und Befähigung dabei berücksichtigt, ihnen aber nicht die Beaufsichtigung schon um ihrer Eigenschaft als Geistlicher willen lassen; als letztere haben sie nur den Religionsunterricht zu ertheilen. Er geht dann auf die Knechtung der Geister durch die Kirche seit den älteste» Zeiten über, weil die Priester sich für die Kirche , die Kirche für die Religion gehalten haben, um daraus darzuthun, daß der Kirche der Unterricht nicht belassen werden könne, namentlich bei ihren jetzigen Bestrebungen, die im Concordat und dem, was die evangelische Kirche nach dessen Muster thun wolle, ihre» Ausdruck finden. Auf Antrag des Abg. Schnitzte wird die Motion als mit dem Concordat im Zusammenhänge stehend der staatsrechtlichen Commission zur Berichterstattung zugewiesen. (Frkf. I.) Hannover. Hannover, 2. Sept. Wie ihre Kollegen in 'Hanno ver, Celle und in andern Orten, so haben jetzt auch 31 Obergerichts- anwälte und Advocate» in Hildesheim eine gegen die Annahme der neuen Justizvorlagen gerichtete Petition unterzeichnet, welche den Ständen bei ihrem Wiederzusammentritt am 12. Oct. zugehen wird. Das Schriftstück auS der Feder Karl Götting's in Hildesheim weist in klaren <und beredten Worten daS Verderbliche der Vorlagen nach. Der völlige Mangel einer jeden Veranlassung müßte zu einem gewisse» Mistrauen und zur vorsich tigsten Prüfung der Neuerung führen. Die in den, den Vorlage» beige- gebencnen Motiven angeführten Mängel des jetzigen Zustandes, nämlich der Ueberfluß deS bei den Gerichten angestellten Personals und die ungenügende Besoldung der Justizbeamten, hätten, abgesehen von ihrer faktischen Be gründetheit oder Unbegründetheit, überall nichts zu thun mit der Organi sation der Gerichte und dem gerichtlichen Verfahren, womit sich die Vorla gen allein beschäftigen. Das Fehlerhafte und Schädliche der Gerichtsorga nisation und deS Proceßverfahrcns in seiner jetzigen Gestalt sei gar nicht nachgewiescn, es seien über deren etwaige Mängel und Reformen weder die Anwaltskammern noch die Oberstaatsanwaltschaft gehört. Sicherm Verneh men nach hätten sich dagegen die jährlich abgestatteten Berichte der Direk toren sämmtlichcr Obergerichte und des ObcrappellationSgertchts für die Trefflichkeit der bestehenden Gerichtsverfassung ausgesprochen. Ein Minister selbst habe in öffentlicher Kammersitzung dem Vorwurf der mangelnden Prüfung nicht zu widersprechen vermocht, sondern nur versichert, daß die Vorlagen die Ansicht „angesehener Männer" für sich hätte», ohne jedoch irgendeinen Namen anzuführcn. Die Petition geht dann im einzelnen die