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Dresdner Journal : 26.06.1862
- Erscheinungsdatum
- 1862-06-26
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-186206265
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18620626
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18620626
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1862
-
Monat
1862-06
- Tag 1862-06-26
-
Monat
1862-06
-
Jahr
1862
- Titel
- Dresdner Journal : 26.06.1862
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I. beginnende neue vierteljährliche Abonnement des „Dresdner Journals" werden Bestellungen für auswärts bei allen Postanstaltcn, für Dresden bei der unterzeichneten Expedition angenommen. Der Preis betrügt in ganz Tachscn vierteljährlich l Thlr. lO Ngr.; im Auslande tritt Postzuschlag und Stempelbcbühr hinzu. Wir ersuchen unsre geehrten Abonnenten, namentlich die im Auslände, ihre Bestellungen möglichst bald zu erneuern, damit keine Unterbrechung in der Zusendung des Blattes emtritt. Ankündigungen aller Art finden im „Dresdner Journal" eine sehr geeignete Verbreitung. Die Jnsertionsgebühren werden im Jnseratentheile mit I Ngr., unter der Rubrik „Eingesandtes" mit 2 Ngr. für die gespaltene Zeile oder deren Raum berechnet. Aönigl. Expedition des Dresdner Journals. Nichtamtlicher Theil. llebersicht. Telegraphische Nachrichten. Zeitung-schau. (Frankfurter Postzeitung.) Tagesgeschichte. Dresden: Kammerverhandlnngen. — Wien: Englische Bestrebungen zu Gunsten der Tür» kei. Verhandlungen des Abgeordnetenhauses. Vom Finanzausschüsse. — Pefth: Zusammenkunft des Statthalters und des Hofkanzlers. — Karlsbad: Curliste. — Agram: Demonstration. — Berlin: Ankunft der Königin von Sachsen. Die Marschbe reitschaft definitiv aufgehoben. Die Frage wegen Her absetzung des Militärctats. Künstlerpetition. — Görlitz: Ergebeuheitsadrcsse. — Kassel: Die ab getretenen Minister. — Darmstadt u. Karlsruhe: Kammerverhandlungen. — Frankfurt: Vorberei tungen zum Schützenfest. Regcnwetter. Kein Pro test des Kurfürsten von Hessen. — Paris: Weisung an die Journale. Zur mcricanischen Expedition. — Turin: Garibaldi's Präsidentendemission. Univer sität Pavia geschlossen. Rußland soll anerkannt haben. London: Aus dem Parlamente. — Kopenhagen: Truppenconccntration. — St. Petersburg: Vor sichtsmaßregeln. Ein Hilfscorps gebildet. — Kon stantinopel: Einziehung des Staatspapiergeldes. Zur serbischen Angelegenheit. — Ragusa: Vorrückcn der Türken. Dresdner Nachrichten. Provinzialnachrickten. (Leipzig. Ehcmnitz. Dudissin. Löbau. Annaberg. Riesa.) Die Terpentinstein-Jndustric zu Zöblitz. Vermischtes. Eingesandtrs. Statistik und Bolkswirthschaft. Feuilleton. Inserate. Tagrskalender. Börsen- uachritchen. Telegraphische Nachrichten. Wien, Mittwoch, 25. Juni Der „Wanderer" bringt telegraphische Meldungen an- Belgrad vom gestrigen Tage. Ein Commissar der Pforte war daselbst eingetroffen. Die serbische Regierung organifirt mehrere Bataillone auS ausgedienten Soldaten; Einrrerciren aller Waffenfähigen ist an- geordnet. Fürst Michael verlangt Räumung und Uebrrgabe aller Festungswerke. Kassel, Dienstag, 24. Juni, Nachmittags. In besonderer Mission find der Generalleutnant v. Haynau Vormittags nach Wien, der General major v. Bardeleben Mittags nach Berlin ab gereist. New-Uork, 14. Juni, Der Marineministcr bat voraeschlagen, eine Schiffswerft zum Bau von Panzerschiffen im Mississippithale anzulegen. Die Sonderbündler vor Charleston haben 3V,KWMann Verstärkung erhalten. Die Franzosen in Mexico haben sich auf Ori zaba zurückgezogen. Bei dieser Stadt fand ein Kampf zwischen der liberalen und reaktionären Partei statt, wobei letztere vou den Franzosen unterstützt wurde. Auf beiden Seiten schreibt man sich den Sieg zu. Dresden, 25. Juni. Die „Frankfurter Postzeitung" enthält einen „Kurhcssische Briefe l" überschriebenen Artikel, der von den bestehenden Parteibestrebungen möglichst ab- strahirend, sich folgendermaßen über die Lage äußert: „Durch die jetzige Wendung der Dinge in Kurhesfen werden wenigstens die Hoffnungen aller Patrioten neu belebt, welche nicht, in den gothaischen Plänen fest gerannt, den ganzen Streit nur als Handhabe benutzen, um an der kleinen Fulda große Politik treiben zu hel fen. Es herrscht in der Bevölkerung ein ganz verstän diger Sinn. Man will nicht von Oesterreich, aber auch nicht von Preußen annectirt oder mediatisirt sein, wünscht nach der geographischen Lage des Landes gutes Einver nehmen mit der nördlichen Macht, aber auch mit den süddeutschen Nachbarstaaten, die sich naturgemäß nach Oesterreich neigen. Die Reform des Bundes in nationalem Sinne gilt bei allen Gebildeten: für eine Lebensfrage, und man würde sich recht gern mit einheitlichen: In stitutionen und einem Bundesgericht begnügen, wenn sich die Nationalvertrctung auch vorerst nur aus einem De- legirtcnausschuß der Landtage zusammcnsctzte. So wenig gegen die persönliche Achtbarkeit der jetzt abgetretenen Minister einzuwenden ist, so sieht man dock klar ein, daß mit dem Wechsel des Systems auch ein Wechsel des Ministeriums dringend geboten war. Dielen wollen die jetzigen Rathgeber der Krone nicht liberal genug scheinen, aber es wird doch nicht verkannt, daß zur Verwaltung eines kleinen deutschen Staates doch noch andere Fähig keiten und Eigenschaften erfordert werden, wie der blose Liberalismus. Es kommt nicht blos darauf an, daß man bei der Bevölkerung beliebt ist; der Minister darf sich doch in seinen Principien nicht allzu sehr mit den Anschauungen und dem Vertrauen des Landesherrn in Widerstreit befinden, wenn er etwas ausrichten uud aus gleichend wirken soll. Ein gothaisches Ministerium würde sich keine Woche behaupten, wenn es auch aus den ge nialsten Staatsmännern bestände, da es nicht nur auf den Widerstand des eigenen Monarchen, sondern auch aller deutschen Bundesregierungen mit wenig Ausnahmen bestimmt rechnen könnte. Die Respectabilität der neuen Minister wird nicht angezweifelt, und das genügt für jetzt. Kommen ihnen Fürst und Land in Vertrauen und mit gegenseitiger Versöhnlichkeit entgegen, so läßt sich auf ein gesundes Fortschreitcn der Landcswohlfahrt hoffen. Im andern Falle wird sich aber Niemand verhehlen, daß die kurhessischen Wirren durch den Bundesbeschluß und Ministcrwechselnurin eine neuePhase getreten sein würden. Die Wiederherstellung der 183lcr Verfassung mit dem Wahlgesetz von 1849 ist allerdings eine sehr weitgehende Eoncession, aber der Same der Zwietracht doch wieder reichlich vorhanden. Wenn der Partcigeist als Säcmanu sein Wesen treibt, so wird das Unkraut bald wieder lustig cmporkeimcn und den Weizen bald überwuchert haben. Nur Mäßigung auf allen Seiten kann from men, Einsicht, Billigkeit. Darum ist man wegen des weitern Ausgangs der Sache gar nickt ohne Besorgnisse. Soll Kurhcffcn abermals zum Spielball der Parteien im In- und Auslande werden und, wie Herr v. Mallinckrodt in der Berliner Kammer treffend sagte, den Prügelkna ben für die Fehden der Großen abgebcn, so wäre es besser, das Land hätte gar keine Verfassung. Diese Um triebe und Agitationen gehen über das Maß gesunden Parteiwescns weit hinaus. Sic vergiften das Leben der Bevölkerung, lockern die Bande des Staates und führen zu einer Verwilderung des Parteigcistes, die für die ge- sellschafliche Wohlfahrt eines kleinen Staates viel gefähr licher wirkt, als das einfach absolutistische Regiment, nach dessen Süßigkeiten sich sonst Niemand sehnen wird." Tugesgeschichto. Dresden, 25. Juni. Die Erste Kammer be schäftigte sick in ihrer heutigen Sitzung mit der Be ratung mehrer Petitionen. Zuerst trug Kammer herr v. Erdmannsdorff für die zweite Deputation den (von der Zweiten Kammer adoptirten) Bericht über den Antrag des Abg. Sachße u. Gen. auf Gleichstellung der Tharand-Freiberger Staatseisenbahn mit der künftigen Ehcmnitz-Annaberger und voigtländischeu Staatsciscnbabn vor. Der von der Zweiten Kammer gefaßte Beschluß, den Antrag auf sich beruhen zu lassen, fand auch dies seits gegen 1 Stimme Genehmigung, nachdem sich Bür germeister Elauß gegen den Tcputationsantrag erklärt und die Hoffnung ausgcdrückt, die Staatsregicrung werde die hier obwaltende Disparität auszuglcicken bestrebt sein. Sodann erstattete derselbe Referent Bericht über mehrere, Eiscnbahnanlagen betreffende Petitionen. Tie Zweite Kammer hat bezüglich derselben beschlossen, einen Theil auf sich beruhen, den größern Theil aber an die Staatsregicrung zur Kenntnißnahme abzugeben. Die diesseitige Deputation dagegen beantragt, unter Berufung darauf, daß jetzt die Zeit zur genauer:: Untersuchung der Petitionen fehle, daß die in Ausführung begriffenen Eisen bahnen vorerst die Staatskräfte genug anspannten und daß ohnehin schon an dem letzten Landtage mehrere Eiscn- bahnpetitionen an die Regierung abgegeben seien, alle Petitionen auf sich beruhen zu lassen. Frhr. v. Besch witz hätte gewünsckt, daß die Petition wegen Fortfüh rung der Tharand-Freibergcr Bahn von diesem Schicksal ausgenommen würde. Bürgermeister Elauß schließt sich dem an und hofft, daß die Staatsregierung aus freien Stücken dieser Bahn ihre Aufmerksamkeit zuwenden werde. Die Kammer genehmigte den Antrag der Deputation. Letzter Gegenstand der Tagesordnung war die Berathung des Berickts der 4. Deputation (Referent Bürgermeister Löhr) über die Petition der Rcchtscandidatcn Beck und Genossen, um außerordentliche Admission zur Advoca- tur. Die Deputation beantragt: „Die Erste Kammer wolle in: Verein mit der Zweiten Kammer die hohe Staatsregicrung ersucken, alle Diejenigen, welche bis Ende des Jahres 1857 ihre Advocatenprobeschriften mit Erfolg cingereicht und bis zum 1. Juni 1862 die Ad mission nachgcsucht haben, bei der nächsten ordcntlicken Jmmatriculation, soweit dies mit dem Gesetze vereinbar ist, nötigenfalls mit Ueberschrcitung der in der Be kanntmachung von: 14. Dccember 1861 auf Grund tz. 5 der Advocatenorduung von: 3. Juni 1859 festgesetzten AdmissionSzahl, zur Betreibung der Advocatur zuzulassen, hierdurch aber die eingercichtc Petition für erledigt er klären, dieselbe jcdock, als an die Ständcvcrsammlung im Allgemeinen gerichtet, noch an die Zweite Kammer abgeben." Bürgermeister Müller nimmt sich der Rcchtscandidatcn warm an. Er glaubt, daß deren Stel lung im Principe geändert werden müsse, wenn gründ lich geholfen werden solle, dazu sei aber jetzt nicht die Zeit; er müsse jetzt für den Antrag der Deputation dank bar sein und hoffe, die Regierung werde auf dem näch sten Landtage die Sache principiell zur Erledigung brin gen. — Die Kammer nimmt den Tcputationsantrag ein hellig an. .Hiermit wird die Sitzung geschlossen. ch Wien, 23. Juni. Die englische Diplomatie entwickelt hier und, wie man vernimmt, auch in Paris, eine ganz außerordentliche Thätigkeit zum Schuhe der Integrität der Pforte. Von englischer Seite aus erhielt man auch hier die erste bestimmtere Kunde von Pourparlers zwischen den Eabineten von Turin und St. Petersburg, denen zufolge der Preis für die russische Anerkennung des Königreichs Italien dessen Anschluß an die orientalische Politik des Fürsten Gortschakoff sein solle. Lord Palmerston wird es sich zwar sicherlich zur Aufgabe stellen, diese Eombination ihres drohenden Cha rakters zu entkleiden — und um dies zu können, ist sein Einfluß wenigstens in Turin allerdings groß genug—, gleichwohl hat der englische Premier doch, wie man ver nimmt, diesen Anlaß ergriffen, um im auswärtigen Amte Lord Bloomfield aufs Neue für eine präcise Verständi gung zwischen England und Oesterreick im Hinblick auf die Vorgänge und Eventualitäten im Südosten wirken zu lassen. Jndcß möchte ich sehr bezweifeln, daß das Wiener Eabinet in dieser Richtung eine bestimmte Ver pflichtung übernehmen wird. * Wien,24.Juni. JmAbgeordnetenhausewurde gestern durch den Finanzminister eine Vorlage über Erhö hung verschiedener Gebühren eingebracht. Hiernach sollen erhöht werden: die sircn Gebühren für Eingaben, amtliche Ausfertigungen, Zeugnisse und Urkunden. Neu einge führt werden sire Stempelgebühren für Frachtbriefe, Weck- selgiri, Eonti, eine neue Scala von Procent für Rechtsgeschäfte wegen Uebertragung von Eigenthum, Aktien, Lotteriegcwinnste und Stempelung ausländischer Wechsel. Die Kammer setzte die Berathung des Bud gets für das Unterrichtswesen fort. Die Debatte war ziemlich breit; viel wurde über die sprachliche Gleich berechtigung der Volksschulen gesprochen, ein Beschluß von allgemeinerer Erheblichkeit ist jedoch nicht gefaßt wor den. Die heutige Sitzung dürfte sich interessanter gestal ten, da in dieser die Frage wegen Anhaltung der geist lichen Gymnasiallehrer zur Ablegung der Lehramts prüfungen, sowie dir des Feldkirchner Jcsuitencollegiums zur Discussion kommen wird. Wien, 24. Juni. (Boh.) Abgeordnetenhaus. Lange Debatte, zwischen Toman und Deschmann heftige Erörterungen über das Slcwenenthum, wobei es zu Per sönlichkeiten kommt. Ter Präsident und das Haus ver weigert Toman das Wort, dieser verläßt das Haus. Sckmerling erklärt, daß der Jesuitengeneral aufgefordert wurde, sick bei den Gymnasien dem allgemeinen Unter- ricktssvstcm zu fügen, widrigenfalls die Regierung dem Orden das Privilegium, daß seine Gymnasien den Cha rakter öffcntlicker Gymnasien haben, entzieht. Anhalten der Beifall. — Sckarf tadelt Schmerling das Triester Municipium wegen der Gymnasialfrage. Ter Ausschuß antrag wird nack Szabel's Amendement angenommen, Tcman's Antrag verworfen. Zehntausend Gulden wer den auf das nächste Budget für Kunstinteressen gesetzt. Hartig tadelt den Vorgang mit dem Marmorbrunncn in Prag. — Der Finanzausschuß hat jetzt seinen Bericht über das Erforderniß des Ministeriums der Finan zen dem Hause vorgclczt. Er ist sehr umfangreich, zer fällt in 12 Abteilungen mit 3 Beilagen und wird von den Herren Abgeordneten Wohlwcnd und vr. Taschek vertreten werden. Hiernach beträgt das Erforderniß für das Finanzministerium 23,338,532 Fl., „eine Summe", wie der Bericht hinzusetzt, „welchenicht nur mit Rücksicht auf unsre bedrängte Finanzlage, sondern auch an sich so be- Feuilleton. AuS Castelli'S „Memoiren". Die Erinnerungen Castelli s, die in vier Bänden erschienen sind und uns das frühere Wiener Leben und Treiben wahrheitsgetreu und charakteristisch schildern, konnten in Norddeutschland allerdings nicht jene größere Thcilnahme des Publicums finden wie in Wien. Dennoch enthalten sie manche interessante und beachtcnswerthe Mittheilungen und Betrachtungen und sehr humoristisch erzählte Vor fälle, namentlich in: vierten Theil. Für eine richtige Anschauung der Zeit- und Kulturgeschichte bleiben solche Aufzeichnungen von Erlebnissen immer von einem wirk lichen Werthe, den die bändereiche Romanfabrikation einer schrcibseligen, unfähigen Muse nie erreichen kann. Castelli'S Memoiren bekunden aber auch einen litera rischen Vorzug: leichter kurzer Styl; die schlicht natür liche, geistig frische und heitere Darstellung des greisen, nun verstorbenen Schriftstellers können sehr vielen seiner später gebornen, aber weniger bescheidenen Collegen zu nachahmungswerthrm Muster dienen. Im vierten Bande seiner Memoiren stellt Castelli einen kritisch betrachtenden pikanten Vergleich zwischen „Einst" — die sogenannte gute alte Zeit — und „Jetzt" an und kommt dabei zu einer Schilderung deS frühern bürgerlichen Lebens in Wien, die wir hier mittheilen. Er sagt: Der Bürger hatte früher weniger Bedürf nisse; er war zufrieden, wenn er Mittags seine Suppe, Rindfleisch mit Zugemüse hatte und Abends im WirthS- haus« sein GlaS Wein trinken konnte, er rauchte seinen rothen DreikönigS-Tabak und war nur stolz auf sein Sol datenspiel und auf die Uniform, welche er tragen durfte. Die Bürger bildeten eigne militärische CorpS. Da war die bürgerlich« Cavalerie, dir Artillerie, daS zweite Regi ment, daS CorpS der Drcreter und jenes der bildenden Künstler. Sie sahen Alle recht gut auS, am meisten militärisch die Decrcter, und alle Bürgeroffiziere durften sogar goldene porw-epeos tragen. Früher eristirte noch ein Corps, man nannte cs: Die Musterkarte, weil ihre ganze Uniformirung in einem dreieckigen Hute und aus einem Säbel am Bandelier bestand, und Jede: seinen eigenen von den andern verschiedenfarbigen Rock trug. Bei diesem Corps befanden sich nur die ärmsten Bürger, die sich eine Uniform anzuschasfen nicht im Stande waren. Wollen wir einmal sehen, wie das Leben eines solchen Wiener Bürgers einst beschaffen war? Er stand um 5 Uhr deS Morgens auf uud ging an sein Handwerk. Um 10 Uhr wurde er dann freilich schon etwas durstig und labte sich mit einer Halbe Bier oder einem Seidel Wein sammt einem tüchtigen Stück Hausbrod. Punkt 12 Uhr mußte das Mittagsmahl aufgctragen sein, welches er an einem Tische mit seinen Gesellen einnahm. Die Lehr jungen bekamen gewöhnlich den Abhub. Dor und nach dem Essen wurde gebetet, das versteht sich; denn die Wie ner Bürger waren damals fromm. Nachmittags rauchte er sein Pfeifchen und schlief dabei wohl auch ein halbes Stündchen in seinem gepolsterten Schlafsessel, dann gings aber wieder an die Arbeit, welche bis zum Abend fortge setzt wurde. Jetzt aber wurde daS Lortuch abgenommcn, die Pcrrüke aufgesetzt, ein Capot angezogen uud in das Wirthshaus gewandert, wo bei einem eigenen Tische die bekannten Stammgäste täglich zusammen kamen; da wurde nun ein Rostbraten, ein Paar Selchwürste oder sonst eine derbe Speise gegessen und dazu rin Paar Halbe Bier oder eine Halbe Wein getrunken, dazu traplirt, ein Kartenspiel, wobei die Karten so groß sind, daß man damit recht in den Tisch hineinschlagen kann, oder wohl auch etwas politisirt. Das Politisiren war aber dazumal ein ganz anderes als heut zu Tage, dabei zeigte sich der sogenannte Wiener Stockpatriotismus in seiner ganzen Größe. Während man jetzt an Allem, was in unserm lieben Oesterreich geschieht, etwas auszustellcn weiß, möchte ich Niemandem gcrathcn haben, auch das Unsinnigste, was geschah, nicht gut zu finden, und wenn man mit einer Neuerung nicht ganz zufrieden war, so schob man die Schuld auf die Minister; der Kaiser war in Aller Augen unfehlbar. Er konnte nichts dafür, wenn irgend etwas Schlimmes geschah, aber alles Gute kam einzig und allein von ihm. Der schändlichste Mensch, den sich ein Wiener Bürger verstellen konnte, war Napoleon. Das war nun das gewöhnliche ordnungsmäßige Leben eines Wiener Bürgers; wenn er aber einmal über die Schnur haute, so führte er im Sommer an einem Sonn tage sein Weib und seine Kinder in den Prater, aß dort mit ihnen beim wilden Mann oder beim Pappcrl für einen Gulden Bankozettcl 12 Speisen, ließ Nach mittag seine Kinder im Ringelspiel fahren, zeigte ihnen das Marionettenspiel, und die ganze Familie versäumte nie, sich auf der in einer Bude befindlichen Wage wiegen zu lassen und sich recht herzlich zu freuen, wenn Eines oder das Andere seit dem vorigen Jahre um ein halbes Pfund schwerer geworden war. Dann wanderten sic langsam und scelcnvergnügt nach Hause, der Mann trägt das kleinste Kind und die Frau seinen Stock und seine Pcrrüke. Wie jetzt die Bedürfnisse des Bürgcrstandcs sich ver mehrt und vergrößert haben und der Lurus in bürger lichen Familien cingerissen ist, das brauch' ich wohl nicht zu beschreiben, unsre Generation kann sich selbst davon überzeugen. Der Bürger kleidet sich wie der Graf, sein Weib gleicht im Putz einer Dame, er raucht die feinsten und thcuerstcn Cigarren, und wenn er sich ein Paar Freunde zum Mittagsmahle rinladct, so muß Champagner getrun ken werden; er liest alle Zeitungen und politisirt dem Teufel ein Ohr weg. Von dem frühern patriarchalischen Leben ist keine Spur mehr zu finden, der Bürgerstand hat sich eine glänzendere Schale angccignet und der gute Kern ist indessen wurmstichig geworden. Die Beschränktheit, der Mangel an Aufklärung und Bildung sind bei dem deutschen Spießbürger allerdings mit der neuen Zeit erfreulich gewichen. Mit der Bildung und fortschreitenden Cultur sind ihm indeß auch weniger günstige Gaben — luxuriöse Ueberhebung, Ueberfeinerung und hohler Dünkel — zugekommen, die den alten guten Biedersinn feindselig bekämpften und gar sehr unter drückten. (Schluß folgt.) -f Dresden. Die Ausstellung von Werken der bildenden Kunst bei der k. Kunstakademie wird Sonntag den 29. Juni 11 Uhr im Ausstellungsaale auf der Brühl'schen Terrasse eröffnet werden. Theater. »Dresden. Das mit dem großherzogl. Hofopernsängrr Herrn Trapp aus Darmstadt im Laufe dieser und der nächsten Woche beabsichtigt gewesene Gast spiel soll sichern: Vernehmen nach bis zu dem hoffentlich mit 1. August d. I. erfolgenden Wiedereintritt der Frau Bürde-Ney in das Repertoir verschoben und Herr Trapp im Laufe des Monats August hier wieder er wartet werden, um unter Andern: auch in Partien, wie Marcel in den „Hugenotten" und Cardinal in der „Jüdin", aufzutrrten; Herr Stolzenberg aus Karls ruhe wird, wie man hört, zu einem erweiterten Gast spiel noch für den Monat Juli hier bleiben, bei welcher Veranlassung Opern, wie „Postillon von Lonjümrau", „Nachtwandlerin", Puritaner", Martha" und andere, zur Aufführung kommen dürften. * Der Dresdner Tonkünstlerverein zählt nach dem letzten, vom Gesammtvorstand« au-gegebenen Jahrez-
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