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WenKemer Tageblatt Erscheint A Jnserate jeden Wochentag abends nir den Agenden UW WA LL-S »U L U /» "chmen die Expedition bis Norm. 10 Uhx, Tag und kostet durch die Ansträger pro U V I V sowie für Auswärts alle Austräger, desgl. Quartal Mk. l.40; durch die Poft Mk. 1.50 V G r EM alle Annoncen-Expeditionen zu Original frei ins Haus. Preisen entgegen. Hohenstein Ernstthal, Oberlungwitz, Abtei Oberlungwitz, Gersdorf, Lugau, Hermsdorf, Bernsdorf, Langenberg, Falken, Langenchursdorf, Meinsdorf, Nuszdorf, Wüstenbrand, Grüna, Mittelbach, Ursprung, Leukersdorf, Seifersdorf, Erlbach, Kirchberg, Pleitza, Reichenbach, Grumbach, Callenberg, Tirschheim, Kuhschnappel, St. Egidien, Hüttengrund u. s. w. Amtsblatt für den Verwaltungsbezirk des Stadtrathes zu Hohenstein. Freitag, den 26. April 1889. 39. Jahrgang. Nr. 96. WWMMW«»«» Bürgerschule. Die Aufnahme der Ostern 1889 schulpflichtigen Kinder findet derart statt, daß Mon tag, am 20. April, 10 Uhr Knaben und Mädchen im Schulsaal sich zu versammeln Haden. Sehr wünschenswert ist es, daß die Kinder von den Erziehern beim ersten Schulgang begleitet werden. Abigt, Dir. Fortbildungsschule. Die der Volksschule Ostern 1889 entlassenen Knaben sind noch drei Jahr lang zum Besuch der Fortbildungsschule verbunden. 8 4 des Schul-G. Es haben sich daher alle in Hohenstein amenthaltigen Lehrlinge, welche diese Ostern der Schule entlassen worden sind, Montag, den 29. April, nachmittags von 2—5 Uhr in der Expedition des Direktors anzumclden. Der Schulentlassungsschein ist unbedingt beizubringen. Nebenher wird verlangt, daß der Schüler in sauberer Kleidung erscheine. Abigt, Dir. Zwangsversteigerung. Das im Grundbuche auf den Namen Kart Friedrich Erdmann Schulze ein getragene Grundstück, ein Haus mit Garten, Folium 29 des Grundbuchs für Hermsdorf, bestehend aus der Parzelle 64 des Flurbuchs, nach demselben 8,7 a groß, mit 120,g , Steuer einheiten belegt und auf 6570 M. geschätzt, soll im hiesigen Amtsgericht zwangsweise ver steigert werden und ist der 2. Mai 1889, vormittags 10 Uhr als Bersteigerungstermin, sowie der 6. Mai 1889, vormittags 10 Uhr als Termin zu Berkttudung des Bertheilungsplans anberaumt worden. Eine Uebcrsicht der auf dem Grundstücke lastenden Ansprüche und ihres Nangver- hältnisses kann in der Gcrichtsschreiberei des unterzeichneten Amtsgerichts eingesehen werden. Hohenstein-Ernstthal, am 11. März 1889. Königliches Amtsgericht. Lippold. Sächstschro. Hohenstein, 25. April 1889. Wir machen darauf aufmerksam, daß die bei vielen Hand werksmeistern noch bestehende Annahme, daß der probeweise in die Lehre genommene Lehrling während der Dauer der Probe zeit eines Arbeitsbuches nicht bedürfe, vielmehr ein solches zu beschaffen erst dann nöthig werde, wenn die Aufnahme des Lehrlings in die Lehre dcsinitiv erfolge, eine irrige ist, die nicht selten für den säumigen Lehrherrn mit Unannehmlichkeiten und polizeilicher Strafe verbunden ist. Anläßlich des in diesen Tagen erfolgenden Eintritts junger Leute in Lehrverhältnisse machen wir darauf aufmerksam, daß nach dem Krankenvcrsicherungsgcsetz auch Lehrlinge dem Kranken versicherungszwang unterliegen, sobald dieselben entweder Lohn oder — was diesem gleichsteht — Naturalien, z. B. freie Woh nung, Kost re. vom Lehrmeister empfangen. Der Lehrmeister trägt hierbei die alleinige Verantwortung dafür, daß der Lehr ling am dritten Tage nach Beginn der Beschäftigung — also nicht erst nach Ablauf der üblichen Probezeit, wie vielfach irr- thümlich angenommen wird — bei der für das betreffende Ge werbe errichteten Ortskrankenkasse, bez bei der für dieselbe er richteten Meldestelle — in Hohenstein befindet sich gemeinsame Meldestelle im Rathhause — angcmeldet wird. Unterläßt der Lehrmeister die rechtzeitige Annuldung zur Ortskrankenkasse, so kann derselbe mit einer Geldstrafe bis zu zwanzig Mark belegt werden und ist außerdem verpflichtet, im Erkrankungsfalle alle Aufwendungen, welche dieselbe zur Unterstützung des vor der Anmeldung erkrankten Lehrlings gemacht hat. Die Abführung der Beiträge zur Ortskrankenkasse hat der Lehrmeister zu be sorgen und zwar hat derselbe ein Drittel der Beiträge aus eigenen Mitteln zu leisten, während- zwei Drittel von dem Lehrling bez. dessen Ellern zu entrichten sind. Da nun dann, wenn der Lehrling keinen baarcnLohn, sondern nur Naturalien crthält, hinsichtlich der vom Lehrling, bez. dessen Eltern zu cnt- rich.endcn zwei Dritttheile der Krankenkassenbeiträge leicht Streitigkeiten zwischen den beiden Parteien entstehen können, weil in diesem Falle der gesetzlich zulässige Abzug der Beiträge v.m Lrhn durch den Lehrmeister nicht möglich ist, so empfiehlt es sich, daß in dem Lehrvertrage eine Bestimmung darüber ausgenommen wird, in welcher Weise die Beitragszahlung Seiten der Eltern des Lehrlings erfolgen soll. Nachdem es in der Vogelwelt auf Baum nnd Strauch wieder lebendig geworden ist, sei darauf aufmerksam gemacht, daß das Tödten und Einfangen von Blaukehlchen, Rothkehl- chen, Nachtigall, Grasmücke, Rothschwanz, Steinschmätzer, Bach stelze, Pieper, Zaunkönig, Pirol, Goldhähnchen, Meise, Ammer, Finke, Hänfling, Zeisig, Stieglitz, Baumläufer, Kleiber, Wiede hopf, Lerche, Tagschlaf, Staar, Fliegenschnäpper, Kukuk, Specht, Wendehals, Bussard (Mäusefalle) und Eule, mit Ausschluß des Uhu, untersagt ist. Zuwiderhandlungen ziehen Geldstrafe von 3—30 Mark oder Haststrafe nach sich. Die genannten Vögel dürfen auch nicht feilgcbotcn werden. Ein unerfreuliches Zeichen der Zeit ist, daß fast regel mäßig nach den großen Festen des Ostern und Pfingsten Aus schreitungen zu beklagen sind, welche seitens roher Menschen gegen öffentliche und private Anlagen sich richten, obwohl die selben, da sie dem ganzen Publikum, theils zur Freude, theils zur Bequemlichkeit, dienen, schon von selbst vor jeder Beschä digung geschützt seit, sollten. Sv sind imLützelthal bei Frankenberg, welches jeder das Zschopauihal passirende Tourist gern aufsucht, in den Nachtstunden der Osterfesttage empörende Beschädigungen an Bäumen und Brücken vorgckommcn; ferner ist ein Denkstein von roher Hand in zwei Stücke zertrümmert worden. Auch in Hainichen sind ähnliche Rüpeleien, aber in noch größerem Maßstabe, in der Nacht zum Sonntag verübt worden, und zwar hat roher Vandalismus an 5 bis 6 Stellen Geländer mit sammt den Steinen ausgewuchtet, Schilder rc. abgerissen und ins Wasser geworfen ?c. Bedauerlicher Weise ist cs noch nicht gelungen, die Frevler zu ermitteln, angesichts deren Hel- dcnthatcn man die Wiedereinführung der Prügelstrafe wünschen möchte. - Luga», 24. April. Wie alljährlich, beging auch heute der kräftige Militärverein unseres Ortes den Geburtstag Sr. Majestät in würdiger Weise. Herr Holzhändler Acker, der rüstige und langjährige Vorsteher, brachte das Hoch auf den allverehrten Landesherr» aus. Glieder des Vereins, die zu gleich als Mitglieder der Gesangvereine sangeskundig und sangeslustig sind, erfreuten durch kräftige Weisen die Erschiene nen. Am Morgen durchzog die Reveille den stillen Ort, der sich bald reich mit Flaggen schmückte. Auch andere Vereine gedachten des Tages in Wort und Lied. ' Lugau, 25. April. Eine außerordentlich freundliche Auf nahme und reichen Beifall fand das Concert der im Bade Hohenstein fest engagirten und unter der meisterhaften Leitung der Frau Elise Ludwig stehenden Karlsbader Damenkapelle. Der Saal des Jägerhauses war trotz der vorhergegangenen Festtage sehr gefüllt. Die liebenswürdigen schmucken Musiker innen beherrschten ihre Instrumente Violine, Bratsche, Cello, Pauke und Trommel, die sich in den Händen von Damen gar fremd und eigenartig ausnahmcn, vollständig. Wenn auch das Programm kein Werk unserer musikalischen Komponistenriesen aufwies, for dern besonders die österreichische Musik bevorzugte, so waren doch die einzelnen Nummern anheimelnd uno ge- müthlich. Das Spiel der Damen war ausgezeichnet; die Leiterin der Kapelle vereint mit der Energie des Tons eine ungewöhnliche Fertigkeit auf der Violine und selbstständiges, eigenartiges, riefes Erfassen der musikalischen Gedanken. Auch die Braischistin trat durch vortreffliches Spiel auf Bratsche und Cello besonders hervor. Große Sicherheit und achtungs- werihe Technik, ausdrucksvoller Vortrag, inniges Zusammen spiel mußten den Beifall der Hörer wecken. Die Kapelle hat sich rasch und dauernd die Zuneigung der hiesigen musiklicben- ven Kreise erworben und würde sicher bei etwaiger Wiederkehr abermals ein volles Haus finden. Wegen Reinigung der Expeditionslocalitäten bleibt die Kanzlei der königl. Amtshauptmannschaft zu Glauchau am 26. und 27. dss. für alle nicht ganz dringliche Sachen geschlossen. Der Strumpfwirker Karl August Neubert aus Oberhcr- mersdorf, in Siegmar wohnhaft, 29 Jahre alt, seither unbe straft, war Kassenvorstand des Sparvereins „Einigkeit" in Siegmar. Ein solcher Verein setzt sich aus jungen Arbeitern und Arbeiterinnen zusammen, die sich verpflichten, allwöchent lich oder allmonatlich bestimmte Beiträge zu zahlen, welche der Kassircr abholt und sie dem Kassenvorstand übcrgiebt. Diese angesammelten Gelder werden dann am Ende eines Sammcl- jahrcs an die Mitglieder wiederum vertheilt. An der Spitze ves Vereins steht ein Vorstand, welchen die Mitglieder aus ihrer Mitte auf ein Jahr wählen. Diese Vereine sind jeden falls sehr lobcuswerth, weil sie den Zweck verfolgen, das Sparen anzuregen und zu unterhalten. Man sollte nun glau ben, daß die Mitglieder eines solchen Vereins möglichst viel Sicherheitsmaßregcln träfen, um allen Mißbrauch mit den an- gesammclten Geldern auszuschlicßen. Dies ist aber nicht immer der Fall, wovon Nachstehendes Zeugniß ablcgt. Ob wohl Neubert schon mehrere Jahre, seit 1883, Kassenvorstand «war, so war nach seiner Angabe seine Rechnungsprüfung ein schließlich der Gelder erst einmal geprüft worden. Die Au flegung der letzteren blieb in sein Ermessen gestellt, er war Niemand dafür verantwortlich. In Bezug auf die im lctzten Jahre angcsammelten Gelder, die etwas über 1400 Mk. be trugen, war er wohl gefragt worden, ob er sie werbend ange legt habe, aber als er dies mit dem Bemerken bejahte, daß dies in der Chemnitzer Stadtbank geschehen sei, hatte man sich nicht die Bescheinigung darüber vorlegen lassen. Er hätte sie auch nicht vorzeigen können, weil er die Gelder gar nicht dort hin gebracht hatte. Das einfachste und bequemste wäre für ihn die Einlegung der Gelder in die Sparkasse zu Siegmar gewesen, da hatte er aber seine Bedenken gehabt, sie war ihm wie er dem Einen gegenüber meinte, nicht sicher genug, oder wie er einem andern gcgerübcr geltend machte, man würde darnach besteuert. Daß dies nur nichtige Ausflüchte waren, mußte Jedem einleuchtend sein. Sie erschütterten aber das Vertrauen zu seiner Redseligkeit nicht. Man dachte nicht an den möglichen Fall, daß eine verhältnißmäßig größere Summe Geldes in der Hand eines mittellosen Menschen eine große Verführung, sich daran zu vergreifen, in sich berge. Auch Neubert konnte dieser Verführung nicht widerstehen. Er hatte die Gelder in einem blechernen Kasten aufbewahrt, an welchen wohl ein Vorlegeschlößchen anzubringcn gewesen wäre, aber unverschlossen hatte er denselben in seiner Schlafkammer auf der Kommode stehen. Gleichwohl hatte cr sich gerühmt, daß er das Geld wohl verborgen halte, Niemand im Stande sei, es zu finden. Am Sonntag nach dem hohen Neujahr d. I. sollten die angcsammelten Gelder nebst den etwaigen daoon- gczogenen Zinsen an die Mitglieder venyeilt werden. Am Abmd des hohen Neujahrstages halte Neubett mit seiner Frau seine Wohnung verlassen, um sich zu feiner Hausw.ithm zu begeben. Die Stube war verschlossen worden, die L>chlakammer yalle nur von der Wohnstube aus ihren Eingang. Man halte bis nach 11 Uhr Karten gespielt. Dann begaben sich die Ehe leute Neubert in ihre im Nebengebäude befindliche Wchnuag zurück. Sie mußten durch den Hof gehen. Hier stieß Neu bert an eine Leiter, die, wie sich nachher ergab, an das Fen ster der Schlafkammcr Neuberts angelegt war. Eine Feuuer- scheibe in diesem Fenster war eingedrückt, das Fenster stand offen. Beim Betreten der Wohnung fand man, daß die Kassette mit dem Gelde verschwunden war, leer wurde selbige einen oder einige Tage später einige Hundert Schritte von der Wohnung Neubcns entfernt aufgefundcn. Zögernd, wie nachzewiesen wurde, hatte Neubert noch am selbigen Abend den Gendarm ausgesucht, polizeiliche Nachforschungen fanden sofort statt, sie hatten nur den Erfolg, daß der Verdacht sich immer dringender gestaltete, daß der Diebstahl von Neubert erdacht und selbst vorbereitet war, um die Unterschlagung der Gelder zu verdecken. Aus den beschworenen Aussagen zweier Zeugen ging hervor, daß Neubert am fraglichen Abend nach 10 Uhr die Leiter von dem Orte, an dun sie hing, hinwegge nommen und selbst angelegt habe. Die Ausführung des Diebstahls durch Einsteiqen in das nur kleine Schlafkammer fenster war, wie eine Ortsbesichtigung ergab, zwar nicht be quem, doch auch nicht schwer zu bcwerksttlligcn. Neubert leugnete beharrlich die U itcrschlagung des Geldes, bis jetzt wurde dasselbe auch nicht aufgefunden, die Beweisaufnahme ließ aber an seiner Schuld nicht zweifeln, cr wurde wegen Un treue und Unterschlagung mit 1 Jahr 6 Monaten Gefängniß bestraft, auch der bürgerlichen Ehrenrechte auf 2 Jahr für ver lustig erachtet. Von der Strafe wurden 2 Monate durch die erlittene Untersuchungshaft als verbüßt erachtet.