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Ilr. 52. Friedrich Keorg Wieck s 1S6S. Dkutschc Um bei dem bevorstehenden Jahreswechsel keine Störung in der Gleichmäßigkeit der Expedition dieses Blattes eintreten zn lassen, bittet die Bcrtagshandlung ergebenst, die Bestellungen auf die Fortsetzung pro 1866 den Buchhandlungen oder Postämtern geneigtest recht zeitig anfzugeben. Auch die Beschleunigung der Jnscrtions- Anfträge ist erwünscht. Cyanin, das empfindlichste Reagens auf Säuren und alkalische Basen. Bor einigen Jahren wurde in der Farbenfabrik des Her» Mül ler in Basel ein prachtvoll blauer Farbstoff zum Behufc der Seiden färberei im Großen dargcstellt, welcher unter dem Namen Cyanin (oder Chinolinblau) in den Handel gelangte, aber seiner geringen Haltbarkeit wegen bald außer Gebranch kam. Man erhält denselben aus einer Verbindung des Leukolins oder Lepidins oder auch beider Bascu mit Jodamyl durch Behandlung mit Aetznatronlaugc. Bei Bersucben, welche Schönbein über das Verhalten dieses Farbstoffes gegen Ozon und gegen verschiedene andere Agentien an gestellt und deren Resultate er der mathem.-physik. Klasse der Münch ner Academie der Wissenschaften in der Julisitzung d. I. mitgctheilt hat, beobachtete derselbe, daß die alkoholische Lösung des Cyanins durch Säuren, selbst durch die schwächsten, cutblänt wird, weshalb sich, da das Cyanin ein ganz außerordentliches Färbungsvermögen besitzt, mit Hülfe seiner alkoholischen Lösung noch so winzige, in Wasser vorhandene Spuren freier Säure entdecken lassen, daß die selben durch kein anderes chemisches Mittel mehr nachgcwiescn wer den können. Ausgekochtes dcstillirtcö Wasser, durch Cyaniulösung noch deutlich gebläut und von der Luft vollständig abgeschlossen, verändert seine Färbung nicht, bläst man aber durch eine Röhre nur wenig Lungen lust in die gebläute Flüssigkeit ein, so entfärbt sie sich ziemlich rasch in Folge der kleinen Menge eingeführter Kohlensäure. Alkalien stel len die ursprüngliche blaue Farbe der Flüssigkeit wieder her. Alles Wasser, welche» mit der (kohlensänrehaltigen) atmosphärischen Luft auch nur kurze Zeit in Berührung gekommen ist, besitzt die Eigen schaft, noch einige Cyaniulösung zu entbläuen. Man muß deshalb selbst das ganz frisch destillirte Wasser einige Zeit aufsieden lassen, wenn es nicht mehr entblänend ans zugefügte Cyaniulösung wirken soll, weil schon wahrend der Destillation das Wasser auö der von außen zutretenden Luft kleine Mengen von Kohlensänrc aufnimmt. Daher vermag Wasser, welches so geringe Spuren Kohlensäure ent hält, daß diese weder durch Kalk- noch durch Barytwasser mehr nach gewiesen werden können, doch noch merklich entblänend auf die ihm zugefügte Cyaninlösung einzuwirken. So entfärbt auch Wasser, welches nur ein Milliontel freier Schwefelsäure enthält, eine Menge von Cyaniulösung, durch welche ein gleicher Raumtheil säurefreien Wassers noch sehr deutlich gebläut wurde. Da umgekehrt die Alkalien das durch Säuren entfärbte Cyanin wasser wieder bläuen, so läßt sich nach Schönbein diese Flüssigkeit auch als höchst empfindliches Reagens auf die freien alkalischen Basen benutzen. Wasser, das nur ein Milliontel ätzendes Kali enthält, wird durch einige Tropfen einer durch Spuren von Schwefelsäure ent färbten Cyaniulösung nach kurzer Zeit noch ganz deutlich violett gc färbt und auf gleiche Weise lassen sich auch die winzigsten Mengen der übrigen freien alkalischen Basen erkennen, Wie die Alkalien verhält sich auch das Thalliumoxyd gegen das durch Säuren entfärbte Cyaninwasser; Wasser, welches so arm an diesem basischen Oxyde ist, daß letzteres weder durch Jodkalinm noch durch irgend ein anderes chemisches Reagens angezcigt wird, bläut sich beim Znfügeu einiger Tropfen der farblosen Cyaniulösung doch noch ziemlich stark. Die Löslichkeit des Bleioxyds in Wasser ist bekanntlich so schwach, daß sic früher vielfach bezweifelt wurde, aber Schönbcin hat gcfun deu, daß selbst Wasser, so arm an dieser Basis, daß sic weder durch Schwefelwasserstoff noch durch sonst ein Reagens sich Nachweisen läßt, durch die farblose Cyaniulösung noch ziemlich stark gebläut wird, wie man sich hiervon leicht an solchem Wasser überzeugen kann, welche» man bei abgeschlossener Luft einige Zeit mit gepulvertem Massieot hat zusammenstehcn lasten. Ebenso wird das mit Magnesia geschüttelte und abfiltrirte Wasser durch die säurehaltige Cyauiulö sung noch deutlich gebläut. Schönbein erwähnt »och der weiteren Thatsache, daß ausgekochtes und in luftdicht verschlossenen Gefäßen wieder abgckühltes destillirtcs Wasser die Eigenschaft besitzt, sich beim Vermischen mit einigen Tro 52