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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 13.03.1886
- Erscheinungsdatum
- 1886-03-13
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188603135
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18860313
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18860313
- Sammlungen
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1886
-
Monat
1886-03
- Tag 1886-03-13
-
Monat
1886-03
-
Jahr
1886
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 13.03.1886
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Erscheint täglich früh 6'/, Uhr. Ve-«tisn und Lrpkditiin JohanaeSgasse 8. Sprechstundkn drr Nedarliou: vormsttagt 10—12 Uhr. Nachmittag« ü—6 Uhr. >>, »i« R»«,-», «in»ei»ndter m«iuilcrt»t» »acht sich »ie M«»«cli»n »ich» »rrbmUich. U»ua»«e »er für »te nächftfalgeu»« »u««er »eftimmten Inserate an Sachentaaen st» 3 Uhr Nach«1tkaas. an Le»«-««» -kfttaueu srütz s>«'/,» Uhr. In de» Filialen für Ins.-Ännah«e. Otta Ale««, UniversstätSstraß« 1. Lants Lisch». Kalhariaenstr. 23, p. ««r »ta ',.3 Uhr. amiM.TMdlM Anzeiger. Organ für Politik, Localgeschichte, Handels- «nd Geschäftsverkehr. Auflage IV.SSO. Äboiniemriilsprris Viertels. 4'/, Md. incl. Br ngcrlobn ü Mk., durch die Loli bezogen 6 Mk. Jede einzelne Nummer A)Pä Bclegercuiplar 10 Ps. Gebühren iür Extrabeilagen (in Tageilali. Format gesalzt) ohne Postbesördernug öO Ml. Mit Postbrsörderung KO Mk. Inleralr 6gespaltene Petitzeile 20 Pf. Größere «ckrisie» laut uni Preirverzetchniß. Ladellarljcher u.Zifferniatz nach höherm lan'. ileclamen unter dem Redacl,o»«s«rich die 4gesp.il!. ZeileöOPs., vor den Familiennachrichieii die kgripaliene Zeile 40 Ps. Jalerale sind stet- an die Expedition zu sende». — Ravatt wird nicht gegeben. Zahlung xrasuuuu-rnniio oder Lurch Post nachnahme. 72. Tonnaldt«^ den l3. März 1886. 8V. Jahrgang. Jur gefälligen Venchtung. Unsere Expedition ist morgen Sonntag, den 12. März, Bormittags nur bis «S Uhr geöffnet. Lxpvältlov äss L-elprlxer iLsediatten. Amtlicher Thetl. Veksmilmiiihiug. Die jährlich vom Thomanerchor u»o dem Etadtorchester bewirkte Aufführung einer PassionSmusik, welche früber am Eharfreitag. in ven letzten Jahren am Palmsonntag stattsanv, Wird von nun an al- musikalische Einleitungsfeier zur Passion«» zeit und zwar in diesem Jahre in der Hseter-ktrche a» Sonntag Javoeavtt, de» 14. Mär,, Nachmittags 3 Uhr, «bgehalten werden. Zur Ausführung kommt hier zum ersten Male Friedrich Kiel » «k«zul«i» tn «Lar. Der Eintritt ist ««entgeltlich. Leipzig, den K. März 18k«. Die Lircheiliuspeclion für Leipzig. Der Sapertntendrnt. Der Rath der Stadt Leipzig. Pank. I)r. Georgi. Kretschmer. Den Herren Professoren, Docente» und übrigen Mit gliedern unserer Universililt tbeile ich hierdurch mit, daß zur Feier de« GeburtstaaeS Sr. Majestät de« denlschrn Kaisers Montag, den Ais. ds». Mt»., Rachmtttag» 3 Uhr eia Festmahl >m Krystallpalast staitfinven wird, zu welchem Toselmarkeu ü 4 ^lk sis zum Mittag de» 31» ds«. Mt«, ans vdr Nuntiatur im Ratbhanse an«gegev«u werden. Leipzig, am IS. März 188k. Der Reetor der Universität Dr. F. Zirkel. Da e« wiederholt vorgekommen ist, daß entgegen den deslebenden Bestimmungen elektrische Leitungen ohne Genehmigung hergestellt und in Betrieb gesetzt morden sind, jo bringen mir unsere Bekanntmachung vom 22. November 1883 hierdurch in Erinnerung, wonach derjenige, welcher eine elektrische Leitung ohne die in der Ministerialverordnung vom 12. October 1883 vorgeschriebene polizeiliche Genehmigung herstcllt oder benutzt, eine Geldstrafe bi« zu ISO Mark oder entsprechende Haftstrafe zu gewärtigen hat und bemerken hierbei, daß wir ,eve zu unserer Kenntniß gelangende Zuwiderhandlung gegm die betreffenden Vor schriften unnachsichllich ahnden werden. Leipzig, an, 6. März >88«. Der Rarh der Stadt Leipzig. vr. Trvndlin. Hennig. Bei dem Unterzeichneten Polizei-Amte sind in nächster Zeit einige SchntzmannS-Stelle« zu besetzen. Bewerber müssen im stehenden Heere gedient und die UnterosficierS Ebärge erreicht haben; sie müssen körperlich tüchtig und mindesten» 170 Centimeter groß sein, auch aus reichende geistige Befähigung durch abzulegende Prüfung Nach weisen. De« Weiteren müssen sie sich über vollständige Unbescholtenheit glaubhaft auSmeisen können, dürfen auch da« 35. Leben«jahr noch nicht überschritten haben. Den Gesuchen sind ein selbstgeschriebener LkbenSlauf und die hiernach erforderten Zeugnisse in Abschrift beizufügen. Leipzig, am ll. März 1888. Da» ipolizet-Amt der Stadt Leipzig. Bretschneider. Vergeigerung. «anta,. de« 1». Mär, 188« von Var«. t« vtzr ad uud folgende» Log soll im Gasthose,» Neustadt eine au« circa 3ü00 Bänden bestehende Leihttdltottzek in einzelnen Werken meistbietend gegen Baarzablung versteigert werden. Leipzig, den 10. März 1886. Ekelnde», Gerichtsvollzieher. Zwangsversteigerung. Da« im Grundbuche von DeliSich Band XIV. Blatt 4KS ans den Name» de« Kaufmann» Johann Friedrich Echraeter zu Delitzsch eingetragene, in der Lindenstraße unter Nr. ülkd Hierselbst telegene HaoSgrundstück mit geräumigem Hofraume, Garten »nd Seitengebäuden, in denen bi» dahin eine Ligarrensabrik i» große» Umfange betrieben, soll aus Antrag der Ehefrau de« Aausmann« R«rl vaaftest. Anna geb. Echraeter zu Haie a/S. »um Zweck« der A»«ei»andersetz«ng anier den Miieigeuthümern am 4. Mei 1886 Bormittag- 10 Uhr vor dem unierze,chatten Gerichte an GerichtSstclle, Natdhan«, 1 Trevpe, Zimmer Nr d, zwangsweise versteigert werden. Da« Grundstück ist mit 1616 NutzungS.verth zur Gebäude» steuer veraulagt. Da« Urtdeil über die Lrtbeilnnq de« Zuschlag« wird am ü. viai 1886 Vormittog« 1l Uhr an Lericht«ft«lle verkündet werde». Delitzsch, den 27. Februar 1886. Königliche« A«t»>«richt. Nichtamtlicher Thetl. Nichts gelernt und nichts vergessen, n * Unser gegenwärtiger Reichstag war von Anfang an dazu verurtheilt, daß ihm zwei verbängnißvolle Angebinde in die Wiege gelegt würbe», welche seiner Thäligkeit eine bestimmt« Richtung geben mußte», von der man nicht wird sage» Vinnen, daß si« da« Ansehen de« Parlament« wesentlich gesitztzerl habe. Es giebt bekanntlich einen Übel beleumundeten Vogel, von dem man sagt, daß er seine Eier gern in Anderer Nester legt, und wir möchten nach den Erfahrungen, die dis jetzt gemacht worden sind, sagen, daß Vieser Vogel bei der Taufe de« deutschen Reichstages mit Gevatter gestanden hat. Ein« dieser unerfreulichen Angebinde besteht darin, daß unmittelbar nachdem der neugekrönte deutsche Kaiser aus Versailles znrückqekehrt war und den deutschen Teic-bStag er öffnet hatte, auch schon eine consessiouelleKaiupfp.rtei in der parlamentarischen Arena erschien, um gegen da« neugeschaffene Reich zu Felde zu ziehen. Die katholische Ccnlrums- partei begann ihre gefährliche Minirarbeit, von der sie, gestützt aus vie Macht der römischen Hierarchie unv der durch letztere feit länger al« einem Jahrtausend bewirkten Knechtung der Gewisse», in den letzten fünfzehn Jahre« auch nicht eine Stunde abgelassen hat. Daß in den Kämpfen gegen Oesterreich und gegen Frankreich das protestantische Hau» der Hohenzollern Sieger geblieben und daß der König von Preußen sich die deutsche Kaiserkrone auf das Haupt setzen konnte, da», darüber wirb sich Niemand täuschen, bat vie Kreise, au- denen da» Centrum hervor- gegangen ist, aufs Tiefste verletzt, und ihr tödliicher Hatz be gleitet seitdem da» neue evangelische Kaiserreich. Ja. wen» ein katholischer, für die Jesuiten eingenommener Herrscher' Kaiser von Deutschland geworden wäre, dann würde de» Reichstag jedenfalls vie Existenz einer im parlamentarischen Leben der Völker so ganz abnormen, unter der Fahne an geblicher confessioneller Bedrückung kämpfenden unv bei de« geringfügigsten Anlässen oft wie rasend sich geberkenben Partei erspart geblieben sein. Wir haben nicht nöthig. an dieser Stelle aus Einzelheiten einzugeben, sondern wollen lediglich daraus Hinweisen, daß die Thäligkeit der Centrumspartei im Reichs» tage eine einzige lange Kette von offener und versteckter Feindseligkeit gegen die Stärkung und den Ausbau des Reiches ist; diese Thatsache wird nicht verändert dadurch, baß VaS Centrum hier und da auch einmal mit der Regie rung stimmte, denn in solchen Fällen kam die Positrons- schivenkung des CentrumS nur dadurch zu Stande, daß die Partei Rücksicht zu nehmen batte auf ihre ihr sonst blindlings folgenden Wähler und weil sie ihrer inneren Natur n«s stet- dabei sein wird, wenn es gilt, Fortschritte, wie die Ge» Werdefreiheit, zu berinträchtigei, und wieder zu beseitig«». In rein nationalen Fragen hat da« Eentrm» ftxis seine» wahre» Eharattrr perau»g«k-hrt «nd seine Wo- sichrer mögen noch so oft uud so erregt dagegen protestier», daß man Ihren deutschen Patriotismus bezweifelt — die Tbal» fachen haben gelehrt, daß" diese Zweifel nicht ebne Grund sind. Eine Partei, welche ihr Stichwort in hauptsächlichen Fragen nicht an- der eigenen gewissenhaften Ueberzeugung. die nur von de« Reiche«, de« Vaterlandes Interessen dictirt ist. sondern von jenseits der Berge empfängt, kann ja auch füglich nicht patriotisch in dem Sinne sein, wie eS gewöhnlich für »ölhig angenommen wird. Wir haben eS erst vor Kurzem wieder gesehen, in welcher Weise da» Cenlrum nationale und römische Interessen verquickt und seine Entschließungen von der Berücksichtigung der letzteren abhängig macht; eS geschah taS bei Bewilligung der nolhweubige» Einrichtungen >» Kamerun, für vie da« Cenlrum nur zuzusiinimen erklärte, wen» dort die Jesuiten ihren Einzug halte» könnien. Die traurige Eigenart der CenlrumSpartei hat aber da durch ein besondere« Gepräge erhalten, daß in der Persou ihre- Führer- zwei Seelen wohnen — die Seele de« Jesuiten und diejenige des Welsen. Herr Windlborst bat eS bekannt lich oft versichert, daß er nach wie vor den Herzog von Cumbcrland al- seinen angestammten Herrscher betrachtet, unv daß er die jetzige Ordnung der Dinge in Deutschland a>S zu Recht bestehend nicht anerkennt. Wären in dem Leiter der EentrumSpartei nicht schon durch seine Stellung al« fanatischer Römling alle Sympathien für VaS neue deutsche Reich erstickt, so würde seine nicht minder rabiate welsischc Ge siunung da- etwa Fehlende sicher ergänzen. Und mit dieser von solchem Manne geführten, leiver numerisch sehr bedeuten den CenlrumSpartei müssen sich der Reichskanzler und die nationalen Parteien im Reichstage nun seit besten Bestehen herumschlagen. E« wird sich ja zeigen müssen, ob die in neuester Zeit zwischen der preußischen Regierung und dem Vatikan angebahntcn FricdenSverhankluiigcn zu einem be stimmten Resultate führen, da« auch vo» Einstuß aus da« Buhalten der CeatrumSpartei ist; wir glaube», daß, so lange Männer wie WindtHorst in dieser Partei da» Heft in den Händen haben, es zu keinem wirklichen Frieden, zu keiner wirklichen Versöhnung kommen wirb. Der deutsch« Reichstag hat c« aber nicht mit dieser einen antinationalen Partei allein zu thun, sonvern ein zweites KuckuckSei ist ihm durch da« Bestehen einer in Ven letzten Jahren immer mehr angewachsenen socialdemokratischenFraclion in da« Nest gelegt worden. Auch diese Partei tatirt ihre Entwickelung seit jener Zeit, wo der deutsche EinheitSbrang zum Durchbruch kam und durch die Hand de« größten aller lebeuden Staatsmänner in da» richtige Fahrwasser geleitet wurde. ES ist nock unvergessen, wie schon während des Kampfe« gegen Frankreich e« nöthig war, dem gemein gefährlichen vaterland-losen Treiben der Socialisten entgegen, zutreten, rüdem eine Anzahl der damaligen socialvcmokratischen Führer in sichere Verwahrung genommen werden mußte. Auch der socialvemokratiscben Partei ist die Errichtung eines mächtigen deutschen Kaiserreich« von jeher ein Dorn im Russe gewesen, und au« ihrem einzigen Ziel, der socialdemokratische» Republik, haben die socialistiscben Abgeordneten im Reick»tag nie ein Hehl gemocht. Alle» Bestehende soll noch Art drr Pariser Commune umgestürzt werden, und natürlich muß da auch die monarchische Staats gewalt mitsammt ihrem Grundpfeiler, dem stehenden Heer, beseitigt werden. Weil da« aber nicht mit einem Male zu bewerkstelligen ist, zumal mit der Gewalt, weil eine zu große Macht aus der anderen Seite gegenüber stehk und die Führer der Corialisteu, wie Liebknecht. eS schon empfunden haben, wie unangenehm es ist. wenn die Kuaeln pseisen, so gedenken diese Herren vorerst ihre Wünsche und Absichten mit Hilfe des demokratischen allgemeinen Wahlrechtes durchzusetzen. .Herr Liebknecht hat dieser Tage in einer Berliner Arbeilerversammlnng er klärt: .Er s« srüber ein entschiedener Gegner des Parla mentarismus gewesen, habe sich aber überzeugen lassen, baß e« kein bessere» Agitation-mittel gebe al« die Belbeiligung a» brn Wahlen und an den Verhandlungen de« RcichSlng«. Da« allgemein« Wahlrecht fei zwar kein Zauberstab, aber »in Hammer, borch welchen da« Volk geschmiedet werde, unk mit diesem selbe» Hammer werde einst da« Volk seine Kette« zerbrechen.' Die ganze Thäligkeit drr sociatdrmokratischen Abgeordneten im Reichstag, der Charakter ihrer gesammlen vielen Reben ist denn auch nur ein agitawrischer, aus außen berechneter. Die Interessen de« deutschen Reiche« sind dabei vollständig Nebensache, und mir seden tzenn auch, daß in allen Fragen, wo eS sich um die Släi kung VeS Reichcs handelt, die Socialisten mit dem kalboli'chen Eentrum trotz drr sonstigen Verschiedenheiten Hanb i» Hank gehen. Der Haß gegen den Reichskanzler unv argen Da«, wa« dieser geschossen, ist der gemein same Kilt beider intransigenlen Parteien, io oft sich eben vie Gelegenheit dazu varbietet, vem gemeinichasilichen Bestreben, den Gegner zu schwächen, eme» Au-bruck zu geben. Da lieht der Umstand, baß die Socialine» die rvtzten Kirckenfeii,de sind, mckt im Geringsten im Wege — >eive,die Ultram ontanen und vie Socialdemolraten, ziehen brüderlich an einem Strange. Welcher weitere Factor nun noch dazu kommt, um die gegenwärtige, so überaus betrübende und für da» Gedeihen de« Reiche« nachtbeilige Majoriläkst»ldunq im Reichstag zu erwugen unv denjenigen ZuNand herbeizuiükren. welck'r für alle wahrhaften BalerlandSsreunve das größte Aergerniß bildet. daS werden wir im nächsten Artikel dartbun, der uns zugleich die Gelearnheit geben wird, VaS Wort, welche« wir an die Spitze unserer Artikel gesetzt haben, klar zu beweisen. Jur kirchenpolitischen Frage. Seit dem Auftreten deS BiicbosS Kopp i:n Herrenhaus« stngt eine Bewegung an. sich Bahn zu brechen, welche die enbailtige Beseitigung bei sogenannten Culturkamps« zum Ziel« hat. Aber viele Bewegung hat mit Hindernissen zu kämpfen, und da« Hauptkmderniß liegt in der kominirentcn Stellung, welche da« Centrum im deutschen Reichstage unv i» preußischen Abgcordnctenhause einnimml. Die Gewohnheit »es Herrschen» ist süß. und wer diese Süßigkeit gekostet hat, legt sie auS eigenem Antriebe nickt ab. Wir müsse» de-halb dafür Sorge tragen, daß den Führern de« CentrumS diese Gewohnheit verleidet und daß sie auS der Stellung hinauS- gedrängk werden, welche sie sich durch den Kamps der letzte» »4 Jahre erobert haben. Die Stellung deS Centrum« ist haut« ein« doppelt«: zur einen Hälfte wurzelt sie in »»Macht, »eiche dn Klerus aus die Wähle, aus Vbt, zur «mb reu <a de« demokratischen Formen, welche bas Erntrum angenommen hat. Die Herrschaft der Kirche über den Staat ist der Zweck, dre Parteinahme »u politischen Fragen für die Opposition ist da- Mittel. Der Zweck ist dem Centrum so sehr Hauptsache, daß e- seinet wegen das Mittel in Kauf nimmt, wenn eS sich auch innerlich noch so sehr dagegen sträuben mag. Der Zusammenhang von Zweck und Mittel ist nicht immer aufrecht z» erhalten, wie der Abfall eine- TheileS der Mitglieder des CentrumS bei der letzten Abstimmung Über taS Socialistengesetz vor zwei Jabren bewiesen hat. Obwohl Winklhorst kie allmäligr Uebcrlcilung in den gemeinrechtlichen Slankpuncl von dem deS Ausnahmegesetzes al« Richtschnur vorgeschriebe» hatte, sielen seine Anträge bei ber Abstimmung im Plenum ke- Reichs tage«, und die Geltungsdauer de« SocialistcngesetzcS wurde um zwei Jabre verlängert. Wir sieben heute wieder vor derselben Lage. Auch in dieser Session hat Winklhorst seine alten Anträge erneuert, und die Commission hat sie angenommen. Die .Nationalliberale Correspondenz' nimnit an, daß kie Windt- horsi'schen Anträge im Reichstage dasselbe Schicksal haben werden wie vor zwei Jahren, daß also die Verlängerung de« Gesetze« ohne Aenberung aus weitere zwei oder drei Oahrr beschlossen werden wird. Wir wollen eS hoffen, aber der Verlauf der Sacke hängt davon ab. ob da« Ccntrum sich von Windthorsi trennt, oder ob e« ihm auch ferner nock HeereSsolge zu leisten entschlossen ist. Der Abgeordnete und Freunv Winvlborsi'S v. Schorlemer-Alst bat die Möglichkeit einer Trennung dem Abgeordneten v. Eynern gegenüber spöttisch in Abrede gestellt mit derselben Ueberbebung, die dieser Parlamentarier auch nach anderer Richtung schon wiederholt zur Sckau getragen hat: „Herr v. Eynern kann nicht verlangen, daß ich ibm daraus antworte; wir habe» andere,, Leuten, die mehr Bedeutung haben al« er, bereu« daraus geantwortet." DaS ist der Ton, welchen die Herren Windtborst und v. Schorlemer-Alst in die parlamentarischen Körperschaften eingeführt haben. DaS eine Mal erklärt Herr vo» Sckwr- lemcr den Conservativen und den Ministern gegenüber» daß der Reichskanzler der einzige Kopf sei. der für sie Alle denke, da« andere Mal verweigert er einem Abgeordneten die Ant wort auf eine gestellte Anfrage, weil ihm der Frager nicht bedeutend genug erscheint. Gegen solche Ueberhebung müßte sich da« ganze Hau« wie ein Mann empören; denn wenn Vieser Ton die Oberhand behält, kann der parlamentarische Anstand nicht bewahrt werden. Wer ist kenn überbanpk in der Lage, seine Mitmenschen richtig zu tasiren, besonders die jenigrn. mit Vene» er vereint dem gleiche» Ziele zustrcbl- DaS Urtbeil zu fällen Uber die Bedeutung eines Ministers oder eine« Abgeordneten siebt der öffentlichen Meinung, resp. de» Wählern zu. Der Minister, welcher jene für sich bat, kam, getrost die Angriffe der Opposition über sich ergehen lassen — in diesem Falle befindet sich Herr v. Goßler dem Abgeordnete» v. Sckorlrmer-Alst gegenüber; unv wenn die Wähler mit Herrn v Eynern zufrieden sind und wenn die Partei sich seiner Führung aiivertraut, so kann er da« abiprechende Urlheil de« Herrn v. Sckorlemer rubig dem Superarbilrium seiner Wähler und seiner Parteigenossen in, Hanse überlassen. Aber gegen den Ton. welchen Herr v. Schorlenicr im Ab geordnetenhaus« anstimml, muß laut Widerspruch erhoben werden; derartige Ueberbebung mag einem Eugen Richter z» Gesicht sieben, ein Aristokrat wie Herr v. Sckorlemer sollte sie unter seiner Würde Hallen, und wenn er dennoch die ihm durch die parlamentarischen G-wohnheiien gezogene Grenze überschreitet, so gebührt idm dafür die ernsteste Zurückweisung aller Derjenigen, welchen die Auirechlballung deS parlamen tarischen Anstanke« am Her,«» liegt. Die Vermischung vo» Politik und Religion ist Das, waS die gesammte Tdäligkeit der Ecnlrumsparlei so verderblicd gestaltet, unv gerade Vieser Punct ist von den übrigen Par- leien bisher nicht hinreichend beachtet worben. E» dürste den Führern de« CentrumS niemals möglich sein, in anderen al» kirchenpclilischen Fragen sich vorzudrängrn, ohne daß man sie daran erinnerte, daß ihre Unbefangenheit >» rei» politischen Dingen angezmeifelt werden müsse. Wie kommt Herr Windt- borst dazu, sich all Anwalt drr Soeialdemokraten auszuwer fen? Die Kirche ist doch wahrlich von Vieser Partei so ab lehnend wie möglich behandelt worden Daß da« Cenlrum nichts umsonst Ihut, bas hat eS dock oft genug bewiesen; eS hankell sich bei dieser Partei immer um Leistung und Gegen leistung. um Gotte- Willen thun die Herren vom Cenlrum nichts! Auch in der Angelegenheit de- Herrn v. Sckalscha wegen seiner Zeugenvernehmung in der Munzaffaire war e« w edev Wmblborsl, welcher als Anwalt seine« Parteigenossen erschien unv die Freiheit der Meinungsäußerung der Parlamentsmit glieder verlheidigle. welche jegliche Rechenschasissorderuug aiisschließe. Es ist aiißeroideullick bedauerlich, daß die Herren vom Cenlrum auch aus da» rein politilcbe Gebiet in den deutschen BertretungSkörpern einen Einfluß gewönne» haben, der ihre ges.nnmle» Bestrebungen i» einem ganz falschen Lickle erscheinen läßt. Wir sind dem Abgeordneten von Eynern sehr dankbar, daß er dem Abgeordneten Winvlhorst am Mittwoch die Wahrheit gesagt bat. daß er ihn vor dem ganzen Hause mit der Bezeich nung belegte, die ihm zukommt. Er »st in der That nicht« Anderes al« ein intransigenter Welfe, wie wir ib» kürzlich an dieser Stelle ckarakterisirl haben. Aber damit ist eS nicht genug, die Rede VeS Herrn v. Eynern hat nur Werth alS Anfang einer Agitation, welche von allen aus liberalem Slandpuncl stehende» Abgeordneten gegen diesen Siörciisried und seine Gesinnungsgenossen i» Fluß gebracht werten muß. Den lO Millionen, aus welche sick Windtborst stützt, stehen in Preußen 18 Millionen gegenüber, welche die entgegengesetzten Wege wandeln. Wenn diese sich zu- sanimenschaaren, um den unerträglichen Zwang abzuschütteln, welchen die angeblichen lO Millionen aus die übrigen Wähler übe», dann kann daS Ccntrum aus die Dauer al- Partei nicht sorlbestchen. es muß sich in seine Bestanklheile auslösen, unv die Welse» mögen dann Herrn Windthorsi als ihr Haupt im Triumph »ach Hause führen. Glücklicherweise ist im preußischen Abgeordnetenhaus« eine vom Centrum unabhängige Mehrheit vorhanven; diese Mehr heit gilt r« in der rücksichtslosesten Forni zur Geltung zu bringen. Solche Angriffe wie die, welche vom ehemaligen Leiter der katholischen Abtheilung de« CultuSministeriumS und von der katholischen Gemeinde in Wiesbaden wegen Mit benutzung einer Kirche durch die Altkatholiken gegen den CuttuSwmister geschleudert worden sind, müssen die aller schärfste Zurückweisung erfahren; der Ton, welchen die Herren v. Eynern, Wehr Mid v. Zedlitz «maeschlagrn haben, »st dev reckt«, aber solch« Rede« bleiben »och viel zu vereinzelt, die nationalliberale Partei müßte ihren ganz« Heerbann auf bieten. um die Eulturkämpfer vom Eentru» zum Schweigen ,» bringen; kein Antrag, der von dieser Seit« kommt, dürste Unterstützung bei anderen Parteien finden, das Eentrum muß isolirt werden, e« muß seinen Mitgliedern zun, Bewußtsein kommen, daß ihre Berechtigung, al« Partei aufzutreten, nicht mehr vorbanven ist; erst kann werden wir zu gesunden Au sländen kommen. * Leipzig, 13. März 1886. * Wie telegraphisch gemeldet wurde, theilte die .Kölni sche Volks Zeitung' da« im Februar d. I. abgesaßtc Antwortschreiben der preußischen Bischöfe aus das päpstliche Schreiben vom 6. Januar d. I. mit; außer den zur Zeit in Preußen im Amt befindlichen preußischen Bi'chkse» habe» e« auch der Erzbischof von Fr ei bürg süi Hohenzollern, der Erzbischof von Prag und der Fürstbischof von Olmütz sür die preußischen Anlheile ihrer Dieccfen mil unterzeichnet. DaS päpstliche Schreiben hatte betreffs der streitigen Fragen, namentlich der Vorbildung der Geist licken die allen Forderungen der Kirche principicll aufrecht erhalten, daneben aber Wendungen gebraucht, welche »ich: ansschließen würden, daß praktisch seilen« der Curie in manchen Pnnclc» »achgegebcn würde. Die Antwort der Bischöfe lautet (wie wir der „Nalional-Zeitung" enlnchmen) unler Fortlassung der Eingang«- und Schlußsätze, die ohne Bedeutung sind, ,m Wesentlichen: Ties bedauern wir mit Dir, heiligster Vater, daß der noch vor wenigen Jabren zum gemeiiisamen -bohle der Kirche wie deS Staates bestehende Friede durch unielige Gesetze gestört wurde, „nd lies beklage» wir die schwere» Uebel, welche daran« sür de» Staat »ich! minder al- Iür die Kirche entstanden. Allerdings lindert unsere Trauer der Umstand, daß Geistlichkeit und Volk, wc'che uns anvcr traut sind, die vorzüglichen Lobsprnche vollaus verdient labe», niii denen Du sie überhänilest, durch de» ausgezeichneten Gehoriom und die Standhasiigkeit, womit sie in Io vielen und schwere» Gefahren und Versuchungen an der Kirche sefthielten, und dcre» Lache aus sich »almien und vertbeldigten, ohne den den Fürsten gebührenden Ke> korsaiii zu verletzen. Aber dieser Umstand kann linieren Schmerz nur lindern, mchi beseitige». Denn sehr ist zu befürchten, daß die Ernte der schon fünfzehn Jabre hindurch wnchsendcn Saat täglich üppiger und verderblicher werde. Auch fehlt e- nicht an sehr ernsten Gründen zur Bcsoraniß. Namentlich sind e« zwei Uebel, welche uns die größte Furcht eiiislößen: die Sitten der Jugend, welch, da d>e religiöse Erziehung allzu sehr behindert war. vieler Orte:: bereits verderbt oder wenigsten» in hohem Grade gefährde« sind, und die überaus traurige Viage der Arbeiter, deren Glaube und Religion unter dem Anstuim de- wuchernden SocialiSmuS sogar in katholischen L'NdeSll eilen heilig angestindet und beschädigt wird. Je mebr aber diese Uebel uns mit Schmerz und Besorqniß ti- sttllen, um so lieber und ongenrhmer war un« Dein Schre ben, i > welchem mit apostolischer Sorge uud Weisheit die Mittel bezeichnet »erden, durch welche einzig der Weg zum wahren und douerlattcn Frieden und zur wirkiamen Besserung der au« der Störung deS Friedens entstandenen Uebel bereitet wird. Denn dieses Ziel haben alle Bestrebungen und Sorgen im Ange, welche Du vom Beginn Deines PoniisicaleS an unablässig aus die Wiederherstellung der Eintracht verwandtest, keine Müde zur endliche» Beseitigung der Hindernisse scheuend, welche der freien Verwaltung unserer Kirchen und der kirchlichen Erziehung der Diener de» AltareS nach den Vorschriften der kanoniichcn Satzunqe» noch entaeqensteben. ... Recht und Gewalt der Regierung dieser Grsell'chast (der Kirche aber stellt nach dem heiligen und unverletzlichen Willen Christi bei P iruS und seinen Nachfolgern, den römischen P.ipsten, und unter der AaloriiLi und dem Lehramt« Petri bei den Bnchöten in ihren einzelne» Kirchen; und nicht kann demgemäß von einer anderen alSvon derkirchlichenGewaltbestimmiwerden nach welche» Gesetze» und in welcher Ordnung dicGeifi lichketi zu lenken sei. Dem entsprechend nehmen wir mit voller Unterwürfigkeit und freudigen Geiste» alle» an, wa» Du mit apostolischer Weisdeil be- irefi« de« Unterricht », der Erziehung, der AuSwodl und Lettuna der D ener Gotte« emichärstest, indem Du ganz beisnder« daraus ob zieltest, daß „unversebri »nd srci da» Recht der Bischäse lei, ou> dem Ringplatz drr Seminare tue friedlich« Heerschaor Christi Hera» zubilden, unverledrt ihr Recht, die Priester nach ihrem Ermesse auSzuwäblen, welch-n sie die verschiedenen Aemier übertragen wollen, und ohne jede« Hinderniß ihr tzirtenamt in Frieden z verwalten." vor Allem >edvch bekennen wir mit Dir frei und
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