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Zweites Blatt. ;end. ng :cht zahl- Vereins- Vereins- Sammel- ^achsdorf ich seitens stand. f. »rath. seien an !8en. d nann. äork ickner. lopf. iessev nng, Gattin, 6k6, re von hbarn, h und ür die unsern >r Dr- Herrn Möge rufen WMÜ für MMff ThmNdt. Men. Sitbtnlch und die UMMden. Imlsblnll für die Agl. Amtshauptmannschaft Meißen, für das Agl. Amtsgericht und den Stadtrath zu Wilsdruff, sowie für das Agl. Forstrentamt zu Tharandt. Erscheint wöchentlich dreimal nnd zwar Dienstags, Donnerstags und Sonnabends. — Bezugspreis vierteljährlich 1 Mk. 30 Pf., durch die Post bezogen 1 Mk. 55 Ps. Inserate werden Montags, Mittwochs und Freitags bis spätestens Mittags 12 Uhr angenommen. — Jnsertionspreis 10 Pfg. pro dreigespaltene Corpuszeile. Druck und Verlag von Martin Berger m Wilsdruff. — Verantwortlich für die Redaktion H A. Berger daselbst. No. 66. I - Sormahmd, Zsu 6. Juni s 1886. Zum ersten Sonntage nach Tnmlaüs. 1. Könige 19, 12, 13: Ed kam ein stilles sanftes Sausen. Da das EliaS hörte, verhüllte er sein Antlitz. EliaS, der Prophet der heiligen Strenge, steht am Aus gange einer wilden Felsenschlucht im Sinaigebirge. Hier hat er wie ein Moses an der gleichen Stelle eine Gottes-Erschein ung. Ein großer Sturmwind braust vorüber, danach kommt rin Erdbeben, sodann feuriger Lichtglanz, aber in alle dem spürt der Prophet noch nicht die Nähe des Allmächtigen. Da kommt zuletzt ein stilles sanftes Sausen: Elias erkennt die Gegenwart Gottes des HErrn und birgt sein Antlitz in seinem Mantel. Die Geschichte steht im Alten Testament, aber ihr In halt ist neutestamentlieh, denn wir erhallen dadurch Aufschluß über Gottes Wesen, den JesuS und die Apostel später vervoll kommnen. Gott ist nicht im Sturme, nicht im Erdbeben, lucht im Feuer, sondern diese Erscheinungen gehen Seinem Kommen voran, bereiten auf Seine Ankunft vor. Gott ist im stillen, sanften Sausen, d. h. Gott ist die Liebe, ist die Gnade, ist die Barmherzigkeit — nur muß der Erfahrung der Gnade erst die Erfahrung der Buße vorhergehen. Gott ist unser Bater, aber kein schwacher Vater, der beide Augen zudrückt bei dem Fehl Seiner Kinder, sondern ein heiliger und gerechter Vater, der zürnt und straft, wenn die Seinen sündigen. Andererseits ist aber Gott ein liebevoller Vater, der die Zuchtrute nimmt, »m zu bessern, und volle Vergebung schenkt, wenn die Kinder reumütig sich an Sein Herz werfen. So ist die Predigt der Buße unumgänglich für uns Menschenkinder. Sturmwind, Erdbeben und Feuer müssen unsre Herzen erschüttern, damit wir aufrichtiges, ernstes Ver langen nach der Nähe Gottes und damit nach der vergebenden Gnade empfinden. Aber die Predigt darf bei der Buße nicht stehen bleiben, sonst ist sie nicht christlich; sie soll und muß dem erschütternden zerschlagenen Gcmüte auch das eine sanfte Sausen verführen, die Friedensbotschaft: Dir sind Deine Sünden vergeben. Wir müssen auf den Sinai hinauf, aber von dort weiter nach Golgatha. Wer nur Buße predigt, wird die Herzen entweder verhärten oder zum Verzagen bringen. Wer nur Gnade predigt, wird die Herzen in falsche Sicher heit wiegen, leichtsinnig und mutwillig machen. Buß.' und Gnade müssen einander folgen wie das Sausen dem Sturm wind folgte, dann wird das Menschenherz ein Chcistenherz. Wer die Gnade erfahren hat, der birgt anbetend sein Antlitz. Er betet an und er ermißt, daß Gottes Lieb unendlich ist. Und dann singt er ein Tedeum aus Herzensgrund. Die Krönungsfeieilichkeiten in Moskau von Paul Lindenberg. (Nachdruck verboten.) X. Dcr Empfang der Deputationen. — Courball im Kreml-Palais. Moskau, 29. Mai. (Fortsetzung nnd Schluß.) ... Au der gegenüberliegenden Seite, vorbei au den Groß fürsten und Regalien, zogen die Offiziere nnd Beamten, sich tief vor dem Kaiser verneigend, der huldvoll grüßte, und daun ihre ehrerbietige Verbeugung vor der Kaiserin wiederholend, die Jedem mit freundlichem Lächeln die rechte Vaud zum Kusse reichte, hierauf sich uoch einmal vor den Großfürstinnen verneigend und dann durch einen seitlichen Ausgang den Saal verlassend. Den Zügen des Kaisers wie seiner Gemahlin merkte man keinerlei Ermüdung von den Strapazen der vorhergehenden Tage und dieses Vor- nnttags an, aber dennoch mochte auch ihncu die Pause willkommen sein, die um zwölf Uhr cintrat und ciue Stunde etwa währte. Wir benutzten dieselbe zunächst, um uns in dem Palais des Weiteren umzusehen nnd in erster Linie die älteren Theile desselben, das sogenannte, ans der Mitte des siebzehnten Jahrhunderts stammende Terem — das neuere Palais ist auf der Stelle, wo sich früher die alten Gzareupaläste erhoben, von 1840 bis 1849 erbaut wordeu — auzusehen. Es besteht aus einer Reihe theils neben-,! theils übereinander liegender, nach unserer Auffassung äußerst winziger Gemächer, die im Stil ihrer Zeit gehalten sind und noch die Ausstattungssachen aus derselben bergen. Klein und behaglich, kann man von ihnen sagen, und nach dem kaum fünfzehn Meter langen Thronsaal zu schließen, muß der Hofhalt des ersten Czareu aus dem Romanow- Geschlecht nicht allzu groß gewesen sein. Noch älter wie dieser Theil des Schlosses ist der Granowitaja Palata, in welchem wir der sehr erwünschten Erfrischungen theil- hastig wurden; nnr aus eiuem kleineren, niedrig gewölbten, in der Mitte von einem schwerfälligen Pfeiler getragenen Raum besteht dieser Palata, der aus den letzten Jahren des fünfzehnten Jahrhunderts stammt. Seine Winde wie sein Pfeiler sind mit Fresken in der alten steifen Manier bemalt, auch alle übrigen Gegenstände erinnern uns an die frühere Zeit, so die mit Gobelins bespannten Bänke an den Wänden, die wuchtigen langen Tische, die bronzenen Kronleuchter und dcr hölzerne, kastenartige Thronhimmel, unter welchem der Kaiser und die Kaiserin stets, wie auch diesmal, am Krönungstage das Krönnngsmahl eiuuahmeu, während an den Tischen die ersten Vertreter des Staates speisen. Letztere waren auch gestern hier bei „lecker zubereitetem Mahle" versammelt, bis das Ende der Pause sie und uns mit ihnen wieder in den Andreas-Thronsaal zurück- ries, wo die Empfänge fortgesetzt wurden. Ein anderer Zug bewegte sich jetzt an Stelle der Offiziere und Be amten durch die Säle, die Deputationen der Don'schen "Kosaken, der Asiaten, der Bürger und Bauern kamen an die Reihe, mit ihren Beglückwünschungen die Ueberreichung von Brod und Salz verbindend, beides auf den schon in einem früheren Bericht hervorgehobenen großen Schüsseln aus Gold, Silber und Emaille von meist ausgesuchter künstlerischer Arbeit ruhend. Hunderte dieser Teller, die uns die russische Goldfchmiedekunst in ihrer höchsten Voll endung zeigen nnd die immer wieder Staunen und Be wunderung erwecken, lagen bereits auf mehreren großen Tischen ausgebreitet, und zu ihnen gesellten sich die zahl losen neuen, unter ihnen, als der originellsten einer, ein ein rnndes Kirgisenzelt nachahmender, dessen mattglänzendes Silber das Leder des Zeltes täuschend darstellte. Auf diesen Tellern ruhten die braunen, runden Kuchenbrode und auf ihnen wieder die Salzgefäße, auch diese aus dem gleichen edlen Metall wie die Teller gefertigt, nur daß sie tu uoch viel verschiedeneren Formen erschienen, als Adler beispielsweise, als Thronsessel, als von Kameelen gezogenen Steppenwagen, als Kosaken - Wachtthurm, als Troika, Kirgisingruppe, Kaiserkrone, und so fort. Andere Depu tationen wieder erschienen mit großen und kleinen Heiligen bildern in schönen, häufig goldenen Umrahmungen, mit seidenen und feinsten linnenen Stoffen, mit Stickereien, Spitzen, Shawls. dies Alles für die Kaiserin bestimmt. Ernst und würdevoll nahten dem Kaiserpaar die Asiaten, sich die Arme dabei über der Brust kreuzend, tief ver beugend, dann gemessenen Schrittes sich nur in seltenen Fällen noch um die Großfürstinnen kümmernd, dem Ans- gang zusteuernd; in militärisch-strammer Haltung erschienen die Repräsentanten der Kosaken nnd Tscherkeffeu-Stämme, zaghaft meist die der Bauern und Bürger, die sich bemühten, mit ihren uägelbeschlagenen Sohlen leise aufzutreten und die oft in der Verwirrung versäumten, die ihnen dargebotene Hand der Kaiserin zu ergreifen und zu küssen. Mancher dieser graubärtigen Männer wischte sich die Thränen aus den Augen, andere vermochten nicht ihre tiefe Bewegung zu unterdrücken, von der ihre ganze Gestalt erfaßt war, noch andere bekreuzigten sich fromm, als ob sie in der Kirche weilten. Stundenlang währte dieser Empfang nnd man konnte nicht genug die Ausdauer der Majestäten bewundern, die sich mit gleicher Freundlichkeit tausend- und abertausend mal verneigten, wie festgebannt auf demselben Platze stehend. lind der Abend brachte für sie neue Strapazen, nicht minder ermüdend und anstrengend wie die des Vor- und Nachmittags. War doch für den gestrigen Abend Courball im breml-Palais angesagt, welchem Ziel schon uin^die achte Sttinde lange Wagenketten zustrebten. Die Säle, > die man am Mittage im Hellen Sonnenlicht durchschritten, i erstrahlten nun im blendenden Schein Tausender von elektrischen Flammen, die aus den Kerzen der Kronleuchter uud Wandarme züngelten. Noch strahlender und glänzender waren in dieser Beleuchtung die herrlichen Räume, welche durch die zahlreichen Spiegel in endloser Ausdehnung er schienen nnd deren goldene Stuckaturen und Verzierungen zwischen dem blendenden Weiß des Marmors jetzt erst zur vollsteu Geltung gelangten. Und in diesen glänzenden Rahmen fügte sich ebenso glänzend der wohl zweitausend Personen umfassende Kreis der Geladenen ein, der aus der höchsten Hofgesellschaft, der Diplomatie, den ersten Be- amtenklassen und Offizierkorps der Garderegimenter, den Gefolgschaften dcr fremden Fürstlichkeiten rc. bestand. Ein überaus reicher Damenflor mit entzückend jugend lich-schönen Erscheinungen, ans deren Augen so viel Lebens- Inst uud Festfreudigkeit sprachen, machte das farbenreiche Durcheinander der Uniformen noch abwechslungsvoller — Himmel, welche Geschmeide blitzten da vor einem auf. Diamanten und Perlen von einer Größe und Schönheit, einem so sprühenden Feuer und so weichen Schmelz, wie man sie selten zu sehe» bekommt. Hier aber iu fast be ängstigender Fülle waren sie an den Hälsen, Schultern, Armen nnd Köpfen der Damen zu bemerken, und damit nicht genug, sie schimmerten in Form glitzender Stickereien, an den einzelnen Theilen der Gewänder, die mit wenigen Ausnahmen den russischen Schnitt aufwiesen, das Ober kleid mit lose von den Schultern herabfallenden, die Arme freilassenden breiten Aermeln nnd dem langschleppigew Unterklcide, dieses vorn ebenso wie die ärmelartigen Ueber- hänge mit den kunstvollsten goldenen und silbernen Stickereien bedeckt, dazu der mannigfaltig geformte Kakoschnik, aus Diademen oder auch gauzen Perlen- und Brillantenge flechten bestehend, mit dem zarten weißen Schleier. Fast alle Kostüme zeugten von vornehmstem Geschmack, die kost baren seidenen und sammetnen Stoffe wiesen meist hellere Farben auf, aber auch das satte Roth, das man wiederum an den Sarafans dcr Hofdamen bemerkte, fehlte nicht. Hin und her strömte das Gewoge durch die Säle, bis es sich kurz vor der zehnten Stunde mehr und mehr staute und sich in ihm eine schmale Gasse bildete, welche Cere- monienmeister, jedoch meist vergeblich, zu verbreitern trach teten. Fanfaren, von den roth nniformirten Hofmusikern geblasen, verkündeten das Nahen des Kaiserpaares nnd der übrigen Fürstlichkeiten, denen wiederum Herolde und der Troß der Kammerherren voranschritt. Der Kaiserim scharlachrothen Rock der Gardechevaliers führte seine Ge mahlin, die gleichfalls das russische Kostüm aus goldge webtem Stoff mit silbergestickteu Blumen, Blättern, Ranken, die sich auch auf der von vier Pagen getragenen Schleppe fortsetzte, trug; das edle Haar mit den feingefftigen, liebens würdigen, zart gerötheten Zügen schmückte ein kronenartiges Diadem, dessen Silberfassung mit Diamanten besetzt war, dessen Zacken aus großen weißen Perlen bestanden, während sich zwischen diesen Zacken große schwarze Perlen befanden. Hinter dem Kaiserpaare schritten die übrigen Fürst lichkeiten mit ihren Damen; der Großherzog von Hessen mit seiner Gemahlin, der Schwester der Kaiserin, d er Groß herzog von Sachsen-Weimar, Prinz Heinrich in russischer Tragoneruniform, der Herzog von Sachsen-Koburg-Gotha mit Gemahlin nnd seinem Sohne, Prinz Ludwig von Bayern; ältester Sohn des Prinzregenten, Erbgroßherzog Friedrich von Baden, Prinz Ferdinand von Rumänien in seiner schmucken, rotheu rumänischen Kavallerieuniform, die sämmtlich fürstliche Damen führten und denen sich ein langer Trupp von „damenlosen" Fürsten und Prinzen, unter ihnen auch Fürst Ferdinand von Bulgarien, anschloß. Nicht weniger wie an zwanzigmal durchschritt unter festlichen Marschklängen der glänzende Zug, von dem sich nach dem ersten Umgang die „damenlosen" Fürstlichkeiten getrennt hatten, nm sich ihm bei der letzten Wanderung wieder anzuschließen, die sämmtlichen Säle, und zwar so oft bis jeder der Fürsten und der fremden Botschafter der Ehre theilhaftig geworden, die Kaiserin zu führen. Daß der fürstliche Beruf nicht blos Annehmlichkeiten bietet, zeigte diese anderthalbstündige Wanderung durch die drückend heißen, menschenüberfüllten Räume, immer wieder uud wieder an den sich tief verneigenden, eng aneinander ge-