Volltext Seite (XML)
Freitag. Erscheint Dienstags Freitags. Zu beziehen M durch alle Post- anstalten. Amts- und 5. 15. Januar 1858. Preis Aeißerih-Ieitvng.M Anzeige-Watt der Königlichen Verichtscimter und StadMhe zu Dippoldiswalde, Muenstein und Altenberg. Verantwortlicher Redacteur: Carl Jehne in Dippoldiswalde. Tagesgeschichte. Lauenstein. In der hiesigen Parochie wurden im Jahre 1857 aufgeboten: 19 Paare und hiervon 9 Paare getraut. — Geboren wurden 36 Kinder (14 Knaben und 22 Mädchen); daruntcr befanden sich 5 uneheliche und 1 todtgeboreneS Kind. — Ge storben sind 31 Personen; darunter befanden sich 12 Kinder, 4 Personen ledigen Standes, inol. ein Selbstmörder, 4 Ehemänner. 4 Ehefrauen, 4 Wittwer, 3 Wittwen. — Communicanten waren 914, inel. 22 Catechumenen und 11 Hauöcoinmunicanten. ES sind demnach 2 Personen mehr aufgeboten, gleichviel getraut, 6 Kinder weniger geboren, 4 weniger gestorben und 115 Communicanten mehr gewesen als im Jahre 1856. Glashütte. In diesen Tagen wurde ein hiesiger junger Mensch, R., gebunden und in polizeilicher Begleitung durch unsere Stabt tranSportirt. Er ist dringend verdächtig, aus dem Gewölbe des biesigen Fleischermeisters Appell in der Nacht vom 23. zum 24. Decbr. vor. Js. (s. Nr. 2 dS. Bl.) eine Summe von über 30 Thlr. baaren Geldes entwendet zu haben. Der von ihm gemachte ungewöhnliche Aufwand hatte ihn verrathen. Freiberg, 8. Jan. Wie schon gemeldet, ist man auf der Grube HimmclSfürst auf gediegenes Silber gestoßen. DaS größte bisher gefundene Stück, eine Platte, wog 60 Pfund, und wiegt, nachdem es an den Rändern behauen und formatisirt worden, um den metallischen Glanz besser sehen zu können, immer »och 45*/r Pfund. Im Ganzen hat man bereits zwischen 18 und 19Ctr. gediegenen Silbers gewonnen. Die Grube Himmelsfürft hat übrigens seit 120 Jahren ununterbrochen Ausbeute gegeben; gegenwärtig fahren auf derselben 1400 Bergleute an. — Die Nachricht von der Vorlegung deö die Eisenbahn von Tharandt nach Freiberg betreffenden DecretS hat hier allgemeine Freude erregt. Nicht als ob man bezweifelt hätte, daß diese Bahn gebaut werden würde, denn sie ist unbedingt diejenige, die vom volkswirthschaftlichen Ge sichtspunkte aus vor allen andern und zunächst gebaut werden muß, sondern weil man sich dadurch von Neuem überzeugt, daß hinsichtlich der eben erwähnten Inter essen die Regierung auf einem eben so richtigen als klar und fest erkannten Standpunkte steht. Zudem ist man aber auch speciell unsrer Stadt eine „Sühne" schuldig, denn sie hat seit 5 Jahren zuerst die Bau gewerkenschule, dann das Seminar (aus durchaus nicht zureichenden Gründen, wie unö scheint), und zuletzt daS Militär verloren. So sind wir mehrer Einnahmequellen von großer Bedeutung verlustig ge worden, unsere Bevölkerung ist zurückgegangen, während die aller übrigen größer» Städte zugenommen hat; und selbst unsere sehr großen UnterstützungSanstalten drohen sich zu erschöpfen, wenn unS nicht neue Er werbsquellen eröffnet werden. Berlin. Nach der bisher getroffenen Disposition wird sich der Prinz von Preußen am 17. Jan. von hier zur Vermählungsfeier nach London begeben. Die Vermählung soll am 25. Jan. stattfinden. München, 8. Jan. Der Haarabschneider treibt sein Unwesen auch bei uns immer ärger und frecher. Am 6. Jan. Abends wurden in der Augusten- straße einer Dienstmagd, gestern Abend in der Nähe deS Bahnhofs einer Arbeiterin, heute früh 4 Uhr in der Sendlingergasse einer Wäscherin die Haarzöpfe abgeschnilten; daS Allerfrechste aber war, daß heute Vormittags II Uhr einem Milchmädchen in der Hirienstcaße, und zwar ganz nahe bei deren AuS- mündung in die äußerst belebte Dachauerstraße, in ter nächsten Nähe deS LocalS einer Gendarmeriebrigade und unfern des Bahnhofs, die Haare abgeschnitten wurden. Bei dem an der Wäscherin verübten Frevel waren „zwei gutgekleidete Herren," bei den übrigen Vorfällen aber immer nur einer thärig. Auffallend ist besonders bei allen diesen Attentaten, daß das Vorhalten eines Schwammes, oder eines Taschentuchs, oder auch nur der flachen Hand, einen daS Athmen hemmenden Geruch verbreitend, bei allen angegriffenen Mädchen eine völlige Bewußt- und Sprachlosigkeit während der Operation des Zopfabschneidens herbei führt und daß ihnen ein Rufen um Hülfe erst dann möglich sein soll, wenn sich der Thäter von ihnen entfernt hat. Der Thäter konnte man noch nicht habhaft werden; ein am 6. Jan. als der That ver dächtig verhafteter Müllerbursche war unschuldig, und sogar des frechen Burschen von heute Vormittag konnte man nicht habhaft werden, indem er spurlos verschwand. Ein ebenso freches Attentat fand diesen Nachmittag nächst der Domkirche, also im Herzen der Stadt, statt, und auch hier wurde der Thäter nicht erwischt. Sonder bar ist es, daß von allen angefallenen Mädchen nicht eins den Thäter zu beschreiben vermag. Die Polizei entwickelt eine außerordentliche Thätigkeit und mehr als 300 Agenten derselben sollen in den Straßen und auf den Plätzen vertheilt sein. Hoffentlich wird eS noch gelingen, der Frevler habhaft zu werden, was zur Beruhigung des sehr aufgeregten und äußerst er bitterten Publikums sehr nothwendig ist.