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S«br«ar HK7A Aelletrisiische Beilage zum sächsische. Lrzühlei. Zur gemeinnützigen Unterhaltung für alle Stände. ° I . t —— > — Ftteund und /ein-. VtoveUe von Ludwig Habicht. (Fortsetzung.) Obwohl Alexandra der Liebling des Großvaters war, schien heut der alte Herr ihren Worten weit Weniger Glauben zu schenken, als denen ihrer Schwester, er sagte kopfschüttelnd: „Solltest Du üicht zr^hart gegen Subowsky sein- Ich muß Dir bekennen, daß er auf mich einen außerordentlich günstigen Eindruck gewacht hat." „Und Du hast Recht, Großpapa", rief Olga, die plötzlich all' ihre Schüchternheit abgestreift zu Haben schien : „Ich habe immer gehört, daß Niemand Men Mann ungerechter beurtheilt, als seine ehe- «alige Geliebte." Der alte Graf war nicht wenig erstaunt über Vie Keckheit seiner Enkelin. „Sieh da, das blonde, blöde Dings zeigt ja auf einmal die Krällchen, die sie so lange versteckt gehalten", dachte er überrascht Md er war noch mehr verwundert, daß sein Lieb ling, der bei der geringsten Gelegenheit leidenschaft lich auffuhr, den kühnen Angriff der jüngsten Schwester so ruhig hinnahm. „Weil wir ihn dann in seiner wahren Gestalt sehen, nachdem der trügerische Schleier zerrissen, in der wir ihn selbst gehüllt", bemerkte Alexandra me.hr zu ihrem Großvater als zu Olga gewandt. ^Und wenn mir noch an der Erbärmlichkeit Lubowsky's irgend ein Zweifel geblieben wäre, so hat mir Ka tharina für seine Nichtswürdigkeit die schlagendsten Beweise gegeben. „Die Frau seines Todfeindes", rief Olga sogleich, die sich von dem finstern Blick ihrer Schwester durchaus nicht einschüchtern ließ und lebhaft fort fuhr: „Sie spricht freilich nur nach, was ihr von ihrem Mann eingeredet worden, aber Subowsky hat mir noch gestern erzählt, wie falsch und treulos sich Gyula gegen ihn benommen." „So, weißt Du das wirklich?" höhnte die Schwester: „Nun ich will Dir reinen Wein ein schenken. Als der edle Baron sah, daß meine Freundin Katharina dem Grafen Gyula den Vor zug gab, da suchte er den Ruf feines glücklichen Nebenbuhlers zu untergraben, verbreitete über ihn die falschesten, häßlichsten Gerüchte und Verleum dungen und als er selbst damit sein Ziel noch nicht erreicht hatte, wußte er den Vater Katharinens zu täuschen und ihm die Nachricht beizubringen, daß sich der Graf im Weinrausch über seine Tochter an öffentlicher Wirthstafel luftig gemacht habe und dem schlauen, heimtückischen Treiben Lubowsky's gelang es auch damals wirklich, die beiden Liebenden zu trennen ; aber mit der ganzen Ausdauer und Energie, die dem Grafen Gyula eigen ist, wußte er endlich die geheime Quelle all' dieser schändlichen Verleum dungen zu entdecken und den Schurken zur Rechen schaft zu ziehen. Es kam zum Duell und man hat Lubowsky für todt vom-Platze getragen. Gyula flüchtete und da inzwischen der Vater Katharinens als GesandtschaftSsecretär nach Paris versetzt worden, so nahm er ebenfalls dorthin seine Zuflucht. ES kam jetzt zwischen den beiden Liebenden zu Erörte rungen, Gyula konnte meiner Freundin die Beweise beibringen, daß all' die nichtswürdigen Verleumdungen von Lubowsky ausgegangen und daher ist es ge kommen, daß meine schöne Freundin, zur Verwun derung der guten Pariser, dem Grafen Gyula so rasch die Hand gereicht hat." Sowohl der Großvater wie Olga hatten der AuSeindersetzung Alexandra's mit Aufmerksamkeit zugehört, für Beide war sie völlig neu. Als sich diele Vorgänge in Petersburg abgespielt, war Olga noch so jung, daß sie um solche Dinge sich wenig bekümmert, sie auch nicht erfahren hätte, trotzdem fühlte sie sich durch die Mittheilung der Schwester nicht überzeugt. Sie hatte noch gestern, kurz vor dem Balle mit Lubowsky allein geplaudert und ihn dabei mit kindlicher Naivität gefragt, was er sich denn bei der Schwester emgebrockt, daß sie ihn jetzt mit solcher Kälte behandelt und seine Antwort war gewesen; „die GyulaS haben mich bei ihr verleumdet und leider glaubt sie ihrer Freundin mehr als mir", und sie war davon überzeugt, der theure verehrte Mann hat nicht gelogen, die Schuld war auf der andern Seite. Deshalb entgegnete sie kopfschüttelnd: „Ich glaube kein Wort davon." Alexandra zuckte die Achseln und blickte mitleidig auf ihre Schwester, als wollte sie sagen: „Deiner unreifen Jugend verzeihe ich ein solch' blindes Ver trauen." Graf Tschernischeff erhob sich, er hatte genug gehört, um sich ein eigenes Urtheil zu bilden. Wie ihm auch der energische Charaeter Alexandra's sim- pathisch war, meinte er doch, daß ihre erkaltete Liebe gegen den Baron nicht völlige Gerechtigkeit üben konnte. Ihm schien nach den Zeitungsberichten die Schuld Gyula'S wenig zweifelhaft und gerade die Mittheilungen seiner Enkelin bestärkten ihn in dieser . Annahme. Der ungarische Graf trug also schon einen alten, unversöhnlichen Groll gegen seinen