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Ar 31 Weißerih-Zeitung Verantwortlicher Redacteur: Carl Ich ne in Dippoldiswalde. Freitag. Erscheint Dienstags und AM Freitags. Zu bezirken durch alle Post. anstalten. Tagesgefchichte. Dippoldiswalde. Der Tag, an welchem vor 25 Jahren die Stäbtcordnung in den einzelnen Städten unsers Vaterlandes zur Einführung gelangte, gab Ver anlassung zu mancherlei Festlichkeiten. Wir haben ge lesen, daß dieselben bald in feierlichen Sitzungen der Stadträthe und der Stadtverordneten-Collegien, bald in Errichtung von Stiftungen, bald in Veranstaltung von Festmahlen, bald in Begründung von commnnlichen Anstalten bestanden haben. Bei uns verlief dieser Tag sehr einfach, ja man würde heute nichts mehr von ihm wissen, wenn nicht an solchem ein Verein sich gebildet hätte, der heute noch besteht und bis jetzt schon so manches Gute und Nützliche geschaffen und zn fördern gesucht hat. Der Zweck dieser Zeilen besteht nun darin, über die Entstehung und weitere Entwickelung dieses Vereins einige Worte in diesem Blatte niederznlegen. An dem Tage, an welchem vor 25 Jahren die Städtcordnung hier eingeführt und das Collegium des Stadtrathes und der Stadtverordneten eingesetzt wurde, den 17. März 1858 bildete sich der Gewerbeverein in Folge eines von dem Herrn Bürgermeister Rüger und dem Redacteur dieses Blattes, Herrn Jehue, an die hiesige gewerbtreibende Einwohnerschaft erlassenen öffentlichen Aufrufs. Obschon am Abende dieses Tages sich nur 38 Gewerbtreibende in dem hiesigen Gasthofe zum Stern ciufanden, und man mit Rücksicht ans die große Zahl der Gewerbtreibende», unter welchen sich gegen 200 Meister befinden, eine lebhaftere Betheiligung erwartet hätte, so ging doch diese kleine Zahl, durch drungen von dem Nutzen eines solchen Vereins, frisch und in vollem Vertrauen auf das gute Vorbaben an's Werk, und beauftragte aus seiner Mitte: Herrn Bürger meister Rüger, Herrn Redacteur Jehne, Herrn Con- dilor Liebmann, Herrn Apotheker Klug und Herrn Stadtgutsbesitzcr Müller zur Ausarbeitung eines Statutenentwurfs und aller sonstigen zu Erreichung der Vereinszwecke nöthigen Vorarbeiten. Nach Ablauf von 14 Tagen hatten diese Herren den erhaltenen Auftrag vollendet, beriefen eine zweite Versammlung, an welcher 53 Personen Theil nahmen, und legten das, was sie gethan, der Versammlung vor. Der von ihnen ausge- arbeitete Statutcnentwurs wurde zum Gesetz erhoben, die Zeit, sowie der Ort der Versammlungen bestimmt und der Vorstand gewählt, zn welchem durch Stimmen mehrheit Herr Redacteur Jehne, Herr Apotheker Klug, Herr Stadtgutsbesitzer Müller, Herr Lohgerbermstr. Frosch und Herr Cassirer Theuerkaus erwählt wurden. Diese Herren ernannten unter sich selbst Herrn Jehne zum Vorsitzenden, Herrn Müller zu dessen Stellvertreter, 2« April 1800 Quartal 10 Ngr. Inserate die Spalten - Zeile 8Pfg. Amts- und Anzeige-Matt der Königtichen Gerichts-Ämter und Stadträthe zu Dippoldiswalde, Muenstcin und Altenberg. Herrn Klug zum Schriftführer, Herrn Frosch zu dessen Stellvertreter und Herrn Theuerkaus zum Cassirer. Bereits am 9. April 1858 fand die erste ordentliche Sitzung des Vereins statt. Mit äußerst geringen, durch besondere Verhältnisse gebotenen Unterbrechungen wurden auch solche Versammlungen von 14 Tagen zu 14 Tagen abgehalte». Blicken wir auf das erste Jahr des Ver eins zurück, so kann ihm das Lob, nach Kräften thätig und wirksam ausgetreten zu sei», ebenso wenig versagt werden, als man die Thatsache anzuerkennen hat, daß er mit gutem Erfolg gearbeitet hat. Zuvörderst nahm er sich der Sonntagöschule an, nicht nur durch Bewilligung einer jährlichen Gelduntcrstützung, sondern auch dadurch, daß er in seinen Versammlungen von Zeit zu Zeit auf die h»he Bedeutung der Sonntags schule und auf die Pflicht der Meister, ihre Lehrlinge und Gesellen zum Besuche derselben anzuhalten, hinwies. Von dieser Zeit an wurde diese Schule bis auf den heutigen Tag weit zahlreicher besucht, als vorher. Auf seine Anregung findet in diesem Jahre eine öffentliche Prüfung der Sonntagsschüler und nach Befinden Be lohnung der fleißigen'Schüler statt. Ferner glaubte der Verein durch Errichtung eines Christmarktes den gewerblichen Verkehr aufzuhclfen, und auch dieser Versuch kann als vollkommen gelungen bezeichnet werden. Zu diesem Zwecke gewährte er nicht nur die nöthigen Geldmittel, sondern unterzog sich auch der mit wesentlichen Mühwaltungeu verbundenen Aus« und Durchführung dieses Plans, wobei sich mehre Ver- cinsglieder, n. a. die Gebrüder Böhme, Zimmermstr. Schmidt, Rcdact. Jehne, Lohgerb. Frosch rc. viel fache Verdienste erworben haben. Auch sprach der Ver ein ein Wort für die Herstellung einer Chaussee durch das Weißeritzthal und wies dabei namentlich auf die großen Vortheile bin, welche ein Aufschließen des Thales und Nutzbarmachung der Wasserkräfte für die Industrie herbeiführen müssen. Im ersten Jahre hielt der Verein 17 Versamm lungen ab, in welchen 11 Vorträge gehalten und mehrere in den Fragckasten befindliche Zettel vielfach Stoff zu ziemlich interessanten Verhandlungen gewährten. Von den ersteren heben wir die Vorträge über Städtewcsen und Bürgerthum, über Gewcrbcfreiheit und Zunftzwang, über Eisen, Fortbildung n. s. w. hervor. Eine sehr gemüthliche Feier des SylvcstcrabendS und des Stiftungs tages legte deutlich an den Tag, daß der Verein auch in geselligen Beziehungen mit gutem Erfolg wirke. Während der Verein bei seiner Bildung nur 38 Mit glieder zählte, war am Schluffe des ersten Jahres die Zahl auf W gestiegen, kein Stand unserS Städtchens war in solchem unvertrete» und der Eaffenbestand auf