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Dresdner Journal : 21.07.1887
- Erscheinungsdatum
- 1887-07-21
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-188707213
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18870721
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18870721
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1887
-
Monat
1887-07
- Tag 1887-07-21
-
Monat
1887-07
-
Jahr
1887
- Titel
- Dresdner Journal : 21.07.1887
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«1««. W»rUoi>: .... 18 H»r^. HMKrlied; 4 I1»rk S0 kk. Liaisla« ^unuuorn: 10?t. L-isrluUd ä» ä«v1«d»» ksiotl« tritt ko«t- aoä 8towp«I»u»vt»I»^ tlivru. ^llt0välxvox»x»kvdi-»i», sSr 6«o li»um sivsr »s«p»it«o»ii 2«il» ^I«iv»r 8ol»nN »0 kk. vlltsr äio 2eUe bv kk. ö«i ?»vsllsi>- ooä 2i8«r»»»tt «ottpr. Xiikottl»^. Lr,vä»l»«»r ttElicl» mit 6er 8oiu»- rm6 kliert»^» »bei»6,. k'ervsprsetl ^Lictilu»«: t^r. liSL. Donnerstag, den 21. Juli, abends. 1887. DresdnerAnurnal. Für die Gescnntleitmig verantwortlich: Dtto Banck, Professor der titteratur- und Kunstgeschichte. ro» LoALnälU»^» »,»M>rt»» L«lx«iU: vommimionLr 6« vr««<1»«r 6oarmUi; Lu»d«r, - I«rU» - Vt« - I^lpitU rnurkkart «. H.: Üaa»«»»t«n -4 ^o-ter, I«rU» -Vl« S»»d«rU- kr»^-L«ip»ti -rr»»k1Ilrt ». H.-N8»e^«a: ^-6. r»rt» L»»ä«» - >«rU» rr»»Lt»r» » N »t«N»»r1: <e Oo ,' IsrU»: /nvat»«ten<ta«»t,' 0»rUt«: </. Legier« ^ac/»/"^<rr,' Nmmor«-: <7 u-w« ». 5 : F. Larct F Oo. llsr»u»x«d»r r Nüvi^l. 8rp«titioi> 6«, I)r»«6v«r ^ouro»!», ttr«6eo, Lvill^eritr. >0. kero,pr»oi»-^s,oNLU«: ksr. 1BSb. Amtlicher Teil. Drr-den, 20. Juli. Ihre Kaiserlich und König« lichen Hoheiten der Großherzog und die Frau Großherzogin von ToScana, sowie die Erz herzogin Louise und die Erzherzöge Leopold und Josef sind heute Nachmittag im Königlichen Hoflager zu Pillnitz eingetroffen. DreSdeu, 15. Juli. Se. Majestät der König haben den Professor und Direktor des botanischen Instituts der Universität Tübingen, l)r. W. Pfeffer, zum or dentlichen Professor der Botanik und Direktor des botanischen Institut- der Universität Leipzig Aller- gnädigst zu ernennen geruht. Nichtamtlicher Teil. Telegraphische Wachrichten. Loudon, LI. Juli. (Tel. d. DreSdn. Journ.) Die „Daily NewS" melden auS Tt. Petersburg: Die afghanische Grrnzfrage wurde gestern befrie digend gelöst. Rußland empfängt daS Gebiet zwischen deu Flüssen Ruschk und Murghab, wel ches den Pendjehturkmenen durch die jüngste Grenz- absteckung genommen wurde. Dagegen acceptiert Nußland die englische Grenzlinie am OxuS und verzichtet auf die Distrikte, auf welche eS laut Ab kommens von 1873 Anspruch hatte. Maruchak verbleibt Afghanistan. DreSdeu, 21. Juli. General Boulanger und seine Freunde. ES sind seit dem großen Karneval, welchen die Patriotenliga zu Ehren des scheidenden Generals Boulanger auf dem Lyoner Bahnhofe veranstalteten, nunmehr bald zwei Wochen ins Land gegangen. Die Art, wie der ehemalige Kriegsminister, welcher nicht einmal dem Präsidenten Grevy einen Abschiedsbesuch machte, von Paris am Arme DerouledeS und einiger radikalen Deputierten abreiste, bekundete wenig Würde. DaS bisherige Verhalten Boulangers ließ den Ver druß erkennen, auS seiner bisherigen Stellung scheiden zu müssen. Derselbe Geist geht durch die von ihm seither veröffentlichten Briefe und Telegramme hin durch, welche von der Sucht eingegeben sind, auch jetzt noch, von dem biedern Garnisonstädtchen der Auvergne aus eine öffentliche Rolle zu spielen. Anstatt zufrieden damit zu sein, daß man ihm ein seinem Range ent sprechendes Kommando verliehen, und seine Ehre darein zu setzen, seine militärische Tüchtigkeit bei der Schulung seines Armeecorps durch die That zu beweisen, schreibt er Briefe an radikale Deputierte, die offenbar abgefaßt waren, um an die große Glocke gehängt zu werden, wenngleich er dies — wie ihm ja von früher her geläufig — bereitwilligst ableugnet, sobald er sieht, daß diese Briefe ihm gefährlich werden könnten. Er über legt nicht, daß er dadurch seine militärischen Pflichten gröblich verletzt und daß ihm bei der Fortsetzung dieses Treibens eine Disziplinaruntersuchung in sicherer Aussicht steht, eine Maßregelung, welche ihn in an deren Ländern als Frankreich bereits längst erreicht haben würde. Eine nach allem, was man bisher erlebt, höchst treffende Charakteristik des Generals und derjenigen, welche er benutzt, um auf ihren Schultern den Gipfel der Macht zu erklimmen, giebt der Pariser Bericht erstatter der „Köln. Ztg." Er sagt: pair« boune xraoe eontrs wsuvaise fortune ist ein französisches Sprich wort, daS aber dem „französischsten aller Franzosen", dem General Boulanger, vollständig unbekannt zu sein scheint; zum mindesten macht ihm seine praktische Anwendung die größten Schwierigkeiten. Klug ist daS Verhalten des Generals zweifelsohne nicht, und es scheint dem Urteil eines früher» Ministerkollegen Boulangers recht zu geben, welcher vor einigen Monaten sagte. „Glauben Sie mir, der General Boulanger versteht sich nur auf Schauspielerei und ist sonst eine ganz untergeordnete Persönlichkeit. Noch niemals in allen den zahllosen Ministersitzungen, die wir abgehalten haben, hat er eine Idee ausgesprochen, die durch Neuheit oder Ursprünglichkeit seine Kollegen überrascht hätte." Alles, was er jetzt treibt, beweist, daß er eine auffallend niedrige Auffassung seiner politischen Rolle hat, und das erstreckt sich sogar bis zur Wahl seiner Vertrauensmänner und Freunde. Wie ist es möglich, einem Deputierten wie dem Hrn. Laur ein ernsthaftes oder doch ernsthaft gemeinter Schriftstück anzuvertrauen, oder gar, was der noch schlimmere Fall wäre, diese Persönlichkeit als Wort- träger bei einem an Frankreich gerichteten Manifeste zu benutzen! Laur ist im politischen Leben etwa zwei Jahre alt und begann feine politische Laufbahn da mit, daß er sich bei verschiedenen Anlässen aus eigner Machtvollkommenheit „Missionen" anvertraute, in deren Ausführung er nie verabsäumte, sich nach Kräften lächerlich zu machen. Seine erste Mission bestand darin, daß er sich bei der Arbeitseinstellung in Decazeville den Arbeitern und Eigentümern als Schiedsrichter aufdrängcn wollte, womit er aber kein Glück hatte. Dann reiste er bei verschiedenen Arbeits einstellungen in Frankreich umher und schließlich ge lang eS ihm, soviel Lärm von seiner Person zu machen, daß er, ohne daß man sagen könnte, was er jemals eigentlich ausgerichtet hatte, zum Deputierten gewählt wurde. Dann kam der Glanzpunkt seiner Lebens, in dem er sich eine neue Mission anvertraute, die den Zweck hatte, in unbestreitbarer, unbedingt zuverlässiger Weise festzustellen, wie eS eigentlich in Deutschland aussehe, ob man Frankreich angreifen wolle, ob die Armee schlagfertig und welches im allgemeinen die politischen und wirtschaftlichen Verhältnisse in Deutsch land seien. Tieser nicht eben leichten Aufgabe ent ledigte sich Hr. Laur mit Hilfe eines eintägigen Aufent haltes in Köln und eines zweitägigen Aufenthaltes in Berlin. Diese kurze Zeit genügte ihm, bisher ganz ungeahnte Dinge festzustellen, so namentlich die jammervolle Wehrlosigkeit des deutschen Heere», Deutschlands erbarmungsvollen wirtschaftlichen Nieder gang, — alles Dinge, die sich unfaßbarerweise der Kenntnis der französischen Diplomatie entzogen hatten. Die Veröffentlichung dieser Entdeckungen in der „France" erregte hier einen Sturm der Heiterkeit und Freude, die nicht nur darauf zurück- zuführen war, daß man nunmehr aller Furcht vor Deutschland endgiltig enthoben war, sondern die auch in ganz persönlicher Weise den hervorragenden Leistungen des Schnelldiplomaten Laur galt. Trotz der so bewiesenen außergewöhnlichen Begabung für den auswärtigen Dienst wurde Laur — nicht nur die Könige sind undankbar — weder zum Botschafter noch zum Minister des Auswärtigen ernannt, offenbar aus Neid und Besorgnis, daß er alle andern zu sehr in den Schatten stellen würde, und erst Boulanger blieb es Vorbehalten, sich Arm in Arm mit ihm der Mit welt vorzustellen, d. h. Hrn. Laur mit einem Schlage die ihm gebührende Stellung anzuweisen. Neben Laur und Boulanger strahlt nun noch ein dritte- Gestirn am politischen Himmel Frankreichs, und daS ist der frühere Hauptmann, jetzige radikale Deputierte Laisant, dem Boulanger ebenfalls durch ein Aner kennungstelegramm den Stempel eine- großen Mannes und großen Patrioten aufgedrückt hat. Laisant hat seine eigene Geschichte, und wenn man nicht ungerecht sein will, darf man nicht verkennen, daß er bisher Wo waren denn seine Gedanken gewesen? Ja gewiß — sie war dieselbe kleine, verschleierte Dame, die damals so regungslos in der Ecke des RedaktionS- zimmerS gesessen und mit so weicher, sanfter Stimme gesprochen. Keine andere als sie, dar war ihm jetzt sonnenklar, konnte die Verfasserin der Legenden sein — für deren Sprache er so schnell Verständnis und Ausdruck im eigenen Herzen gefunden Und ohne sich Rechenschaft abzulegen von dem, was er tbat, folgte er ihr. Lelia hatte sich an das offene Fenster gestellt und sah in die Helle Sommernacht Es war eine Wucht von Gefühlen auf sie eingestürmt, der sie nicht Herr werden konnte, sie hatte durch Zufall einen Austausch von Blicken zwischen Richter und Melanie bemerkt, wie sie dieselben früher mit ihrem Gemahl gewechselt. Mit Herrn Richter! — Und doch hatte sie die Keckheit, falls sie seiner überdrüssig — ihn Carla zum Gemahl zu geben! Ihr Herz hämmerte und obgleich sie mit Carla noch nie ein Wort über ihrer Tante Charakter gewechselt, so durste sie doch in Zukunft die Freundin nicht im Un klaren lassen. Welch ein Blick für daS arme Mädchen in den Abgrund der menschlichen Verderbtheit! — Wie ganz anders war der Jdeengang Gregors. Er hatte noch nichts von den Bitterkeiten veS Lebens geschmeckt, die daS Herz LeliaS quälten, und mit der ganzen Begeisterung der jungen Menschenseele, der vielleicht unbewußt eine herrliche Offenbarung gewor den, trat er an sie heran und sagte bewegt: „Gnädige Frau, lassen Sie mich Ihnen die Hand küssen und danken, keine Andere, als Sie, ist die Ver fasserin der Legenden!" Er hatte mit gedämpfter Stimme gesprochen — nur für ihr Ohr — aber als die junge Frau er schrocken sich umwandte und fast geängstigt in sein Gesicht sah, fühlte er, daß er taktlos gehandelt und das Ge heimnis, da es ihm ein Zufall offenbart, doch hätte bewahren müssen. Lelia wußte nichts zu sagen, sie konnte nicht läugnen und hatte auch nicht den Mut, zu gestehen. Erst als Gregor sich über ihre Hand beugte und sie um Verzeihung bat, sagte sie erregt: „Wer hat mich verrathen, Hr. v. Labinoff?" „Niemand, ich glaube nur, mein Herz hat es mir gesagt — und dann erinnerte ich mich unserer ersten Begegnung bei vr. Lassen. Aber seien Sie ohne Sorge, gnädige Frau, Ihr Geheimnis wird bewahrt bleiben." „Ich möchte Sie darum gebeten haben," sagte sie gepreßt. „Ich habe Gründe, die ich Ihnen nicht auS- einandersetzen kann, aber ich weiß, man würde mir zu schaden suchen, falls man es erriete — uud Sic ver stehen, einer^Frau, die keinen Schutz hat, stehen nicht immer die Mittel zu Gebote, sich dagegen zu ver wahren." „Gnädige Frau, bitte, kein Wort mehr, selbst meiner Mutter werde ich Sie nicht nennen, obgleich ich überzeugt wäre, daß sie sich von Herzen freuen würde." „Ich kann es Ihnen nicht ausdrücken", fuhr er nach einer Weile fort, „wie tief mir Ihre Erzählungen das Herz bewegt, und um Ihnen einen Beweis auch von meinem Vertrauen zu geben, werde ich Ihnen auch meine poetischen Legenden zur Durchsicht geben, die Dr. Lassen von der Hand wies und die jetzt Feuilleton ^eben. Berlin, 20. Juli. Wie aus Bad Gastein Staatsminister Frhr. v. Könneritz hat sich gestern für einige Wochen nach seiner Besitzung Erdmanns dorf b^eben. Layeögejchichtc. Drr-den, 21. Juli. Se. Exzellenz der Hr. entfernen, und diese Sache wirbelt in der sozialisti schen Presse viel Staub auf. Heine wurde bekanntlich 1884 in Magdeburg zum Abgeordneten gewählt, man hatte von feiten der dortigen Parteigenossen große Hoffnungen auf ihn gesetzt, die aber Heine nicht erfüllt haben foll. Seine versöhnliche Richtung, seine Hin neigung zum Staatssozialismus gefiel den Radikalen nicht, und es kostete l887 viel Mühe, daß Heine die ihm feindliche Strömung überwand und wieder zum Kandidaten der Partei aufgestellt wurde. In dem Magdeburger GeheimbundSprozeß spielt Heine eine rühmliche Rolle gerade nicht, er wand sich in seinen Aussagen hin und her und zeigte wenig Überzeu gungstreue. Dies, und bei einer anderen Gelegen heit erneutes Hinneigen zum StaatssozialiSmus erregte derartig den Groll der „Beauftragten Magdeburgs", daß sie Heine im Züricher Moniteur als nicht gesinnungstüchtigen Sozialdemokraten de nunzierten. Jetzt scheint Heine dem Faß den Boden au-geschlagen zu haben, er ließ als Hutfabrikant in Halberstadt in Arbeiterblättern Hüte, Fa^on: Liebknecht, Bebel, Grillenberger, Viereck, annoncieren. Diese Annonce hat das Mißfallen des „Nordd. Wochenbl." erregt, und es geht gegen Heine mit folgenden Worten vor: „Wir finden es durchaus in der Ordnung, daß die Arbeiter bei ihren Einkäufen in erster Linie diejenigen Geschäfts leute berücksichtigen, welche der Arbeiterpartei ange hören, und verdenken es auch keinem Geschäftsmann, wenn er durch zweckentsprechende Annoncen die Arbeiter auf seine Waren aufmerksam macht; wir müssen uns aber entschieden dagegen verwahren, daß die Namen und Personen hervorragender Arbeitervertreter zu ganz gewöhnlichen Geschäftsreklamen prostituirt wer den. Wie uns Hr. Liebknecht mitgeteilt hat, ist von Hrn. Heine nicht einmal vorher die Einwilligung der betreffenden Herren zu dieser Reklame eingeholt wor den und liegt hier also ein grober Mißbrauch ihrer Namen vor". DaS „Berl. Volksblatt" druckt diese Polemik widerspruchslos, also zustimmend, ab und wirft Heine GeschästSsozialismuS vor. Andere sozial demokratische Apostel konnten ihren Zigarren die Namen von Bebel, Lassalle u. s w. geben, ohne daß in der sozialistischen Presse sich darüber Lärm erhob. Heine hat sich eben wegen staatssozialistischer An wandelungen bei den Radikalen, die augenblicklich voll ständig Oberwasser haben, verhaßt gemacht und diese arbeiten darauf hin, Heine aus der Partei zu entfer nen, und wie es scheint, ist der Tag nicht mehr fern, an dem der Moniteur in Zürich die Ausstoßung des Hrn Heine aus der Partei melden wird." Straßburg, 17. Juni. E» lag nahe, daß die Regierung alsbald nach den letzten Wahlen der Frage nähertrat, auf welche Weise in den Volksschulen inner halb des französischen Sprachgebiets die deutsche Sprache größere Berücksichtigung finden könne, als bisher der Fall war. Die betreffenden Erörterungen haben nun, der „Köln Ztg." zufolge, zur Ausarbeitung eines neuen Lehrplans für die Schulen mit französi scher Unterrichtssprache geführt, nach welchem künftig das Deutsche schon in den ersten beiden Schuljahren durch ausgedehnte Sprachübungen angebahnt werden soll. Rechnen und Gesang werden gleich vom Anfang an deutsch betrieben. Der deutsche Leseunterricht beginnt in der Mittelklasse. Außer den erwähnten Fächern wird auf dieser Stufe auch noch Geographie vollständig deutsch erteilt. In der Oberklasse endlich soll das Deutsche die möglichst weiteste Ausdehnung erfahren, also soweit als möglich sämtliche Fächer um fassen. Als selbstverständliche Folge dieser, einen er freulichen Fortschritt bedeutenden Bestimmungen ist die Änderung des bisherigen Stundenplans anzusehen. Dieser bestimmt für deutschen und französischen Sprach unterricht wöchentlich je fünf Stunden. Die Gleich- Bewunderung besteht, Melanie?" fragte sie. „Ich habe die Legenden gelesen, aber aus Gründen, die nicht hierher gehören, maße ich mir kein Urteil an. Wenn der Wert einer Dichtung aber in dem Grad der Wirkung zu erkennen ist, die sie auf das Gefühl auSübt, so denke ich, kann die Verfasserin zufrieden sein". Melanie gab keine Antwort, sondern lieh ihr Ohr Velten, der noch immer in ein Gespräch mit Carla vertieft war. Frau v. Labinoff drückte Lelia verstohlen die Hand, und als ihre Augen denen ihres Sohne- be gegneten, bemerkte sie, daß auch er in Gedanken ver sunken die junge Frau bettachtete und vielleicht ihre Worte mit ihrer äußeren Erscheinung in Einklang zu bringen versuchte. ES war etwas Rätselhafte- um diese dunklen Augen, um den weichen Saum der nur leicht ge schlossenen Lippen, welches Beide eigentümlich berührte. Sie hatten sie schon mit der Königspalme verglichen, die sie jüngst im Treibhause eine- reichen Fremden bewundert und die so heimwehkrank ihre breiten Blät ter zu Boden neigte. Statt ihre Krone stolz zum blauen Äther zu heben und, von feuchter Meeresluft umkost, dem Geflüster der Wellen zu lauschen, zwang man die Poesie ihres Seins zwischen enge, erstickende Wände und ließ die Sehnsucht sie langsam verzehren. Auch jetzt drängte sich Gregor der Vergleich auf, als sich Lelia erhob und leise mit etwas geneigtem Kopfe in dar Nebenzimmer ging. Und als sie denselben dann »ur Seite bog, war eS ihm, als habe er diese Frau schon einmal gesehen, al- stieg etwa» ganz Ligentüm- //cheS in ihm auf. meldet wird, hat Se. Majestät der Kaiser Wilhelm in der ersten Nacht in Gastein sich eines ungestörten ruhigen Schlafe- erfreut. Gestern war es noch un bestimmt, ob der Kaiser nach der ermüdenden mehr tägigen Reisetour schon heute seine Kur beginnen würde; doch das Allgemeinbefinden ist ein so günstiges, daß der erlauchte Herr selbst noch gestern abend seine Disposition traf und heute um 8 Uhr früh daS erste Bad nahm, welches er nach kurzer Dauer erfrischt wieder verließ, um nach halbstündiger Ruhe sich in- frische Walde-grün zu begeben. Wie die „N. Pr. Ztg." erfährt, wird der Reichs kanzler Fürst Bismarck gegen Ende Juli von Varzin hier eintteffen und sich zu Anfang August zum Kur- gebrauch nach Kifsingen begeben. Der Chef der Reichs kanzlei, geh. OberregierungSrat vr. v Rottenburg welcher sich gegenwärtig mit Urlaub in England be findet, kehrt Ende Juli, nach Beendigung des Urlaubs, hierher zurück und dürfte, wie im vorigen Jahre, den Fürsten nach Kifsingen begleiten. Wie der „Reichsanz." meldet, hat Se. Majestät der Kaiser dem Staatssekretär des Auswärtigen Amts, Grafen v. BiSmarck-Schönhaufen, die Erlaubnis, zur Anlegung des ihm von Sr Majestät dem König von Rumänien verliehenen Großkreuzes deS Orden- „Stern von Rumänien" erteilt Die Konferenz der preußischen Bischöfe findet dem Vernehmen nach am 10. künft. Mts. in Fulda, nicht in Köln statt. Zur Bewegung im sozialdemokratischen Lager schreibt die „Nat.-Ztg." Folgendes: „Die So zialdemokraten betonen fortwährend in der Presse und in Versammlungen, daß ihre Partei durchaus geschlossen und einig sei. Trotzdem ereignet es sich nicht selten, daß ziemlich bedeutende Parteiführer aus der Partei auSgestoßen werden. Die Ange legenheit spielt sich aber meistens im kleinen Kreise ab und erregt deshalb wenig Äufsehen Augenblicklich sind aber in der sozialdemokraktischen Partei Be strebungen im Gange, die darauf hinausgehen, einen der hervorragendsten Sozialdemokraten, den ehemaligen Reichstagsabgeordneten Heine, aus der Partei zu Lelia Rubien. Bon H Keller-Jordan. (Fortsetzung.) Er betrachtete eine Weile ihr bleiches Gesicht, auf welchem sich die langen Wimpern tief gesenkt hatten. Er konnte eS nicht begreifen, daß bei ihr gerade diefe heimatlichen Klänge kein Echo gefunden, oder daß sie doch nur mit Carla, die neben ihr saß, ihre Meinung auStauschte. Desto lauter gab das junge Mädchen seine Be geisterung kund und da ihre Aussprüche Velten durch aus sympatisch waren, so setzte er sich neben sie und aing mit ihr die Stelle durch, die Gregor ihm be sonder- angepriesen hatte. Melanie, welche sich in einem Strom von Phrasen ergangen, um Velten, den sie mit ihrer besonderen Gunst überschüttete, zu imponieren, sagte jetzt mit der unschuldigsten Miene von der Welt und dem aller sanftesten Flüstern ihrer Stimme: „Wie schade, Lelia, daß Du so wenig Interesse für Musik und Poesie hast, diese Legenden, Kinder Deines Vaterlandes, sollten Dich eigentlich am meisten anspreHen Du hast sie wohl nicht einmal gelesen"? Lelia hob ihre Augen ruhig in die Höhe, die Nadelstiche verwundeten nicht mehr. E» hatte eine Zeit gegeben, wo sie dieselben schmerzlicher empfun- den, aber sie hatten auch ihren Mut gehoben und ihre Kraft gestählt. „Glaubst Du, daß da» Interesse in Phrasen der mit großem Geschick gearbeitet hat. Er gehört zu den sogenannten „unangenehmen Menschen", erfreute sich gar keiner Beliebtheit unter seinen Kollegen, hat es aber doch verstanden, sich in der Kammer eine ein flußreiche Stellung zu schaffen. Sein Hauptehrgeiz besteht darin, der geheime leitende Geist des Kriegs ministeriums zu sein und aus der Coulisse heraus die Personalangelegenheiten der Armee zu leiten. Schon zweimal ist ihm da- gelungen, zuerst unter Thi- baudin und dann unter Boulanger, unter deren Ministerien er dieselbe, nur auf einen beschränkteren Kreis ausgedehnte Gewalt ausübte, wie seiner Zeit Gambetta. Ferron scheint Herr im eigenen Haufe sein zu wollen; was Wunder, daß Laisant ihn bekämpft und sich nach schönern vergangenen Zeiten zurücksehnt! Diese» Dreigestirn, Boulanger, Laur und Laisant, ver tritt heute den französischen Patriotismus; nimmt man zu ihnen noch Dörouläde und Rochefort, so ist die Liste der nennenswerten Patrioten erschöpft und dLr Rest sind — Verräter." Unwillkürlich fällt Einem beim Lesen dieser Zeilen das Wort ein „sage mir, mit wem Du umgehst, und ich werde Dir sagen wer Du bist." Kaum je dürste dasselbe mehr zugetroffen haben, als bei Hrn. Boulanger und seinen Genossen.
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