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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 29.06.1912
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1912-06-29
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19120629019
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1912062901
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1912062901
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1912
-
Monat
1912-06
- Tag 1912-06-29
-
Monat
1912-06
-
Jahr
1912
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BezugS-Prei» ftk L«ip»ta ««d v»r«tt« d»rch «nI«* Träzei und Eoedtteur« 2« al tilallch in» Hau» -»bracht » Vl. monatU. L7S Mt. vieaeUädkt. B»t anIernLUialea ». An» nahin«k»Ü«»^adHed»U^7» «onatl,* »uv» bt» »»»: inner-alb Drutlchland» and der deutschen Kolonien Vierteljahr:. b.« Vlk„ «onatl. 1^0 Olt. aurjcht Poftbestellaeld. Ferner in Belgien Dänemark, den Donausiaaten, Italien. Üu^emdura, Rtederland«, Nor wegen, Oesterreich. Ungarn, Russland, Schweden und Schwei». In allen übrigen Staaten nur direkt durch die Deichäst»« Kell« de» Blatte» erhältlich. La» Leipziger lagedlatt «scheint 2 mal lialtch. Sonn» ». Feierta-, nur morgen». Loonnemento-Annahm,. I,»amri»g»sl« 8. bei unseren Drägern. Filialen, Spediteuren and Annahmestellen, sowie Postämtern und Briefträgern. At»1»l»«rra»»»»,,1, io M Mor^enAusaabe. KiMgcrTagMaü . s"SS2 l«acht»nlchl»»r Lel.-Anschl.r 14 88s ll46S4 Handelszeitttng. Sankkonto: Ullgemrin« Deutsch« Tredit» Anstalt Brühl 75/77. Deutsch« Bank, Filiale L«tp»ig Drp.-Kag« Trimm. Etetnweg L WT-L' Amtsblatt des Aales «nd des Nolizeiamtes der Ltadt Leipzig. WM» Lazriqe»«Prei- ft» Inserat» an, Letpzta und Um,«b»^ die lspaltig» Betifteil« A Ps. die Reklame- ntleiMk. von auswärt» 3» P>^ Reklamen Mk. Inserat« von Behörden im amt lichen Teil di, Petitreile 50 Pf. Geschusisanzetgen mit Pla-vorschrift«» im Preis« erhöht. Rabatt nach Tarik. Beilagegebüdr Gesamt» auftag» 5 Mk. p. lausend erkl. Postgebühr. Teilbeilage höher. Fest««teilt« Aufträge können nickt »urück- ae»ogen werden. Für da» Erscheinen a» vesttmmteu Togen und Plätzen wird kein« Garantie übernommen. An»«ig«n-Annahme: I,b«»nt,,ass« 8. bet sämtlichen Filialen u. allen Annoncen» Ljpedittonen de» In» und Auslande» Truck uu» Verlag ,»» Fischer ch Kürst«, Inhaber: Paul Kürst«», B«baktion und Geschäft »stille: Iohannisgass« 8. Haupt-Filiale Tr«»d«u: Seestratz« < 1 lTelep-oa 4821). M. 327. Sonnadenü, gen LS. Juni lSlL. 106. Istzrgsng. Das WHiff „Lchmlikil" «criiiilsU 26 Seiten Theateranzeigen siehe Seite 12. DM- Ma« beacht« a«ch die Anserate in -er Abend-Ausgabe. "WW * Zum Schutze der russischen Unter tanen hat die russische Regierung ein De tachement russischer Truppen nach Kasch gar entsandt. (S. Ausl. S. 3.) HE- Unsere gestrige Abendausgabe umfaßt 10 Seiten, die vorliegende Morgennummer 1K Seiten, zusammen * Im italienisch-türkischen Krieg soll dieenglische Regierung einen Vcrmitt - lungsvorschlag an die Mächte gerichtet haben. (S. bes. Art. S. 2.) * Das österreichische Herrenhaus hat am Freitag das Landwehrgesetz ange nommen. (S. Ausl. S. 2.) * Heute nachmittag beginnen^auf dem Flug platz Lindenthal die Wettbewerbe dec von dein Flugtechnischen Verein veranstalteten Kon kurrenzen der großen Leipziger Flug woche. (S. bes. Art. S. 11.) vss Wichtigste. * Das Luftschiff „Schwab e n" wurde gestern mittag in Düsseldorf infolge einer Ex plosion vollständig vernichtet. 42 Per sonen, darunter Oberingenieur Dürr, wurden verletzt. (S. bes. Art. S. 1.) Krankenhäuser eingeliefert, wo die meisten nach An- lcgung eines Verbandes entlassen werden konnten. Der Unglücksplatz ist von Tausenden von Menschen besucht, der Platz an sich ist abgesperrt. Entgeaen den bisherigen Meldungen hat das Feuer nicht auf die Halle übergegrisfen. Diese ist viel mehr nur äußerlich an einer Seite eine Kleinigkeit beschädigt. ' Von anderer Seite wird uns gemeldet: Von den Verletzten sind 32 Mann Soldaten des Nieder rheinischen Füsilierregiments Nr. 39, 10 sind An gestellte der Delag. Die verletzten Soldaten wurden zuerst nach dem Garnisonlazarett geschafft, um zum größten Teile jedoch am Nachmittag nach Anlegung von Verbänden vorläufig entlassen zu werden. Nur die Schwerverletzten, 5 Mann an der Zahl, wurden im Lazarett zurückbehalten. Von den An gestellten der Delag sind mehrere Monteure, Ober ingenieur Dörr und ein Kellner, der sich noch in der Kabine des Luftschiffes befand, schwer verletzt, doch gibt das Befinden »amtlicher Patienten zu Besorg nissen keinen Anlaß. Das Luftschiff ist mrt »>50 000 ^«versichert, so daß der Schaden, den die Delag erleidet, in materieller Hinsicht gedeckt ist. Oie Ursache üer Katastrophe. Der zurzeit in Berlin weilende Direktor der „Delag" Colsmann. teilt zu der Katastrophe des Luftschiffs „Schwaben^ folgendes mit: Die Ursache des Brandes scheint ähnlich zu sein wie die des Brandes in Friedrichshafen, dessen Untersuchung folgendes ergeben hat: Ber der Entleerung des Luftschiffs wurden die Zellen, nachdem sie fast voll ständig von Gas entleert waren, nach unten aus dem Gerippe des Luftschiffs herausgezogen; dadurch rieben sich die gummierten Innenflächen einer Gasfläche gegeneinander und die Versuche haben ergeben, daß hierbei unter gewißen atmosphärischen Bedingungen Funken entstehen können, die imstande sind, das rn der Zelle noch vorhandene Gas zu ent zünden. Dieses Entleerungsverfabren wird deshalb rn Zukunft nicht mehr angewandt. Auch bei der „Schwaben" scheint, nachdem durch eine Verletzung des Luftschiffs infolge erner starken Böe eine Zelle gerißen war und Gas ausströmte, durch gewaltsame Bewegung des Ballonstoffes Reibung und Funken bildung entstanden zu sein. Während der Fahrt eines Luftschiffes ist, da die Gaszellen gefüllt und Reibung des Stoffes nicht möglich ist, ein solches Unglück ausgeschlossen. Das tragische Ende der stolzen „Schwaben" er» innert uns Leipziger an den schönen Herbsttag des 9. September im vergangenen Jahre. An diesem Tage überflog der Luftkreuzer unsere Stadt von Süd nach Nord. Eine tausend.'öpfige Menge begrüßte die „Schwaben", die als zweiter Zeppelinbcttlon und als dritter Lenkballon überhaupt über Leipzig segelte. Manche herrliche Fahrt hat das Luftschiff seitdem zurückgelegt. Am ersten Tage dieses Monats konnten die Tageszeitungen die Meldung von der 200. Fahrt verzeichnen. Sie führte von Frank furt nach Hanau-Gelnhausen durch das Kinzigtal. Bon den 200 Fahrten entfallen 145 auf das Jahr 1911, 55 auf die letzten zwei Monate des Betriebsjahres 1912. In der ganzen Zeit ihres Dienstes hat die „Schwaben" bis zum 1. Juni 25000 üm zurllckgelegt und etwa 5000 Fahrgäste befördert. Das Luftschiff befand sich dabei 500 Stunden in der Luft. Die „Schwaben", die als Werftnummer die Be zeichnung „L. Z. 10" führt, wurde unter Verwendung der noch brauchbaren Teile des „L. Z. 8" des Ersatz luftschiffes für die „Deutschland", das am 16. Mai 1911 dem gleichen Schicksal verfallen war, wie jetzt die „Schwaben", für die „Deutsche Luftverkehrsgesellschaft" (Delag) erbaut. Beim Bau der „Schwaben" wurde an der Gerüstkonstrukiion so viel an Gewicht gespart, daß eine Länge von 140 m bei 14 m Durchmesser genügte, um 30 Personen zu tragen. Von den Schiffen älterer Bauart unterschied sich der zerstörte Lenkballon sofort durch das mehr spitz zulaufende Heck, das einen beßeren Abschluß der Luft erlaubte. Auf diesen Konstruktionsvorteil ist ein Teil der erreichten Ge» schwindigkcitserhöhung zurückzuführen. Auch das frühere ^öhensteuer vorn und hinten war bei der Schwaben weggelassen worden und am Heck zwischen den beiden Seitensteuern angebracht. Die „Schwaben" besaß zwei Motoren- und eine Fahrgastgondel. Drei sechszylindrige Maybachmotoren von je 150 k. 8. verliehen dem Luftkreuzer eine Eigen geschwindigkeit von 19,3 Sekundenmetern, wo bei eine Nutzlast von 5300 k» geführt werden konnte. Betriebsstoffe konnten für 48 Fahrstunden mitge- führt werden. Bei seiner Indienststellung war die „Schwaben" damals das schnellste Luftschiff der Welt. Die Verankerungsvorrichtung des Luftschiffes war mit besonderer Sorgfalt aus geführt worocn. Die Angriffspunkte des seilzuges waren nicht nur an die Spitze verlegt, wie bei dem in Echterdingen verunglückten Zeppelinkreuzer, son dern über das ganze Gerüst verteilt. Stationiert war die „Schwaben" in Baden-Oos. Ihre erste Probefahrt führte sie gerade vor einem Jahre, am 26. Juni 1911, aus. Sie währte 1 Stunde 33 Minuten, und 11 Personen nahmen daran teil. Die elfte Fahrt galt als Abnahmefahrt. Aus der Reihe seiner vielen Fahrten sei nur an einige be deutende Fernflüge erinnert. So flog es am 11. August 1911 bei starkem Winde von Baden-Oo» nach Frankfurt und zurück. Als es Mainz über- segelte, verfolgte der Kaiser mit großem Interesse vom großherzoglichen Schloße aus die Fahrt. Am 6. September führte der Lenkballon unter Dr. Eckmers Führung die Fernfahrt von Baden-Oos nach Gotha aus. Die 350 kn, lange Strecke wurde in Die Monarchie. —n. In offener Reichstagssitzung hat der ge wöhnlich als revisionistisch bezeichnete sozialdemo kratische Abg. David zur Rechtfertigung der re publikanischen Anschauungen seiner Partei auf die denkwürdigen Worte hingewiesen, mit denen Fürst Bismarck sein Vermächtnis an das deutsche Volk, die „Gedanken und Erinnerungen", einleitet. Es steht da, mit dürren Worten aus gedrückt, daß Bismarck als normales Produkt der Gymnasialerziehung die Schule als halber Republikaner verlassen habe. Der Abg. David war augenscheinlich sehr stolz darauf, den Mon archisten diesen glänzenden Gegenbeweis" vor führen zu können. Man hätte ihm erwidern sollen, daß Herr David, der boch aus dem Schul- - alter heraus ist, offenbar versäumt habe, das zuzulernen was Bismarck zugelernt habe. Aber die Bemerkung Bismarcks von der SchulerziehunZ ist nicht ohne lveiteres auf die heutige Zeit übertragbar. Daß die Anleitung zum Grübeln und Vernünfteln, vielleicht auch die Beschäftigung mit der strahlenden Geschichte alter Freistaaten in jugendlichen Seelen auch heute den Gedanken an die Republik erwecken kann, soll nicht bestritten werden; aber für die Schuljahre derer, die heute Männer geworden sind, ist doch die Gründung des Reichs und das ganze Lebens werk eben des Fürsten Bismarck nicht ohne Wirkung geblieben. Der Führer der national liberalen Reichstagsfraktion Abg. Basser- mann hat einmal das sympathische Wort ge sprochen, daß „das Bürgertum nach wie vor für seine Ideale, die es aus seiner Schulzeit her und durch ein Mannesalter hindurch hochgehalten hat, , schwärmt". Das Wort ist ebenfalls denkwürdig und stammt aus einer bedeutsamen Rede. Sie ist am 12. Dezember 1909 in Köln gehalten und ließ den Gedanken des Großblocks im Reiche so unverkennbar erstehen, wie es bis dahin un seres Wissens noch nie geschehen war. Den Ge- dankengana der Red« wird man kurz dahin zu- sanrmenfassen können: die Sozialdemokratie ist in innerer Umwandlung begriffen; es ist eine große, nationale Aufgabe, diese Partei auf die nationale Bahn zurückzu."ihren; auch im Bür gertum vollziehen sich Wandlungen, aber wir halten an den Idealen aus der Schulzeit fest. „Aus der Schulzeit!" Wir wissen nicht, woran Bassermann dabei gedacht hat. Aber cs liegt nahe^ an die Zeit zu denken, da im Spiegelsaale zu Versailles die deutschen Fürsten und die Ab geordneten des ganzen deutschen Heeres einem greisen Kaiser zujubelten, der ein furchtloser, pflichttreuer und gerechter Mann war; es liegt nahe, daran zu denken, daß der Deutsche aufhören rvollte der Hanswurst der Welt zu sein; es liegt auch nahe, an die frohe Zuversicht zu denken, daß die Welt noch einmal am deutschen Wesen genesen solle oder — mit Schiller zu reden — daß, wenn jedes Volk seinen Tag in der Ge schichte haben soll, der Tag der Deutschen die Ernte der ganzen Zeit bedeute. Das sind so Gedanken „aus der Schulzeit her" . . . Diese Gedanken dürfen wie alles Menschliche nicht starr sein. Auch der Inhalt der nationalen Ideale ist der Wandlung unterworfen. Das na tionale Empfinden derer, die die Einheit er „Denn die Elemente hassen Das Gebild von Menschenhand." r. k Deutschlands Stolz, der Luftkreuzer „Schwaben", das siegreich in zweihundert Fahrten den Ruhm der deutschen Luftschiffahrt verkündete und im vorigen Sommer auch in majestätischem Fluge Leipzig sich zeigte, — es ist nicht mehr. Ein widriges Geschick, das schon so oft — erinnert sei nur an Echterdingen, Weilburg und die Vernichtung der „Deutschland" im Teutoburger Wald — die Zeppelinluftschiffe verfolgte, hat nun auch der „Schwaben" den Garaus gemacht. Nicht in ihrem Element, nicht im Kampfe ist sie ruhmvoll untergegangen, sondern in der Ruhe, auf dem Ankerplatz vor der Düsseldorfer Halle, ist sie vom Feuer vernichtet worden. Und schmerzlicher noch trifft die Unglücksbotschaft, daß in diesem Falle zahlreiche Menschen verletzt wurden, darunter 7 Personen schwer. Die erste Unglücksbotschaft von der Ver nichtung der „Schwaben" lief beim Leipziger Tageblatt bereits kurz vor 3 Uhr nachmittags ein, so daß wir schon in der vierten Stunde durch Extrablätter der Leipziger Bevölkerung die Kunde von dem Unglück in Düsseldorf über mitteln konnten. Auch in unserer Abendaus gabe konnten wir noch die ersten Nachrichten veröffentlichen. Die weiteren Depeschen lauten: Düsseldorf, 28. Juni. Bei der Zerstörung des Luftschiffes „Schwaben" wurden etwa 3V Per sonen verletzt, darunter 7 schwer. Unter den Verletzten befindet sich Oberingenieur Dörr, der Führer des Luftschiffes. Die Verletzten wurden rns Krankenhaus gebracht. Bon dem Luftschiff find nur das Ger ippe und die Gondeln übrig geblieben. Eine authentische Darstellung des Unglücks wird erst später bekanntgegeben. Bericht eines Augenzeugen. Bon einem Augenzeugen der Katastrophe wird uns folgendes gemeldet: Das Luftschiff „Schwaben" hatte heute eine neue Rekordfahrt zu verzeichnen, da es in knapp 3^, Stunden von Frankfurt nach Düsseldorf gefahren ist. Um 9^/« Uhr erfolgte die Landung vor der Halle. Um wegen der schwierigen Windverhältnisse, die schon den ganzen Tag bestanden hatten, die Landung zu erleichtern, war außer der Mannschaft von der Luftschiffhalle auch noch 50 Soldaten von dem In fanterieregiment Nr. 39 in Düsseldorf abkommandiert worden. Das Luftschiff konnte nur unter den größten Anstrengungen nach einer stundenlangen Ar beit gegen 11 Uhr vormittags vor der Halle ver ankert werden. Die starken Winde trieben das Luft schiff fortwährend nach oben, so daß man ein Reißen der Stränge befürchtete. Die Sache ging aber soweit gut, bis gegen Mittag kurz nach 1 Uhr eine kräftige Bö einsetzte, die das Luftschiff nach vor»: trieb, so daß die Spitze eingedrückt wurde. All mählich lockerten sich durch den starken Druck der Winde die Haltestränge. Das Luftschiff knickte ein, und hierbei müßen einige Bollonetts geplatzt sein, aus denen Gas ausströmte. Die eigentliche Ursache der Explosion ist noch nicht fest gestellt. Einesteils wird behauptet, daß sich das Gas an einer Stichflamme des Motors in der vorderen Gondel entzündete, von anderer Seite wird aber erklärt, daß die Gasexplosion durch die außerordentlich starke Reibung der Metalle verursacht wurde, weil nämlich das Luftschiff in allen Fugen zitterte. Plötzlich schlug eine große Feuersäule empor, die das ganze Luftschiff überzog, alsdann erfolgte die Explosion. Nach der Katastrophe war das Trümmerfeld von allerlei Fetzen und Resten des Luftschiffes bedeckt. Die entsetzten Mannschaften und Zuschauer flohen nach allen Richtungen, und glück licherweise hatten die Soldaten, die das Luftschiff festhielten, im Augenblick der Gefahr das Schiff los gelassen und die Flucht ergriffen. Sie wurden alle am Hinterkopf und Rücken durch Brandwunden und durch die Wucht der Explosion verletzt. 7 Schwerverletzte. 34 leichter verletzte. Nach Aufstellung der Aerzte sind insgesamt 41 Per sonen verletzt worden, darunter 7 schwer, jedoch soll nach Aussage der Aerzte bei keinem der Schwer verletzten Lebensgefahr vorliegen. Ein Unteroffizier, der sich bet Ausbruch des Brandes in der Passagier kabine befand, konnte sich nur durch einen Sprung auf die Erde retten, ohne sich nennenswert zu ver letzen. Leicht verletzt im Gesicht ist auch Oberingenieur Dörr (nicht Dürr, wie fälschlich berichtet wurde). Durch zahlreiche Wagen und Automobil« der Ret- tungsgesieujchaft wurden di« Verwundeten in die sehnten, kann sich nicht ganz mit dern Empfinden derer decken die die Euiheit besitzen. Aber es gilt, in den Umwandlnngsprozeß nicht den mon archischen Gedanken hineinzuziehen, nicht das erweichen zu lassen, was fest wie Granit sein sollte. ES wäre ein kleines, gemeines und un zuverlässiges Geschlecht, das in dem Acrger we niger Wochen oder Jahre sich die Lehren mehrerer Jahrtausende der deutschen Geschichte verküm mern ließe. Eine starke Zentralgcwalt ist das Heil des deutschen Volkes, das ist die Lehre, die ungefähr auf jeder Seite der mittelalter lichen Geschichte geschrieben steht. Mit dem deut schen Volke, ganz besonders aber nnt den un teren Ständen, ging cs bergab, wenn die Zen tralgewalt geschwächt wurde und nicht mehr durchgreifen konnte. Eine kaiserliche Jdcalgestalt hat sich aus dem Mittelalter erhalten; aus dem Kyffhäuser sollte sie wieder erstehen; das Sehnen des Volkes rief sie herbei, aber das Volk dachte nicht, daßv wenn dieser Kaiser komme, er nichts zu sagen habe, daß er als Schatten irgend wo in einem Schlosse spulen solle; das Schatten dasein sollte ja gerade aufhorcu! Ein freies Volk und ein starkes Kaisertum, so dachte man und man meinte vielleicht, daß das eine durch das andere geschützt und verbürgt würde. In dem Mittelstaate Europas, in Deutsch land, das immer sich die Freiheit nur durch ein scharfes Schwert und den Opfermut seiner Söhne hat sichern können, sollte der Wunsch, die Macht der für die Waffenstärke verantwortlichen Zentralstelle auf Null herabzudrücken, als Unter fangen weltfremder, beschränkter und ungebil deter Dogmatiker allgemein erkannt werden. Das Verantwortungsgefühl des einzelnen und seine politische Mündigkeit zu heben, ist ein gutes Werk; die Anhänglichkeit an die großen monarchi schen Ucberlieferungen des vorigen Jahrhunderts und an ihre lebendigen Träger herabzumindern und als Hurrapatriotismus zu verspotten, ein schlechtes. Wir scheinen dahin kommen zu sollen, daß wir im Konzertsaal mit Rührung und in nerster Ergriffenheit von dem Grenadiere hören, der als Schildwach' im Graben liegen und, toenn der Kaiser über sein Grab reitet, gewappnet em porsteigen will, daß aber die Verehrung für die alten nationalen Symbole als Empfindung zu- rückgebliebener, dummer Leute betrachtet wird. Erlaubt und tiefsinnig soll es sein, in deutscher Sprache die Treue jenes Grenadiers zu dem Korsen, der Deutschland niederwarf, zu prei sen; gleichgültig und spöttelnd aber will man Vorbeigehen, wenn — nm ein Beispiel zu nennen — der Dichter in leidenschaftlicher Erhebung und übermenschlicher Steigerung des Empfindens di« Verschmelzung von Fürstengeschick und Volksge fühl in den Worten ausdrückt die von den deut schen Kriegervcreinen an der Villa Zirio in San Remo angebracht sind: „Hörst du, wie Welle an Welle stöhnend zum Ufer drängt, Das ist die sehnende Seele Deutschlands, die sein gedenkt." Außer der deutschen Sprache, in der unsere Dichter gesungen, kennen wir kein Symbol deut scher Einheit als das Kaisertum. Daß der Glaube das Volk nickt einigt, sondern spaltet, haben wir wieder in den letzten Wochen gesehen. Und da will man an der einigenden Klammer rütteln uud zerren? Wohl können sie die Klammer lockern aber ein neues, einigendes Band zu knüpfen, werden die vorwitzigen Knabenhündc nicht vermögen. Die Wehrlosigkeit üer krsnzölikchen Motte. Der ganze Ernst des Eeschützunfalls auf dem „Jules Michelet" »st in Paris allen maßgebenden Kreisen klar. Die Annahme, daß die Patrone durch im Geschützrohr zurückgebliebene brennende Reste der Patrone des ooraufgegangenen Schusses entzündet woroen sei, muß nach der Erklärung des Marine- mimsters Herrn Delcassö endgültig aufgegeben wer den. Bei den schweren Geschützen erfolgt nach jedem Schuß di« Reinrgung des Rohres nicht wie in der alten Artillerie durch einen eingeführten Wischer, sondern durch Luftdruck, den eine entsprechende Vor richtung am Verschlußstück ausübt. Da man urteilt, daß der Blast der «ingepreßten Luft nicht kräftig ge nug sei, um oas Geschützrohr, dessen Länge bei den schwersten Geschützen 12 Meter beträgt, mit Sicher heit zu reinigen, ,st seit dem Unfall auf der „Gloire" oorgeschrieben, daß das Rohr nach jedem Schuß zwei mal durchgeblasen wird. Das ist auch auf dem „Jules Michelet" mit großer Sorgfalt geschehen. Als sicher anzunehmen ist also, daß das Rohr vollkommen ge säubert war und kein glimmender Fetzen dec früheren Hülse die neue Patrone in Brand stecken konnte. Es liegt demnach «ine Selbstentzündung des Pulvers vor, das aus dem Jahre 1910 stammt und dem schlech terdings keine Unvollkommenheit oorgeworsen wer- den kann. Wenn aber das Pulver unter den besten He» stellungsverhältnissen sich durch die bloße Berührung mit d«r durch frühere Schüße erhitzten Geschützrohr wand von selbst entzündet, so handelt es sich um eine allgemein« Eigenschaft des V-Pulvers, die dies für Krieg^wecke praktisch unverwendbar macht. Be stätigt sich diese peinliche Schlußfolgerung, so ist die französische Flotte entwaffnet. b:s es gelingt, sie mit einem anderen, besseren Pulver zu versehen. Zu den vier Opfern, die der Unfall gekostet hat, werden voraussichtlich leider noch andere kommen, denn von den Verwundeten geben noch weitere vier zu den ernstesten Befürchtungen Anlaß. Auch ist heut« wieder «in Mann seinen Verletzungen erlegen.
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