Volltext Seite (XML)
WkllM-ElllMl UM Zlrartslolcrtt. Nr. 118. Sonntag, dm 25. Mai 1913. Zweites Blatt. Sem König Heil! grüßen Dich auf Deinem Throne: Anton Ohorn G V V- G si» Mag Wir Uns Wir d d d d d w G Gilt's unsre Treu« zu vererben, Die Losung bleibt: Dem König Heil! Und Freude ist es, ihm zu dienen. Aus seinem Wesen, seinen Mienen Spricht uns sein guter, milder Geist, Der seinem Volk und Land zum Segen Sich offenbart auf allen Wegen, Und dessen Tun ihn selber preist. auch der Umsturz dräuend schassen, halten blank für Dich die Waffen, ist nicht Deine Ehre seil; steh'n zu Dir, und noch im Sterben der Wettiner edlem Sohne heute und für allezeit! Wir Heil Für G G In Treue wollen wir Dich ehren, In Liebe jeden Ansturm wehren Von Deinem Haupt, das uns geweiht. Jahrhunderte sind hingegangen; Nicht mehr auf goldnen Schildes Prangen Hebt unser Volk den Herrscher hoch, Doch tragen wir bei Lust und Schmerzen Auf starken und getreuen Herzen Auch heute unsern König noch. Wir sehen es in alten Tagen: Auf ihren starken Schultern tragen Die Mannen ihres Königs Schild, Bereit, als seines Reicher Stützen Für ihn zu streiten, ihn zu schützen — O deutscher Treue herrlich' Bild! M M!« «! Der morgige Sonntag stellt für alle natio- ualgesinnten Sachsen einen Festtag dar, wie ja von jeher des Sachsenkönigs Ge burtstag ein Tag der volklichen Verbrü derung war und es auch bleiben wird. Wie der wehen grün-weiße Fahnen überall im Sachsenlande und das ganze Volk nimmt freu digen Anteil an diesem Fasttag — hat es doch König Friedrich August so recht verstanden, sich die Herzen seiner Landeskinder zu gewinnen, und zwar in erster Linie durch sein liebens würdiges und freundliches Wesen, das sich überall offenbart, wo der König mit anderen Personen in Verkehr tritt. In zwangloser und heiterer Weise knüpft er, ost unerkannt, Ge spräche mit den einfachsten Leuten aus dem Volke an und befragt sie über dies und das, und ost erfahren die Betreffenden viel später, wer eigentlich der freundliche Herr gewesen ist, der sich mit ihnen unterhalten hat. Sein na türliches Wesen offenbart sich aber auch in sei ner rührenden und vorbildlichen Liebe zu sei nen Kindern und in seiner Freude an der schönen Gottssnatur. Wie oft durchstreift er, nur begleitet von feiner blühenden Kinderschar, die Wälder in der Umgebung von Dresden und Pillnitz, um sich an der freien Natur zu erfrischen und seine Söhne und Töchter auf die Naturschönheiten aufmerksam zu machen. Innige Glück- und Segenswünsche aus allen Gauen unseres sächsischen Vaterlandes begrüßen morgen den Träger der sächsischen Königs krone, der nun sein 48. Lebensjahr vollendet. Es gehört zur Eigenart des monarchischen Le bens auf deutschem Boden, daß die Festtage der Herrscherhäuser vom Volke wie Familien feste begangen werden. Aus dem Herzen kommt der Anteil, den das sächsische Volk an den Geschicken des Hauses Wettin nimmt. Mit ihrem König fühlen sich die Sachsen in un verbrüchlicher wechselseitiger Treue verbunden. Unser Volk in seiner überwiegenden Mehrheit weiß noch immer, welch unvergleichlich hohes Besitztum ihm in den Wettinern verliehen bleibt, und darum empfindet es Familienfreude auf dem Throne wie eigenste Freude. Die Feier des 25. Mai gibt vor allem An laß, erneut des gesegneten Werkes König Fried rich Augusts für Volk und Land zu gedenken. Unter der verhältnismäßig noch kurzen Re gierungszeit des Monarchen hat unser engeres Vaterland namhafte weitere Fortschritte auf allen Gebieten gemacht, es darf zugleich noch immer den Ruhm beanspruchen, einer der best- oerwalteten deutschen Bundesstaaten zu sein. Unser König bestätigt dabei in intensiver Weise sein lebhaftes Interesse an der Entwickelung und dem Gedeihen des Landes, wie dies na mentlich gelegentlich seiner häufigen Reisen in die verschiedensten Landesteile zum Aus druck gelangt. Sein frisches, offenes, ritter liches Wesen hat die Sachsenherzen gewonnen. Man darf darum getrost behaupten, daß König Friedrich August mit zu den populärsten Sach senfürsten gehört, die es je gegeben hat, Welchs Volkstümlichkeit dem hohen Herrn immer er neute Beweise der Anhänglichkeit, Liebe und Treue des Sachsenvolkes gegenüber seinem er habenen Herrscher einträgt. Was aber den Monarchen am meisten aus zeichnet, das ist die unerschütterliche Treue zu Kaiser und Reich, dis stets aufs neue leuchtend hervortritt. Das will umsomehr heißen, als ja eigentlich alle Bundessürsten treu zu unserem großen Bunde stehen. Und doch hat es Kö nig Friedrich August verstanden, seine unbe dingte Bundestreue zu wiederholten Malen in entscheidenden Augenblicken in markanter Weise zu betonen. Daraus erklärt sich auch die in nige Freundschaft, die unsern König mit Kai ser Wilhelm verbindet und die unserem ganzen Sachsenlande allezeit zu besonderem Ruhme ge reicht hat. Wir haben also allen Grund, den Geburtstag unseres Königs mit besonders fest lichen Gefühlen der Treue und der Dankbarkeit zu begehen. Aus tiefstem Herzensgründe kom men deshalb die Wünsche, die wir für unseres Königs Heil und Wohlergehen zum Throne des Höchsten senden und die wir in alter Sachsen treue in den Vers ausklingen lassen: Den König segne Gott! Oer starke Sock. Eine lustige Jagdgeschichte von Valentin Traudt. (Nachdruck verboten.) Der Herr Gymnasialprofessor Gluter hatte mit großer Aussicht auf Erfolg versucht, seinen Kollegen Zarth zu überreden, doch mit ihm die Jagd in Hamstädt zu pachten. Zarth war einer jener blonden germanischen Recken, die mit sanftem Lächeln und semmelweichem Her zen jedem Zuspruch ihr Interesse entgegenbrin gen, immer fragen, was andere dazu meinen, davon halten, dagegen wissen und stets breite schwarze Hüte tragen. Eins Seele von einem Mann, Held und Kind. Darum tat er auch nichts ohne seine Frau, von der er wußte, daß sie ihn am besten verstand, da er ihr schon die größten Beweise heroischen Entsagens gegeben hatte. Als er eines Abends seine Hausschuhe fürsorglich vor seinen Schreibsesssl stellte und langsam seine Stiefeletten auszog, hielt er ihr einen wohldisponierten Vortrag über die Not wendigkeit reichlicher Bewegung im Freien für Individuen von Beamten- oder Gelehrtencharak ter. Wie in seiner Klasse holte er auch hier aus dem reichen Schatz seiner gefüllten Ge dächtniskammer Zitat um Zitat und schloß mit dem Ausspruch Storms: „Halte fest, du hast vom Leben doch am Ende nur dich selber." Er ,war glührot vor Begeisterung und Selbstermutigung geworden; denn er hatte das Gefühl, als finge wieder das geheime über mütige Lachen um ihn, das ihn so hartnäckig verfolgte, nicht nur hinter der Schultasel in der Ecke webte, nein, auch daheim bei seiner lie ben Frau umging, aus dem Nähkorb stieg, im wirbelnden Dampf der Mittagsuppe Purzel bäume schlug und sogar sich in ihre Worte mischte. Nur feste Gründe, stramm wie Eichen- ge'bälk gefügte Worte konnten es ersticken. Für den Augenblick. „Was?" Die junge Frau sprang auf und stellte die Stiefel vor die Tür. „Du eine Jagd pachten? Der Gluter soll mir nur kom men. Na, der ist Naturkundler und Mathema tiker, und für so einen paßt sich dos am Ende noch; aber Du host Religion, Deutsch und La tein! Bedenke das doch! Mit dem Latein ginge es ja noch; denn das gehört zum Handwerk." „Spotte nicht, Lies!" Seine Brust weitete sich und seine Riesen gestalt stand im Dämmerlicht vor dem Schein des Fensters wie ein Siegfried. Die Lies aber sang: „Daß Dick färbt die rote Tinte und dann bist Du tot." „Was soll das?" „Guck die Hefte an da auf dem Tisch. Schieß die Böcke Deiner Jungens ab. „Nein, nein, nein!" „Wie soll ich mich aber zurückziehen? Er weiß, daß ich früher schon einmal bei meinem Onkel auf die Jagd ging." Aber da lachte sie erst recht. „Das weiß er? Na, wenn er das richtig weiß, dann wird er Dich begreifen. Wenn Du wünschst, erzähle ich ihm alles objektiv, ohne Latein." Und sie nickte ihm herausfordernd zu. „Aber ich bitt', Lies." Er war schon sehr kleinlaut geworden. „Nein, Du darfst kein Jäger werden, sonst lachen sie Dich aus, und das kränkt mich doch." „Aber ich möcht doch, Lies." „Amen!" Und sie gab ihm einen schal lenden Kuß. Die Geschichte, welche Frau Lies erzählen würde, wenn er pachten wollte, war so : Der Onkel des einstigen Kandidaten Hans Zarth war -in alter, rauhborstiger Junggeselle, der in jede Stube spuckte und seine besten Freunde mit „Spitzbube" anredete. Als Jagd pächter war er bald der dickste Freund, bald der wütendste Feind des Försters. Er war von riesiger Gestalt gewesen und hatte in der ganzen Gegend den Beinamen der „Halblange" gehabt. Von dem Halblangen wußte jeder Jäger eine Geschichte. Einmal war er mit dem Förster zum Dachsgraben gegangen. In seiner ganzen Länge hatte er auf der Erde gelegen und mit dem Arme in die Grube gelangt. „Haste'n?" hatte der Grünrock gefragt, als er ihn mir den Beinen in die Luft stoßen sah. „Na, er hat mich." Das hatte den Daumen gekostet. Auch trug er immer noch eine alte Büchse, aus der er mit mächtiger Ladung schoß, wobei er sich mit dem Achterteil auf einen gewalti gen Eichenknüppel stützte. Sie waren Sauen aus der Jacke. Der Eber kommt. Der Halblange sieht gegen seinen Stock, ballert los, der Stock bricht, er stürzt aus sei nen Hund, der ihn ins Ohr beißt, die Sau streicht verwundert seitwärts. Und der Spitzbub Förster ärgerte ihn bis an seinen Tod damit. In seinen wildesten Jahren war er auch einmal mit seiner Büchs wie mit einem Spa zierstock durch den Wald gegangen und hatte sich im Gestrüpp den kleinen Finger abgeschossen. Weil ihm auch der Daumen fehlte, sagten die Leute: „Der Halblange beschwört alles!" Nun hatte er wieder einmal sein Mai zipperlein, und sein Neffe Hans saß bei ihm mit süßem Trost und vielen Büchern. „Kerl, halt's Maul! Wenn dich's Mai- lüfterl so hätt'! Hol' mer den Bock im Ge< meng. Herrgott Sakra, dann bist D' erst bei mir 'n Kerl. Meiner Seel, wenn 'n der För ster dies Jahr kriegt, frikassier' ich alles." Er wollte aufspringen; aber die Schmerzen waren zu groß. „Spitzbub, zarter Du, hol' mer den Bock! Der verfluchte Grüne derf 'n net kriege! Don nerleder nein!" So war Hans bald ein Jäger geworden und war mit der Büchse Waldaus, waldein ge streift. Schon früher hatte ihn der Onkel mit aus den Ansitz nehmen wollen; aber er war damals fest geblieben und war höchstens nur bis zur Försterei mitgegangen. Und der alte Jäger hatte ihm das Strei fen durch den Maiwald auch so verlockend ge schildert. „Donnerleder, wenn die Sonn' so um die lichtgrünen Bäum tanzt! Donnerleder, wenn die Holzdirne wieder hemdärmelig komme! Ver flucht noch enei; wie da die Amsel lockt! Herr gott Sakra, und dann der Bock und am Abend der Dorscht!" Eines Tages saß Herr Zarth an der Staatswiese, die stch fast eine halbe Stunde lang in des Onkels Jagdgebiet hineingipfelts und soviel Aergernis zwischen ihm und dem „grünen Spitzbub'" gab. Er weiß nicht, wer ihm düs gesagt hat; aber er versucht zu blat ten. Und wer kommt da? Er möcht' sich ver stecken! Des Försters Lies! In den Mai blumen war sie gewesen. „Ah, der Hans! Wer hat Dich zum Jäger gemacht? Meinst, Du könntest dem Bock im Schlag Latein erzählen? Darauf springt der alte Herr nicht." Und sie sah ihm lockend in die Augen. Er wurde rot. Dann fuhr sie leise fort: „Warum bist nicht wieder mal zu uns gekom men? Wann Du noch fünf Minuten wart'st, es können auch zehn sein, dann siehst Du den Bock. Es ist ein kapitaler Herr! Grad dort an der Eiche auf dem Hang streicht er her. Komm, setz' Dich." Und die Amsel sang, die Bienen summten aus der Wiese und die Sonne brannte der Lies und dem Hans die Wangen rot. Bald auch die Stirn. Der Bock war nicht zu sehen gewesen. Am folgenden und übernächsten Tag auch nicht. „Du führst mich an, Lies?" „Ich Dich? Mach keine Scherze, Hans! Wir sitzen nur immer zu lange beisammen an der Wiese, und da hat uns der alte Herr am Ende schon gemerkt und ist seitwärts getrollt. — Vor Neid natürlich bloß." Ihr Lachen war Heller als die Sonne und übermütiger als der Wind, der über die Wiese kam. „Er wird schon noch kommen. Hier oben gefällt's ihm auch." „Lies, Du trägst mir die Flinte über die Wiese, wann er kommt?" „Was soll aber mein Vater denken, wann er das siebst?" Dabei nahm er sie fester in den Arm. Eines Tages hat ihn auch der Förster ge troffen. „Bock schon gesichtet? Wünsch tausend Glück!" Er sagte immer nicht viel. Und dort tappte er schon. Gleich kam auch die Lies. „Hör, Lies, Dein Vater hat mir Glück zum Bock gewünscht." „Hat er?" Sie machte ein trauriges Ge- ficht. „Dann ist's Zeit, Hans, sonst kriegt er ihn. — Komm! St, st, st!" Sie verschwanden gleich daraus im Wald. Nichts ist zu hören. — Da! — Trapp, trapp, trapp, trapp. Die Lies sieht den Hans an. Der ist bleich. Der zittert. Die Lies nimmt ihm die Büchse aus der Hand, schnell, hart. — Angelegt. — Er lag im Dampf. Sie dreht sich mit einem Juhschrei um und sieht, wie sich der Jäger mit zerschundenem Gesicht aus den Brombeeren erhebt; denn sie war so im Eifer gewesen, daß sie gar nicht gemerkt hatte, wie sie ihm mit dem Kolben über die Nase gefahren war und ihn durch den Ruck in die Nesseln gesetzt hatte.