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Freitag. Leipzig. Die Zeitung erscheint mit Ausnahme des Montags täglich und wird Nachmittags ä Nhr auS- gegebcn. Preis für das Viertel, fahr I'/, Thlr; jede ein zelne Nummer 2 9kgr. - Nr. 227. -— 28. September 1888 Dciitschc MgtMine Zeitung. «Wahrhcit und Recht, Freiheit und Gesetz!» Zu beziehen durch alle Postämter des In- und Auslandes, sowie durch die Erpebition in Leipzig (Querstraße Nr. 8). Hnsertionsgebühr sür den Raum einer Zelle 2 Ngr. der ganze südliche Theil der Stadt geräumt und in unserer Gewalt. Ich habe nicht nöthig, Ew. Exc. die Wichtigkeit eines solchen Erfolgs besonders hervorzuheben. Eben so wenig habe ich nöthig, von diesem tapsern Heere zu sprechen, dessen kriegerische Tu genden und Hingebung von unserm Kaiser so gut gewürdigt find, und ich werde, ob- wol die Zahl groß ist, Ihnen Die zu nennen haben, welche sich unter so viele» ta psern Soldaten ausgezeichnet haben. Ich kann dies noch nicht lhun; doch werde ich diese Pflicht in einer meiner nächsten Depeschen erfüllen. Genehmigen Sic, Herr Mar schall, den Ausdruck meiner ehrerbietigen Ergebenheit. Der Obergeneral Pelisfier. Bericht des Generals Niel über die Einnahme von Sewastopol. Sewastopol, H. Sept. Herr Marschall! Am 8. Sept, ist der Sturm auf Se wastopol unternommen worden. Derselbe hat uns zu Herren des Malakowwerks ge macht, dessen Besitz die Vertheidigung der Vorstadt säst unmöglich macht und gestattet, der Stadt die Eommunication mit dem nördlichen User der Rhede abzuschneiden. Der Feind hat erkannt, daß diese Eroberung entscheidend sei. Nachdem derselbe zu wieder holten maleu mit einem Muth, dem wir unsere Achtung zollen müssen, zur Offensive übergegangen war, aber gewahrte, daß diese letzten Anstrengungen erfolglos blieben, begann er Abends die Stadt zu räumen; während der Nacht steckte er dieselbe in Brand und verwandte seine Pulvervorräthe daz», die Berthcidigungswerke und die großen Etablissements selbst zn zerstören, welche Rußland im Laufe einer langen Reihe von Jahren in dieser Festung gegründet. Er hat alle seine Linienschiffe, Fregatten und kleinern Segelschiffe versenkt und nur die Dampfschiffe verschont; endlich hat er die Floßbrncke wieder abgebrochen, durch welche er mit den Nordsorts in Verbindung stand, indem er uns auf diese Weise die Stadt, die Vorstadt und Alles, was sich im Süden der Rhede befindet, überließ. Die Vertheidigung ist energisch gewesen: auf mehren Punkten wurden unsere Angriffe zurückgeschlageu; aber der Hauptangriff, wel cher uns den Erfolg sicherte, blieb keinen Augenblick zweifelhaft. Die l. Division des I. LorpS, gegenwärtig von dem General Mac Mahon commandirt, eroberte gleich anfangs das Malakowwerk und behauptete sich heldenmüthig in demselben, da sie er kannte, daß sich der Schlüssel der Festung in ihren Händen befand. Ich werde Jh- »eu jetzt die Anordnungen mittheileu, die getroffen worden waren, um die zahlreichen Schwierigkeiten möglichst zu vermindern, welche dieser schreckliche Sturm darbot, der nicht auf einen cernirien Platz mit einer geringen Garnison, sondern auf eine unge heure Festung unternommen wurde, die eine Armee vertheidigte, welche vielleicht ebenso zahlreich war als diejenige, welche sie angriff. Bei den Angriffslinien vor der Stadt waren unsere Laufgräbeu der Centralbastion (Bastion Nr. 5 der Russen) bis auf 50 Meter und der Mastbastion (Bastion Nr. 4) bis auf 30 Meter uahegerückt. Bei den Angriffslinien vor der Schiffervorstadt hatten die Engländer, welche durch die Schwie rigkeiten des Terrains und durch das feindliche Artilleriefcncr aufgehalten worden wa ren, nur bis auf 200 Meter vor dem Vorsprung des Großen Redan (Bastion Nr 3) Vordringen können, gegen welchen ihre Laufgräben gerichtet waren. Bor der Front» des Malakowwerks waren wir der Umwallung, welche den Malakowthurm umgibt, bis auf 25 Meter nahe gekommen, nnd unsere Laufgräben brachten uns dem Kleinen Re dau der Kielbucht (Bastion Nr. 2) ebenso nahe. Dies erwünschte Resultat verdankten wir der unbestreitbaren Ueberlcgenhcit, welche unsere Artillerie über die des Feindes erlangt hatte. Die Oberbefehlshaber der alliirten Armeen hatte» folgende Anordnun gen getroffen: Der allgemeine Angriff aus die Festung sollte am 8. Sept, um Mittag unternommen werden. An, Morgen des 5. Sept, sollte die Artillerie der Angriffs linie» vor i er Stadt und die der englischen Augriffsltnlc», welche bis dahin weniger lebhaft gefeuert, das Bombardement mit großem Nachdruck wiedcrb.ginnen. Niemals ist eine ähnliche Kanonade gehört worden; wir hatten in den beiden Angriffslinien mehr als 500 Feuerschlünde aufgestellt, die Engländer besaßen deren etwa 200 und die Russen mehr als wir. Das Feuer des Feindes beschädigte unsere Laufgräben, aber es fügte uns nur geringen Verlust zu. Das unserige kreuzte sich trotz der großen Ausdehnung dsr Festung über derselben und hat der russischen Armee große Verluste bcibringcn müssen. Während der dem Sturm vorausgehendcn Tage waren die Arbei ter der Infanterie vornehmlich damit beschäftigt, die vordersten Waffenplätzc zu ver größern, Lie DesileS zu erweitern und die Mittel zur Neberschreitung der Gräben an Ort und Stelle zu schaffen. Das Ziel aller unserer Anstrengungen war die Erobe rung des hinter Lem Malakowthurm construirten Werks. Dies Werk (Kornilewbastion der Russen), welches eine ungeheure Redoutc, eine Art von Eitadellc aus Erdwerkcn ist, befindet sich auf einem Hügel, welcher das ganze Innere der Vorstadt Karabel- uaja beherrscht. Dasselbe bestreicht den von den Engländern angegriffenen Redan und ist nur 1200 Meter von dem Südhafcn entfernt, über den die Ruffen eine Floßbrücke geschlagen hatten, welche ihr einziges CommunicalionSmittel zwischen der Vorstadt und der Stadt geworden war. Das Malakowwerk hat 350 Meter Länge und 150 Meter Breite; seine Brustwehren haben eine Höhe von mehr als 6 Meter und vor denselben b.findet sich ein Grabe», der unsern Angriffslinie» gegenüber k Meter tief und 7 Meter breit ist. Das Ganze ist mit 02 Geschütze» von verschiedenem Kaliber armirt. Im vorder» Theile des Werks befindet sich, von der Brustwehr umschloffen, der Malakowthurm, von welchem nur das untere mit Schießscharten versehene Stockwerk übriggeblieben ist. Im Innern des Werks haben die Ruffen eine Menge von Ouer- schanzen angelegt, unter denen sich ausgezeichnete Blenden befinden, wo die Garnison Schutz und Lagerstätten fand, die letzter» sind in zwei Reihen auf beiden Seiten an gebracht. Ein russischer Jngenicuroffizier, der gefangen genommen worden ist, gibt die Garnison Les MalakowfortS ans 2500 Man» an. Ich habe Ihnen eine Beschrei bung dieses Werks geben zu müssen geglaubt, um Sie in den Stand zu setzen, die Schwierigkeiten zu beurthcilcn, welche unsere Soldaten zu überwinden hatten. Die Fronte Les Malakowwerks, welche 1000 Meter Länge hat, wird auf unserer Linken von dem Fort Malakow, auf unserer Rechten von Leni Redan der Kielbucht begrenzt. Dies letztere Werk, welches beim Anfang der Belagerung nur ein einfaches Sägewerk war, hatte sich allmälig in eine stark armtrte, an der Kehle geschlossene Redoute ver wandelt. Die äußer» Fronte» des Malakowwerks und des RedanS der Kielbucht wa ren durch eine mit 16 Geschützen armirte Courtinc verbunden, und hinter dieser ltm- wallung construirten die Russen eine zweite, welche die innern Fronten der beiden Rc- dvuten verband. Diese zweite, zum Theil schon armirte Umwallung hatte noch keinen Bericht des Marschalls Pe'lissier an den Kiiegsminister über die Einnahme Sewastopols. Großes Hauptquartier zu Sewastopol, 11. Sept. Ich werde die Ehre haben, Ihnen mit dem nächsten Kurier einen detaillirtcn Bericht über den Angriff zu über senden , der uns zu Herren Sewastopols gemacht. Ich kann Ihnen heute nur rasih die Hauptzüge dieser großen Kriegstbat entwerfen. Seit dem 16. Aug., dem Tage Ler Tschcrna-Rsetschkaschlacht, und trotz der wiederholten Benachrichtigungen, daß ein neuer und furchtbarerer Angriff des Feindes gegen die Stellungen bevorstehe, die wir an diesem Flusse innehaben, wurden alle Vorkehrungen getroffen, um einen cntfcheiden- ben Sturm gegen Sewastopol zu unternehmen. Die Artillerie auf der rechten An griffslinie begann vom 17. Aug. an ein wohlgenährtes Feuer gegen den Malakow, das Sägewerk Ler Kielbucht, die benachbarten Berthcidigungswerke und die Rhede, um den Genietruppen zu gestatten, Lem Platze uäherliegeude Logements herzustcllcn, von wo die Truppen sich rasch auf die feindlichen Werke werfen könnten. Die Genie truppen brachten außerdem ibre NebersteigungS- und Erkletterungsmaschinen in Bereit schaft, und alle unsere Batterien auf Leni linken Flügel eröffneten am 5. Sept, ein sehr heftiges Feuer gegen die Stadt. Die Briten ihrerseits beschossen lebhaft das Große Sägewerk und dessen innere Verschanzung, welche sic angreifen follten. Nach dem Alles bereit war, beschloß ich in Nebereinstimmuug mit dem General Simpson, am 8. Sept, znr Mittagsstunde den Angriff ausführcn zu lassen. Die Division Mac Mahon sollte Las Malakowwerk nehmen, die Division Dulac sich auf Las Sägewerk der Kielbucht werfen und im Centrum die Division La Motterouge gegen Len Mittel- wall rücken, Ler diese beiden äußersten Punkte vereinigt. Ich hatte dem General Bos- quet außer diesen Truppen die Gardcdivtsion des Generals Mellinet zur Unterstützung jener drei ersten Divisionen zugetheilt. Diese Bestimmungen waren für den rechten Flügel getroffen. Im Cenlrnm sollten die Brite» das Große Sägewerk »»greifen und seine vorspringenden Werke ersteige». Auf dem linken Flügel sollte das I. Corps, welchem General Lamarmora eine sardinische Brigakc bejgefügt hatte und an dessen Spipe die Division Levaillant stand, über die Ccntralbastion in das Innere der Stadt eindringen und sodann die Mastbastion umgehen, um sich dort ebenfalls festzusetzen. General de SallcS hatte die Instruction, seinen Angriff nur so weit fortzusetzcn, als Lie Umstände cS gestatten würden. Außerdem sollten die Flotten der Admirale Lyons und Bruat eine kräftige Diversion machen durch Beschießung der Quarantäne, der Rhede und der Scefronten Ler Festung. Aber der Zustand des Meeres, welches durch einen heftigen Nordwestwind wild bewegt wurde, war derart, daß weder die Linien schiffe noch die Fregatten ihren Ankerplatz verlassen konnten. Jedoch die britischen und französischen Bombardirschiffe konnte» am Kampfe theilnehmen; sie schossen ausgezeich net und leisteten u»s große Beihülsc. Um Mittag, Schlag 12 Uhr, stürzten sich die Divisionen Mac-Mahon, La Motterouge und Dulac, begeistert durch ihre Chefs, auf den Malakow, den Mittelwall und das Kleine Sägewerk der Kielbucht. Nach uner hörten Uebersteigungsschwierigkeiten und nach einem der furchtbarsten Kämpfe Mann gegen Mann gelaug es der Division Mac-Mahon, in den vorder» Theil des Malakow einzudringcn. Der Feind ließ über unsere braven Truppen einen Hagel von Geschos sen aller Art regne»; das Sägewerk der Kielbucht, von dem Kreuzhause her und von den Dampfschiffen furchtbar bestrichen, mußte, nachdem es genommen war, wieder ge räumt werden; aber die Division La Mottcrougc hielt festen Stand auf einem Theile des Mittclwalls, und die Division Mac-Mahon gewann immer mehr Terrain im Ma lakow, wohin General Bosqiiet unaufhörlich die Reserven richtete, deren Eintreffen ich beschleunigte. Die übrigen Angriffe waren dem auf den Malakow, den Hauptpunkt der Vertheidigungswerke des ganzen Platzes, untergeordnet. Von der Redoutc Bran- cio» aus, wo ich meinen Platz genommen, gewahrte ich, daß der Malakow in unserer Gewalt bleiben werde, und ich gab das mit dem General Simpson verabredete Zei chen. AkSbald drangen die Briten tapfer gegen den Vorsprung des Großen Säge werks vor; cs gelang ihnen cinzudringeii, und lange kämpstcn sie, um sich daselbst zu behaupten; aber überwältigt durch die russischen Reserve», welche unaufhörlich anrück- tcn, und durch ein heftiges Artillcriefcucr mußten sie sich in ihre Parallelen zurück- ziehc». Auf dasselbe Zeichen hatte General de Salles die Centralbaslio» angreifcn lassen. Die Division Levaillant war sofort in dieselbe eingedrungen sowie auch in die Lünette rechts, als einem furchtbaren Kartätschenfeuer die Ankunft so bedeutender rus sischer Verstärkungen folgte, daß unsere Truppe», welche durch das feindliche Feuer dccimirt wurden und deren Cbcfs kampfunfähig gemacht worden waren, sich zur Rück kehr nach Len Waffenplätzen genöthigt sahen, von wo sic auSgerückt gewesen. Ueber- zeugt, daß die Einnahme des Malakow den Erfolg entscheiden mußte, verhinderte ich die Erneuerung der übrige» Angriffe, welche, da sie LaS felndliche.Heer auf allen Punk ten seiner weiten VcrtheiLigungSltnie zurückhieltcn, schon ihren Hauptzweck erfüllt hat ten, und ich richtete nun alle meine Aufmerksamkeit aus die Sicherung der Einnahme des Malakow, dessen sich General Mac-Mahon vollständig hatte bemächtigen können. Da trat ein kritischer Augenblick ein. General Bosquet war durch einen großen Bom bensplitter getroffen worden, und ich hatte sein Commando dem General Dulac über tragen müssen. Ein Pulvermagazin aus dem Mittelwall in der Nähe des Malakow flog in die Luft, und es ließ dieser Vorgang mich die ernstesten Folgen besorgen. Die Russen, welche wirklich diesen Vorfall zu benutzen hofften, rückten in dichten Massen an und griffen in drei Eolonncn das Centrum, den linken und den rechten Flügel Leö Malakow an. Allein es hatten bereits Vorkehrungen im Innern des Werks getroffen werde» können; General Mac-Mahon hielt zur Vertheidigung unerschrockene Truppen, die nichts überrascht, in Bereitschaft, und nach verzweifelten Anstrengungen sahen sich die Russen zu», Rückzüge gezwungen. Von diesem Augenblick an verzichteten sic auf jeden Augriffsvcrsuch. Der Malakow war unser und konnte nnS nicht mehr entrissen werden. Es war 4'/s Uhr. Es wurden unverzüglich Maßregeln ergriffen, um uns in den Stand zu setzen, den Feind zuruckzuwerfcn, wenn er einen nächtlichen Angriff gegen uns unternehmen sollte. Allein wir wurden bald aus der Ungewißheit gezogen. Beim Einbrüche der Nacht loderten allenthalben in der Stadt Brände auf, Mine» sprangen, Pulvermagazine flogen auf; der Anblick Sewastopols in Flammen, dem das ganze Heer zusah, ist eine« der imposantesten und düstersten Bilder, welche die Kriegs geschichte darbieten könnte. Der Feind war in Räumung des Platzes begriffen; sie wurde während Ler Nacht mittel« der zwischen den beiden Ufer» der Rhede errichteten Brücke und unter dem Schutze der unaufhörlichen Ezplostone», die mich verhinderten, mich ihm zu nähcrn, um ihn zu necken, bewerkstelligt. Am 9. Sept. Morgens war