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21. ZshrgLng Dienstag, äea 24. August 192S Nr. 1S6 Revolution in Griechenland ent« Kon- Hauptzweck der Me ¬ der Freiheiten Gesundung der na- Teil- Retfe -rs Reichsverkehrsmknkfters nach Gchwe-en. Berlin, 22. Aug. Reich Sverkehrsminister Dr. Kröhne begibt sich am 23. August nach Schweden, um dort die elektrisierten Eisenbahnen, insbesondere die Strecke Göteborg—Stockholm und die Riksgrän-Eisen- bahn Lulea—Narvik, zu studieren. Bei diesem Anlaß wird der Minister auch Gelegenheit haben, sich Über die schwedischen Methoden der Energieverwertung, insbeson dere die Wasserkraftanlagen, zu unterrichten. ver Regent von fibePnken nimmt au -er Völkerbun-sversammlung teil. London, 23. Aug. Die „Daily Expreß" berichtet aus Genf, der Regent von Abessinien beabsichtige, auf der nächsten Bölkerbundsversammlung in Genf anwesend zu sein, um persönlich den letzten Protest gegen das ita lienisch-englische Abkommen über Abessinien ausrecht zu erhalten. Verhandlungen über einen ruMch-türkisch-perflschen Garantievertrag. London, 23. Aug. Einer Meldung a,uS Kon stantinopel zufolge teilen die türkischen Blätter Ml, daß Berhandlungen in Moskau zwecks.Abschlusses eines London, 22. August. Reuter meldet aus Athen, daß dort eine Revolution ausgebrochen fei. Kondilts ist Herr der Lage. Admiral KonduriottS hat die Präsident schaft übernommen und verfügt, daß Pangalos sestge- nommen werde, der sich in Spetsao aufhält. Die Gar nisonen in der Provinz haben die neue Regierung an erkannt. Zu Blutvergießen ist eS nicht gekommen. Parts, 22. Aug. Die Agence Havas deröffent- licht folgende Meldung aus Athen von 11.30 Uhr: Die Mtlitiärbewegung ist um 3 Uhr morgens ausgebrochen. Die Truppen der Garnison und die republikanische Garde, vyn Offizieren, die über den Versuch auf dem Lausenden waren, angetrieben, haben die Kasernen ver lassen, sind in die Stadt eingedrungen und haben die Post und das Telegraphenamt, das Kriegsministerium sowie die übrigen militärischen Behörden besetzt. Kriegs minister General TseruliS, der sich während der Nacht nach der Kaserne der republikanischen Garde begeben wollte, die als General Pangalos ergeben angesehen wurde, sah sich plötzlich den Führern des Aufstandes gegenüber und wurde sofort verhaftet. Säm I cke übrigen Mmister wurden in ihren W»l>"»' gen festgennmmen und werden Wetter bewacht. Heute früh 7 Uhr haben Militärflugzeuge eine Proklamation an das Volk ab geworfen, in der die Einsetzung eines neuen Regimes und Neuwahlen binnen acht Monaten angekündigt wer den. Gegenwärtig scheine die Bewegung überall geglückt -u sein, ohne aus Widerstand zu stoßen. Die Garnisonen von Saloniki, Patras und den anderen großen Städten haben sich zustimmend ausgesprochen, ebenso die Flotte. General Kondilis wird morgen das Ministerium bilden, er selbst wird den Posten des Ministerpräsidenten über nehmen. Die politischen Führer und die Offiziere, die unter dem Regime des Generals Pangalos verhaftet wurden, sind freigelassen worden. Die gegenwärtige Bewegung wurde bereits seit langer Zeit dorausgesehen. Eine wirtschaftliche Krisis herrscht seit mehreren Mo naten. Die Gegner der Regierung werfen dieser vor, der Presse ein Regime des Stillschweigens auferlogt und die Verhaftung von politischen Persönlichkeiten vorgenom men zu haben. Andererseits hätte sich! auch eine Unzu- vom Demokratischen Zrie-enskongreß in Sierville. Paris, 22. Aug. Bei einem gestern den nehmern am Demokratischen Friedenskongreß in Bter- ville gegebenen Frühstück sprachen u. a. der General sekretär der französischen Liga für Menschenrechte Guer- net und der Abg. Moro-Giafferri, der den Friedens nobelpreis für Marc Sangnier forderte und ausführte, Mare Sangnier setze sich für die Schaffung einer inter nationalen Währung ein, die durch den Völkerbund ga rantiert werden müßte. Nachmittags trat der Ausschuß für die Fragen der internationalen Moral zusammen. Er sprach! sich für vollkommene Gewissensfreiheit hinsichtlich! der Teilnahme am Militärdienst im Kriegsfälle au». Ebenso wandte er sich auf Anregung des deutschen Delegierten Eklen gegen die Mtlitärdienstpflicht als einer schreienden Un gerechtigkeit, die gegen das persönliche Gewissen verstoße. Gegen Abend fand ein großes, von einem! der Mit arbeiter des Direktors des OdeontheaterS veranstaltetes Fest statt, das die Wtederversöhnung der Völker im Zeichen des Friedens symbolisierte. /luer Tageblatt WZW Anzeiger für -as ErM-ir-e MV kele-ramM»» rag.blatt Eathaltta- -k «Mch« «al»» ö«k Sta-1 uaö fkacksgrücht« M«. Pvftsitzsck-Ksms fvm Leipzig Vie Verschickung M- el Keims. Parts, 22. Aug. Nach einer Meldung des „Petit Parisien" wird Abd el Krim am 28. August nach der Insel Reunion verschickt werden. Zur Tangerfrage. Paris, 22. Aug. Der Generalrat des Departe ments Ost-Pyrenäen, der frühere Minister Brousse, hat Poincare und Brtand in einem Telegramm ersucht, als eine der von Spanten für den Fall der Ueberlassung von Tanger zu fordernden Kompensationen die Abtretung der spanischen Enklave Llivia im Departement Ost-Pyrenäen zu verlangen. Spanische Kriegsschiffe aus Italien nach Sarcelona zurückberufen. Parts, 22. Aug. „Journal" meldet aus Genua, die in Spezia sich aushaltende spanische Martnedivisiyn sei eiligst von dort nach! Barcelona in See gegangen.! Diese überstürzte Abfahrt werde mit gewissen, gestern früh etngetroffenen Nachrichten in Verbindung gebracht.! In der kommenden Woche würden ein englisches und ein japanisches Geschwader erwartet. Besprechung -es englischen Gotstkafters mit primo -e Rivera un- ganguas. Madrid, 22. Aug. Der heute hier etngetroffene englische Botschafter hatte eine längere Besprechung mit Primo de Rivera und dem Minister des Aeußeren. Ob wohl über diese Besprechung vollkommenes Stillschwei, gen beobachtet wird, erscheint die Annahme gerechtfer tigt, daß wichtige aktuelle Probleme von internationaler Bedeutung erörtert wurden. Vie Nationalitätenfrage in SowjetruVianä. Bon Adolf Grabowsky. II. Immerhin hat di« Sowjetregieruna bis zu einem gewiße« Grade Ernst gemacht mit dem EelbstbestimmungSrecht der Na tionen. Ihr Ziel ist die große Sowjetunion der Welt, in die sich jede Natin entweder mit eigenem Staat oder doch mit eigener Kulturverwaltung eingltedert. Dies Ideal hat sie vor allem aufgestellt der asiatischen Nation wegen, die unter frem der Herrschaft oder fremder Kontrolle stehen. Der Leninis mus vertritt, wie es Stalin ausgedrückt hat, die Ansicht, daß dien nationale Freiheitsbewegung der unterdrückten Länder revolutionäre Fähigkeiten birgt, die zum Sturze des gemein samen Feindes, zur Vernichtung des Imperialismus ausgenutzt werden können. Einheit der proletarischen Front der Welt mit der kolonialen und der halbkolonialen Front gegen den Weltimperialismus, so lautet der Grundsatz. Und die Mino- ritätenfrage in Rußland ist vorwiegend deshalb so weitherzig gelöst worden, weil die Sowjetregterung in ihrem Kampfe gegen die imperialistischen Mächte, in erster Linie gegen Eng land, sich Trümpfe bet den asiatischen Völkern zu verschaffen suchte. Die astatischen Böller sind für diese Unterstützung so lange dankbar, wie Moskau sie nicht mit Gewalt bolschewifle« ren will, die befreiten Böller Rußlands dagegen sind in der Regel von Dankbarkeit weit entfernt. Gewiß in der Poli tik soll man niemals auf Dankbarkeit rechnen, hier aber liegt doch ein besonderer Anlaß zu Undankbarkeit vor. Die Natio nalitäten fühlen sich als Mittel zum Zweck. Sie merken, daß sie nicht nur für außenpolitische Zwecke gebraucht werden, sondern auch für das innerpolitische Ziel stärkerer Bolschewi- sierung. Mit Hilfe der nationalen Sowjetrepubliken soll die bolschewistische Durchknetung besonders intensiv erfolgen. Dar unter leiden natürlich die Völler Rußlands, bei denen der Kommunismus keinen erheblichen Sympathien begegnet, am meisten. Dazu zählen die Deutschen, von denen nachher noch ausführlich gesprochen werden soll. Das wichtigste Volk, das es zu gewinnen gilt, sind die Ukrainer, und die Ukraine ist gar nicht zufrieden. Man hat sie mit der ukrainischen Sprache in Verwaltung und Schule beglückt, aber man hat dazu nicht das BolkSukratnisch, wie eS der große Dichter Schewttchenko geschrieben hat, herangezogen, sondern daS galizische Ukrainisch, das keinen Boden im Volke hat. Da aber der ukrainische Staat in erster Linie gebildet worden ist, um die galizischen Ukrainer zu locken und Polen zu unterminieren,, so war vom Standpunkt der Sowjetregie rung die Wahl des galizischen Ukrainisch als Staatssprache durchaus logisch. Auch macht man Moskau zum Vorwurs, daß es die eigentliche Hauptstadt der Ukraine, ihren geistigen Mittelpunkt, Kiew, entthront habe zugunsten Charkows einer Parvenustadt, und dies nur deswegen, weil Charkow, un mittelbar an der großrussischen Grenze gelegen, leichter von Moskau aus beherrscht werden könne. Ich halte diese An schuldigung für übertrieben, denn es sprechen gu'e geographi sche Gttinde für Charkow als dem Vorort der Ukraine. Tat sache aber ist, daß alle diese Vorwürfe und noch mehr mit der Zeit einen hochgetrtebenen ukrainischen Nationalismus, oder wenn man will, Chauvinismus hervorgerufen haben. Sogar der ukrainische Kommunismus ist davon nicht verschont ge blieben; eine besondere kommunistische Nationalpartet hatte sich in der Ukraine gebildet, ein toller Widerspruch zum inter nationalen Programm des Kommunismus. So wurde denn auch diese Partei schließlich aufgelöst durch die Zentrale, was aber nur mit großen Schwierigkeiten gelang. Immerhin ver steigt sich, soweit ich das feststellen konnte, die ukrainische Miß stimmung nicht direkt zum Separatismus. Aber wäre selbst ein Separatismus vorhanden, so würde er doch niemals zum Ziel führen können, solange in Großrußland noch ein Funken staatlicher Kraft glüht. Die Ukraine ist für Großrußland ab solut lebensnotwendig, da hier die Schwarzerde liegt, hier Kohle und Eisen, hier die Haupthäfen. Es würde zu weit führen, im einzelnen dis Staatsgebilde der Sowjetunion auf ihren außenpolitischen Zweck hin zu unter suchen. Erwähnt soll nur werden, daß die Tatarenrepubliken von Kasan, von Aserbeidschan und von der Krim tatsächlich auf die Wirkung bei den vorderasiatischen, nordafrikanischen und indischen Mohammedanern berechnet sind, daß di« Mol daurepublik eine Unterrepublik der Ukraine, als Lockmittel wirken soll für die moldauische Bevölkerung Bessarabiens und der rumänischen Moldau, und daß Weißrußland die Weiß russen Polens zu sich herüberbiegen soll. Hierbei kommt es auch vor, daß die außenpolitischen Absichten einem Volk, das gar nicht reif ist für einen selbständigen Staat, sondern höch stens reif wäre für ein autonomes Gebiet, eine geschloßene Republik in den Schoß werfen. Meist ist das nicht weiter schädlich, da es sich um entfernte Teile des Reiches handelt. In einem Fall jedoch habe ich einen schweren Schaden be- merkt: bei der Tatarenrepublik von Kasan. Das ziemlich zentral gelegene, früher blühende Kasan hat enorm gelitten durch Bürgerkrieg und Hungersnot. Es liegt heute noch halb in Ruinen. Ohne Zweifel wäre der Wiederaufbau viel rascher gefördert worden, wäre nicht das Schicksal der Stadt den Tataren in die Hände gegeben. . , _ . Besonders interessant sind die Verhältnisse in Transkau- Garantiepaktes zwischen Rußland, der Türket und Per, kasien. Dort besteht die transkaukasische Föderativrevublik, die sien stattftnden. sich aus den drei Unterrepubliken Georgien, Arminien und »Aserbeidschan zusammenlegt. Armenien ist vor allem gedacht Diktator Pangalos gestürzt. friedenheit wegen der Entwertung der nationalen Wäh rung ergeben, wodurch eine ständige Teuerung standen sei. Volk und Armee haben einstimmig dl« Diktatur Pangalos gestürzt. Der Führer der Revolution, General Vilis, hat den Admiral KonduriottS aufgefordert, die Präsidentschaft der Republik zu übernehmen. Kondu- rtotiS hat die Aufforderung angenommen und wird heute abend in Athen eintreffen, volution ist: Vollständige Wiederherstellung , des Volke», Ansetzung von Parlamentswahlen, tionalen Währung. General Kondilts ist beseelt von den herzlichsten Gefühlen für die Serben, seine Waffenbrü der,- war er doch der erste, der im Jahre 1916 für die Verteidigung des griechisch-serbischen Bündnisses kämpfte. Er ist ebenso beseelt von herzlichen Gefühlen gegen die großen Alliierten, mit denen zusammen er im Welt kriege kämpfte. Unmittelbar nach der Ankunft des Präsidenten der Republik KonduriottS wird die Frage der Bildung eines neuen Kabinetts gelöst werden. Mor gen wird General Kondilts mit den Parteiführern zu sammentreffen, um über ein Zusammenarbeiten zu be raten, mit dem Ziele, das Land zum normalen parla mentarischen Leben zurückzuführen. Der frühere Dikta tor Pangalos wird von der Flotte verfolgt, seine Ver haftung steht unmittelbar bevor. Tie einzigen vorge nommenen Verhaftungen sind diejenigen des früheren KriegSministcrs TseruliS und des früheren Unterstaats sekretärs Masris. Im ganzen Lande herrscht vollkom mene Muhe. Die öffentlichen Dienste arbeiten in nor maler Weise. Das Volk veranstaltet Feiern aus Anlaß der Abwerfung der Tyrannei. Nach Meldungen aus Achen ist die Zeitungszensur abgeschafft worden. Die Frau des Generals Pangalos hat Griechenland verlassen. Reuter berichtet aus Athen, dem Zerstörer „Leon" gelang es, den Zerstörer „Pergamos" zu Überholen und Pangalos zu verhaften, der an Bord des „Leon" ge nommen wurde. Dieser ist in Keratsini etngetroffen.