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Sächsische Staatszeitung : 01.04.1922
- Erscheinungsdatum
- 1922-04-01
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480731217-192204016
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480731217-19220401
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480731217-19220401
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsische Staatszeitung
-
Jahr
1922
-
Monat
1922-04
- Tag 1922-04-01
-
Monat
1922-04
-
Jahr
1922
- Titel
- Sächsische Staatszeitung : 01.04.1922
- Autor
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AMMU zU MW ANtUitmg. Nr.133. Beauftragt »it d« HemvSgabe: Regiernngsrat Do enge» in Dresden. 1922. Landlngsverhandlungtn. 102. Sitzung. Donner«t-g, den 30. März 1922. P'äsident Fräßdorf nöfsnet 11 Uln 16 Minnien norm, die Sitzung. Am RegierungStiscb die Minister Fellisch, Heldt, Lipinäki, Ristau und vr. Zeig ner mit einer großen Zahl yon Regierung« Vertretern. Der Präsident begrüßt zunächst die Ab.« Fräulein Focke (Drschnat.). die an Stell, de« verstoibenen Hrn. Abg.Sander (Dtschn.) in den Landtag eintritt. Zunächst werden Vorlagen Nr. 118 Neubau der Universiiäts-Frauenkli nik, und 120, die zweite Änderung de» beamten bei oldungSgesetze« betreffend, einstimmig unter Verzicht auf die erste B» raturg an den HaurhaltauSschuß über- niesen. Abg. Winkl,r (Soz.) bittet, auf die Tagesordnung ncch zu setzen den Bericht über die Kap. 47 ausschließlich Tit. 16, 47a, 47d. 48 und 49, die Verstaatlichung der Polizei betreffend. Es bestehen Differenzen im Haushattansschuß über eine vom Ausschuß zu- nächst beschlossene, aber dann von anderer Seite wieder angezncifelte Ermächiigung, eine zweite Lesung über Kap. 48 vorzunehmcn. Um diesen Schwierigkeiten aus dem Wege zu gehen, wollen wir den ordentlichen Weg, der durch die G. schäfisordnung vorgcschneben ist, beschreiten diesen Bericht heute auf die Tagesordnung zu bringen, und, falls der Landtag das kn schließt, dann den Antrag stellen: der Landtag möge zu gleicher Zeit beschließen, den Bericht an den Haust altausschuß zurückzuverwcisen. Lik Kommunistische Fraklün wideripr ch. iksem Anträge. Dadurch ist die Behandln»« l icht möglich. Hierzu erhält das Wort Minister des Innern LipinSkt: M. T.u.H.! Durch den Beschluß des Haus- kpllousschusies ist das Kap 48 über die Ver- staaUicl una der Gemei: depolizei abgelehnt wor- lcn. Es ist durch eine falsche Berichterstattung aus dei Verhandlungen des Ausschusses die Nach- richt in die Presse lanciert worden, daß die Sicherheitsroli ei vom Ausschüsse abgclchnt n orden sei. Tie Folge dieser falschen Bericht- crstattung ist, daß in der Landcspolizei eine außerordentlich starke Beunruhigung entstanden ist und die Zahl der Kündigungen in der Landcs- pv-izei sich stark vermehrt. Ich habe deshalb öffentlich festzustellen, daß ter Ausschuß die Ausgaben für die Landes- Polizei, für die, Gendarmerie und die Verstaatlichung der Kriminalpolizei be- willigt hat, daß also die Auszahlung der Ge- hält r an jene Polizei! eannen und ihre Existenz nicht in Frage gestellt ist. Abgeletnt ist nur der Kosten ausgleich für die Polzei in Dresden. Tics berührt aber den Bestand ter Polizei in Dresden deshalb nicht, weil nach Art. 44 der Versüssung das Gesamtminislerium die Ausgaben sür die siaatlict.en Notwendigkeiten so lange fort- sctzen kann, bis ter E.at als jo cher nicht verab- jchietut ist. Deshalb ist die Beunruhigung in jenen Kreisen irrig. Ich hebe das hervor und ipreche die Bitte aus, bei der Berichterstattung aus den Ausschüssen Vorsicht zu üben, damit nicht durch falsche Meldungen die Öffentlichkeit irre- geführt wird und die Polizeibeamten üvcr die Fvir ahlung ihrer Bezüge in Ungewißheit ver- jetzt werden. Sodann wird die Vorlage Nr. 119, die Weiterzahlung der Lehrerbejoldun«, deir., sofort in Schlußaktatung emslimnug angenommen. In Eilediguna von Punkt 1 der T g>s ordnung wird nach der B«rich'e»stütung de, Adq. Bünger «k'fch. Vp) die Suafver fo guug des Abg. Renner (Kam ) und de< Abg. Dtmmering (Dem.) crbgelrhnt. Punkt 2 der Tageroidnung: Zweite B«- rutung über die Voiloge Nr 92, betr. de, En Wurf rnirS l^e'e-es über die A uerken nung neuer Freitage (Mündliche, Bericht der mm Präsident n e>iaiinl«n Be richterstatter. D i ckiache Nr. 642.» Berichterstatter Abg. Drechsler (Ttsch. Vp >: Tic Vorlage Nr. 9? l at eine längere Bor- gesä ichte. Bereits am 31 Barr 1919 hat die tcnmug. Betlckamm'r auf Antrag der Unab- häirigen Srziald«m«liatie gcg.n 29 Climmei be chlosien, die Negierung um eine Vorlage des Fi Halts zu ersuchen, daß der l. Mai und der 9. Neven,der in Lachsen als ges. tzliche Feiertage anerkannt werden Zugleich wurde beschiessen, die Regierung zu ersuchen, in der gleichen R ch- tung bei der Sieichsregierung, also auf Ein- fühiung der beiden Feiertage im gesamten Deutschen Reick e, zu dringen. Das letztere hat die sächsische Negierung getan. Aus Grund ihrer Anregungen hat die damalige Nationalversamm' lung den 1. Mai de» Jahres 1919, aber nur für diese» Jahr, zum Fei-rtag erhoben. Uber den 9. November 1919 wurde damals kein Beschluß gefaßt, da er ein Sonntag war, also ohnehin ein Feiertag. Für das Jahr 1920 hat die säch sische Regierung tue Angelegenheit auf dem Ber- ordnungSwege in der Weise g regelt, daß bei den sächsischen Staatsbehörden und Staatsbe trieben der 1. Mai wie ein Sonntag gefeiert werden und am 9. November die Arbeit ruhen solle. Den Gemeinden wurde ein gleiches Vor gehen empfohlen. Schon damals wurde es als mißlich empfunden, daß d e Reichsregierung bei ihren Behörden und Betrieben eine andere Haltung beobachtete und infolgedessen in Sachsen an diesen Taaeu eine Zwiespältigkeit zwischen Reich und Staat entstand, die sich störend und verwirrend geltend » achte. Diese störende Ver wirrung wag auch die sächsische Regierung selbst als uneiwünscht empfunden haben, sie hat in- fvlgedcssen durch ihre Gesandtschaft in Berlin mit der Reichstegierung Fühlung genommen, mußte ater im Tezcniber 1920 erfahren, daß dort keine Absicht bestehe, diese beiden Feiertage einzusühren. Tie Sieichsregierung wies hier bei, meines Erachtens sehr mit Recht, darauf hin, daß sie mit einer Fülle schwerer Sorgen belastet sei und sich infolgedessen hüte, ohne dringende Rot einer Neuregelung der Feiertage i äh< rzutretrn. Ich finde, daß es einigermaßen schmerzlich ist, wenn die sächsische Regierung und die jäcl sische Landtagsmehrheit, die doch die Regierung zu ihrem Vorgehen ge drängt hat, sich erst von Berlin jagen lassen muß, daß cs angesichts der schweren Zeit, in der wir leben, nötigere Tinge gibt, als unser Voll in dieser Frage zu spalten und zu erregen. Ter Rat, der in dem Bejctcid der Reichsregicrung zwischen den Zeilen zu lesen war, ist leider in Sachsen nicht befolgt worden. Am 10. März 1921 haben wir uns mit dem Antrag der Un abhängigen Sozialdemokratie, der die Einführung er beidenFcieitage erstrebte, beschäftigen müssen. Damals wurde der Antrag abgelehnt. Erst am 8. November 1921 erfolgte die zweite Beratung, und diesmal wurde mit geringer Mehrheit be schlossen, die Regierung zu ersuchen, eine ent- prcchcnde Vorlage eü zubringen. Diese, eben unsere Vorlage Nr. 92, ging am 10. Tezember 1921 beim Landtag ein. Eie wurde am 19. Januar 1922 in erste Beratung genommen und mit 47 gegen 46 Stimmen abgelehot. Zur Bericht erstattung für die zweite Lesung wurde außer mir Hr. Abg. Bclhke ernannt. Wenn ich heute noch einmal alles das, was in den früheren Verhandlungen sür und gegen die Einführung der beider« Feiertage gesagt wor den ist, übersä ane, so ist ein Argument, das gegen sie vorgebracht worden ist, noch von keiner Seite zu entkräften versucht worden, nämlich das, welches der Hr. Ministerpräsident selbst in einer früheren Verhandlung dagegen geltend gemacht hat: wenn wir der Vorlage Nr. 92 zu stimmen, so haben wir in Sachsen im Gegenatz zum Reich wieder zwei Sonderfeicrtage. Ter Hr. Ministerpräsident lat am 10. März d.I. als leine Auffassung hingestellt, daß eine gesetzliche Festlegung dieser be den Feiertage eine reich«« gesetzlicl e Angelegenheit sein müsse, er hat aber auch festgeslellt, daß an eine solche reichsgesetz- lick e Regelung zurzeit nicht zu denken ist. Wenn die Regierung trotzdem die Vorlage Nr. 92 beim Landtag cinbracbte, obwohl sie von ihrer Un- zweck» äßickeit, ja ihrer Schädlichkeit überzeugt ist so hat sie des eben nur grtan, um tu m mit einer Mehrheit von einer oder zwei Stimmen er stritten«'» Beschlusse de Landtages nachzukommen. Ich stelle scst: die sächsische Regierung hätte aus eigener Jnitialwe diese Vorlage nicht eingebracht, s e hat sich nur einem Drucke der linksstehenden Parteien gefügt. lZuruf bei den Kom.: Mehrheit des Landtags!) Es ist meines Erach tens ein sebr fraglicher Gewinn der parlamen tarischen Verfassung, daß die Regierung ge zwungen ist, einen Gcietzentwurf vorzulegcn, von dessen Schädlichkeit sie selbst überzeugt ist. (Sehr richtig! rechts ' Wir jühren in Sachsen mit diesen beiden Feiertaccn einen Solo anz ror der scsamtcn dculich n Osten lichkcit auf, höchstens werden wir ncch einen Partner in Thüringen finden. Abe: las Reich macht jedenfalls nicht mit und wird uns bei diesem Solotanz eklig in die Beine fahren (Aha! bei den Kom.) Ich bin wirklich gespannt, ob sich die Reichsrrgie- rung die ui r ermeidl-chen Störungen im Eisen- bahnwe cn und bcr i ren Behörden in Sachsen so ohne wer« res gefallen lasten wird. Dazu kommt noch, worauf ebenfalls der H.r Minister präsident liugewieen tat, daß alle Kommentare der Reichsversal iing ohne jede Ausnahme er klären, daß die Festlegung von Feier a en eine rcichSgesetzüche Au, elegc« heit sei. (Widerspruch bei den Soz.) Es kann geschehen, daß die RcichSregierung schon um der Störun gen willen, die Ihre Bctiiebe in Sachsen an jenen be den Feiertagen erleiden, Widerspr» ch erheben würde. Wollen wir eS olnc Net daraus ankommr» lassen? Ist es denn nicht überhaupt ein sehr mißliches Ding, wenn man unserem Bolt zwei neue Feiertage auf- zwingt, die cS in seiner Mehrheit gar nicht haben will? Tu Lii le muß doch zugcben, daß cs jo ist. sWikci pruch links.) Man braucht ja nur ein einfackes Reck cnexempek mrfzumcchen: schon hier im Landtag ist ja saft gor au die Hälfte gegen die beiden Feiertage, nnd zu de, Hälfte Icnmen Tausenke und aber Tanj.-nd« de, Wähler hi» zu. Die eicenen »ew«ftch«sten der Linken sind sich in die er Frage nicht einig, und doch will man diese be den Feiertage erzwingen gegen den übe wie, enden Volkswillen. Die Linke will ihre zahlenmäßig so geringfügige Mehr- heit dazu mißbrauchen, Sachsen etwa- auseu- dekretieren, waS e» nicht haben Wilk. Uns soll es recht sein, wenn ihre Leute sagen: Sottbe- wahre uns vor unseren Fr-unden! (Lachen links.) Ter Hr. Abg. Siewert ,st 1« freilich splendid gewesen, notabene auf Kosten anderer, und hat mit der Großzügigkeit, die seiner Parte, immer eigen ist, einfach erklärt: gearbeitet wrrd an diesem Tage nicht, aber bezahlt wird, als wenn gearbeitet worden wäre. (Sehr richtig, bei den Kom.) Das wäre ja gewiß allen Lohn- arbeitern sehr willkommen, aber l alt, jetzt kam der hinkende Bote hintenach: Diese, Lohn die,er beiden Feiertage fließt in die Patteikasse — doch wohl in die alleinseligmachende kommunistische. Ich muß gestehen, für so naiv hätte ich selbst unsere sächsischen Kommunisten nicht gehalten. Sin großer Teil unserer Industriearbeiter kann schlechterdings nicht einsehen, warum sie auf eine Summe von 200 M. Lohn verzichte« sollen, bloß weil die Londiaasmehrheit die Marotte hat, Sachsen, das soeben zwei Feiertage bc- seitigt bat, nun wieder mit neuen Feiertagen zu beglücken. , , Ja, wenn an diesen beiden Tagen wenigstens etwas zu verzeichnen wäre, was an große und beglückende Ereignisse uns erinnerte, über die die Gesamtheit des Volkes froh sein muß! Wer kann da« aber vom 1. Mai behaupten? An ihm ist überhaupt nichts geschehen, was die Geschichte des d-utschen Volkes und der Menschheit in irgendwelcher Weise gefördert hätte. Es ist ein willkürlich gewählter Tag, und er ist von vorn- herein gedacht als ein Kampftag, als ein Tag der Propaganka für den Achtstundentag. Nsner- dings hat man selbst gekühlt, daß diese Begrün- düng eines Feiertages doch etwas fadenscheinig ist. Es ist darum in das Programm dieses Tages die Propaganda für den Bölkersrieden und den Arbeiterschntz anfgenom i en worden. Wir sind nicht der Meinung, daß der Völker- frieden von einem Volte gepredigt werden kann, während die anderen in Waffen starren. Wir sind auch der Meinung, daß der Völkerfriedcn überhaupt nicht »durch Straßcndemonstrationen herbeigesührt weiden kann. (Zuruf bei den Kon,.: Aber von der Kanzel!) Jawohl, sehr richtig! (Lärm und Widerspruch bei den Kom.) T e Kommunisten wollen an diesen beiden Feier tagen nicht die Propaganda sür den Völker frieden, sie wollen für den Klassenkampf streiten und fo den überaus nötigen Frieden innerhalb unseres Volkes mit allen Mitteln stören. (Sehr richtig! rechts.) Sie wollen sich auch an diesem Tage nicht nur mit de» verhaßten Bvurgecis, sondern mit den „halbschirrigen" Unabhängigen und den matten Sozialdemokraten, wie sie die Kommunistep un Ausschuß genannt haben, Herumbaigen; fürwahr, ein schöner Friedens tag! Es ist nicht anders mit den 9. Novem ber. Ich will mich nicht erneut auf eine Auseinandersetzung über den Wert und Un wert einlosjen. Eins ist gewiß: Tas, was der 9. November im Gefolge gehakt ha:, ist wenigstens zurzeit so wenig erfreulich kür unser Volk, daß unsere Selbstbesinnung uns ver bieten müßte, diesen Tag mit dem Stempel eines festlichen zn versehen. (Sehr richtig! rechts s Wir sind der Meinung, daß man Feiertage nicht künstlich hcrbeiführen kann, auch nicht mit Landtags, oder Reichstagsmehrheiten. Feiertage müssen organisch werde» und getragen sein vorn gesamten Bolkswillen. Auch der größte Optimist der Linksparteien kann das von diesen beiten Feiertagen nicht behaupten Tarum bekämpfen wir sie und werden nicht «blassen, sie zu be kämpfen, auch wenn die sozialistischen Parteien ihre augenblickliche Macht dazu ausnützen follten, sie unserem Polke ouszudrängen. (Zurufe links.) Ich habe erneut zu beantragen, den Gesetzentwurf abzulchnen. (Bravo! rechts. — Ameu! Lei den Kom.) Abg. Bethke (Soz.): Auch ich bin der Meinung, daß über das Prin zipielle unserer Forderungen zu streiten müßig ist, weil hier Weltausfaüungen urteilen, von denen kein, die andere wirklich überzeugen kann, und weil letzten Endes die Durchsetzung solcher Auffassungen eine politische Machtfrage ist, das spreche ich ganz offen aus. Feststeller: möchte ich aber eins, daß die Sozialisten Deutschlands und der ganzen Welt die Forderung nach dem 1. Mai als einen Wettfciertag der Arbeit jeit einem Menschenalter erhoben, für ihn gekämpft und dabei die schwersten wirtschaftlichen und persön lichen Opfer gebracht haben Für uns ist dieser Tag ter Tag der das soialchische Ziel nach Überwindung der Ausdeutung und damit auch der Klassengegensätze verkörpern soll, er ist der Tag, der mit dieser Überwindung dcn Völk r- frieden, der heute noch nicht besteht, hcrbeiführen soll, das ist unsere persönliche ehrliche Auffassung, und der die physi chc Arbeitsleistung des ein- zelncn Arbeiters auf eine Zeitdauer beschränken soll, die cs ihm erst ermöglicht, einer Kultur zu leben und Kultur von sich auS zu geben. Tic Auffassung der Rechten läßt sich kurz in folgende Sätze zusammenfassen: Wir sind ein armes Volk ccworden, und unsere Kultur läuft Gefahr, gleichfalls zu verarmen. Aus dieser Armut kämen wir aber nur hecauskommen, wen»: nicht nur nicht neue Feiertage cingcsührt, sondern wenn auch überflüssige Feiertage ab- gcfck afft werden, mit einem Wort: wenn mehr gearbeitet wird. Diese Ausfasjuug ist nicht ganz ehrlich, denn die Herren von der Rechten sind auch zu einer Zett gcgc» de« ».Mai aufgetreicn, als Kas deutsche Bolt «och reich war, sehr reich, a>s w,r noch an einer solchen überfülle von Waren litten, daß oft wegen dieser Warcnübcr- fulke Tausend« van Arbeitern plötzlich aus- gesperrt und brotlos gemacht werden mußten, nur wert die Warenerzcuger keinen Absatz fan den, weil die Waren verfaulten und in großen Mengen zeitweilig sogar in das Meer versenkt werden mußten. Auch meine Parteifreunde sind einig in der Auffassung, daß wir aus der gegenwärtigen Not nur herauskommen und einer größeren Nst und Verelendung nur entgehen können, wenn es gelingt, die wirtschaftliche Pro duktion so zu steigern, daß diese neben dem, was das deutsche Volk zum Leben benötigt, auch noch die Wertsummen herauswirtschaftet, die die Sieger von uns alljährlich verlangen. Wir sind uns weiter bewußt, daß zwar eine gründliche Besteuerung des Besitzes dem Reiche ermöglicht» seine Ausgaben zu decken und damit einer durch dauernde Notenausgabe bedingten Geldentwertung zu begegnen, aber wissen auch, daß eine Besteuerung, die es nicht mehr zuläßt, daß wirtschaftliche Erweiterungsbauten ausgeführt, verbrauchte Maschinen ergänzt oder technisch vervollkommnete Maschinen neu ange schafft werde«, den Quell jedes gesellschaftlichen Reichtums verstopfen und damit jene ganz be sonders hart treffen, die über Produktionsmittel nicht verfügen. Wir sind also auch der Meinung, daß die Steigerung der Produktion die einzige Rettung für uns bedeutet, die Frage ist nur die, auf welchem Wege diese Produktionssteigerung vorgenommen werden soll. Tie Herren von der Rechten haben ja ein sehr einsaches Zauber mittel, das heißt Verlängerung der Arbeitszeit, ein Ruf, der in letzter Zeit immer offener und intensiver erhoben worden ist. Demgegenüber möchte ich sagen, daß diese Frage der Ver längerung der Arbeitszeit sür die Arbeiterschaft überhaupt nicht diskutabel ist. Ter Achtstunden tag ist für die deutsche Arbeiterschaft nach all den schweren Opfern, die sie sür ihn gebracht hat, etwas Heiliges und Unantastbares, an das ohne Schaden für den, ter daran zu rütteln wagt, nicht gerüttelt werden darf. (Zuruf rechts: TaS hat doch mit den Feierlagen nichts zu tun!) Der Krieg mit seinen wirtschaftlichen Folgen hat einen fo starken physischen Verbrauch herbeige sührt, und die Teuerung, die sich gegenwärtig wieder bemerkbar macht, hat diesen Verbrauch dieses Krieges keineswegs zu ergänzen ver mocht, im Gegenteil, wir sind auf dem besten Wege, die Marmelade, die Kohlrübe und die Kartoffel wieder als Hauptnahrung-mittel des deutschen Arbeiters betrachten zu müssen. (Zuruf bei den Tem.: Tas hat aber nichts mit dem 1. Mai zn tun!) Nein, das muß aber ge sagt werden! Tiefe Unterernährung schließt es aus, daß der Versuch, an dem Achtstundentag zu rütteln, jemals Erfolg haben kann. (Na, na! bei der Ttsch. Vp.) Eins will ich noch betonen, daß sich alle Beob achter der deutschen Wirtschaft darüber einig sind, daß in keinem Lande, das an dem Krieg beteili t war, fo fleißig gearbeitet wird wie in Teutjchland. Ganz besonders ausländische In dustrielle, Händler und Gewerbetreibende, die die deutsche Industrie in dcn letzten Jahre» be sucht haben, sind voll des größten Lobes über den Fleiß des deutschen Arbeiters. (Sehr richtig! bei den Soz.) Objektive Beobachter der deut schen Virtschait haben in den letzten Monaten erst wieder festgestellt, daß in einer ganzen An zahl von Betrieben trotz der Unterernährung und trotz des Achtstundentages die Arbeitsleistungen der Friedenszeit nicht nur erreicht, sondern be reits darüber hinaus gestiegen sind. (Zuruf bei der Ttsch. Vp: Ausgeschlossen!) Drese Auf fassung hat eine große Anzahl amtlicher Stellen m letzter Zeit sestgestellt. (Zuruf rechts: Theorie!) Tas ist keine Tt eorie, sondern eine sehr nüchterne praktisch und jederzeit nachprüfbare Wahrheit. (Sehr richtig! bei den Soz.). Tie Rechte sagt, sie haben kein Interesse daran, daß bei dieser Armut des Voltes extra noch Feier age emgeführt werden, nnd mein Vorredner war sogar der Auffassung, daß es mit Bezng auf die Macht des Reiches ganz unmöglich sei, derartige Feiertage einzusühren. Tas ist natür lich ein Irrtum, denn Sachsen hatte neben den Reichsfeiertagen seinen sächsischen Hohneujahrs- tag, halte seinen sächsische» Bnßtag und hatte seinen Reformationstag. Al o es ist sehr wohl möglich, im Rahmen der Landesgesctzgebung derartige Feiertage einzusühren. Ich erinnere weiter daran, daß sür diese beiden einzuführeuden Feiertage ein vollwertiger Ersatz der Arbeits leistung gegeben ist, denn durch die Aufhebung des Hohueujahr und d.s sächsischen Bußtage» baden wir in der Arbeitsleistung dem Staat« bereit» einen Ersatz gegeben. Wenn die Herren von der Rechten ein übriges tun wollen, danu können sie ja auch noch den sächsischen Rcfor- malionstag, den andere Bundes- und Glied staaten nicht kennen, ansheden. Bei der Frage l«r. Maiseier spiekn aber außerdem gewisse Jmporweradi.ien mit, die bisher allerdin s in «er reinen Arbeitsleistung nicht gewertet worden sind: ich meine jene Erregung, die sich der Arbcitermafjen übermittelt. Um den 1. Mai wird Wochen- oft monatelang vorher in den Betrieben und in den Betriebsversammlungen Stellung genommen. Tie Massen sind sich über das Schicksal, über die Auswirkung dwser Feier meist im unklaren. Tie Folge ist, daß da» Tedattieren und Beraten Uber die Wirkungen einer dcuischen Feier in den Arbeit rmafsen eine gewisse Erregung erzeugt, die keineswegs ohne wirtjchasUichcn Nachteil, d. h. ohne un günstigen Einfluß auf die Arbeitsleistung jedes einzelnen Arbeiter» ist. Unser Antrag, dieses Strikvdjekt aus dem Wirtjchaftsprozeß hcruuS- zud«kommen, diesen Tag zu einem gesetzlichen Fettrtag zu machen, wird also nicht einen witt- schastlichcn Schaden sondern einen wirtschaft lichen Borteil bedeuten. (Widerspruch recht».) Ich wiederhole: wir haben zwei Feiertage als Ersatz geschaffen, »vir sind bereit, einen Feiertag wie den Rcsormationstag, den
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