Volltext Seite (XML)
Rr. L85 — V. Jahrgang «titlwoch de« v. Nodember IVZV ei». Uhr. !Üs ;en ge- ifel len, ich ;sle hts. eh'n seit sagt' iken! nur geln, hien, » die i der g ge- t der muß teuer ) ihm s nnr ir das Nach- zkeiten n, und neuen Raum ne un- Kajüte :r sozu- w, und her er- chbruch. I Wesen II mein ; Kerls. ZälhMeUolksMmK »Nchelut täglich nachm. mit NuSnahm« der Sonn-und Festtage. «»Saab- Mt, .Die Zelt in Wort und Bild- vierteljährlich- 8.1« ^ In Dresden durch Boten 8,1« In ganj Deutjchlaud stci Haus 8,58 AuSaab« li.i Ohne illustrierte Beilage vierteil 1,8« ^l». I» Dresden d, Boten 8,1« In ganz Deutschland frei Hau» ».»8 - Et-iz-I.-Nc. I« » - LeiwngSpretSl. Br. «858. Unabhängiges Tageblatt für Wahrheit, Recht und Freiheit Inserat« werden die S,«spalten« Pettizeikc oder deren Raum mit IS Reklamen mit L« i die Zeile derechnet, bei Wiederholung» entsprechenden Rabatt Buchdrucker»!. Stedakttou nud Weschäft-ftelle, DreSdeu, Pilluitzer Strafte -IS. — Fernsprecher IS«« ZürRilckgabe uuderlauat. Schriftstücke keine BrrbiudlichkeU NedallionS - Sprechstunde - 11—18 Uhr, Die bevorstehende Reichstagssession. Uuser parlamentarisck>er Berichterstatter schreibt uns: Berlin, den 7. November 1910. Am 22. Noveniber .öffnen" sich wieder die Türen des Wallotbaues am Königsplatze, die eigentlich diesen Sommer über überhaupt nicht geschlossen waren. Denn die Kom mission für die Strafprozeßordnung und Reichsversiche rungsordnung haben — mit Ausnahme von 2 Monaten Ferien — immer gesessen und ein so großes Stück Arbeit geleistet, wie es niemand im Mai erwartet hat. Nicht nur haben beide Kommissionen die erste Lesung glatt zu Ende geführt, die Strafprozeßkommission wird aller Wahlschein- lichkeit nach auch niit der zweiten Lesung noch vor dem Zu sammentritt des Reichstages fertig werden. Nur müssen wir heute schon offen sagen, daß das Werk derselben gar kein besonderes Gefallen erregen kann: die Fortschritte sind so minimal und der Gesamteindruck ist schließlich der: es kommt nur eine erhebliche Verteuerung, aber keine wesent- liche Verbesserung der Rechtspflege heraus. Wenn daher dieser Entwurf nicht Gesetz wird, weinen wir ihm keine Träne nach. Vorerst darf man allerdings hoffen, daß das Plenum doch noch bedeutende Aenderungen vornehmen wird, da die Zusammensetzung der Kommission lange nicht der Auffassung des Reichstages entspricht: es sei nur an die eine Tatsache erinnert, daß wochenlang aus ganz Süd deutschland nur ein Vertreter (Gröber) anwesend war, auch später waren es nie mehr als vier (Dr. Mayer und Vonderscheer vom Zentrum und Dr. Müller-Meiningen vom Fortschritt), die Nationalliberalen haben zudem die allergrößten Reaktionäre in diese Kommission entsendet. Wenn z. B. statt Dr. Heinze und Hagemann die Abge ordneten Dr. Junck und Dr. Arning in der Kommission ge wesen wären, würde mancher Beschluß anders ausgefallen sein. Wir hoffen und erwarten daher vom Plenum, daß es an der Kommissionsarbeit tiefgreifende Aenderungen vornimmt, selbst auf die Gefahr hin, daß der Reichsjustiz staatssekretär sein häufiges „Unannehmbar" zur Regel macht. Der neue Reichstag kann dann gründliche Arbeit machen. Der sterbende Blockreichstag wird aber die Neichs- versicherungsordnung noch schaffen müssen; selbst der Freisinn, der sich anfangs so ablehnend verhielt und Bosheitspolitik treiben wollte, hat nach den großen Ferien umgelernt. Man liest auch in der Presse nichts mehr davon, daß keine Zeit vorhanden sei. Als wir schon im Juli schrieben, dast die erste Lesung vor dem Zusammentritt des Reichstages beendigt sein würde, da gab es viele Zweifel, heute stehen wir aber so weit. Die Beschlüsse der ersten Lesung sind freilich noch lückenhaft und inkonsequent; aber dafür ist ja gerade die zweite Lesung da, um ein glattes Werk zu haben. Die Befürchtungen und Besorgnisse mancher Kreise mögen nicht unbegründet sein, aber diese dürfen damit rechnen, daß auch bei diesem sehr schwierigen Werke keine einseitige Politik getrieben wird. Auf das tiefste würden wir ein Scheitern der Vorlage bedauern: viel Arbeit wäre unnütz getan, viele Hoffnungen enttäuscht und die politischen Folgen recht trübe. Das möge sich besonders die Regierung merken, welche bisher so wenig Nachgiebig keit gezeigt hat. Dieselbe Mahnung gilt den Sozialdemo kraten, welche Anträge einbrachte, die von den Arbeitern jährlich 1500 Millionen Mark an Beiträgen erhoben hätten. Eine solche Uebertrumpfungsstatistik ist Wahnsinn und kann denkende Arbeiter nur mit Ekel erfüllen. Der Arbeiter Professor Schnitzers Rückzugsgefecht und die Entlarvung der liberalen Presse. i. Man konnte einigermaßen gespannt sein, wie Schnitzer gegen die vernichtende Kritik, die der Bonner Privatdozent Tillmann in seiner Gegenschrift „Jesus und das Papst tum" (Köln-Bachem) den Aufmachungen des Münchener Apostaten hatte angedeihen lassen, Stellung nehmen werde. Es ist ein klägliches Rückzugsgefecht, das er in seiner Broschüre „Das Papsttum eine Stiftung Jesu?" führt, schwach verhüllt hinter dem lauten Kanonendonner grober Polternder Worte im Heugabelstil eines oberbayrischen Holzknechtes, ein Zeichen, wie bitter Schnitzer sich durch die Tillmannschs Gegenschrift getroffen fühlt. Daß der Mann auf das Gebiet der persönlichen Polemik hinübergreift, überrascht bei ihm nicht, wird aber wohl von niemand, der nicht unter der Einwirkung der liberalen Presse steht, einen besonderen Eindruck machen, am allerwenigsten den von der Ueberzeugung der Durchschlagskraft seiner Gründe. ES wirkt geradezu komisch, wenn Schnitzer sich seinem Gegner gegenüber als „älterer Kollege" aufspielt, der eigentlich mit besonderer Verehrung behandelt werden müsse; als ob nicht auch das, was ein junger Kollege sagt, wahr, und was ein alter vorträgt, falsch sein könnte! Eine geradezu abstoßende Gehässigkeit gegen das Lehr amt der katholischen Kirche, die sich in giftigen Ausfällen förmlich überbieten zu müssen glaubt, stellt an den Leser der Broschüre nicht geringe Anforderungen hinsichtlich der steht doch politisch nicht so tief, daß er diesen meterdicken Speck für die bevorstehenden Wahlen nicht sehen würde. Wir wollen hoffen, daß dieses Gesetz durch die Stimmen aller bürgerlichen Parteien Annahme findet. Wenn dann die Sozialdemokratie wieder abseits steht, ist es gar nicht überraschend. Sieht man von diesen großen Vorarbeiten der Kom missionen ab und erinnert man noch an die nötige Verab schiedung des Heimarbeiterschutzgesetzes und des Arbeits- kammergesehes — das Schiffahrtsabgabengesetz dürfte leider auch Annahme finden —, dann wird die bevorstehende Neichstagssession reichlichen Stoff für Wahlreden geben und man wird eine große parlamentarische Ouvertüre des ganzen Kampfes erleben. Der neue Etat wird zwar wenig Anlaß zu solchen bieten, auch die Militärvorlage nicht, aber die Lust der Linken hierzu ist vorhanden; diese wird sich das billige Agitationsmittel der Neichstagstribüne nicht ent gehen lassen. Und doch kann sie wegen der Neichsfinanz- ikforin nicht mehr viel sagen, seit dem die Tatsachen so lauten Protest gegen die liberalen und sozialdemokratischen Phrasen und Uebertreibungen erheben. — Kaiserreden und schwarz-blauer Block werden daher die Umrahmung des neuen Agitationsbildes geben müssen. Die auswärtige ! Politik dürfte gut und kurz wegkommen. Denn hier hat sich der neueste Kurs des Schweigens, der Ehrlichkeit und der Tatkraft bereits bestens bewährt; das Ausland hat eben er lebt, daß mit dem Seiltänzer auch die Tanzkunst aus der Wilhelmstraße verschwunden ist. In der Kolonialpolitik werden noch einige Rückstände der Dernburg-Aera zu be seitigen sein; man darf aber damit rechnen, daß die neuen Männer im Reichskolonialamte selbst sich eifrig an der Arbeit beteiligen werden. Ein feierlicher Protest der Reichshauptstadt Oesterreichs. Wien, den 7. November 1910. Eine sehr gut besuchte Proiestversammlung gegen die Schmähungen, die der jüdische Bürgermeister von Nom, Nathan, dem Heiligen Vater zugefügt hat, fand am Sonn tag den 6. November in der Volkshalle des Wiener Rat Hauses statt. Tausende von katholischen Männern hatten sich singefunden, um Protest zu erheben gegen die wachsenden Uebergriffe von Judentum und Freimaurerei Unter den Versammelten gewahrte man hohe geistliche und weltliche Würdenträger, wie Kardinol-Fürstsrzbischof Freih. v. Skrbensky von Prag, Kardinal-Fürsterzbijchof Dr. Gruscha von Wien, Erzbischof-Koadjutor Dr. Nagl, Fürsterzbijchof Dr. Bauer, die Abgeordneten Dr Eben hoch, Heinr. Schmidt, Dr. Stumpf, Ritter v. Troll, Graf Piatti, Vizebürgermeistcr Dr. Porzer. Sehr zahlreich waren die Mitglieder der Wiener Studentenverbindungen vertreten Als erster Redner trat, von lebhaftem Beifall begrüßt, der Vizebürgermeister von Wien, Dr. Porzer, auf. Er führte etwa folgendes aus: Die Einnahme Roms durch die Italiener und die damit zusammenhängende Vernichtung der weltlichen Macht der Päpste bleibt ein Schandfleck der modernen Geschichte, nicht nur für jene, die sie veranlaßt, sondern auch für die, die sie geduldet haben. Indem Nathan das Oberhaupt der Kirche angriff, hat er nicht nur seine Pflicht als Politiker und gebildeter Mensch, sondern auch seine Pflicht als Bürgermeister von Rom verletzt. Er hat vergessen, daß Rom nicht durch die Glaubensgenossen des Selbstüberwindung. Man lese einmal den Sah: „Das Dogma von der Kirche gipfelt im Dogma vom Primat des römischen Bischofs, der, seitdem er 1870 durch das vatika nische Konzil gar noch mit der Prärogative der Unfehlbar keit gekrönt ward, die Funktionen des kirchlichen Gesamt- organismus so vollkommen absorbiert hat. daß man nicht mit Unrecht von der Hypertrophie des kirchlichen Hauptes sprechen . . . konnte" (S. 1) oder wenn Schnitzer von der katholischen Theologie redet als „einer mehr oder minder geschickten Apologetik, die durch dick und dünn alles vertei digt, verteidigen muß, was eine oberste, nicht wissenschaft lichen Gründen, sondern kirchlich-hierarchischen Erwägungen dienstbare Instanz verfügt, und daher ebenso ernsthaft das Gegenteil lehren würde, wenn es die Kirche verfügt hätte oder später etwa verfügen würde" (S. 8). Wer so redet, der verrät, daß er auch noch nicht eine Sekunde nachgedacht hat, obwohl er beruflich dazu ver pflichtet gewesen, in welchem Verhältnis eigentlich das Papsttum als Lehramt der Kirche zu der Wahrheit des Evangeliums steht; der hat noch nicht die Binsenwahrheit begriffen, daß der Papst nicht der Herr des Dogmas, son- dern dessen Diener ist! Wenn wir Kleines mit Großem ver gleichen dürfen, können wir sagen, nach Schnitzers Ansicht, ist das Reichsgericht als oberste Rechtsinstanz Herr des Rechtes! Ein anderer wird sagen, es sei dessen Diener, in sofern als es beim Auftauchen neuer Verhältnisse neue Ent scheidungen zu geben hat, aber nicht nach Willkür, sondern aus dem Geiste des vorhandenen Gesetzbuches heraus. Ge radeso ist das Papsttllm nicht der Herr deS Dogmas, sondern dessen Diener, sofern es über eine logisch richtige, dem Herrn Nathan und auch nicht durch die Freimaurer groß geworden ist, sondern durch die Päpste. Wir wollen, daß Einrichtungen geschaffen werden, durch welche die Souve ränität der Päpste aus einer bloß nominellen zu einer effektiven gestaltet wird, Einrichtungen, welche sich des Schutzes der Negierungen der zivilisierten Welt erfreuen. Lebhafter Beifall folgte dieser Rede. Darauf verlas Direktor Mauß folgende Protestresolution: „Viele Tausende katholische Männer der Reichs- Haupt- und Residenzstadt Wien erheben laut und feierlich den schärfsten Protest gegen die frechen, unerhörten Ver- höhnungen, die Dir, Heiliger Vater, und unserer heiligen Kirclje durch den Vertreter der Hauptstadt Italiens, den jüdischen Bürgermeister Nathan, zugsfügt worden sind. Wir betrachten diese Insulten, denen das Oberhaupt unserer heiligen Kirche leider schütz- und wehrlos preis gegeben war, als eine uns selbst zugefügte Schmach. In kindlicher und unbedingter Treue rufen wir Dir, Hei liger Vater, aus einem Herzen und aus einer Seele zu: Deine Klagen, o Vater, sind unsere Klagen, Deine Leiden unsere Leiden. Wenn auch verlassen von den Mächten dieser Welt, stehst Du doch nicht allein in dem großen Kampfe! Mit Dir streiten die Bischöfe und Priester, mit Dir streitet für Deine Rechte das ganze katholische Oesterreich. In kindlicher Anhänglichkeit und unver brüchlicher Treue rufen wir Dir begeistert zu: Christus allein folgen wir! Darum sind wir mit Deiner Heilig- keit, das heißt mit dem Nachfolger Petri und dem Schüler des Kreuzes, verbunden bis in den Tod." Nachdem die Resolution angenommen war, sprach Ab geordneter Änderte über den Ferrerrummel und bean tragte dann folgende Resolution, die einstimmig ange nommen wurde: „Wir katholischen Männer Wiens, versammelt auf der Protestversammlung am 6. November im Wiener Rat haus, danken bewegten Herzens unseren Brüdern im ganzen Reiche für die vielen herzlichen Ermunterungs- und Zustimmungskundgebungen, die in dieser Stunde der Abwehr uns übersandt wurden. Diesen Dank sprechen wir mit besonderer Freude unseren nichtdeutschen Brüdern in den anderssprachigen Kronländern aus, die in katholischer Treue heute an unsere Seite getreten sind. Möge doch die Größe der gemeinsamen Not uns. die Kinder desselben herrlichen, glorreichen Vaterlandes, endlich geeint sehen zur gemeinsamen Verteidigung unserer gemeinsamen heiligen Rechte. In dieser feier lichen Stunde rufen wir deshalb euch allen, die ihr mit uns die gleiche Herzenssprache redet, zu: Brüder, erhebt euch! Reichen wir uns die Hände! Fort mit den Miß verständnissen. zerreißen wir die Netze, die die schlauen Feinde über uns geworfen. Vereinigen wir uns zu dem bevorstehenden Kampfe mit dem Rufe: Für Gott, Kaiser und unser Recht! Im Sinne dieses unseres Appells wird Sonntag den 4. Dezember d. I. eine vorbereitende Be sprechung stattfinden, zu welcher wir hiermit die Ver treter aus ganz Oesterreich, insbesondere die Vertreter der katholischen Zeitungen und Organisationen, herzlichst einladen. Anmeldungen sind zu richten an das katholische Protestkomitee, Wien I, Seitenstettengasse 5." Darauf sprach Kardinal-Fllrsterzbischof Dr. Gruscha und bat die Versammelten, an der Verwirklichung deS Wahlsprnches .Austria erit in arda ultima mit zuarbeiten. Nachdem der Abgeordnete Repustil über die Vor gänge auf der Tierärztlichen Hochschule und Erzellenz Dr. Wahrheitsgehalt des Evangeliums entsprechnede Weiter entwicklung der apostolischen Lehren zu Wachen hat, aber nie und nimmer nach Willkür beliebige Lehren verkündet. Das muß man einem Universitätsprofessor erst noch sagen! Der Mann blamiert ja den ganzen Stand. Und wenn gar Schnitzer in höhnischem Tone von seinem Gegner sagt, „der arme Mann dürfe die Wahrheit nicht sagen, der Heilige Vater hat es verboten", dann muß er sich schon gefallen lassen, daß wir ihm sagen, wenn jeniand die Wahrheit nicht sagen darf und nicht kann, dann ist das der Apostat; denn im selben Augenblicke, wo er der Wahrheit die Ehre gäbe, würde er den Ast absägen, auf dem er selbst sitzt und würde seinen Abfall selbst Lügen strafen! Wie oberflächlich überhaupt Schnitzer zu Werke geht, ersieht man am besten aus der Art, wie er die Leugnung der Existenz Christi durch die Drews, Kalthoff und andere erklären will. Er macht dafür die orthodoxe Theologie haftbar, weil diese durch ihre Dogmatik Christus über die Sphäre des Gemeinmenschlichen hinausgehoben habe. „So mit arbeiten gerade die kirchlichsten Dogmatiker, Apolo geten und Exegeten den unkirchlichsten Christusleugnern am kräftigsten in die Hände." (S. 9.) Damit zeigt der Historiker Schnitzer — als Historiker nämlich fühlt sich der Mann besonders befähigt — daß er die ganze Frage gar nicht kennt. Wir müssen ihm daher den Rat geben, bei Drews selbst sich darüber Belehrung zu holen, daß sein (Drews) Ausgangspunkt gar nicht der Christus der Dog matik. der Orthodoxie ist, sondern das liberale Jesusbild der liberalen Theologie, also gerade das Jesusbild der jenigen, aus deren Schriften Schnitzer seine Weisheit ge-