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Dresdner Journal. Verantwortlicher Redakteur: I. G. Hartmann. .V 308 I8S1 Dieses Blatt erscheint mit Ausnahme Preis für das Vierteljahr Thaler. des Sonntags täglich Abends und ist 2^)11116^^11^, 29. d^VUdllö^» Insertion--Gebühren für den Raum durch alle Postanstalten zu beziehen. einer gespaltenen Zeile I Neugroschen. Nachabonnement auf das „Dresdner Journal" für den Monat Deeember. Zum 1. Deeember d. Z. sind die Stände des Königreichs Sachsen zu einem ordentlichen Landtage einberufen. — Das „Dresdner Journal" wird an den Sihungs tagen der Kammern über deren Verhandlungen, wie früher, stets in der Abends erscheinenden Nummer, und zwar möglichst ausführlich und auf die Landtagsacten gestützt, berichten. Wenn es die Wichtigkeit deS Gegenstandes erfordert, wird der Raum des Blattes durch Beilagen erweitert werden. Wir sehen unS deSbalb veranlaßt, hiermit für DreSden auf unser „Journal" ein besonderes Abonnement für den Monat December zu eröffnen. Der Preis für diesen Monat beträgt Rä Ngr., wofür das Blatt den Abonnenten Abends frei ins Haus gebracht wird. Bestellungen können nur in der Expedition angenommen werben. Pie Erpe-ition -es Dresdner Journals Tagesgeschichte. Wien, 26. November. (Oest. Rz.) Se. k. k. Hoheit Erzherzog Ferdinand Maximilian, Bruder Sr. Ma jestät des Kaisers, ist gestern über Triest nach Venedig ab gereist, um an Bord der Fregatte „Venus" mit dem k. k. österreichischen Uebungsgeschwader in das mittelländische Meer auszulaufen. — Se. Königl. Hoheit der Kurfürst Friedrich Wilhelm l. von Hessen-Kassel hat heute früh 8 Uhr mittelst Nordbahn die Rückreise über Prag in seine Staaten angetrcten. — Der zwischen Oesterreich und Sar dinien bestehende Vertrag wegen gegenseitiger Verhin derung deS Schmuggels ist nach neuen Bestimmungen ent worfen und wird darüber die weitere Verhandlung eröffnet. Man bringt mit diesem Gegenstände die Ankunft des Grafen v. Apponyi in Wien in Zusammenhang, da von beiden Re gierungen eine schleunige Beseitigung des bisherigen Pro visoriums angestrebt wird. — Die vom hohen Handels ministerium angeknüpften Verhandlungen in Betreff des Aeitungsporto's stellen als Resultat eine Aenderung des bisherigen Verfahrens der Markenfcankirung als wün- schenswerth dar. Man erwartet daher mit voller Zuversicht, daß vom nächsten Jahre an die Einhebung des Porto'S, welches jedenfalls unverändert bleibt, gegen Ablieferung-- und Gegen- - scheine erfolgen, das Verwenden derMarken aber beseitigt wird. Die „Oesterr. Eorresp." schreibt au« T8ie», 26. No vember: Die „Allgemeine Zeitung" bemerkte in einer ihrer letzten hier eingetroffenen Nummern, daß die Feuerprobe des WerlheS der an hiesiger Börse vor einiger Zeit ver fügten Refiriclivmaßregeln wesentlich darin bestehen werde, ob der infolge derselben eingetretene günstigere Stand der Valuten sich nachhaltig behaupten werde oder nicht. Einstweilen sind vierzehn volle Tage verstrichen und nichts ist vorgefallen, was den damals erzeugten Eindruck zu schwächen geeignet wäre. Ueberhaupt kommt es bei diesfälligen Be- urtheilungen nur darauf an, sich auf den richtigen Stand punkt zu stellen. Ist es nämlich feststehend und ausge macht , daß eine ungewissenhafte Agiotage den Stand des Agios auf eine unnatürliche Höhe hinaufzuschraubcn bemüht war, so ist natürlich, daß Anordnungen, welche eben nur dazu dienen, das Agio in einem angemessenen Stande zu erhalten, abgesehen von ihrer anerkannten Gemeinnützlich keit, keineswegs dem soliden Geschäflsverkchre die nörhige Freiheit und Beweglichkeit entziehen konnten. Das Haden die auswärtigen Börsen, welche auf den Wiener Platz so mächtig bestimmenden Einfluß üben, mit richtigem Takte erkannt. Sie haben einzelnen von hier ausgegangenen alar- mirenden Berichten keinen Glauben geschenkt, und die No tirungen, welche von dorther in den letzten Tagen einliefen, waren größtentheils befriedigender Art. Außerdem aber liegt es in der Natur der Sache, daß die Besitzer öster reichischer Staatsobligationcn, deren es so viele im Auslande giebt, bei allen bereits effectuirten und möglicherweise noch nöthig werdenden Maßregeln und Einleitungen direct in teressier sind. Selbe garantiren ihnen nämlich den reellen Werth dessen, was sie besitzen. Dieses Interesse ist groß, wichtig, vorzugsweise beachtenswerth, und wenn der Vor- theil einer gewissen Gattung von Börsespeculation damit nicht zusammengeht, so kann doch keinesfalls die Ent scheidung zweifelhaft sein, daß jenes Interesse Schutz und Förderung von Seite der Regierungsautoritäten zu fordern und zu finden berechtigt ist. — Auf der heutigen Börse herrschte so gute Stimmung, daß Devisen namhaft zurück gingen und Silber mit 122»^ notirt werden konnte. Die „Neue PreußischeZeitung" schreibt aus Berlin vom 27. November: „Mehrere, namentlich süddeutsche Blätter haben mit ostensibler Wichtigkeit hervorgehoben, daß der Bundesbcschluß vom 7. d. M. wegen Veröffentlichung der Bundestagsverhandlungen unter alleinigem Dissens des königl. preußischen Gesandten gefaßt sei. Wir können diese Angabe als wahr bestätigen, aber auch gleich zeitig unsere Billigung über den Standpunkt und die Auf fassung der königlichen Regierung aussprechen, welche eine regelmäßige unbedingte Veröffentlichung wegen des Inhalts der Verhandlungen (auch mit Rücksicht auf diplomatisches Herkommen) meistens für unzulässig, eine bedingte aber wegen der nothwendig aus einer Scheidung sich ergebenden Dürftigkeit und Mangelhaftigkeit für zwecklos, ja dem An sehen des Bundestages wenig förderlich erachtete. Obwohl die Bundesversammlung von der Ansicht ausging, daß nach dem Beschluß vom 7. April 1848 die Bekanntmachung ihrer Verhandlungen die Regel bilde, hat sie sich doch in dem Beschlüsse vom 7. d. M. nicht für eine vollständige Oeffentlichkeit entscheiden können, sie hat ihren Entschluß verclausulirt. Wenn demnach leihst bei dem angenommenen Grundprincip der Oeffentlichkeit nur die Verhandlungen einer jeden Sitzung, „insoweit deren alsbaldiger Bekannt machung nichts entgegensteht, ihrem wesentlichen Inhalte nach", und die Sitzungsprotokolle „unter vorgängiger Aus scheidung desjenigen, was schlechthin geheim zu halten ist", veröffentlicht werden, so vermögen derartige beschränkte Publikationen, welche der äußern Form nach als regel mäßig fortlaufende gelten, ein genügendes Uctheil über die Wirksamkeit dec Bundesversammlung nicht zu gewähren, wir fürchten vielmehr, daß dem gewünschten Zwecke, „die öffentliche Meinung aufzuklären und zu berichtigen," gerade entgegen durch die Unvoilständigkeil Mißtrauen hecvorgerufcn und die gestimmte Thätigkeil des Bundestages nur nach dem zur öffentlichen Kenntniß gelangten Theile derselben beurlheilt werde. Wir können den gefaßten Beschluß, eben weil er nicht konsequent innerhalb des aufgestellten Grund- principS bleibt, nur als eine Halbheit ansehen, und doch wäre es endlich Zeit, uns vom Halben zu entwöhnen — um „resolut zu leben". Wer verspricht, zu geben, und nur einen Theil des Versprochenen giebt, hat keinen Dank, sondern nur Tadel zu gewärtigen, und die Zeiten sind nun längst vorüber, in denen der Senat von Venedig es durch setzen konnte, daß man ihn, so weit seine Macht reichte, weder lobte noch tadelte." — (Wir bemerken zu dec vor stehenden Auslassung, daß nach der Ansicht anderer Regie rungen die Mittheilung des Wortlautes der Abstimmungen der einzelnen Bundesglieder gerade für das wichtigste Mo ¬ ment bei der Veröffentlichung erschienen ist und daß, in soweit es sich um Ausnahmen handelt, die durch die an gedeutete „Rücksicht auf daS diplomatische Herkommen" etwa geboten sein sollten, hierfür die Form der vertrau lichen Besprechungen, welche in der Geschäftsordnung aus drücklich vorgesehen ist, die geeigneten Mittel zu ihrer Ge heimhaltung an die Hand giebt. Allerdings mag die Mit theilung mancher motivirten Abstimmung etwas unbequem sein, aber gerade deswegen möchten wir dieselbe sehr will kommen heißen. D. Red. d. Dr. I.) Berlin, 27.November. Heute fand die Eröffnung der Kammern statt. Nach Beendigung des Gottesdienstes be gaben sich die Mitglieder beider Kammeru gegen 1l Uhr in den weißen Saal des königlichen Schlosses. Der Mi nisterpräsident Herr v. Manteuffel begrüßte die Versamm lung und verlas die Eröffnungsrede, in welcher es — nach dem die Abwesenheit des Königs aus den bekannten Grün den motivirt ist, — heißt: „Die früher von der Regierung Sr. Majestät erlassenen Verordnungen, die noch nicht Ihrer Prüfung unterbreitet waren, werden Ihnen sogleich wieder vorgelcgt werden. Die gewissenhafte Anwendung der durch die bestehenden Gesetze gebotenen Mittel und der in allen Schichten der Bevölke rung erstarkende Sinn für Ordnung und Gesetzlichkeit Kat die Regierung Sr. Majestät in der seit dem Schlüsse Ihrer letzten Sitzung verflossenen Zeit der Pflicht überhobcn, von der Befugniß zu solchen Verordnungen Gebrauch zu machen oder Ausnahmezustände eintreten zu lassen. Der,Staats- kaushaltsetat pro 1852^ der Ihrer verfassungsmäßigen Be- schlußnahme baldigst unterbreitet werden wird, weift für die Armee eine unumgänglich gebotene Mehrausgabe nach. In dem sich die Regierung Sr. Majestät weitere Erläuterungen hierüber vorbehält, gereicht cs ihr zur Genugthuung, schon jetzt erklären zu können, daß die wachsenden Einnahmen zu dieser Mehrausgabe hinreichende Mittel bieten, und daß die finanzielle Lage des Staats überhaupt eine befriedigende ist. Die großartige Ausstellung der Gewerbserzeugnisse aller Völker in London, zu welcher die Regierung Sr. Maiestät bereitwillig mitwirkte, hat von dem hohen Grade der Ent- wickeluug, welchen bei uns die Landwirthschaft, die Gewerbe und der Kunftflciß in verschiedenen Richtungen erreicht ha ben, von Neuem ein erfreuliches Aeugniß gegeben. Zwischen der Regierung Sr. Majestät und den Regie rungen der übrigen zum Zollverein gehörigen Staaten sind Abänderungen des gemeinschaftlichen Zolltarifs vereinbart worden, welche hauptsächlich die Zollbefreiung ausländischer Fabrikmaterialien und die Erleichterung des Durchfuhrhan dels zum Zweck haben. Zu gleicher Zeit ist milden Regierungen von Baiern, Baden, Großherzogthum Hessen und Nassau eine Übereinkunft wegen gegenseitiger Ermäßigung der Rhein zölle abgeschlossen. In der sicheren Erwartung Ihrer nach träglichen Zustimmung hat die Regierung Sr. Majestät beide Vereinbarungen zur Ausführung gebracht. , Wie diese Maß regeln, so wird auch der Vertrag, welchen die Regierung Sr. Majestät mit dem Königreich Sardinien geschlossen hat, einen wohlthätigen Einfluß üben, während der am 7. Sep- Die Quartettakademien, welche Herr Conrertmeister Lipinski, Herr Kammermusikus Kummer re. ««gekündigt haben, sind durch die früher gewährten Genüsse als schön vollendete Kunstproduciionen der Erinnerung der Musikfreunde zu wohl gegenwärtig, um noch speriell darauf Hinweisen zu müssen. Ist Dresden aber in einem bevorzugten Besitz so meisterhafter Quartenleistungen, so wird dadurch auch eine hochschätzende Anerkennung zu einer angenehme» Ver pflichtung, die sich am besten durch die vielseitige Theilnahme eines empfänglichen Publikums bewähren kann, um die jährlichen Aus führungen dieser den edelsten Schöpfungen der Kunst gewidmeten Produktionen möglich zu machen. Hieran zu erinnern scheint nicht überflüssig, denn eS würde keinen erfreulichen Beweis von dem in Dresden herrschenden musikalischen Geschmacke abgeben, wenn gerade hier ein jährlicher CycluS solcher Quartettakademien sich nicht möglich erwiese, während Leipzig, Berlin, Wien sich deren sehr wohl zu erhalten wissen. Seitdem die Nomadenzüge deS fahrenden VirtuosenthnmS, welche in der Koketterie mit ihrer eigenen kleinen Persönlichkeit die Spitze ihrer Kunstleistungen fanden und durch den Einfluß der Zeitereignisse und die Er müdung deS Modegeschmacks glücklich verschwunden sind, ist eS eine Aufgabe der gebildeten Musikfreunde, die der Vertretung wahrer Kunst zngewandien Bestrebungen um so mehr zu unter stützen und zu beweisen, daß die vrkenntniß schöner und klassischer Musik unter dem Unkraute und durch die Blasirtheit jenes vaga- bondtrendrn ModegeschmackS nicht Schaden gelitten ha». C. Banck. Feuilleton. Der sociale Philister von W. H. Riehl. (Schluß.) ES ist eine der bemerkenSwrrlhesten Erscheinungen deS socialen Philisterthums, daß viele HandwerkSleute sich ihres Be rufes «IS Arbeiter schämen, daß sie Fabrikanten, Kaufleute u. dgl. sein wollen, daß sie die Würde ihres Berufes nicht mehr messen nach dem Talente und der Arbeitskraft, sondern nach der Größe deS im Geschäfte steckenden Kapitals. Darin bekundet sich der Abfall des BürgerthumS von sich selbst. Ihr schimpft den Schneider, wenn ihr ihn einen Schneider nennt. Der sociale Philister in ihm fühlt sich dadurch gekränkt. Er ist ein Kleider macher, ein Kleidersabrikant. Er weiß gar nicht mehr, daß daS Wort „Schneider" schon seiner Abstammung nach etwas weit Höheres bezeichnet, als einen Kleidermacher. Der „Schneider" ist der Mann von Genie, der Meister, der den Plan zum Rocke entwirft und mit der Scheere zurecht „schneidet"; die Gesellen und Lehrjiingen dagegen, die daS Vorgeschnitiene zusammennähen, sie sind die eigentlichen „Kleidermachrr". Aber in aufsteigender Linie schimpft ihr den großstädtischen Schneider selbst dann noch, wenn ihr ibn einen „Kleidermacher" nennt: er ist Kaufmann, er hält rin „Magazin von Kleidern". So ganz und gar ist hier der alte Stolz auf die Kunstfertigkeit, als den höchsten Ruhm deS BürgerthumS, verloren gegangen, und der Philister schätzt nur noch das Capital im Leschäfte, nicht den Beruf als solchen! Als ob nicht ein ganz anderer Mann dazu gehörte, einen Rock eigenhändig zu machen, als gefertigte Röcke zum Verkaufe auszubieten, was doch der letzie Tröveljude gemeiniglich am aller besten versteht! Spottnamen für die einzelnen Gewerbe gab eS wohl, so lange eS Gewerbe giebt, unv Meister Geiöbock und Pech draht sind viel älter als der sociale Philister. Aber daß der echte ehrenhafte Name eines Gewerbes als solcher, wie jetzt zum Bei spiel Schneider und Schuster, schier als ein Spottname gilt, dies ist eins der bedenklichsten Svmptoine bei der Seuche des socialen Philisterthums. Aber »och mehr. Der Philister bleibt »icht blos dabei stehen, den Namen deS Berufes zu fälschen, auch in jeglichen Geschäfts betrieb selber dringt.er fälschend und verderbend ein. Ich will ein Erempel für Hunderte hervorheben, den Bürger Kaufmann und den Philister Krämer. Es ist noch gar nicht lange her, daß der höher Gebildete, wenn er vom „mercantilischen Geiste" sprach, an einen Geist der Barbarei dachte, der Talent und Bildung nach Thaler» und Groschen abschätzt, und dessen ganze Genialität darin besteht, Waare in Cenlnern einzukaufen, um sie nach Pfunden wieder auSzuwägen. Welch ein Conirast gegen die bürgerlichen Ehren deS Kaufmannsberufes in früher« Jahrhunderten! Es ist aber der Philister gewesen, welcher mittlerweile in den deutschen Kaufmann gefahren war und ihn in der Thal großeniheilS zn einem solchen Krämer gemacht, der nichts weiter nöthig hatte als etwas gesunden Menschenverstand, die vier Species und ein Betriebskapital. Wer viele Tausende im Handel jährlich umsetzt, den nennt man gewöhnlich einen Kaufmann, und wer eS nur mit wenigen Hunderten kann, einen Krämer. Da» ist eine geistlose Unterscheidung. ES giebt Krämer, die einen umfassenden Groß handel treiben, und Kaufleute, die nur einen kleinen Kram br-