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Nummer 1«8 — 2«. yayrgang Srscheinl «mal wöchentlich mit den illustrierten Gratiöbeilagen .Die Weit" »nd „Für unsere kleine» Leute", sowie den Te-t- beiiagen .Unterhaltung und Wissen", »Kirche und Welt", „Die Weit der Kran", »Aerzllicher Ratgeber", »Literarische Beilage", .Filmrnndschau". Monatlicher Bezugspreis 3.- Mk. cinschl. Bestellgeld. Einzelnummer IN .s, Sonntagnummer SO Z. Hauptschristleiter! De. G. Tesczhk, Dresden, ÄüchUche Sonnaven-, den 27. August 1827 «ngeigenpeets», Di« lg,spalten» Petilzett» 80 «.gamiiien- anzeigen und Stellengesuch« SO sj. Die Petitrellaniezeil«, 89 Millimeter breit, 1 Osferlcngebilhr Sy z, des Uebe« sendung durch die Post außerdem Portozuschlag. Im Fall« höherer Gewalt erlischt jede Verpflichtung aus Lieferung solvs« Erfüllung v, Anzeigen-Nuflkligen u. Leistung v, EschadenerroE. Geschäftlicher Teil: Artur Lenz, Dresden. GeschitftSftell», Drucku.Verlag - Germania. «i.-G. für Verlag und Dnukerei, Filiale Dresden. DreSden-kl. t, Potterliraße ll. Fernruf2l012. Postscheckkonto Dresden r7oz. Bankkonto: Stadtbank Dresden Rr. Si7i» Für christliche Politik und Kultur Aedaktton der Sächsischen VolkSzeitung DreSden-Altstadt 1. Policrstraße 17. Femrut ATklt und ,wi2. Ausschaltung der ntchkpolitischen Parteien Von Oberregierungsra» Dr. A. KlScker» Berlin Wenn dt« Wohlfahrt d«r gesamten Volksgemeinschaft, das höchst» Ziel aller Politik, nur erreicht werden kann durch wahre Volksparteien in stetem, ruhigem Ausgleich der Gegensätze, so ist es A u f ga b e d e s W a h l« rechts, aus dem allgemeinen politischen Parlament eines Volkes alle unpolitischen Elemente fernzu halten. Denn dem Wahlrecht obliegt es, ein arbeitsfähiges und ausgleichbereites Parlament zu verbürgen. Man wird deshalb gründlich mit dem alten Brauche brechen müssen, der im Wahlgesetz das Wort Partei geflissentlich unter drückte, aus der seltsamen Erwägung heraus, daß der Be griff des Volksvertreters dem Begriff der Partei wider streite. Auch unter dem alten Reichstagswahlrecht gab es trotz dieser Versteckspielerei Parteien und Fraktionen, und »s ist belustigend, in früher« Wahlrechtsverhandlungen immer wieder die erwähnte begriffliche Auffassung zu finden. Man sieht, daß auch ernste Menschen nicht frei sind von Selbsttäuschung, die gar keinen Sinn hatte. Die Ein führung der Verhältniswahl erst hat mit die em Trugbild aufgeräumt, weil sie ohne Parteien, ohne dieBeton u n g derPartcien gar nicht denkbar ist mit ihrer Stimmen- summierung durch das Reich. Das ist ein erheblicher Fort schritt. Nun müssen wir noch einen Schritt weiter gehen, als wie es die Väter der Verhältniswahl taten. Indem sie den Begriff der Partei voraussetzten, verwässerten sie ihn gleichzeitig, weil sie lediglich das Sammeln von Stimmen unter irgendeiner Flagge, also auch unter Aus nutzung von Verstimmung und Verschrobenheit, bereits als Parteibildung ansahen und diese in Wahrheit parteizer splitternde Sammeltätigkeit der zusammenhängenden, ziel strebigen Politik wirklicher Parteien mit Geschichte und Programm und Führung und Volk gleichstellten. Ist das z. V. eine politische Partei: der Häutzerbund, die im ganzen deutschen Land nicht einmal 10 000 Stimmen zusammen trommelte, der Landbund, dessen Stimmen nach der Wahl denen der Deutschnationalen zugeschlagen wurden, die christlich-soziale Volksgemeinschaft, die ebenso schnell ver schwand wie sie auftauchte, die extremen Gruppen rechts und links, deren Wahl- und Wühlarbeit nur darin bestand, den wirklich dis Verantwortung tragenden Parteien im Wahlkampfe Schwierigkeiten zu machen, und deren Par lamentstätigkeit neben dieser sortgesührten Beschäftigung in der Hauptsache darin zu bestehen scheint, sich zu spalten und sich dann auf kurze Sicht wieder zu vertragen, stets sich wandelnd wie ein Engerling? Worin besteht z. B. die volksvertretende Arbeit eines Ludendorff, dem das Volk den übereilten Waffenstillstand verdankt, der im Münchener Löwenbräu-Karneval eine Nolle spielte? Und die unabhängige Sozialdemokratie eines Ledebur — ist das poch Parteitätigkeit, Parteiidee? So könnte man fort fahren mit der Aufzählung nichtpolitischer Parteigebilde durch eine ganze Spalts. Wir rühmen uns, im freiesten Volksstaate zu leben. Kann dieser darum die Polizei entbehren? Das Wahlrecht aber ist die Polizei, die allen Parteiunfug Nieder halten mutz. Ja, aber das wäre doch keine freie Wahl mehr, wenn inan der VarteibildurH Fesseln anlegen wollte. Ge mach, ist der Reichstag ein Skatklub oder eine Radaubude ü>er ein Variete lcher ein Panoptikum? Dem Zwecke das rechte Mittel, will man den Zweck nicht gefährden? Wer eine neue Partei gründen will mit umfassendem Programm, «ine politische Partei gut, dem darf das Wahlrecht den PZeg nicht sperren; allein er mutz ein Politiker sein, ein piahrhast politisches Programm haben, nicht aber die Absicht, stuf krummen Wegen durch Wählertäuschung einer ein zigen oolitischen Frage wegen, und sei sie noch sv bedeutsam, ein Mandat zu erschleichen. Man hat bereits eingesehen, wohin es führt, wenn folcher Willkür Tür und Tor geöffnet wird, und hat des halb bei der letzten Wahlrechtsberatung die Bestimmung «ingefügt, datz eine Partei nur so viele Mandate auf der Reichsliste erhalten dürfe, als ihr auf den Wahlkreisvor- schlagslisten zugefallen seien. Wir wissen, datz diese halbe Maßnahme den Wahl kampf nicht um einen Grad großzügiger gestaltet hat. Datz die Zahl der konkurrierenden Parteien von Wahl zu Wahl angewachsen ist- Wir wissen auch, datz dieser Jammer weitergeht, wenn man ihn nicht ernsthaft und mit wirk samen Mitteln zu bannen sich entschließt. Statt dessen aber versucht man, durch völlig unzulängliche Mittel, z. B. durch Hinterlegen e(ner Geldsumme, das Auftauchen und Lurchdringen unpolitischer Bewerber zu beschwören. Als ob der Geldbeutel entscheidend wäre für den Charakter einer Partei als einer politischen oder unpolitischen. Das volttische Programm, die Sorge, um das aesamte Volk ent« Di« heutia« Nummer enthält dt« Beilage „Die Welt »er Frau- »»^»1 Deuksch-franzöjifcher Gegensatz auf -er Tagung -er interparlamentarischen Union Senator -e Jouvenel gegen Reichslagspräfi-enk Löbe Paris, 26. August. Die Tagung der interparlamentarischen Union ist gestern tm Palais Luxemburg eröffnet worden. Dabei kam es gleich In der Nachmittagssitzung zie einem Zwischenfall. Auf eine Rede des Relchstagsprüsidenten Löbe, der die baldige Räumung des Rheinlandes als ein wertvolles Werk« der Men-, schenversiHmmg bezeichnet«, antwortete der französische Senator de Jouvenel in einer sehr heftigen Rede, in der er di« Be setzung der Rheinlande als die einzig« Garantie für die Ausrecht, erhaltung des Friedens in Osteuropa bezeichnet,:. Bei Beginn der Tagung wui»e der französische Seuats- präsident Doumer zum Vorsitzenden- gewählt, Der sranzö- fische Ministerpräsident Poincarä begrüßte die Delegierten mit einer Rede, in der er es als die Lehre eines Krieges bczeich- »ete, daß man »och stärker jedes Werk unterstützen müsse, das der Annäherung diene. Nicht etwa weil die einzelnen Vater länder ihre Kraft verloren hätten. Keiner von uns, so erklärte Poincarö-, wes Landes Bürger er auch sein möge, würde darin eimvilligen. nur Weltbürger zu sei». Aufgabe der interparla mentarischen Union muß es sein, die Dinge aus d.m Wege zu räumen, die die Nationen entzweien. Frankreich, das den Frie den liebe, bringe der Konferenz die größte Sninvatbie ent gegen. Der deutsche Reichstagspräsident Löbe ergriff daun das Wort und wies auf die Umstellung der Reporationssrage aus der Atmosphäre der Sanktionen una Gewaltmaßnahmeu auf die der friedlichen, wirtschaftlichen und schiedsgerichtlichen Verstän digung hin. Die Welt habe diese Wendung als einen ver heißungsvollen Anfang begrüßt. Heute müsse man freilich einen Stillstand dieser Entwicklung beklagen. Die Gründe für diesen Stillstand seien das Wühlen in alten Wunden, die Heimlichkeit der Diplomatie und die militärische» Vorbereitungen. Mit Be friedigung habe er feststellen können, daß Poincarö dem Frie denswillen Frankreichs Ausdruck verliehen habe. Aber es fehle immer noch In der Welt der Uebergang von der Rede zur Tat. Wenn beispielsweise Frankreich am i. Januar 1928 seine Trup pen vom deutschen Boden zuriickziehen würde, so würde damit ein wertvolles Werk der Menschenversöhnung vollbracht. An dererseits wäre es eine Tat, wenn Deutschland Frankreich er klären würde, daß jede Vermehrung der deutschen Armee auf reguläre oder irreguläreweise nicht mehr geschehen würde. In der Nachmittagssitzung erklärt« der französische Sena- tor Hubert, daß die deutsch-französische Verständigung wohl ein Eckpfeiler des Weltfriedens sei, daß es aber nicht so leicht sei, von einem Tag aus den anderen dt« Folgen der Jahrhundert langen Kämpfe zu verwischen. — Schärfere Töne schlug dep Senator de Jouvenel an, der sich gegen die Ausrottung de« Frage der Schuld Frankreichs am Weltkriege wandt«. Reichs tagspräsident Löbe hätte nür mit einem gewissen Zögern vom Frieden gesprochen. Daß sei die Folge davon, das in Locarno keine Anerkennung für die Grenzen Osteuropas geschaffen worden sei. Ein Unruhefaktor in der europäischen Politik sei auch der gleichzeitig mit Deutschlands Völkerbundseintrilt zu-, staude gekommene deutsch-russische Vertrag geworden. Di- Be setzung der Rheinlands sei heute die einzige Garantie siir diel Ausrechterhaltung des Friedens ln Osteuropa. Was iviirde von der deutsch-fran,Misä-en Freundschaft übrig bleiben, wenn die Franzosen das Rheinland räumten, und dann im Lause von zwei oder drei Jahren die Dameszahlungen nicht inn-gehalten würden und die Franzosen ihren neuen deutschen Freund im' Kampf mit ihren früheren Verbündeten erblicken müßten?' Auch er sei für die Räumung des Rheinlandes, aber nur unters der Voraussetzung, daß vorher ein Ost-Locarno geschaffen würde. In der heutigen Sitzung soll ei» Mitolted der deutlcken Delegation de Jouvenel antworien. Dieser sck)arfe Zusammenstoß auf der Tagung der tnter, parlamentarischen Union ist ein neuer Beweis dafür, welch starke Spannungen gegenwärtig die europäische Politik auf? weist. Schon der Konflikt auf dem Minderhettenkongreß war auf die gleichen Spannungen zurückzuführen. Der Ginn dev Rede, die der französische Senator de Jouvenel gehalten hat, ist letzten Endes der, daß Deutschlands Stellung zwischen Ost und West eine Bedrohung Polens bedeute und daß zum Schutzs, Polens die Rheinlandbesahung notwendig sei. Diese Rede ist ein neuer Versuch, die Rheinlandfrage mit den Fragen der Ostpolitik zu verknüpfen. Die deutsche Regierung hat der. artige Versuche stets als in keiner Weise sachlich gerechtfertigt zuriickgewiesen: die englische Regierung nimmt in dieser Hin,, sicht die gleiche .Haltung ein. Besonders interessant wird dey Zwischenfall dadurch, daß man in Paris wissen will. PoinearS wünsch« in seinem Kabinett Briand durch de Jouvenel zu er, setzen. Die Aussichten, die diese Zwischenfälle für die Sep. rember-Tagung des Mlkeäbundrates in Genf eröffnen lind jedenfalls recht trübe scheidet über den Begriff der Partei, nicht die Streitsucht, nicht Bcsserwissen und persönliche Mandatsgier. Es gäbe gar kein Mittel, möchte man einwenden, durch das zu erkennen sei, ob es sich im Einzelfalle um eine poli tische Partei handle oder um ein Gebilde unpolitischer Wesenhaftigkeit; das Programm allein sei nicht maß gebend. Es könnte jemand mit umfassendstem Programm auftreten und doch der ausgesprochene Inter« essenvertreter sein wollen. Das istrichtig. Allein zum Programm und seinem Propheten gehört auch die Anhängerschaft. Diese ist beweiskräftig. Wenn ein Parteiprogramm einen nicht geringen relativen Anteil der Insassen eines geschlossenen Wahlkreises an sich gezogen hat, z. B. 15 bis 20 Prozent der im Wahlkreise gültigen Stim men, so ist damit ausgedrückt, datz die Träger dieser Stimmen nicht einseitige Sonderwünsche erstreben, sondern mit ihrem Vertreter sich in den Ec samtkreis der Politik einschalten wollen. .Sind aber diese 15 bis 20 Prozent nicht erreicht, so mutz es sich um Gruppierungen handeln, die auf das Idiom der Dolkspartei verzichten, es ablehnen. Denn selbst wenn alle politischen Parteien mit ihrer Wählerschaft ziemlich gleichmäßig über das ganze Reich verteilt wären, würden es bereits sechs bis sieben politische Parteien sein. Weil aber die Dichte der einzelnen Partei sehr ungleich geartet ist, kommen tatsächlich noch mehr politische Parteien heraus. (Man denke an die bayerischen Parteien, Deutsch-Hannoveraner usw.) Wenn nun durch das Wahlgesetz vorgeschrieben wird, datz ein Be werber nur dann als gewählt erklärt werden kann, wenn er in einem Etnzelwahlkreis mindestens 15Prozent aller abgegebenen gültigen Stimmen auf sich vereinigt hat (das wären bei 125 000 Einwohnern bezw. 61500 gültigen Stimmen reichlich 9000 Stimmen), so würde mit einem Schlage allen einseitigen Bewerbern und allem persönlichen Ehrgeiz und aller Propaganda, die nur von leeren Versprechungen und reiner Negation lebt, die Unterlage entzogen sein. Dieser Vorschlag hätte allerdings nichts gemein mit der zwecklosen Anwendung der heutigen Palliattvmittelchen, sondern wäre eine methodisch-organische Sicherung der rein politischen Zusammensetzung und der erforderlichen Arbeitsfähigkeit des höchsten Parlamentes her Nation. Ein Bewerber, für den unter 188 000 lktn« wohnern weniolten» 9000 S^mm«» abasaeben worden. Lat immerhin eine geschlossene Wählerschaft hinter sich, die nicht nur einem Stande, einem Berufe angehört. Sie wird also ein eignes positives Programm haben müssen und in der Lage sein, ihren Auserwählten auf dieses zu verpflichten, ihn stets zu kontrollieren, von ihm Aufklärung und Rechen schaft zu heischen. Der Wahlkampf wird gereinigt von Ein seitigkeiten, die stets ablenkend, zersplitternd und ver- slachend wirken. Die vorgeschlagene zielstrebige Maßnahme bedarf aller dings noch einer Erweiterung. Auch die politischen Par teien sind in ihren Wahlkreisen so schwach vertreten, daß ihre Bewerber durchaus nicht immer 9000 Stimmen auf sich vereinigen werden. Ihnen soll die bereits in einem früher» Artikel besprochene Verbindung der Wahlkreise die man datsbildende Verwertung aller auf ihre Bewerber ent. fallenden Stimmen verbürgen. Auch die Diasporawähler einer wirklich politischen Partei haben das gleiche Recht hinsichtlich der Bewerberbenennung und der Stimmen- verwertung wie dis massiert wohnenden Parteifreunde; ihnen mutz also In vollem Maße das Recht der direkten Wahl gewahrt werden. Anderseits soll man nicht durch wirkungslosen Fanatismus wie Hinterlegen einer Geld summe den Zersplitterung-;- und Verneinungsbcstrebungen in den Weg treten. Das sieht nach Ausnahmebehandlung aus, die ungerecht wäre. Wenn man lediglich Sammeln von Stimmen schon als die Gründung einer Partei be zeichnet, muß man dieser gleiches Recht mit allen andern Parteien gewähren, auch z. B. der Partei der Jmpsgegner. Leshalb soll das Wahlgesetz an sich jeden Bewerbervorschlag dulden. Wenn dann ein Bewerber nicht die erforderlichen 15 Prozent der Wahlkreisstimmen erhalten hat. so ist er nicht gewählt, die Stimmen fließen ins Leere. Sie werden nicht weitergeleitet auf Zentral- oder verbundene Listen. Weil aber, wie im nächsten Artikel gefordert wird, der Reichstag aus bestimmten Gründen stets eine unver änderliche Mandatszahl haben soll, so wirkt die Maßnahme praktisch so, daß die Gesamtheit der mandatslos bleibenden Stimmen wieder den politischen Parteien zu- fließt nach Maßgabe ihres Wahlerfolges, also unter Wah rung der Verhältniswahl. Die von mir voraeschlaaene Re gelung der Niederhaltung der nichtpolitischen Parteien Wirkt also tm höHsten Matze erzieherisch. Unter ihrem Ein« Nüsse sirch all« üiwsllttfche« Z«rsvlltterunosvevkuck« und