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Wchmtz-Mung Anzeiger für Dippoldiswalde nnd Umgegend Amtsblatt für die Königliche Htmisyauptmannschast, das Königliche Amtsgerichi und den Stadtrath zu Dippoldiswalde. 68. Jahrgang Dienstag, den 9. September 1902 Nr. 103. Lotales und Sächsisches. Dippoldiswalde. In den Kreisen des die umliegen den Wälder besuchenden Publikums scheinen vielfach Zweifel darüber zu bestehen, ob solche Wege, die die Bezeichnung „Nichtöffentlicher Weg" tragen, von Jedermann be treten werden dürfen. Es liegt nicht im Sinne der Forst- verwaltung, durch diese Bezeichnung die Wege für Spazier gänger zu verbieten. Wo sich letzteres aus besonderen Gründen nöthig macht, findet sich die Aufschrift „Verbotener Weg". Die Bezeichnung als nichtöffentlicher Weg hat lediglich den Zweck, den Unterschied gegenüber öffentlichen Wegen zu betonen, über welche der Verwaltungsbehörde <Amtshauptmannschaft) ein Oberaussichtsrccht zusteht, und für die der Forstverwaltung eine besondere Unterhaltungs- pslicht obliegt, dergestalt, daß sie bei etwaigen durch mangel haften Zustand solcher Wege oder der dort zu unterhalten den Schutzvorrichtungen veranlatzten Unfällen fiir den ent standenen Schaden zu haften hat. — Ueber die Höhe des Finderlohnes herrschen noch Wird der neue Zolltarifentwurf Gesetz? In brennenden, parlamentarischen Fragen, in denen wie in einer schier endlos erscheinenden Entscheidungs schlacht auf beiden Seiten unermüdlich weiter gekämpft wird, ist es an sich schwer, den Ausgang der parlamen tarischen Schlacht vorherzusagen. Glücklicher Weise braucht inan aber nicht gerade die Prophetengabe zu besitzen, um aus Thatsachen bestimmte Folgerungen ziehen zu können, und gewisse Thatsachen u d Erfahrungen sprechen ent schieden dafür, daß der neue Zolltarifentwurf höchst wahr scheinlich Gesetz werden wird. Die schutzzöllnerische Rich tung in der deutschen Handelspolitik ist nämlich ganz un bestreitbar auch bei den Wählern zum Reichstage im Wachsen begriffen. Sozialdemokratische und ertrem freihändlerische Zeitunaen werden nun gegenüber dieser Behauptung allerdings ein künstliches Hohngelächter an- stimmen und mit lautem Geschrei rufen: Die Probe machen! das heißt den Reichstag neu wählen zu lassen. Nun, man kann sagen, daß die Probe aus die Hollpolitische Stimmung der Wähler bereits vielfach gem«ht worden ist, und bah sich dabei die „Brodwucherparole" der Sozialisten und Freihändler schlecht bewährt hat. In 17 Reichstagswahlkreisen haben seit ungefähr Jahresfrist, also ganz unter dem Eindrücke der zollpolitischen Kämpfe Ersatzwahlen stattgefunden, und was haben nach dem Stimmenverhältnis diese Ersatzwahlen ergeben? Die Gegner der Zollerhöhungen haben bei den Ersatzwahlen gar keinen Stimmenzuwachs, der einen Umschwung in der Volksstimmung anzeigt, verlangt, sondern die Zolltarif gegner sind im Verhältnis zu den insgesamnit abgegebenen Stimmen und im Verhältnis zu hundert verglichen eher etwas zurückgegangen, die hochschutzzölmerische Richtung ist dagegen, zumal auf dem Lande, wesentlich stärker ge worden und zwar hauptsächlich auf Kosten der gemäßigten schutzzöllnerischen Richtung, die um 2 Prozent an der Stimmenanzahl in den Ersatzwahlen verloren hat. Nach dem Ergebniß der Ersatzwahlen, und dieser Umstand dürfte künftig auch entscheidend werden, haben aber die Anhänger der gemäßigten Richtung in der Zolltariffrage entschieden die Mehrheit, denn zu den Anhängern dieser gemäßigten Zollpolitik mutz man nicht nur die Nationalliberalen und eine Anzahl Konservative rechnen, sondern zu ihnen zählen auch die Vertreter des Zentrums. Wenigstens hat man bis jetzt noch nicht gehört, daß die Zentrumspartei die Hochschutzzölle begünstige. Nun könnte noch gesagt werden: Diese rein zufälligen Ersatzwahlen in 17 Wahl kreisen beweisen nichts! — Nun, die Volksstimmung in den Kreisen geht doch aus ihnen hervor, und wenn man bedenkt, daß diese Ersatzwahlen gewissermaßen in allen Theilen des deutschen Reiches stattgefunden haben, näm- lich fünf in den östlichen preußischen Provinzen, drei in Nord- und Nordwestdeutschland, sechs in Westdeutschland, zwei in Süddeutschland und eine in Mitteldeutschland, so darf man diesen Erfahrungen schon eine typische Bedeutung Leimessen. Praktisch genommen, sind ja auch fast alle Äonsumenten in Deutschland auch Produzenten, denn auch die Millionen Arbeiter in den Industrien, in den Hütten und Bergwerken und in der Landwirthschaft sind Produ- .zenten, die durch Zölle bessere Löhne erhalten können. die Entscheidung des Ministeriums, ob eine gesetzliche Regelung der Schularztfrage beabsichtigt werde, abzu warten. Nachdem letzteres sich dahin geäußert, daß eine gesetzliche Regelung nicht in Aussicht genommen sei, hat auf Vorschlag des Schulausschusses der Stadtrath zu Waldheim die Anstellung eines Schularztes gegen ein jährliches Honorar von l 50 Mark beschlossen. Das Stadtverordnetenkollegium erklärte in seiner Sitzung vom 2. d. M. sein Einverständniß hierzu. In derselben Sitzung wurde dem Rathsbeschlusse zugestimmt, einen Nachtrag zum WaldHeimer Straßen- regulative zu erlassen, wonach das Wegwerfen von Papier auf den städtischen Straßen und Plätzen Waldheims mit Geldstrafe bis zu 60 Mark geahndet werden soll. Zur Wegbringung der Papierstücke sollen an den verkehrreichsten Stellen Waldheims 3 Papierkörbe aufgestellt werden. — In Machern bei Leipzig brach am Mittwoch Abend gegen 6 Uhr in einem Wirthschaftsgebäude des Rittergutes ein Brand aus, welcher sich rasch auf den Pferdestall und die 4 angrenzenden, mit Getreide gefüllten Scheunen verbreitete, diese Gebäude völlig einäschernd. Den Anstrengungen der Feuerwehren, die durch ein Kom mando des Wurzener Infanterieregiments Nr. 170 unter stützt wurden, gelang es, die in der Nähe befindlichen ge fährdeten Gebäude zu erhalten. — Das Schöffengericht Werdau hatte fünf Fleischer von der Anklage des Vergehens gegen das Nahrungs mittelgesetz freigesprochen, das Landgericht Zwickau er kannte jedoch infolge Berufung des Amtsanwaltes auf je 20 Mark Strafe. Die Fleischer hatten dem Hackfleisch schwefelsaures Natron zur Konseroirung beigesetzt. — In letzter Zeit war eine Schutzmannsstelle in Elsterberg ausgeschrieben worden, welche mit 800 M. dotirt war. Jetzt haben sich 95 Bewerber (!) um diese Stelle gefunden. — Unliebsame Erfahrungen mit Bienen machte auf dem Jahrmärkte zu Großenhain die Inhaberin einer Zuckerwaarcnbude. Ihr Stand wurde plötzlich von einem Bienenschwarm belagert, so daß die Frau wohl oder übel auf längere Zeit ihr Geschäft einstellen und das Feld räumen mußte. Als sich die Bienen vollgesogen und die gelben Höschen prall saßen, flogen die Näscher davon. Mockritz. Ein sehr wcrthvolles Geschenk machten Erblehngutsbesitzer Brendel in Kaitz und Gutsbesitzer Schuhmann in Mockritz den Gemeinden Mockritz und Kaitz, indem sie ihnen einen großen Bauplatz zur Errichtung einer Kirche überwiesen. Das Land liegt in erhöhter Lage in der Mitte beider Ortschaften. Pirna. Infolge vielfacher Klagen sieht sich der hiesige Nath veranlaßt, das ausdrückliche Verbot zu er lassen, bei dem Abladen von Kohlen vor Häusern die Kohlen auf die Fußwege zu schütten, dieselben sind viel mehr stets frei und für das Publikum gangbar zu er halten. Zuwiderhandelnden wird Strafe angedroht. Meißen. Von einem eigenartigen Vorkommniß weiß ein hiesiger Einwohner zu erzählen. Derselbe mußte wiederholt wahrnehmen, daß die vom Mittagstisch übrig gebliebenen Salzkartoffeln am Abend eine rothe Färbung angenommen hatten. An der Qualität der Kartoffeln konnte es nicht liegen, da sich eines Tages auch der nicht genossene Kalbsbraten roth gefärbt hatte. Sämmtliche vorerwähnten Nahrungsmittel waren in der Küche auf bewahrt und konnten mit schädlichen Substanzen nicht in Berührung gekommen sein, da im vorerwähnten Raume die größte Sauberkeit herrschte. Als weitere Erscheinung trat die Krankheit ^er Gattin des Einwohners zutage, die noch vor einiger Zeit kerngesund war und jetzt über Schwindel und Uebelkeit klagte. Die Ursache der vor erwähnten Vorkommnisse konnte trotz eifriger Nachforschung nicht ermittelt werden, bis man endlich dahinter kam, daß beim Malen der Küche Anilinfarbe Verwendung gefunden hat. Durch den Brodel in der Küche hat sich die Farbe aufgelöst und die vorerwähnten schädlichen Erscheinungen hervorgerufen. Riesa. Auf eine Eingabe des hiesigen allgemeinen Hausbesitzervereins um Herabsetzung des Zinsfußes für Hypothekenkapitalien auf 4 Proz. beschlossen die städtischen Kollegien, den Einlagcn-Zinsfuß vom 1. Januar 1903 ab wieder auf 3 Proz. herabzusetzen, dementsprechend den Hypotheken-Zinsfuß wieder auf 4 Proz. zu ermäßigen Verantwortlicher Kedacteur: Paul Jehnr. - Druck und Verlag von Carl Jehnr in Dippoldiswalde. Mit achtseitigem „Illustrirten Anterhaltungsblatt". Mit land, und hauswirthschafMch« Monat,-Beilage. Die „Weißrritz-Zeitung" erscheint wöchentlich drei mal: Dienstag, Donners tag und Sonnabend und wird an den vorhergehen- denAbenden ausgegeben. Preis vierteljährlich 1 M. 25 Pfg., zweimonatlich 84 Pfg., cininonatlich 42 "Pfg. Einzelne Nummern >0 Pfg. - Alle Postan- Aalten, Postboten, sowie unsere Agenten nehmen Bestellungen an. häufig irrige Anschauungen. Nach dem neuen Bürger lichen Gesetzbuche beträgt der Finderlohn im Werthe bis zu 300 Mark 5 Prozent, von dem Mchrwerthe 1 Prozent. Der Anspruch auf Finderlohn ist ausgeschlossen, wenn der Finder die Anzeigepflicht unterläßt oder den Fund ver heimlicht. In letzterem Falle kann auch strafgerichtliche Verfolgung wegen Funddiebstahls eintreten. — Die im 14. deutschen Turnkreis Kgr. Sachsen ver einigten Turner waren nach den letzten Feststellungen im Jahre 1902 über 866 Orte mit 1062 Vereinen verbreitet. Von den 3 845079 Einwohnern dieser Orte gehörten 122294 Personen über 14 Jahren einem Turnvereine an. Die Zahl der sächsischen Vorturner betrug 6633. Frauenabtheilungen waren 297 mit 8362 Turnerinnen vorhanden. Das Kinderturnen pflegten 68 Vereine, und zwar turnten 5637 Knaben und 2037 Mädchen. Von den Vereinen wurden benutzt 161 Gemeinde- bez. Schul turnhallen, 200 vereinseigene Turnplätze und 138 vereins eigene Turnhallen. Diese Zahlen übersteigen die des Jahres 1901 zum Theil ganz wesentlich, in keinem Falle aber ist ein Rückgang eingetreten. — Mit den Vorbereitungen der Eisenbahnverwaltungen zur Einführung des Winterfahrplanes hängt auch die Aus rüstung der Personenwagen mit den erforderlichen Heiz einrichtungen unmittelbar zusammen. Die sächsische Staatseisenbahnvecwaltung hat deshalb bereits jetzt An ordnung ertheilt, daß die sämmtlichen der Personenbeförde rung dienenden Züge so ausgerüstet werden, daß vom 1. Oktober d. I. ab jederzeit geheizt werden kann. Bei dieser Gelegenheit ist besonders darauf hingewiesen worden, daß auf der Zugabgangsstation in den einzelnen Wagen-Ab- theilungen eine Wärme von nahezu -j- 10 Grad Celsius herrschen soll, welche nach und während der Fahrt, soweit dies möglich ist, auf -s- 15 Grad Celsius zu steigern ist. Die Heizemrichtung soll in Thätigkeit gesetzt werden, so bald die Wärme im Freien unter -j- 5 Grad Celsius sinkt. — v. 1..-V k. dl. Am Schlüsse der Freiberger Pilz ausstellung übersandte der seit langer Zeit schwer leidende, wegen seiner gemeinnützigen Bestrebungen hochverdiente Herr Professor vr. B. Richter daselbst zum Danke „für die Erfüllung eines langgehegten Herzenswunsches" das große Pilzwerk in 16 Wandtafeln mit 175 naturgetreuen farbigen Abbildungen von Edmund Michael als Geschenk für die naturkundliche Sammlung in Pretzschendorf. Dresden. König Georg und Prinzessin Mathilde sind am Sonntag Morgen von der Insel Meinau nach Villa Hosterwitz zurückgekehrt. — Königin-Wittwe Karola hat sich am Sonnabend nach Jagdschloß Nehefeld zu etwa 14 tägigem Aufenhalte begeben. — Das königl. Ministerium des Innern hat Er hebungen angeordnet, ob die Einführung einer einheitlichen Uniformirung und Bewaffnung der Polizei-Eretutivbeamten angezeigt erscheint. — Das Garde-Reiterregiment nimmt wegen Erkrankung zahlreicher Pferde am diesjährigen Herbst manöver nicht theil. Dresden. Zum Kommandeur der I. Infanterie division Nr. 23, die bisher Kronprinz Friedrich August befehligte, wurde der Generaladjutant des Königs, Ge neralleutnant von Vroizem ernannt. Zum General adjutant des Königs wurde Generalmajor d'Elsa ernannt. — Der Stadtrath zu Burgstädt hat eine Veordnung erlassen, wonach die Kraftfahrzeuge aller Art (Automobile, Motorfahrräder rc.) bei ihrer Fahrt durch die Stadtbezirke ein langsames Tempo einzuhalten haben. Zuwiderhand lungen werden unnachsichtlich und strengstens geahndet werden. — In der am Freitag Vormittag beim Landgericht Freiberg abgehaltenen Verhandlung gegen den früheren Kassirer der Hainichener Ortskrankenkasse, Hugo Lindner, wurde derselbe wegen Unterschlagung und schwerer Urkundenfälschung zu 2 Jahren 8 Monaten Zuchthaus, 10 Jahren Ehrverlust und Tragung sämmtlicher Kosten verurtheilt. Mildernde Umstände wurden ihm versagt, auch wurde ihm von der Untersuchungshaft nichts an gerechnet. — Bereits im September v. I. war im Schulaus schuß zu Waldheim die Anstellung eines Schularztes zur Sprache gekommen, doch hatte man später beschlossen, erst Inserate, welche bei der bedeutenden Auflage de» Blattes eine sehr wirk same Verbreitung finden, werden mit 12 Pfg-, solch« aus unserer Amtshaupt- mannschaft mit 10 Pfg. die Spaltzeile oder deren Naum berechnet. - Ta bellarische undcomplicirte Inserate mit entsprechen dem Aufschlag. - Einge sandt, iin redaktionellen Theile, die Spaltenzeil« 20 Pfg. Herr Wirthschaftsbesitzer Feodor Hermann Faust in Spechtrltz ist als Eemeindeältester seines Wohnortes auf 6 Jahre d. l. bis 31. August 1908 in Pflicht genommen worden. Königliche Amtshauptmannschaft Dippoldiswalde, am 1. September 1902. ^79 Lossow.