Suche löschen...
01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 08.05.1911
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1911-05-08
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19110508011
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1911050801
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1911050801
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1911
-
Monat
1911-05
- Tag 1911-05-08
-
Monat
1911-05
-
Jahr
1911
- Links
- Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Bezugs.Preis kür Letvzta und Voroit« durch uuler« Iiäaer und Soedtteure 2mal tiigllch in, pau, gebracht : M Pt. monatU, 2.7U »k. vieneliäbrl. Lei unlern Filialen u. An» »abmcstellen abaeholt: 7L Pt. monatl, !.» «r. vterleljährl. Lurch die P»It: innerhalb Deutichland, und der deutschen Kolonien vierteljahrl. S.» Ml., monatl. l.M Sit. ousfchl. Poitbeftellaeld. Ferner in Belgien, Dänemark, den Donauftaoten, Italien. Lurrmbura, Niederlande, Nor wegen. Oesterreich-Ungarn. Ruhland. Schweden, Schwei» ». Spanien. In allen übrigen Staaten nur direkt durch di« Selchäststtell« de» Blatte» erhältlich. Da» Leipziger Tageblatt erscheint 2 mal täglich. Sonn» u. Feiertag» nur morgen». Abonnements-Nnnahm« S»ha»»i»,ass» 8, bei unseren Trägern. Filialen. Spediteuren und Annahmestellen, sowi« Postämtern und Briefträgern. Gi»,«lv«rkauf»prri» SPf. Morgerr-Ansgabe. ttp.rlgcrTagcblM ^>..^1!!!^ Handelszeitung. Amtsvkatt des Rates und des Vokizeiamtes der Ltadt Leipzig. Anzeigen »Preis für Inserat« au, Leipzig und Umgebung di« llpaltig« Petitteil«!» Ps.die Reklame» z«U« l Mk.: von aurwarls 30 Pf., Reklamen 120 Mt.; Inserat« von Behörden im amt- lichen Teil di« Petitzeil« M Pf. Seschastsan,eigen mit Planoorschnften u. in der Ldendauegad« >m Preis« erhöht. Rabat«nachTaris. Beilagegebubr Sesamt- auslag« 5 Mk p Tausend erkl. Postgebühr. Teilbeilag« Höher. Fest«tteilt« Aujirage können ntldt znrück- aezogen werden Für da» Erscheinen an o,stimmten Tagen und Plätzen wird kein« Garantie übernommen. Anzeigen - Annahme. Iobanni^ah« 4 bei sämtlichen Filialen u allen Annoncen» Erpeditionen de» In- und Aurlandr». Druck in» Perlig »«, Leipzig«, D«g» blatt«, E. Polz. Inhaber: P.ui Rürfte». Rebakti.n »b «eschäst.ftelle: Iohanniogalse 8. Haupt-Fiii«l« Lre.b«,: Seestraft« 4. l iTelephon 4621). «r. l27 Montsy, üen 8. Mai 191 l. Die vorliegende Ausgabe umsaßt 10 Leiten. Das Wichtigste. * Der nationallibcrale Abgeordnete Friedberg feierte am Sonntag in Berlin sein 2ö jähriges P a r t e i j u b i l ä u m. (S. Letzte Depeschen.) * Der Referent der Evuvernementsregierung von Deutsch Ostafrika, Freiherr von Wächter, wurde wegen Meineids zu 16'4 Monaten Ge fängnis verurteilt. (S. Letzte Dep.) * Der Ballon „Leipzig" unternahm am Sonntagmittag voni Sportplatz aus einen Ausstieg zu einer Wettfahrt unter Führung des Herrn Fabrikant Müller-Greiz. Die Landung er- iolgte östlich von Bamberg bei Hirschhaid sehr glatt. (S. Sport.) * Die Rationalen Ballonwettflüge in Bitterfeld wurden am Sonntag mit einer Fuchsjagd be schlossen, hei welcher Hauptmann Härtel-Leipzig den Fuchsballon „Bitterfeld" führte nnd § Ballons sich dem Starter gestellt hatten. lS- d. des. Art:) " In der Mannheimer „Vadenia" (»0 000 ,<t), die gestern gelaufen wurde, siegte Gestüt Gürzenichs ,. Alorham" unter Lt. v. Motzncr in einem Felde von acht Pferden. tS. Sport.) Zur Arbeitsschule. Wir erhallen folgende Zuschrift: Der Artikel über die Arbeitsschule <1. Mais for derr eine Entgegnung, vielleicht können wir auch sagen Ergänzung. Die Arbeitsschulbewegung ist darin einseitig ausgefaßr, während sic gerade hier in Leipzig in weiterem Sinne und noch von ganz anderen Gesichtspunkten vertreten wird. Wie der Verfasser des Artikels die Ideen der Arbeitsschule ausfaßt, würden sie keine „grundstürzende" Reform der Schule begründen. Zunächst fasten wir den Begriff „arbeite n" nicht bloß in dem engen Sinne von Werkunterricht auf. Lernen ist ja auch eine Arbeit: wenn wir der Lernschulc die Arbeitsschule entgegensetzen, so meinen wir mit Lernen im engeren Sinne das Ausnehmen non Kenntnissen durch die Vermittlung des Wortes, uns die wesentlich unselbständige Wiedergabe des so Gelernten, mit Arbeiten das selbständige Er werben von Kenntnissen, alles selbständige Darstellen, überhaupt selbständige Tätigkeit. Die Arbeit mit der Hand ist also nur ein Teil dessen, was wir unter Arbeit verstehen, wenn auch ein wesentlicher. Die Dis Gpernfestsp eLe inr Zum zweiten Male wurde der Gedanke, in Leipzig Opernfestspiele darzubieten. in die Tat umgesetzt. Eine große und bedeutende Idee, her vorgegangen ans dem Bestreben, alle einzelnen Fak toren zu einem wahrhaft schönen, harmonischen Gan zen zn verbinden und die Darbietung einiger Werke der deutschen musikalischen Bühne in denllich hoh'r Vollendnng zu ermöglichen. In ,ein«r modernen Form ging jener Gedanke von Richard Wagner aus und in dem Festspielhaus von Bayreuth fand er seine erste Verwirklichung. Was damals Zukunft war nnd nicht geringe Schaden- sreude. Mißgunst und abiällige Beurteilung nach sich zog, ist nun Gegenwart geworden und hat der musikdramanschen Kunst den Weg gewiesen. Der Festspielgedankc aber wurde von vielen Seiten aus genommen nnd brachte wohl in den meisten Fällen hervorragende kunstfördcrliche Resultate. So ist auch Leipzig, dank der energischen und mutigen Initiative eines Robert Volkner, in die Reihe der Fenspielstüdte eingetreten. Wie im Jahre 1910 gilt es auch dieses Mal, einen Heroen- und Musen kultus in einem zu feiern. Richard Wagner ist mit seinen Opern „Der fliegende Holländer" und „Tannhäuser" vertreten. Zwischen beiden aber steht Wolfgang Amadeus Mozarts musikalische Komödie „Die Hochzeit des Figaro", vielleicht das bedeutendste Werk des unsterblichen Meisters, von dem Wagner einst sagte, daß darin jedes gewaltsame Verfahren gegen den Worttext verschwunden, der Dialog ganz zu Musik geworden und die Musik selbst dialogi siert sei. Erster Abend. „Der fliegende Holländer." Wennschon, im Vergleiche zum Vorjahre, jene das Festspiel auch nach außen hin charakterisierenden Beigaben, wie Ausschmückung des Vestibüls, Fan faren usw., fehlten, so wies doch — an sich weit wertvoller — die Aufführung selbst einen festlichen Zug auf, der im Verlaufe des Abends immer stärker ausgeprägt hervortrat. Als Vertreter des Titel helden hat sich Herr So o m e r einen Rainen gemacht und eine eingehende Würdigung an dieser Stelle schon wiederholt gefunden. Sein Holländer ist eine voll erschöpfende, aus seelischer Tiefe herausgeborene, schauspielerisch und gesanglich völlig einwandfreie Leistung. Das von dem Künstler hier Dargebotene Arbeit mit der Hand soll nicht nur eine Ergänzung der geistigen Arbeit sein, sie soll in der Schule körper liche und geistige Leistung zugleich sein. Bei dieser Arbeit soll das Kind sich Erkenntnis er werben, es soll Erfahrungen sammeln, Dinge, Eigen schaften. Verhältnisse kennen lernen, z. B. die Gesetze der Mechanik. Es soll seine Kenntnisse bei der Ar beit anwenden, z. B. Rechnen und Geometrie. Es entspricht der Altersstufe des Kindes, da» es so mit einem unmittelbar praktischen Interesse lernt, und dass es seine Kenntnisse unmittelbar praktisch an wendet. Das Lernen im weiteren Sinne kommt da bei nicht zu kürz, im Gegenteil glauben wir, daß ihm das Gelernte festerer Besitz wird, zugleich ein Besitz, den es zu brauchen versteht, jetzt wie später im Leben. Gegenwärtig kann das Kind seine Kenntnisse meist gar nicht anwendcn, wenn es einmal in den Fall ge setzt wird, selbst wenn es sie sicher besitzt, und nach der Schulzeit ist das dann geradeso der Fall. Schule und Leben sind dem Kinde zwei getrennte Sphären. Dasz es dem Kinde angemessener ist, tätig zu sein, anstatt viele Stunden still zu sitzen und einseitig geistige Arbeit zu leisten, die noch dazu größtenteils über sein Verständnis hinausgeht, ist auch eine alte Wahrheit. Die ursprüngliche Form der geistigen Tätigkeit ist nicht: Ausnehmen — innerlich Ver arbeiten, sondern Aufnchmen — inneres Ver arbeiten — Handeln. Die mittlere Stufe gewinnt erst allmählich an Breite und Bedeutung, entwickelt sich nur langsamer zum selbständigen Endglied. Auch wenn das Kind die Dinge selbst anschaut, selber beob achtet, so ist das Arbeiten in unserem Sinne. Man wird nicht behaupten können, dasz beides in unserer Schule in dem Umfange geschieht, wie es schon lange von der Pädagogik gefordert wird. Die Lehrgegen stände stehen dem entgegen. Das Kind müsste auch viel mehr aus dem Schulzimmer hinaus vor die Dingcselk> st geführt werden. Das Kind soll dar stellen, Modelle bauen, formen, zeichnen. Das Kind wird dabei genötigt, sich intensiver mit den Dingen zu beschäftigen: es kann nicht bei einem oberflächlichen Wortwissen stehen bleiben. Reden kann man über eine Sache, die man nicht ersteht, und das geschieht in der Schule genugsam, darstellen kann man sie nicht. Auch in seiner sprachlichen Leistung «oll das Kind selbständiger werden, selbständiger und gewandter in der Rede, indem man es reden lässt, wovon es etwas versteht, was es selbst kennengclernt hat. Die Auf sätze söllen frei sein. Jede selbständige geistige Tätigkeit ist Arbeit in unserem Sinne. Dem Kundigen ist es lange offenbar, dasz das Kind bei der fragenden Methode wenig selb ständige Arbeit leistet, und man kann ebenso leicht das Unsinnigste aus ihm herausfragen als das Richtige. Ratürlich wird immer ein Teil der Schul arbeit in dem Aufnehmen durch das Wort bestehen: ein Stück Geschichte, eine geographische Schilderung, ein Lcscstück nimmt das Kind auf. Es wird auch nach wie vor mancher Stofs gcdächtnismäszig anzucignen sein. Die Einseitigkeit der Lernschule soll nach dem ist alles grosz und gewaltig. Nirgends macht sich Uedertreibung der Affekte bemerkbar: das Ge spenstische, an Rembrandt Erinnernde in der äusse ren Erscheinung steht dem rein menschlichen Emp finden und Mitempfinden nicht im Wege und das prachtvolle Stimmaterial bringt in Verbindung mit der vorzüglichen Deklamation das spezifisch musi- ^aoment zu restloser Geltung. In gewissem Gegensätze zu ihm stand Frl. M aude Fay (Mün chen), deren Senta zwar von gewinnendster Re präsentation, aber merkwürdig weit entfernt war vom Holländer und, besonders im zweiten Akte, gleichsam außerhalb der Szene stand. Eine Senta, die weder eine Träumerin noch swie etwa jene der Destinn) eine dem Leben selbst entnommene stark realistische Gestalt war, vielmehr häufia eine merk liche psychische Indifferenz zur Schau trug. Das ausgezeichnet schöne, oft förmlich strahlende Organ der Künstlerin erweckte somit, nach rein konzertanter Seite hin, fast ausschließlich das rein musikalische Interesse. Erst im letzten Akte gab Frl. Fay die mehr akademische Haltung auf, vielleicht iortgerissen durch das Temperament ihrer Gegenspieler. Aus gezeichnetes bot wieder Herr Urlus als Sänger und verlieh auch darstellerisch dem Erik volles Leben und echtes Temperament — eine Leistung, die durchaus Festspielcharakter auszeigte. Der Daland des Herrn Lohfi ng (Hamburg) war ein würdiger Mann, von etwas weniger derber Art als andere Seeleute, ein seltsames Gemisch von Biederkeit und Verschlagenheit in seiner Seele vereinigend und in väterlicher Treue um sein Kind besorgt. Gesanglich zeichnete sich der Gast ebenfalls aus: nur zeigte die Höhe ab und zu einige aeprefzte Töne. Der Mary gab Frl. Höfer (München) einen gemütlich jovialen Anstrich, ohne aber hierbei ihre große Kol legin Schumann-Heink völlig zu erreichen. Herr Schroth leistete als Steuermann Vorzügliches und verdiente alles Lob. Herr Kapellmeister Pollak leitete das Musika lische mit ebenso großer Umsicht als Energie und Feuer. Eine Prochtleistung bot das Orchester mit der Ouvertüre, die gleich den stärksten Beifall aus löste. Vortrefflich gingen die Chöre des Schlußakts unter Mitwirkung des „Sängerkreis" und Universi-' tätssängeroereins „Pgulus", allerdings hinter der Szene gesungen. Mit aller Feinheit gab man den Spinnchor, an dem sich die Damen Bartsch. Mer. rem. Färber, Paulin. Marbach und F o u r- nell mit bestem Erfolge beteiligten. Es gereichte unstreitig zu musikalischem Vorteil, daß die Zahl der Sängerinnen des Chors gegen früher sehr reduziert wordcn war. Die Schlagfertigkeit von Dirigent und Orchester zeigte sich überdies noch in dem Umstande, daß eine Orchesterprobe mit den auswärtigen Solisten nicht stattoefundeu hatte und doch sich nirgends eine Lücke im Ensemble zeigte. Von außerordentlicher Schönheit war die neue Inszenierung, die Herrn Dr. Locwenfelds Ge schmack und künstlerischem Blick alle Ehre machte. Willen auch der extremen Reformer nicht durch eine andere Einseitigkeit ersetzt werden. Aber das Be herrschende, das Charakteristische soll in der Zukunfts schule das selbständige Arbeiten des Kindes, körperlich wie geistig, sein. Diese Auffassung ist auch in der „Arbeitsschule", herausgegeben vom Leipziger Lehrerverein, vertreten. Im Grunde handelt es sich um eine Verwirklichung der alten Forderung, daß die Entwicklung des Kin des Richtschnur der Erziehungsarbeit sein soll. Da bei genügt aber nicht die Einführung eines Werk Unterrichts, so sehr auch schon diese zu begrüßen ist. Es sind wirklich gründliche Reformen der Schularbeit nötig Wir wollen den Pelz nicht waschen, ohne ihn naß zu machen. Zunächst der Lehrstoff. Es handelt sich nicht so sehr um eine Verminderung des Stoffes. Mir scheint sogar, daß das, was die Schule bietet, in mancher Beziehung recht dürftig ist. Das Kind könnte mehr vertragen, und das würde ihm auch willkommen sein, nur braucht nicht jeder Stoff „gelernt" zu wer den. Darum handelt es sich vielmehr, daß allem ernstlich zu Leibe gegangen wird, was über die Köpfe und Fähigkeit der Kinder hinausgeht, sonst ist kein selbständiges Arbeiten möglich. Dabei wird die Schule ein wesentlich anderes Aussehen bekommen. Vieles wird hinausgeschoben, manches erscheint viel leicht auch eher auf dem Plan, vieles verschwindet ganz Neues kommt dafür herein. Das Konkrete, das unmittelbar Gegebene, das ist das wesentliche Arbeitsgebiet des Kindes. Die Umwelt soll es kennen und verstehen lernen, vor allem die Arbeit des Menschen und ihre Lverke. Der Plan wird so von Grund auf verändert. Die Facheinteilung wird durch brochen, wenn wir das Leben so breit in die Schule hereinströmcn lassen. Mir erscheint sie für die Volks schule überhaupt nicht am Platze. Sechserlei und mehr betreibt das Kind nebeneinander, immer in kleinen Stückchen auseinandergerissen. Nicht selten gehen drei Geschichten in Fortsetzungen nebeneinander her, eine in biblischer Geschichte, eine in Weltgeschichte eine im Lesebuch — vielleicht noch weitere in fran zösischer oder englischer Lektüre. Das ist schon mehr eine Vorbereitung für den Lesezirkel. Ein Arbeiten des Kindes, wie wir es iin Sinne haben, ist bei diesem Durcheinander schwer möglich. Ich habe oorgeschlagen, die Unterrichtsarbeit ohne Rücksicht auf Facheinteilung in kleinere Stoff gebiete zu zerlegen und diese einander folgen zu lassen. Ein Lebensgebiet aus der Naturgeschichte, ein Stück Arbeitskunde, ein Gebiet aus der Geo graphie usw. würden sich abwcchseln, statt neben einander herzugehen, so daß jedes eine Woche oder ein paar Wochen, vielleicht auch nur wenige Tage im Mittelpunkte der Schularbeit steht. Man braucht dabei nicht rigoros zu sein, und eine Geschichte kann unabhängig neben einem Sachstoff hergehcn. Die technischen und die formalen Fächer gehen auch selb ständig ihren Tang nebenher, doch zum Teil wird sich die Verbindung mit dem Sachstoff von selbst geben, Prachtvoll nahm sich die erste Dekoration aus — der norwegische Fjord mit dem bewegten Meer und den oft hoch aufspritzenden Wellen. Von imim malerischer Wirkung war auch das Interieur in Dalands Hause, das der vollen Wirklichkeit nachgcahmt sein mochte. Auch der kleine Hafen in abendlicher Stimmung machte einen durchaus natiirlichenEindruck. Nur könnte man gern am Schlüsse die Sonne entbehren. Der Realität gemäß liegt das große Halländcrschiff etwas abseits vom Ufer. Während des Schlußmonologs -es Helden kommt ein Boot, ihn abzuholen, und so singt er, teils im Eckchen von Haus und Treppe, teils im Boot stehend. Das nimmt sich marionettenhaft aus. Unfraglich wird richtiger und wirkungsvoller die rechts ansteigende große Linie gewahrt, wenn der Holländer wie sonst (auch in Bayreuth) vom Schiff aus seine Erklärung abgibt. Mehr theatralisch als gespenstisch schien auch die rote Beleuchtung des Hol länderschiffs. Weit mehr empfiehlt sich wie früher das St. Elmsfeuer, das über Maste, Taue und Segel hinfährt. Ferner noch eins: der Holländer tritt Senta zum ersten Male durch eine Scitcntür ent gegen — unfraglich eine die szenische Steigerung ab schwächende Aenderung. Der aufs höchste gespannte Zuschauer wünscht sicherlich diesen Vorgang ganz un mittelbar vor sich, also en face, zu haben Abgesehen hiervon muß doch Locwenfelds neue Inszenierung als eine ganz bedeutende künstlerische Tat angesehen und gepriesen werden. Die vortreffliche Vorstellung löste einen sich von Akt zu Akt steigernden, zuletzt wahrhaft frenetischen Beifall aus. der die sämtlichen Künstler und mit ihnen den Direktor, Oberregisseur und Kapellmeister fast gebieterisch vor die Rampe forderte. lvugen Fe^nitz. Konzerte. Leipzig, 8. Mai. Konzert de» Leipziger Lhorverein». Seit einem Jahr erst besteht der Verein, dessen Darbietungen vorgestern im „Palmengarten" mit so lebhaftem Bei fall entgegengenommen wurden. Herr Max Ludwig Hal sich in der Tat nicht geringe Ver dienste um den energisch emporstrebenden Chor er worben. Er ist ein geborener Dirigent, begabt mit großer Willenskraft und jenem suggestiven Vermögen, sich alle Faktoren zur Ausführung der künstlerischen Idee untertan zu machen. Es war somit schlechthin erstaunlich, was Herr Ludwig doch auch mit relativ begrenzten Mitteln bereits jetzt zu erreichen imstande war. Das Programm bewies an sich schon feinen C>e- schmack. Der erste Teil galt dem Andenken Franz Liszts, dessen sinfonische Dichtung „Les Pr«-ludes" vom Tonkünstler-Orchester ungemein beifallswert vorgetragen wurde. Sehr brav sang der Verein den so überaus melodischen Schnitterchor (aus „Prometheus") nnd bewies, daß ein eifriges Studium los. Jahrgang. besonders im Deutsch, aber auch Rechnen und Zeichnen. Die Hauptsache ist. daß wir uns nicht auf verschiedene Sachstosfe zersplittern. Wir können dann viel mehr die unmittelbare Anschauung aufsuchen, was sich mir den jetzigen Plänen schwer einrichten läßt, wir können den Ertrag dieser Ausgänge bester hintereinandcrwcg verarbeiten. Das Kind kann in dem von uns gedachten Sinne jeden Unterrichts gegenständ bearbeiten, ohne daß es mehrere solcher Arbeiten gleichzeitig vornimmt, sondern immer wird erst ein Gegenstand zu einem gewissen Abschluß ge bracht, ehe der nächste daran kommt. Wir sind uns darüber klar, daß umfassende Aende- rungen im Schulwesen sich nicht mit einem Male durchsetzen lassen, aber wohin der Weg geht, darüber müssen wir uns klar sein, das ist nicht die Einführung eines Wochenunterrichts. sondern eine umfassendere Umgestaltung der Schularbeit. Mit einem ersten Schritte wird angcfangen: da ist die Reform des Schulunterrichts. Lesen. Schreiben und Rechnen soll vom Plan der Sechs jährigen abgesctzt werden. Der Verfasser des Artikels in Nr. 120 ist aber sehr im Irrtum, wenn er sagt, daß einige Reformer zur einzigen Disziplin des ersten Schuljahres einen „Werkunterricht" machen wollen. Das Kind soll seiner Altersstufe entsprechend be schäftigt werden. Dabei wird Las Lesen vor bereitet, indem das Kind in seiner Sprache ge bildet wird, das Schreiben wird vorbereitet, indem die kleinen Hände erst geschickt dazu gemacht werden (Malen und andere Tätigkeit), das Rechnen wird vor bereitet, indem das Kind beim Umgang mit zählbaren Dingen klare Zahlvorstellungen gewinnt. Durch diese Vorbereitungen soll dann alles sicherer, besser und schneller gelernt werden. Nicht allgemeine Meinungen, sondern ein genaues Studium der Ent wicklung des Kindes, genaues Studium der geistigen Tätigkeit, die das Kind in den Elementarfächern zu verrichten hat, haben dazu geführt, es mit diesen Re formen zu versuchen. Es ist dankbar a n z u erkennen, daß gerade hier in Leipzig die Behörden einen Versuch in größerem Umfangemöglich gemacht haben. Wie sich dieser Versuch bewährt, wird man freilich erst ab warten mästen. Den Kern der Arbeitsschulbewegung. wie sic im Leipziger und auch im Sächsischen Lehrcrvcrein ver treten wird, einseitig in der Einführung eines Werk unterrichts zu sehen, heißt, sie in ihrem Haupt gedanken gänzlich zu verkennen. Damir ist unserer Schule nicht aufgeholfen, daß hier und da etwas ge hobelt, gepoppt nnd geklebt und sonst alles beim alten gelassen wird. _ Ik. Ziober. Deutsches Reich. Leipzig, 8. Mai. * Neubesetzung des Präsidentenpostens des Stati stischen L ndcsamts in Preußen. Demnächst iann erwartet werden, daß der durch den Rücktritt des vorangegangen war. Erstmalig erschien -es Schweizers Ioi. Berrs „Tanz auf der Tenne", ein reichlich kompliziertes Stück für Baritonsolo, gc mischten Chor und Orchester, von gewisser Wirkungs kraft, aber auch sehr schwächlicher Erfindung. Die aufgewandten technischen Mittel stehen hier in keinem rechten Verhältnis zu dem einfachen Inhalte des Bicrbaumjchen Gedichts. Die Wiedergabe ließ noch manchen Wunsch offen. Vor allem hätte das Orchester viel mehr abgedämpft werden mästen, uni so mehr, als die Männerstimmen des Vereins vorläufig noch ziemlich schwach sind. Sympathische Eindrücke hinter ließ K. Hcubncrs „Geheimnis der Sehnsucht" für Tenorfolo, gemischten Chor und Orchester, eine fein empfundene, sehr stimmungsvolle Tondichtung von bedeutendem musikalischen Wert, mit deren teilweise recht gelungenen Vorführung der junge Verein einen vollgültigen Wechsel auf die Zukunft ausstelltc. N. Godes liebenswürdige und anmutige „Früh- lingsbotschaft" wurde sehr fein und gefällig ver mittelt. R. Wagners „Meistcrsinger"-Äpotheose be schloß den Abend (leider konnte ich sie nicht mehr an hören). Als Vertreter der Tenor- und Baritonpartie hatten die Herren W. Elschner und Dr. W. Rosenthal einen schönen Erfolg zu vcr zeichnen. Erstgenannter erwarb sich durch die stimmungsgerechte Wiedergabe einiger Lisztscher Lieder noch ein besonderes Verdienst. Herr Ludwig aber bewies mit der Vorführung des interessanten uns fein instrumentierten Orchesterprologs zu Hebbels „Maria Magdalena" von Hugo Kaun seine aus gesprochene Begabung als Lrchesterleiter zum andern Male und fand die verdiente lebhafteste Anerkennung. sv 5!. Kunst und Diklenschsst. * Leipziger Opernfestspiele. Die Regie der ani Donnerstag, den 11. d. M„ stattfindcndcn Fest aufrührung von Mozarts „Hochzeit des Figaro" liegt in den Händen des Regisseurs Marion. Die Secco- Rezitative aelangen in der Bearbeitung von Hermann Levi zum Vortrag, und Kapellmeister Pollak hat sich in freundlicher Weise bereit erklärt, die Begleitung am Cembalo zu übernehmen. * Hochschulnachrichten. Der Senior der medi zinischen Fakultät der deutschen Universität in Prag außerordentlicher Professor der Balneotherapie Dr. Heinrich Kisch begebt heute seinen 70. Geburts tag. Er gehört dem Lehrkörper seit Jahren an. — Der Direktor der physikalischen Abteilung der Universität Chicago Professor Michelson wird im kommenden Sommeriemester in Göttinnen Vor lesungen -alten. — Rn der argentinischen National universität La Plata wurde der Direktor der Com panie Alemannia Transatlantica de Electricidod in Buenos Aires Cremer zum außerordentlichen Pro fessor der Elektrotechnik ernannt.
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
Erste Seite
10 Seiten zurück
Vorherige Seite