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Erscheinen: Dienstag, Donnerstag und Sonnabend mit Ausschluß der Feiertage. Abonnement: Vierteljährlich 10 Ngr. Großenhainer Werh altWS und AMMM. Amtsblatt des Königlichen Gerichtsamts und Stadtraths zu Großenhain. . Inseratenannahme-. Bis Tags vorher spätestens früh 9 Uhr. Insertionsbeträge von auswärts sind in Post- marken beizufügen oder werden durch Postvorschuß erhoben. Redaction, Druck und Verlag von Herrmann Starke in Großenhain. Dienstag, den 30. Juni L8S4. Künftigen Sonnabend, den 4. Juli, Abends 7 Uhr, soll das neben der Gasanstalt befindliche commnnliche Korn auf dem Halme meistbietend verkauft werden. Großenhain, den 28. Juni 1874. Die Culturdeputation. Wank. Dem gesammten Publicum, welches bei dem Löschen des am 1. d. M. in der zum Gohrischer Reviere gehörigen „Fichtenberger Haide" stattgehabten Waldbrandes mit thätig gewesen oder sonst hilfreich zur Hand gegangen ist, spricht die unterzeichnete Oberforstmeisterei, zugleich mit im Namen der Revierverwaltung zu Gohrisch, hierdurch noch besonders ihren Dank aus. König!. Oberforstmeisterei Moritzburg, den 23. Juni 1874. Rüting. Die Sachsen in Oesterreich. Fern im äußersten Osten der österreichisch-ungarischen Monarchie — in Siebenbürgen — sitzt seit länger als einem halben Jahrtausend eine deutsche Oase: das Völkchen der siebenbürgischen Sachsen. Kaum eine halbe Million Seelen zählend, hat es seine deutsche Eigenart und seinen protestantischen Glauben sich glücklich zu bewahren gewußt. Von jeher erhoben die Ungarn Besitzansprüche von zweifel hafter Berechtigung und ohne praktische Wirkung. Ein eigener Fürst regierte das Land unter der Beihülfe eines Landtages, welcher nach den drei Hauptbestandtheilen der Bevölkerung, den Magyaren, Czeklern und Sachsen, sich in drei hiernach benannte Curien theilte und danach stimmte. Im sechszehnten und siebzehnten Jahrhundert stand Sie benbürgen auf dem Gipfel seiner Macht; im Beginn des dreißigjährigen Krieges schreckte der Großfürst Bethlen Gabor an der Spitze von 100,000 siebenbürgischen Kriegern den Kaiser Ferdinand II. in seiner Hofburg zu Wien. Aber seit der Mitte desselben Jahrhunderts sinkt die siebenbürgische Macht; die glücklichen Kriege Oesterreichs gegen die Türken drückten das Land zu einem Anhängsel Ungarns herab. Dennoch blieb die alte ständische Verfassung noch ein volles Jahrhundert erhalten, bis es auf dem Landtage von 1791 der magyarischen Adelspartei gelang, das Stimmrecht nach Curien abzuschaffen und statt dessen die Abstimmung nach Köpfen einzuführen. Und hier kamen die Sachsen derart zu kurz, daß sie, obwohl fast die Hälfte der Landessteuer zahlend, nur 30 — 35 Stimmen gegen mehr als 200 ma gyarische erhielten. Es gab eine Zeit, wo das ungarische Volk in seinem Ringen nach nationaler Selbstständigkeit die Sympathien des gesammten freisinnigen Europa besaß; Namen wie Kossuth und Klapka hatten einen guten Klang im Ohr jedes Freundes der Freiheit, und in der Begeisterung über den ungarischen Heldenmuth war man leicht versucht, die Schattenseiten in dem Charakter des Volkes gutmüthig zu übersehen oder gar in Lichtseiten umzudeuten. So verhält es sich insbesondere mit dem gepriesenen ungarischen Rechts gefühl. Von diesem ungarischen Rechtsgefühl weiß die säch sische Bevölkerung Siebenbürgens ein trauriges Lied zu singen; jede Etappe auf dem Wege zur Begründung des selbstständigen Königreichs Ungarn ist mit einem Eingriff in den politischen Rechtsbesitz derselben bezeichnet. Jener nach den Grundsätzen von 1791 gebildete Landtag beschloß im Frühling 1848 die Vereinigung mit Ungarn; vergeblich protestirten die Sachsen und Walachen, welche letzteren für sich allein die Hälfte der Bevölkerung ausmachen, aber im Landtage gar nicht vertreten sind, gegen diese Vergewaltigung der magyarischen Adelspartei; die ungarische Republik er klärte jene Abstimmung für rechtmäßig und Siebenbürgen für einen Theil Ungarns. Ein blutiger Bürgerkrieg, der erst durch das russische Eingreifen geschlichtet ward, war die Folge davon. Seitdem gingen die Sachen scheinbar ruhig ihren Weg, bis Oesterreichs Niederlagen im Jahre 1866 die Selbstständigkeit des Königreichs Ungarn herbei- führteu. Da rief die ganz unter ungarischem Einfluß stehende siebenbürgische Negierung jenen alten Landtag von 1848 wieder zusammen, und dieser erklärte dann jenes alte Vereinigungsgesetz als noch zu Recht bestehend; der unga rische Reichstag von 1868 aber, diesen Beschluß billigend, suchte den Mißmuth der so unterdrückten Sachsen dadurch zu besänftigen, daß er ihnen in einem besonderen Gesetz das unbeschränkte Selbstverwaltungsrecht ihrer Städte und Kreise, und ihrem Provinziallandtag, hier Universität ge nannt, seine bisherige gesetzliche Wirksamkeit garautirte. Damals fügten sich die Sachsen im Vertrauen darauf, daß ein ganzes Volk die durch den Mund seiner Vertretung gegebenen Versprechen erfüllen werde. Wie schmählich sind sie aus dieser Zuversicht hcrausgcrissen worden! Schlag auf Schlag wird von Ungarn gegen ihre verfassungsmäßigen Rechte geführt. Mit der Verdrängung der deutschen Amts sprache begann die Reihe der schnöden Rechtsverletzungen, das Selbstverwaltungsrecht ist bereits thatsächlich unter drückt, ja die in steten Nöthen schwebende ungarische Finanzverwaltung streckt sogar gierig die Hand nach dem Privatvermögen der sächsischen Kreise aus; ein Gesetzent wurf, welchen die deutsche Presse mit Recht einen Plün derungsvorschlag nennt, stellt den Landbesitz der Kreise zur Verfügung der Regierung. Diese Gesetzvorlage ist das Schlußglied in der Kette der ungarischen Gewaltmaßregeln, und in begreiflicher Ent rüstung erhob sich gegen diese schreiende Rechtsverletzung die Nationsuniversität zu lautem Protest. Da fügte die Re gierung zum Unrecht die Brutalität: der Minister Graf Szapary löste die protestirende Provinzialvertretung auf, erklärte ihr rechtlich verbürgtes Repräsentations - und Pe titionsrecht, welches sogar jedem ungarischen Dorfe zusteht, für erloschen! Der ungarische Reichstag aber hat ein reden des Zeugniß für seinen Rechtssinn dadurch abgelegt, daß er dieses Verfahren gut heißt. So sind die Tage schwerster Bedrängniß über das tapfere deutsche Völkchen in Siebenbürgen hereingebrochen. Noch bietet sich ihm keine Aussicht auf Erlösung aus seinen Drangsalen; das einzig Tröstliche ist, daß es seine alte Zähigkeit und das Vertrauen auf sich selbst nicht verloren hat, daß es fest bei der Hoffnung auf den endlichen Triumph seiner guten Sache verharrt. Politische Weltschau. Im Vordergründe des Tagesinteresse würde eigentlich die Conserenz der preußischen Bischöfe zu Fulda stehen, wenn man nämlich irgend etwas Bestimmtes darüber wüßte. Der Telegraph hat zwar in seiner gewohnten Ge schwätzigkeit nicht versäumt, wieder einige Depeschen in die Welt zu senden, aber was sie enthalten, sind Muthmaßungen, denen nicht einmal ein besonderer Grad von Wahrscheinlich keit innewohnt. So sollen die Bischöfe darüber verhandelt haben, welche von den kirchen-politischen Gesetzen bedingt oder unbedingt angenommen werden könnten. Möglich wäre dies allenfalls, aber wahrscheinlich ist es nicht. Die Bischöfe dürften, angesichts der letzten Mainzer Resolution, wohl kaum in der Lage sein, irgend welches Entgegenkommen zu documentiren. Auch würde dasselbe schnurstracks den In tentionen des Unfehlbaren entgegenlaufen. Woher sollten die Bischöfe plötzlich solchen Muth schöpfen? Nein, wir glauben an kein Einlenken der Curie und das ist für den geistigen Kamps allerdings das Beste, was geschehen kann, denn er wird dann wenigstens gründlich zu Ende geführt werden. Vor Allem wird man jetzt wohl einen Hirtenbrief zu erwarten haben. Der Bundeörath wird wahrscheinlich noch einige Tage versammelt bleiben. Die wichtigsten Arbeiten sind jetzt beendigt, doch harren noch eine Reihe laufender Ge schäfte ihrer Erledigung und soll namentlich noch die Com mission gewählt werden, welche den Entwurf des bürger lichen Gesetzbuchs nach dem vom Justizausschuß entworfenen Plan auszuarbeiten hat. Wie verlautet, ist dabei u. A. die Wahl des Oberhandelsgerichtsraths Goldschmidt in Leipzig in Aussicht genommen. Aus der letzten Sitzung des baierischen Abgeordneten hauses ist eine wichtige Rede des Cultuöministers Lutz zu verzeichnen. Die Gelegenheit dazu gab die Berathung des Äauetatö für das Cultuöministerium. Hierbei verlas der Abg. Freitag — es war auch gerade in der vorigen Freitags sitzung — im Namen der clericalen Partei eine Erklärung, wonach gesagt wurde, die Partei könne für dieses Departement nicht stimmen, weil die Regierung des Ministers bei der Mehrheit der Bevölkerung peinliche Gefühle erwecke. Da rauf antwortete Herr Lutz: Der persönliche Träger dieser Politik werde zu-hoch angeschlagen: jeder baierische Cultus- minister werde gegenwärtig der Anfeindung durch gewisse Parteien nicht entgehen können. Die Leitverhältnisse seien mächtiger, als die Menschen. An dem Streit zwischen dem Staat und der Kirche in Baiern sei er, der Cultusminister, nicht schuld. Wenn an seiner Stelle ein ultramontaner, altkatholischer oder atheistischer Cultusminister wäre, so würden dennoch Gegensätze in der Politik des Staates und der Kirche vorhanden sein. Nichts liege ihm ferner, als die Verant wortung für das von ihm ins Werk Gesetzte abzulehnen, aber diesen Streit habe er nicht in das Land getragen. Wenn dem so wäre, dann müßte er seinen Platz räumen, aber er stehe wie ein Posten im Kampfe, darum werde er nicht weichen, bis ihn derjenige, der ihn dahin gestellt, ab berufe. Im Uebrigeu müsse er es ablehnen, allein als der maßgebende Factor der Regierung angesehen zu werden. Die übrigen Minister seien keine Knaben, sondern Männer mit selbstständiger politischer Ueberzeugung. Die Erklärung der clericalen Partei habe jetzt nur einen theoretischen Werth, den praktischen Werth derselben wolle er abwarten. Der bei der Zusammenbringung der Erklärung der clericalen Partei ausgenbte Terrorismus werde vielleicht jetzt nicht ohne alle Wirkung sein, sicher aber sich später an der Partei rächen. Aus Würtemberg liegt eine erfreuliche Thatsache vor. Wir meinen die Thronrede, womit der König kürzlich den Landtag schloß. Es gab Viele, die behaupteten, der König werde den Landtag gar nicht in Person schließen, um einer Aeußerung seiner Gedanken über die Wiedergeburt Deutsch lands enthoben zu sein. Er hat dies nicht gethan, sondern selbst gesprochen und dabei gleich von vornherein die Zu stimmung des Landtags zu den Versailler Verträgen eine „patriotische That" genannt. Nächstdem zollte er dem Fleiß und Eifer großes Lob, mit welchem die durch die Einigung Deutschlands bedingten Abänderungen des dortigen Staatsrechts und der dortigen Gesetzgebung berathen und beschlossen würden. — So spricht kein deutscher Fürst, der dem Reiche unfreundlich gesinnt ist. Wenn gleichwohl Stimmen laut wurden, welche der Thronrede in Bezug auf Deutschland mehr „Wärme" gewünscht hätten, so laßt sich darauf nur antworten: für solche Aeußerungen existirt ein allgemein giltiger Wärmemesser nicht. Wenn reichsunfreund liche Strömungen in gewissen Hofkreisen allerdings nicht wegzuleugnen sind, so haben dieselben doch mit den Regierungs handlungen nichts zu schaffen. Das ist der Punkt, worauf es ankommt; man behandelt jene Strömungen immer am richtigsten, wenn man sie so viel wie möglich ignorirt, statt sie zu wesentlichen Factoren unserer nationalen Entwickelung aufzublasen. Weit all gemeinere Beachtung verdient der friedliche und gemäßigte Gang der würtembergischen Landtagsverhandlungen, zumal die Stuttgarter Landtagstribüne früher, als die sogenannte „Volkspartei" noch das große Wort führte, zu politischem Parteigezänke und zu hoher Kirchthurmspolitik gemißbraucht worden war, die mit der Bedeutung eines so kleinen Landes im lächerlich umgekehrten Verhältnisse standen. Davon war nun auf dem abgelaufenen Landtag keine Rede mehr. Das Bewußtsein der unabänderlichen Reichsangehörigkeit und der Thatsache, daß Deutschland fortan von seinem Centrum aus in die Geschicke der Welt eingreift, hat die Volkspartei so bescheiden und zahm gemacht, wie sie noch niemals gewesen: Darum gewährt der Rückblick auf die Verhandlungen dieses Landtags nach allen Richtungen hin ein freundliches Bild, und Niemand hat Ursache, mit dem Lande und seinem Fürsten unzufrieden zu sein. Der österreichische Kriegsminister Baron Koller hat an die ihm unterstehenden Abtheilungsvorstände eine Note gerichtet. Dieselbe betont lebhaft die Nothwendigkeit, das von den beiden Amtsvorgängern ausgeführte Werk der Armeereform aufrecht zu erhalten und zu vollenden, was noch daran fehlt. Auch schärft sie gleichzeitig den Organen des Kriegs- ministeriumö die strengste Bewahrung des Dienstgeheimnisses ein. — Dieser Tage conferirte Graf Andrassy mit dem Kaiser. Wie Wiener Blätter wissen wollen, handelte es sich dabei um den Brüsseler Congreß und die Arrondirung der österreichisch-preußischen Bisthümer. — In Ungarn herrscht ziemlich erregte Stimmung über den Antrag der Regierung, das Civilehegesetz von der Tagesordnung des Abgeordnetenhauses abzusetzen. Die Situation in Frankreich leidet noch immer an der alten Unklarheit und Verworrenheit. Allgemein glaubt man, die Commission des Dreißiger-Ausschusses werde sich über keinen Entwurf einigen, in ihrem Berichte keinen Antrag stellen, sondern die Nationalversammlung auffordern, selbst zu beschließen, ohne ihren Ansichten Rechnung zu trage». — Seitens der Regierung wird jetzt, nachdem die öffentliche Meinung Lärm genug geschlagen, gegen die bona- partistischen Umtriebe mit größerer Energie eingeschritten. So hat sie die Propaganda mit den Photographien des Prinzen von Chisett-urst verboten. Rouher und andere De- putirte wandten sich an den Minister Fourtou, damit er sein Verbot aufhebe; derselbe ging aber darauf nicht ein, weil er behauptete, daß es zu großen Scandal erregen würde. Trotzdem wird die Vertheilung der Photographien, wenn auch mit mehr Vorsicht, fortgesetzt. — Alle sonstigen 'Nachrichten aus Frankreich sind noch unbedeutender, als diese Bilder-Komödie. In Spanien steht die Entscheidungsschlacht noch immer bevor. Inzwischen werden in Madrid politische Verhand lungen zu einer Einigung der Parteien gepflogen. Man schreibt darüber der „Köln. Ztg." aus Madrid: Marios und Castelar, als die Vertreter der neurepublikanischen radicalen Partei und des rechten Flügels der alten Republi kaner, haben eine Unterredung gehabt, um eine Vereinigung dieser beiden Richtungen anzubahnen. Nachdem Castelar und seine Freunde dem eigentlichen Föderalismus, durch die Thatsachen bekehrt, den Rücken gewandt, steht zwischen ihnen und den zur Republik übergegangenen Radicalen keine principielle Scheidewand mehr. Doch liegen die politischen Unterschiede in Spanien vielfach mehr in den Personen, als in den Grundsätzen, und gerade mit Martos ist schwer zu