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Erscheint wöchentlich dreimal und zwar Dienstags, Donnerstags und Sonnabends. Bezugspreis vierteljährlich I Mi. 30 Pfg., durch die Post bezogen I Ml. 54 Psg. Fernsprecher Nr. 6. — Telegramm-Adrefse: Amtsblatt Wilsdruff. und Amgegen-. Amtsblatt Inserate werden Montags, Mittwoch? und FreitagS biS spätestens 12 Uhr angenommen. Jnsertiouspreis 15 Psg. pro viergespalteue Korpuszeil«. Außerhalb des AmtsgertchtsbyiM Wilsdruff 20 Pfg. Zeitraubender uud tabellarischer Satz mit 5V Aufschlag. Mr die Kgl. Amtshauptmannschaft Weihen» für das Kgl. Amtsgericht und den Stadtrat zu Wilsdruff» sowie Mr das Kgl. Forstrentamt zu Tharandt. Lokalblatt für Wilsdruff, Alttanneberg, Birkenhain. Blankenstein, Braunsdorf, Burkhardtswalde, Groitzsch, Grumbach, Gruno bei Mohorn, Helbigsdorf, HerzogSwalde mit Landberg, Hühndorf, Kaufbach, KeffelSdorf, Kleinschöuberg, Klipphausen, Lampersdorf, Limbach, Lotzen, Mohorn, Miltig-Roitzschen, Munzig, Neukirchen, Neutanneberg, Niederwartha, Oberhermsdorf Pohrsdorf, Röhrsdorf bet Wilsdruff, Roitzsch, Rothschönberg mit Perne, Sachsdorf, Schmtedewalve, Sora, Steinbach bei Kesselsdorf, Steinbach bet Mohorn, Seeligstadt, Spechtshausen, Taubenheim, Unkersdorf, Weistropp, Wtldberg. Druck uud Verlag von Zschunke Si Friedrich, Wilsdruff. Für die Redaktion und den amtlichen Teil verantwortlich: Hugo Friedrich, für den Inseratenteil: Arthur Zschunke, beide iu WlSdruss. No. 88. s Dienstag, de« 30. IM 19071 I 0«. Jahrg. Unter dem Pferdebestande deS Gehöftes Unterer Bach No. 248 in Wilsdruff ist die Brustfeuche ausgebrocht«. Meißen, am 22. Juli 1907. ,75? Die Königliche Amtshauptmannschaft. Während des Herrn BrandversicherungS-Jsspektor Seelig, hier, auf die Zeit vom 29. Juli bis mit 25 August dieses Jahres erteilten Urlaubs ist die Verwaltung des BrandverficherungsinspektionS. Bezirks Meißen Herrn Inspektorats»Assistenten Niegel, hier übertragen worden. Meißen, am 24. Juli 1907. --58 Königliche Amtshauptmannschaft. politische Rtin-scha«. Wilsdruff, 24. Juli 1907. Erster Aufstieg eiueS leukbare« deutsche« Militärballons. In Berlin unternahm das lenkbare Militär-Luftschiff feine erste Freifahrt. Um 12 Uhr erhob sich das Fahr zeug in die Lüfte, flog über Tegel nach Charlottenburg, wobei es verschiedene Schleifen und Bogen beschrieb. Der Ballon gehorchte dem Steuer absolut. Die gelungene Auffahrt iß als großer Erfolg anzusehen. Der gefesselte Redakteur. Ein skandalöser Vorfall Hal sich m Mühlhausen i. E. zugetragen. Dort wurde der Redakteur Wicky von der sozialdemokratischen „Volkszeitung*, der wegen Beleidigung eine Gefängnisstrafe von acht Tagen verbüßt, zu einem Verhör als Zeuge trotz seines energischen Protestes wie ein schwerer Verbrecher gefesselt vorgeführt. Der Vorfall erregt großes Aufsehen. — Eine weitere Meldung läßt den Vorgang fast noch schlimmer erscheinen. Danach sollte Wicky als Zeuge in der Untersuchungshaft gegen den vor vielen Monaten ins Ausland ourchgebranntenExstadtral Gandner vernommen werden, der jetzt gefaßt ist, und gegen den er als Vorsitzender des Gewerkschaftskartells seinerzeit die Anzeige wegen Unterschlagung von Kasseu geldern des Gewerkschaftskartells (es handelt sich um etwa 50 Mark) erstattet hatte. Seine siebentägige Strafe war bis auf wenige Stunden verbüßt (die Vorführung erfolgte vormittags zwischen 10 und 11 Uhr, und die Entlastung hatte nachmittags 3 Uhr 20 Minuten zu erfolgen), aber — der Schutzmann, welcher den sozialdemokratischen Redakteur im Gefängnis abholte, fesselte ihn und berief sich gegenüber dem Protest Wickys auf seine schriftliche Instruktion! Als Untersuchungsrichter fungierte Herr Dr. Jwand, der dann für die Rückkehr ins Gefängnis anordnete, daß von der Fesselung Abstand genommen werde. Ei«- Affäre, die noch der Aufklärung bedürf, erregt gegenwärtig in Straßburg großes Aufsehen. Donnerstag abend versuchte ein Geheimer Regierungsrat in die Wohnung eines Ministerialdirektors gewaltsam einzu dringe«. Er wurde daran verhindert und begab sich in das Restaurant Germania. Auf Veranlassung des Ministerial direktors, der die Hilfe der Polizei in Anspruch nahm, wurde der Geheime Regierungsrat im Restaurant von zwei Schutzleuten untersucht; einen Revolver, mit dem er den Ministerialdirektor bedroht haben soll, stand man bei ihm nicht. Man glaubt, daß er die Tat im Zustand nervöser Ueberreizung verübt hat. Die Fertigstellung des Tauerntunnels. Der Durchschlag des Tunnels ist enolgt. Die trennende Wand wurde so weit durchgeschlagen, daß rin Mann durch die Oeffnung dringen konnte. Von der MallnitzerSeitestiegenoarauffünf Mann durch die Oeffnung und begaben sich nach Böckstein, wo sie aus dem Tunnel traten. Der Tauerntunnel hat eine Länge von 8526 Meter. Er beginnt bei Böckstein und endet bei Mallnitz. Die Strecke der Tauernbahn durch den Tunnel wird eingleisig sein und eine Fahrzeit von 20 Minuten er- forderu. Die Situation an der Baustelle ist übrigens augenblicklich sehr kritisch, da 2200 Arbeiter wegen Lohn» dlfferenzen streiken. Etwa 2000 Arbeiter besetzten den Tunneleingang «nd hinderten die Einfahrt der Ingenieure und Arbeitswilligen mit Gewalt. Es kam zu zahlreichen Exzessen. Die aus Salzburg abgegangene Gendarmerie erwies sich als zu schwach. Militär ist abgegangen. Mexiko macht stch bereit. Aus Mexiko wirb der demschen Kabelgrammgesellschaft gemeldet: Die hiesige deutsche Firma Bergner, die Ver treterin der Firma Krupp in Essen, erhielt vov her hie- stgen Regierung einen Auftrag auf Lieferung und Auf stellung der vollständigen maschinellen Einrichtung für die Herstellung rauchlosen Pulvers für Geschütze und Hand feuerwaffen von einer Leistungsfähigkeit bis zu 100000 Kilo jährlich. Die jetzige politische Lage hat anscheinend die Beschleunigung des Abschlusses veranlaßt. Wieder ei« japanischer Spio« verhaftet. Nach einem Telegramm aus Austin in TexaSj wurde dort ein Japaner verhaftet unter der Beschuldigung, Forts und Batterien photographiert zu haben. Es heißt, der Verhaftete habe eine systematische Rundreise durch alle Militärlager in Texas unternommer Eine An zahl Photographien vonGeschützen,Batterien,Lerteidigungs- werken usw. wurden von der Polizei mit Beschlag belegt. Aus Stadt and Land. VkMeÜungea aoS dem Leserkreise für diese Rubrik nehme» wir jederzeit dankbar entgegen. Wilsdruff, den 24. Juli 1907. — Das sächsische meteorologische Institut stellte fest, daß in Sachsen in der Zeit vom 11. bis 20. Juli Regen menge« niedergingen, die alles bisher in wissen!- schaflltchen Beobachtungen gewonneneMatz über- stiegen. In sämtlichen Flußgebieten Sachsens waren die Niederschlagsmengen doppelt bis viermal so groß wie normal. — Wiedererhöhung der Fleischpreise. Der Genuß billigeren Fleisches als im Vorjahre scheint wieder sein Ende nehmen zu wollen. Wie man jetzt mitteilt, sind in den letzte« Wochen die Viehpreise unv namentlich die Schwetnepreise wieder mächtig in die Höhe geschnellt. Der Berliner Schweinemarkt zeigte dasselbe Bild als zur Zeit der höchsten Schweineteuerung. Gute mastreife Schweine fehlten fast gänzlich; der übergroße Teil des 13368 betragenden Auftriebes bestand aus kleiuey un reifen Tieren, ein Beweis der beginnenden Futternot und des weiteren Steigens der Preise. Die Höchstnotterung war 59 Mark pro 100 Pfund Lebendgewicht. — Benutzung der A««ahmebücher der La«d- brtefträger «nd Posthilfstelleninhaber durch das Publikum. Jever Lanobriefträger und Posthtlf- stelleninhaver hat bestimmungsgemäß ein Annahmebuch zu führen, das zur Eintragung der angenommenen Einschretb- sendungen, Sendudgen mit Wertangabe, Postanweisungen usw. dient. Den Auflieferern steht frei, die Eintragungen in das Annahmebuch selbst zu bewirken. Erfolgt die Ein tragung der Gegenstände durch den Landbriefträger oder Posthilfstelleninhaber, so ist der Auflieferer befugt, sich von der erfolgten Buchung zu überzeugen. Es wird be sonders darauf hingewiesen, daß die Haftpflicht der Post verwaltungen erst mit der durch die Eintragungen in das Annahmebuch nachweisbaren Uebergabe der Sendung an den Landbriefträger beginnt. Zur Begründung von Ersatz ansprüchen ist daher die Eintragung in das Annahmebuch des Landbrtefträgers — bezüglich der bei Postbilfstellen eingelieferten Sendungen besorgt diese der Posthilfstellen inhaber — von entscheidender Bedeutung. Der Postein- lieferungsschein wird erst bet der Ablieferung der Sendung an die Postanstalt ausgefertigt. Der Land- briefträger ist verpflichtet, ihn auf dem nächsten Bestllgange dem Absender abzuliefern. - Die „Rübe«bah«" Wilsdruff-Gadewitz bildet noch immer ven Angelpunkt der Debatte über die agrartsch-konservative Nebenregierung des Herrn Nostitz-Wall- witz. Jüngst hat der nattonalliberale Landtagsabgeorbnete Langhammer in Chemnitz in einer öffentlichen Wähler versammlung mit der Angelegenheit stch beschäftigt. Er ritt dort vor allem auf den Ausführungen des inzwischen verstorbenen linksltberalen Abgeordneten Handelskammer- Syndikus Schulze herum, der schon damals in der Kammer in den Kreisen seiner Parteifreunde mit seiner extremen Stellungnahme wenig Anklang fand. Herr Langhammer behauptet immer wieder, daß die Bah» Wilsdruff-Gadewitz nur für einige wenige Großgrundbesitzer gebaut werde. ,Wir verstehe» bet der ganzen Sachlage nicht, weshalb Herr Abgeordneter Langhammer oder der Herr Abgeordnete I Schulze oder ein anderer Abgeordneter gleicher Färbung daS Wort „Nebenregierung" nicht damals im Landtag prägten, sonder» erst warteten, bis fast 2 Jahre später ein konservativer Regterangsrat, der weniger zuständig ist, als diese LandtagSabgeordueten, mit diesem Wort eine Spaltung der konservativen Partei betreibt. Herr Lang hammer macht übrigens andere» zum Vorwurf, daß sie das Aktenmaterial nicht gründlich angesehen hätte«. Wir geben den gleichen Vorwurf Herrn Langhammer zurück. Er spricht von 222 Petenten aus dem Kreise, die sich gegen das Projekt ausgesprochen hätten. Er vergißt dabei, daß die Petenten zum großen Teile nicht „aus dem Kreise* waren und . daß ein anderer Teil der Petenten nicht gegen die Linie, sondern gegen die Linienführung opponierte. Der Herr Abgeordnete Langhammer macht auch noch den Versuch, die sächsische Beamtenschaft gegen die Bahn mobil zu machen, weil wegen des Bahubaues bringende Wünsche der Beamten zurückgestellt worden seien. Die Beweisführung für diese Behauptung ist Herr Lang hammer noch schuldig geblieben. Angesichts der Tatsache, daß unser Landtag für dringende Wünsche unserer Be amtenschaft bisher noch zu jeder Zeit ein williges Ohr hatte, wird Herrn Langhammer die Beweisführung auch schwer fallen. — Kindisch geradezu ist eine Bemerkung, diedie „Sächsische Arbeiterzeitung" in ihrer gestrigen Nummer macht. Das sozialdemokratische Blatt schreibt: „In diesen Gegenden (der Bahnlinie) hört mau nichts von einer Bahn Wilsdruff-Gadewitz; da kennt man nur die Steiger- oder auch Rübenbahn.* Wir gönnen den Gegnern der Bahn linie den Succurs von dieser Seite! — Aus dem Kreise unser Leser erhalten wir folgende Zuschrift: „In Nummer 85 Ihres geschätzten Blattes brachten Sie eine längere Notiz über den schleppenden Gang der Vorarbeiten des Bahnbaues der Linie Wilsdruff-Gadewitz. Nach den gemachten Wahr nehmungen scheint doch die Sache endlich ihren Anfang zu nehmen. Man beobachte nur einmal unser nun seit über 5 Jahren bestehendes Baubureau, wie emsig da jetzt gearbeitet wird, um die Sache nun endlich ihrem ersehnte» Ende entgegenzuführen. Die gewöhnliche Arbeitszelt reicht nicht mehr aus, um die gewaltigen Arbeiten zu er ledigen. Seit nahezu einem Vierteljahr arbeitet man dort täglich mit Ueberstundeu, ja sogar der Sonntag wird mit zu Hilfe genommen. Hoffentlich läßt man die Oeffentlichkeit nicht mehr allzulange mit dem Beginn des Bahnbaues warten, damit stch die Gemüter bald beruhigen. Was lange dauert, muß doch gut werden, sagt ein altes Sprichwort." — Die Sozialdemokratie geht aufs Ga«ze — das muß man ihr lassen! Gestern Hst ste in unserm Wahlkreise, wie im übrigen Sachsen ein Flugblatt ver breitet, das nicht mehr und nicht weniger fordert, als das allgemeine, gleiche, direkte und geheime Landtagswahlrecht mit dem Verhältniswahlsystem! Die Forderung in dieser Form ist neu und das Verhältniswahlsystem ist das einzige, was die Sozialdemokratie von dem Gesetz entwurf des Ministers Graf Hohenthal-Bergen akzeptiert. Da nun die Sozialdemokratie behauptet, die Hälfte aller Wähler auf ihrer Seite zu haben, so verlangt das Flug blatt nicht mehr und nicht weniger, als die Stände versammlung durch die Verhältniswahlen von vornherein unter die Fuchtel einer sozialdemokratischen Mehrheit zu zwingen. Die Sozialdemokratie ist verdammt im Irrtum, wenn ste glaubt, daß ihre bisherigen Mitläufer eine sozialdemokratische Mehrheit im Landtag wünschen. Aber die Obergenossen glauben selbst nicht daran. Sie lehnen es aber von vornherein ab, an den ernsten Bestrebungen zur Schaffung eines gesunden Wahlrechtes irgend welchen Anteil zu nehmen. Dann stellen stch die Herren noch hin u»d behaupten, die Ordnungsparteien hintertrieben ge flissentlich . eine gesunde Wahlrechtsreform! Die Sozial demokratie ist schuld, daß ein gleiches Wahlrecht in Sachsen ausgeschlossen ist, denn ein gedeihliches Arbeiten des Staatskörpers mit einer sozialdemokratischen Landtags- Mehrheit wird niemand erwarten können. Die Umsturz. Partei ist also die letzte Instanz, die das Recht hat, von Wahlunrecht zu reden und jemand aus der langsamen Ent-