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Schönburger Tageblatt und WalKenbürzer Anzeiger Krscheint täglich mit AitSn-chm« rcr Lsgr n«ch Donn- «ns FesttagW. Lnnahme son Jnserst-n für die nächstex- cheinende Kummer bis mittags 18 Uhr. Ler AssnnrureMspreis becrägt vierteffähr- lich 1 ML. 28 Pf. Einzelne Nrn. b Pf. Znserate pro Zeile 1ü Pf., T-nges. 20 Pf. Expedition: Waldenburg, ObrrMe 29! K. Filialen: in Altstadtwaldenburg bei Herrn Kaufmann Otto Förster; in Kamungen bei Herrn Fr. Janaschek; in Langenchurs' darf bei Herrn H. Stiegler; in Penig bei Frau Kaufmann Max Härtig, Leipzigerstr. 163; in Rochsburg bei Herrn Paul Zehl; in Wolkenburg bei Herrn Ernst Rösche; in Ziegelheim bei Herrn Eduard Kirsten. Amtsblatt für den Stadtrath zu Waldenburg. Zugleich weit verbreitet in den Städten Penig, Lunzenau, Lichteuftein-Callnberg, und in den Ortschaften der nachstehenden Standesamtsbezirke: Altstadt-Waldenburg, Braunsdorf, Callenberg, Lt. Egidien, Ehrenhain, Frohnsdorf, Falken, Grumbach, Kaufungen, Langenchursdorf, Langen- ^euba-Niederhain, Langenleuba-Oberhain, Niederwiera, Oberwiera, Oberwinkel, Oelsnitz i. E., Reichenbach, Remse, Rochsburg, Rußdorf, Schlagwitz, Schwaben, Wolkenburg und Ziegelheim. Sonnabend, den 7. März 1896. M 55. Witteruugsbericht, ausgenommen am 6. März, nachm. 4 Uhr. arometerstanö 758 mm. rcducirt auf den Meeresspiegel. Thermomcterstand -s- 6,5" 0. (Morgens 8 Uhr -f- 4'1) Feuchtigkeitsgehalt der Luft nach Lambrechts Polymeter 69"/n. Thaupunkt M 1,5 Grad. Windrichtung: West. Daher Witterungsanssichten für den 7. März- Wechselnde Bewölkung mit Neigung zu Niederschlägen. ^Waldenburg, 6. März 1896. Die Tage folgen einander, aber sie gleichen sich nicht. Um diese Jahreszeit, wenige Wochen vor Ostern, sieht man sonst im schönen Italien nur vergnügte Gesichter. Der Strom der Fremden ergießt sich unaufhörlich von Norden, Millionen werden ins Land getragen, und die Geschäftsleute — und wer ist in Italien schließlich kein Geschäftsmann, reiben sich froh die Hände. Heute sieht man überall finstere und erregte Gesichter, das Land hat einen schweren Schlag erlitten, und das südliche Tem perament vermag schwer die Ruhe zu bewahren, welche den Nordländer auch über mißliche Ereignisse forthilft. Die italienische Armee in Abessynien ist von den Schaaren des Königs Menelik geschlagen, als General Baratieri, der bisherige Höchstcommandirende, vor seiner Ersetzung durch den General Baidissera einen Generalangriff auf die feste feindliche Stellung versuchte. Die Agriffs- dispositionen waren zweckensprechend getroffen, aber die iü,ooo Italiener stießen stellenweise auf eine achtfache Uebermacht, die wohl bewaffnet und gut geführt war, und ihnen blieb nichts übrig, als der unter schweren Opfern, namentlich an Offizieren, vollzogene Rückzug. Das militärische und politische Ansehen Italiens hat einen schweren Schlag erlitten und darum muß die Scharte unbedingt ausgewetzt werden. Dazu gehört nun ein regelrechter Feldzug in großem Mahstabe, dazu ge hören nicht einige Dutzend, sondern einige Hundert Millionen. Nach der erfolgten Eröffnung der Kammern ist sofort das Ministerium Crispi zurückgetreten, um eine stürmische Debatte zu vermeiden, der Senator General Riccotti tritt an die Spitze der Regierung. In den Zeitungen wird bald General Baratieri, bald Ministerpräsident Crispi als Sündenbock hingestellt; die Schuld an der Katastrophe liegt aber in der Unter schätzung der Abessynier, und diese Unterschätzung hat ganz Italien ohne Ausnahme getheilt. In den Zeitun gen wurde der General Baratieri fortwährend angefeuert, einen entscheidenden Kampf herbeizuführen; nun hat man die Folgen. Zweifellos hat der General die gebührende Vorsicht außer Acht gelaffen, aber er ist mehr vorwärts geschoben, als freiwillig gegangen. Seine Rechtfertigung wird man ja später hören. Bedauerlich bleibt der Rück tritt des Ministeriums, aber er erschien seinem Chef bei der sprichwörtlichen Launenhaftigkeit der Mehrheiten in der italienischen Volksvertretung unvermeidlich. Deutschland hat für Italien die aufrichtigste Sympathie, der Kaiser machte dem italienischen Botschafter Grafen Lanza in Berlin einen längeren Besuch. Der Dreibund wird durch diesen Zwischenfall nicht im Mindesten erschüttert werden, wenngleich man dies in Paris sehr lebendig hofft. In der Phantasie der Franzosen hat Italien eine nicht wieder gut zu machende Einbuße an seiner Autorität erlitten; so schlimm ist die Sache nicht, und wenn die Italiener von der Sucht nach Ministerwechseln bei dieser Gelegenheit abgckommcn wären, würde es noch bester sein. Hier handelt es sich um einen Unfall, nicht um eine Katastrophe. Der osficielle Schlachtenbericht des italienischen Ober- commando's über die Niederlage von Adua ist nun ein gegangen. Aus demselben ergiebt sich zweierlei: daß sowohl die Stärke, wie die Kriegstüchtigkeit der abessyni- schen Soldaten von dem italienischen General ganz be deutend unterschätzt worden ist. Die italienischen Colonnen haben tapfer angegriffen, find aber an den Angriffs punkten auf so gewaltige und energisch vordringendc Uebermacht gestoßen, daß ihnen nur der Rückzug übrig blieb. Und dieser Rückzug war nach der Sachlage noch aufzuhalten, wenn General Baratieri für Reserven ge sorgt hätte. An denen fehlte es aber, und daher sind die italienischen Colonnen so zersprengt. Durch das Fehlen von Reserven gingen die Geschütze verloren und wurde aus der Schlappe eine Niederlage. Nunmehr hat der neuernannte Oberbefehlshaber Baldistera das Com- mando übernommen; da die Abessynier kaum sofort zum Angriff übergehen werden, wird es ihm schon gelingen, die wichtigsten Punkte der italienischen Stellungen zu halten. Der jetzige italienische Obercommandirende in Abessynien, General Baldistera soll, als er bald nach dem Gefecht von Amba Alagi nach Rom berufen wurde, um dort Rath zu spenden, gesagt haben, man solle die Revanche auf ein Jahr verschieben und inzwischen die Sendung von 100,080 Mann vorbereiten. Die Expedition würde etwa 200 Millionen kosten aber unbedingt erfolgreich sein. Der Lauf der Dinge hat dem General Recht ge geben. Ein kurzes Gedächtniß haben die Franzosen. Aus An laß der Niederlage von Adua prophezeien sie den Italienern jetzt den Verlust ihrer politischen und militärischen Auto rität, prophezeien eine Erschütterung des Dreibundes, und was dergleichen Dinge mehr sind. Die Franzosen haben aber ganz vergessen, wie ihre Truppen zur Zeit des Colonialfeldzuges in Tonkin und Annam bei Lang- son eine nicht weniger bedeutende Niederlage erlitten. Darauf war in Paris gewaltiges Halloh, und das Ministerium Jules Ferry verschwand spurlos. Die fran zösischen Journale sollten also mit ihren vernichtenden Kritiken doch etwas vorsichtiger sein. Die Eröffnung der italienischen Kammern in Rom vollzog sich unter außerordentlich lebhafter Bewegung: Bei Crispi's Mittheilung vom Rücktritt des Cabinets gab es Lärm, der Präsident ließ keine weiteren Debatten zu. Die Abgeordneten blieben noch lange beisammen. Die Verhältnisse auf dem Kriegsschauplatz werden schon ruhiger erörtet, man erkennt, daß durchaus keine ent scheidende Niederlage vorliegt und mit Energie Manches wieder gut zu machen ist. General Baratieri kommt vor ein Militärgericht. An dem Treffen haben 9000 Weiße und 8000 Eingeborene theilgenommen, für die abessynische Macht ist die erstere Zahl entschieden zu ge ring gewesen, zumal auf die Eingeborenen kein rechter Verlaß mehr war. Die Flucht der Eingeborenen hat dann auch die europäischen Regimenter mit fortgcristen, selbst die Elitetruppe der Bersaglieri vermochte nicht stehen zu bleiben. Der Verlust der Abessynier ist außer ordentlich groß, die italienischen Geschütze räumten furcht bar auf. An Stelle der Gefallenen traten immer neue Masten. Dem Obercommandirenden General Baratieri verargt man es in Rom besonders, daß er allein von allen Generalen in der Schlacht unverwundet war. Die Abestymer haben alle letzthin von den italienischen Trup pen besetzt gehaltenen Dörfer angczündct, sind aber nicht zu weiterer Verfolgung aufgebrochen. Die Lage ist also keineswegs verzweifelt, schneller Nachschub von europäi schen Truppen kann die Scharte bald wieder wettmachen. Das Ministerium Crispi erklärt mit kurzen Worten, daß es seine Portefeuilles in die Hände des Königs zu rücklege; es wünsche nicht, daß die heutige schwierige Lage nunmehr noch verschärft werde durch Parteiaus einandersetzungen, welche den Glauben an die Einmü- thigkeit des italienischen Volkes in Wage stellen könnten. Die erbitterten persönlichen Gegner Crispi's, und er be sitzt deren bekanntlich eine ganze Zahl, ließen es an hef tigen Worten nicht fehlen. Der Senator und ehemalige General Riccotti übernimmt die Leitung des Ministe riums mit der ausschließlichen Aufgabe, den Krieg gegen Abessynien zu einem glücklichen Ende zu führen. Da die Friedensanerbietungen des Königs Menelik von Abes synien sich nur darauf beschränken, daß er Italien die Hafenstadt Mestauah mit deren nächster Umgebung lasten will, während ihn die Italiener als unumschränkten König von Abessynien anerkennen sollen, so ist ein Ausgleich unmöglich. Die italienische Regierung beansprucht das ihr vertragsmäßig zugesicherte Protectorat über Abes synien. Die Stimmung in Rom ist sehr erregt gegen Frank reich, denn von dort erhielten die Abessynier nicht blos Waffen, sondern auch Führer. Politische Rundschau. Deutsches Reich. Beim Kaiserpaare fand am Mittwoch eine musi kalische Abendunterhaltung statt, worauf der Kaiser noch einige Zeit mit den Ministern Miquel und Thielen im Rauchzimmer verblieb. Am Donnerstag hörte der Monarch nach einem Spaziergang durch den Thiergarten verschie dene Vorträge. Abends besuchte derselbe das geistliche Concert in der Kaiser Wilhelm-Gedächtnißkirche. Der frühere Vicepräsident des Reichstags, k)r. Buhl aus Deidesheim, ist gestorben. Der österreichisch-ungarische Reichskanzler Graf Golu- chowski wird der „N. Fr. Pr." zufolge Anfangs nächster Woche in Berlin eintreffen, um dem Fürsten Hohenlohe seinen Gegenbesuch zu machen. Er dürfte auch vom deutschen Kaffer in Privataudienz empfangen werden. In der Budgetcommission des Reichstags wurde Donnerstag die Berathung des Marineetats fortgesetzt. Zum Bau von zwei Kreuzern 2. Klaffe wird je eine erste Rate von 1^/« Mill, gefordert. Staatssekretär v. Marschall führte aus: Diese Kreuzer seien vornehmlich zur Befriedigung sehr dringender Bedürfnisse des Aus wärtigen Amtes bestimmt. An keiner Stelle walte die Absicht vor, unsere Marine ins Ungemessene auszudehnen, um große Weltpolitik zu treiben und mit den großen Seemächten zu wetteifern. Derartige Absichten würden im Widerspruch stehen zu der Friedenspolitik, die wir befolgen. Allerdings müsse Deutschland seine Interessen im Auslande nach Maßgabe der bestehenden Verträge schützen. Dazu müsse auch die Hochseeflotte ausreichend vorhanden sein. Wenn die Mehrheit der Nation diese Politik billige, werde sie auch bereit sein, die dazu er forderlichen Mittel zu bewilligen. Wir muffen unsere Flagge zeigen können, wo es nöthig ist, bei Revolutionen zum Schutze unserer Landsleute und unseres auswärtigen Handels, in welchem ein bedeutendes Kapital steckt. Auch die Missionen müssen in Schutz genommen werden. Wir müssen uns mit dem Gedanken vertraut machen, daß unsere Ausfuhr nach hochcivilisirten Ländern den Höhepunkt erreicht hat. Deswegen sind wir genöthigt, unseren Export nach halbcivilisirtcn Staaten und nach barbarischen Ländern zu richten. Hier wird uns aber die Concurrenz der anderen europäischen Nationen be gegnen. Und bei einem event. Streit nützt die deutsche Flagge mehr, als diplomatische Noten. Die beiden Kreuzer werden schließlich bewilligt gegen 5 Stimmen, ebenso die erste Rate von 500,000 Mk. zum Bau eines Kreuzers 4. Klaffe. Genehmigt werden auch die ersten