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Ar 112 Sonnabend, den L. März Haoplschriftielker: Dr. Tverlh, Leipzig Verlag: Dr. Rein-old L Co., Leipzig 1918 Kiew durch sächsische Truppen befreit Der deutsche Heeresbericht Amtlich. Große- Hauptquartier, 2. März- Westlicher Kriegsschauplatz Aeare-groppe Kronprinz Rupprecht. Nur in wenigen Abschnitten lebte am Abend die Gsfechts- lätigkeit auf. Eigene Erkundungen bei Hollebeke und südlich ros St. Quentin brachten Gefangene eia. Heeresgruppe Deutscher Kronprinz. Au vielen Stellen der Frost führten wir erfolgreiche Uuter- aehmuugea durch. Oesklich vonReims drangen hessische Truppen in da- zerstörte Fort Pomp eile. Rheinländer und Westfalen stießen nordwestlich von Pro-ne- tief in die seindlichen Stellungen vor, die au- den Februarkämpfen südöstlich von Ta- Hure noch la Felnde-Han- gebliebenen Grabenstücke wurden von badischen oud thüringischen Truppen im Angriff gesäubert. Auf dem Westufer der Maas stürmten rheinische Kompanien die feindlichen Gräben südlich von Haucourt. Nach Durchführung ihrer Erkuudungen kehrten vnsere Trup pen mit mehr al- 400 Gefangenen und zahlreichen erbeuteten Ma schinengewehren in ihre Au-gang-stellungen zurück. Die südöstlich von Tahur« genommenen Gräben wurden gehatkea und gegen französisch« Gegenangriffe behauptet. Heeresgruppe Herzog Albrecht. Zwischen Maos und Mosel stieß Infanterie mit Pionieren m die feindlichen Gräben nordöstlich von Seicheprey vor. Die amerikanische Besatzung erlitt schwere Verluste und büßte zwölf Gefangene eia. Hauptmann Ritter von Tnkschek errang darch Abschuß eines feindlichen Fesselballons feinen 28. Luftsieg. Oestllcher Kriegsschauplatz Heeresgruppe Eichhorn. In Estland und Livland nehmen die Operationen ihren Verlauf. Heeresgruppe Llnsingen. Inder Verfolgung de- beiRjekschiza geschlagenen Feinde haben wirGomel genommen. Kiew, dir Hauptstadt der Ukraine, wurde durch Ukrainer und sächsische Truppen befreit. Von den anderen Kriegsschauplätzen nichks Neues. Der Erste Generalquartiermeister. Ludendorff. (W.T.B.) Die TliegerMigkeit im Wests« Berlin, 1. März. (Drahkbrricht.) Dle gute Sicht hatte am 26. Februar auf der ganzen Westfront eine rege Tätigkeit der Luft streitkräfte zur Folge. Das Streben, Einblick in die Maßnahmen des Gegners zu gewinnen, führt« besonders aus der nördlichen Hälfte der Front zu heftigen Luft Kämpfen. Der Gegner büßte durch unsere Wafscnwirkung 15 Flugzeuge und 3 Ballone ein. Wir verloren 3 Flugzeuge. Hauptmann Ritter oonTutschek blieb Sleegr über den 24. Gegner. ElnS unserer Bombengeschwader griff in der Nacht vom 26. zum 27. Februar die Festung Nancy, die Rüstungswerke von Dieulouard und den Flughafen Malzville wirkungsvoll mit 12000 Kilo gramm Sprengstoff an. -» Köln, 2. März. (Eigener Drahtberich k.) Der «Köln. Zkq.' zufolge meldet der Kriegsberichterstatter des «Giornale oItalia", daß bei dem Fliegerangriff am 26. Februar auf Venedig etwa SO Häuser gänzlich zerstört und 60 Häuser sowie Kirchen und Paläste beschädigt wurden. Kein Eingreifen Japans Bafel, L März. (Eigener Drahlberlcht.) «Times' melden aus Tokio: Das sapanische Presfebnreau erklärt die AuSlaudsmeldungen von dem angeblichen bevorstehenden Liagreifen Japans für unzutreffend. Genf, 2. März. (Eigener Drahtberlcht.) Dle Pariser Presse bringt betreffs Iapansnur Schilderungen über angebliche Gefahren, die durch dle deutsche Expansion nach Osten ihm drohen. -Progres' erfährt, Japan wolle bisher nur vorbeugende Polizetmaßregeln gegen feindliche Gefangene treffen, die in Sibirien interniert sind. «Echo de Paris' erklärt kategorisch, Japan müsse die Rettung Rußlands übernehmen. Oberst Rousset spricht im «Petit Parlslen' die Hoffnung aus, daß die Abreise der japanischen Delegation aus Petersburg die erste Etappe der kommenden Intervention sein werde. Ein Inter view, da- der Vertreter der «New «Jork Times' mit dem Gene ralissimus Foch halte, gilt in der Pariser Presse als driNSen - der Appell an Amerika, einerseits dle Sendung von Truppen zu beschleunigen, andererseits mit Japan in Oslasten ein zugreifen. Köln, 2. März. (Eigener Drahtbertchk.) Der «Köln. Volkszeitung' zufolge hält der «Petit Pariflen' «la Eingreifen Japans für zweifelhaft. Dle Abreise des Petersburger Gesandten bedeute keinen Bruch. Japan wolle die weitere Entwicklung ab warten. Das Blatt sagt: Nur wenn dle Alliierten gegen Japan zuerst einig wären, könnte dieses eine militärische Rolle spielen. Anderseits erfährt der «Eclair', inWashinaton Halle man ein Eingreifen Japans im europäischen Rußland nicht für unmöglich. Genf, 2. März. (Drahtberichk.) Die französische Regierungs- presie hat der Gedanke an die bevorstehende i a p a n i s ch e In vasion schon ganz begeistert, obwohl man sich über den Umfang Les Eingreifens nur ganz undeutliche Vorstellungen machen kann. «Derite' sagt halb ironisch: Sobald ein ernstliches Mißgeschick für die Entente auftaucht, richtet sich der Blick der Franzosen sofort auf das mit der Elegesaureole umstrahlte Japan. Ungücklicher- weise bietet der Transport über die transsibirische Bahn zu un geheure Schwierigkeiten, so daß die Ausstellung auch nur einer halben Million Japaner an der Ostfront monatelang dauern wird. Rotterdam, 2. März. (Eigener Drahlberlcht.) In den «Daily Rems' protestiert der bekannt russisch« Journalist Färb- manu sehr energisch gegen di» japanischen EinmischongSpläne im fer nen Oste» und erklärt, Japan werde in Rußland als Feind empsangeu werden. Trotz dieser Slelluagnahme einflußreicher Rusten machen kon servative Blätter weiter Stimmung für eine japanisch« Intervention. «Morning Post' sagt: Japans Ziel in Sibirien ist nicht di« Eroberung russischer Gebiet«. Unser D«rbS»d«ter in Aste» will uns nur helfen, dle deutsch« Arme« zu besieg«« und Rußland za befrei««, das bratsche Schläge gelähmt habe», so daß es sri» eigenes Schicksal nicht mehr be stimmen Kan». Wieder ein Geleitzug vernichtet? Kopenhagen, 2. März. (Eigener Drahtberich».) In Bergen kam«« zwei, in Stavanger «in Schiss, dl« z» einem aus zehn Schiff«» starke» Geleitzog gehörten, d«r England am Montag abend verlassen hatte. Der Geleitzag ward« l» der Rähe der aorwegischen Küpe durch einen heftigen Orkan auseinander getrieben. Heber dl« and««« sieden Schiffe seh« vorläufig jede Nachricht. Frankfnrt n. AL, si. März. (Eigener Drnhtbericht^ Dia «Frkf. AI*' ersähet «ns dem Haag: Vie britisch« Admiralität teilt mit, daß in voriger Woche 2274 Schiffe ein und 2398 Schiffe ausgefahrca sind. 14 Schiff: mit' über 1600 und 4 unter IKON Tonuen wurden ver- seultt, 9 erfolglos angegriffen Ferner wurden 7 Fischerboot« versenkt. Belgien lehnt ab Rotterdam, 2. März. (Eigener Drahtbericht.) Der belgische Minister des Aeußern Hy mann gab Preffeverlrelern gegenüber folgende Erklärung ab: Die Einladung des Grafen Herl- llng zu FriedcnLbesprechungcn kann den Slandpunkt der bel gischen Regierung nicht verändern. Unsere Friedens bedingungen bleiben di« gleichen: Unverletzlichkeit Belgiens und seiner Kolonie«, politische, wirtschaftliche and militärische Unabhängig keit unseres Staates, Ersah für dle angcrichleken Schaden und Garantie gegen eine Wiederholung der BZlkcrrcchiSverlchung von 1914. Die be'gische Regierung wird im übrigen über Len Frieden nur gemein- sam mit dcu Mächte» verhandeln, die Belgiens UnrLhängitzkctt gavan- tterk halten und ihrer Verpflichtung nachkamen. Versuche, uns von dcu dauerten zu trennen, sind aussichtslos. 21999 Tonnen versenkt vtd. Derna, 1. März. (Amtlich.) U-Boolerfolge auf dem nördliches Kriegsschauplatz 26 000 Brutto-Register-Tonnen. Die Erfolge wurden hauptsächlich in der Irifches See und dn Aermelkanal erzielt. Unter den versenklen Schiffes waren wertvolle Dampfer von 8000 und 4000 Br.-Reg.-To. Lis tief be ladener, 3500 Br.-Reg.-To. großer Dampfer wurde im Aermel- Kanal ass elaem stark gesichertes großen GeleUzsg heraus- geschossen. Namentlich festgestellt wurden: der englische Motor segler «Lia Ora', der französische Segler «Eommandant Baratier" mit Grubenholz oos La Rochelle nach Lardiff, end lich dle englischen Flscherfahrzeuge «.Commander', «Saow Drop', «Irex", «Leo sorge', «Rose Bud', «Id alla" und «Oryx'. Der Ehef des A-süralsticke- der Marine. ck- Dle Unzufriedenheit der britische» Reeder über dl« Gewalipo.i lk des Kabinetts von Lloyd Georg« lst sehr groß. Ja frühere» Kriegen wäre» dle Vertreter der Schisfahrt die Haupllräger der brUischen Expaafionsbestrebungcn, denn fast ed« Erweiterung des brilischeu Weltreiches erhöhte das BerkehrSbedür nls und brachte stei gend« Einnahme« aus dem in Schiffahrt und im Schiffbau angelegte» Kapital. AoS diesen Gründen begrüßten ansängsich die britische» Reedcr den Eintritt Englands la den Krieg als Geschäft wie immer, wie Sir L. Grey sich 1914 auSdrückle. Aber der U-Boolkrieg machte einen Strich durch dle Rechuuug. Seit Jahr und Tag müsse« die Reeder nicht nur erlebe», wie thre schönsten Schifte, für die kein Geld sie ealschädlaea Kana, versenkt werden, sondern sie müsse» sich sogar für de» verbliebene» TeU ihrer Flo l« Beschlagnahmung »ad «eitere Bevormundung von seilen des Staate- gefalle» lasten. Boa hohen Profilen von Frachtclnnchmen ist daher heul« kein« Rede «ehr. Das Fochblaii «Fatrptay" vom 31. Januar rät den Schiffs eignern, ihren Besitz zu verkaufen, weil man mil mei ere« Fortschritte» des .Sozialismus', der Verstaatlichung der Schi'fahrl, rechnen motz. Dl« Stimmung in diesen einst besonder« kriegerisch gesinnten Kru se» ist daher recht Klei» last. Der Sliegeranqriff auf Venedig Zürich, 2. März. (Eigener Drahtbericht.) Die .Rene Zürcher Zeitung' berichtet, laut einer -avasmeldnng aas Washington: Das Stoatsbeparlcmenl erfährt, baß in Moskau «ine fieberhaft« Panik herrsch«, da di« Bevölkerung ernsthaft befürcht«, daß di« deut schen Vtreilkräft, sich konzentrier«, am Moskau z, erreichen. Der Vormarsch in PodoNen Ein österreichischer Staat-angehöriger ukrainischer Abkunft schreibt uns: , ' : DaS ehemalige russische Gouvernement Podolien hat nach den letzten Zähtungen der dahingegpngcnen nordrussischen Verwaltung 3 812 000 Einwohner, von denen 81 Prozent echte Ukrainer sind. Neun Prozent sind Juden, 2 Prozent Polen, das übrige Rusten- Die Vertreter der freien Berufe, besonders die intelligente Jugend, geben sich seit Jahr und Tag al- nattonalbewußte ukrainische Pakioten und grundsätzliche Geyner Nord-Rußlands. Ihr« Losung ist, ein Glied der freien Ukraine zu werden. Die politischen Wünsche der Podolier mußten bisher unterirdisch bleiben. Denn die ganze ukrainische Bewegung überhaupt, welche die Ukrainer al- < eine selbständige Nation Europas zur Geltung bringen will, stand vereinsamt und von allen Seiten angefeindet da. Von keiner Sette kam Unterstützung, selbst mil Sympathien kargte man. Erst die ukrainischen Unabhängigkeltserklärungen in Kiew und Charkow machten auch den Podoliern Mut. Das große Hindernis für die Podolier ist nur: Sie sind eine ansehnliche, gleichartige Bevölkerung, aber kein aufgeklärtes, be wußtes Volk. Der podolische Bauer bildet einen sehr merk würdigen Menschenlypus. Er ist größtenteils Analphabet. Vos 1000 Köpfen sind nur 155 des Lesens kundig. DaS ist dle niedrigste Ziffer aller ukrainischen Gebietsteile. Diese böse Ziffer ist «ine Felge der ausschließlichen Einführung der unverständlichen russi-- schen Sprache in allen Volksschulen. Ukrainisch durfte man nicht! einmal im ersten Schuljahr d:e unverständlichen Wörter der! fremden Sprache erklären. Dieser furchtbar niedrige Bildungsgrad s deS Volkes lieh keinen Fortschritt im Wirtschaftsleben auf kommen. Selbst wohlmeinende Bemühungen der russisches Re gierung oder der SemslwoS scheiterten an der ehernen MAL Ly- Analphabettsmss. Und ukrainische Aufklärung-- und Be lchrungsbücher waren als staatsgefährlich verboten. Kein Wunder, wenn der podolische Bauer in der primitivsten Weise noch Art der Vorväter seinen Acker bestellt, sein Vieh züchtet und seine Krank heiten heilt. Und dennoch besitzt dieser analphabetische Bauer eine eigene Volkskultur. Die Polen machten von jeher Ansprüche auf Podolien. Kamenez-Podolskij, die Hauptstadt Podoliens, war einst eine der starken Festungen Polens. Während der türkischen Periode (im 17. Jahrhundert) gaben die Polen keine Ruhe mit Be lagerungen und Feldzügen. Und als 1795 beiden, Türken und Polen, dos podolische Land wegschnappte, arbeitete der polnische Bauer dort hartnäckig weiter. ,Aber die Siedlungen, Bauten Trachten, die Nahrung und Lebensweise des podolifchen Bauern stehen höher als diejenigen der polnischen. Daher assimiliert der podolische Bauer alle bäuerlichen Ansiedler im eigenen Lande (mit Ausnahme der Deutschen) sehr letcht und vollkommen. Der podo lische Bauer ging mit dem russischen Muschik niemals Mischehen ein und lebte beinahe niemals in einem Dorf mit ihm zusammen. Die historische Tradition der ehemal- freien Ukraine und der Haß gegen feine bisherigen Unterdrücker, größtenteils russische und polnische Großgrundbesitzer, ist bei dem ukrainischen Bauers sehr lebendig. Seine wirtschaftliche Lage, die sich wiederholt kn großen Agrar unruhen (vor einem Jahrzehnt) geäußert hat, ist heute sehr ver schärft. ES hat sich infolge bedeutender Volkszunahme und un erfreulicher Agrarverhältnisse eine Unmasse des bäuerlichen Pro- letarkaks gebildet, die früher ihr Auskommen in der Hausindustrie fand. Die Hausindustrie ist durch Ueberschwemmung deS Lande- mit billiger Fabrikware zerstört. Die Folge: ein vielfach arbeits loses Landprolelariat und eine Dolksdichke (89 pro Quadratkilo meter, die höchste der ganzen Ukraine), die politisch von selbst nach Explosion und Befreiung strebte. Die Krisis in Petersburg Bafel, 2. März. (Eigener Drahtbericht.) Die .Basier Nachrichten' melden über Mailand aas Petersburg: Fast all« Regi - menter Petersburgs hake» sich geweigert, dem neue« Mobilisakionsdefehl Fvlge z» leiste». Die Soldaten er klärten, sie hüllen Leuiu nur unterstützt, weil er den Frieden versprach. Rach der Auslastung der Volkskommissar« hält mau die Krisis der maxlmolistischen Regierung für eröffnet. Di« russische Revolution scheint an einem neuen Wendepunkt angelangt za sein. Basel, 2. Mürz. (Eigener Drahtderlcht.) Die «Basier Nachrichten' melden ans Paris: Wie .Matt«' aas Petersburg meldei» wurde das Hauptquartier der russischen Rordfront «ach Twer verlegt. Basel, 2. März. (Eigener Drahtbericht.) Di« Basler Nachrichten" bcrichlen au« London: Der Petersburger Korrespondent der .Daily News' drahtet, daß di« rassischen Truppe« sich zu» grüßte» Teile weigern, den dentschen Truppen Wider stand z» leiste». Line Division, die Narwa verteidigen sollle, lanchte plötzlich in Gatschlaa, SO Kilometer von Petersburg ealfcrnt, auf. Krylenko protestiert« heftig gegen dieses Verhalle^ DI« Soldaten antworteten, sie hätte, keine Lust mehr zu dämpfen. Der Sowjet beruhigt Bafel, K. März. (Eigener Drahtbericht.) .Time«' melde» ans Petersburg »o« Donnerstag abend: Eine Proklama tion des Rates der Balkskammiffär« verpchert, daß kein Grund zur Beunruhigung «d zur Flucht der Bevölkerung aus Peters- barg vorlieg«. Dl« Unterzeichn»»- des Frieden- steh« ,n. «lttelbarbenar.nnb damit «ch da» Lutz des militärisch« Bor gehen» der Deutschen in Rnßl«^