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und Amtsblatt fn den Aadtrath za Walbkabarg. Mittwoch, de» 16. März 1837 «1 Filiale»: in NUstadiwaldeiibürg bei Herr» Kaufmann Max Liebezeit; in Penig bei Herrn Kaufmann Rob. HSrtla, Mandelgassei in Rachsburg bei Herrn Nu bhalter Fauth; in Lunzenau bei Hru. Buchhdlr. E. Dietze; in Wechselburg bei Herrn Schmied Weber; in Lichtenstein b. Hrn. Buchh, I. Wehrmann. Zugleich weit verbreitet in den Städten Penig, Lunzenau, Lichteusteiu-Callnberg und in den Ortschaften der nachstehenden Standesamtsbezirke: Altstadt-Waldenburg, Braunsdorf, Callenberg, St. Egidien, Ehrenhain, Frohnsdorf, Falken, Grumbach, Kaufungen, Langenchurs )orf, Langen leuba-Niederham, Langenleuba-Oberhain, Niederwiera, Obergräfenhain, Oberwiera, Oberwinkel, Oelsnitz i. E., Reichenbach, Remse, Rochsburg, Nußdorf, Schlagwitz, Schwabeil, Steinbach, Wechselburg, Wiederau, Wolkenburg und Ziegelheim. Witterunqsaussichten für den 16. März: Bei östlicher Windrichtung theils heiter, theils wolkig mit wenig veränderter Temperatur. Erscheint täglich mit Ausnahme der Luge nach Sonn- und Festtagen. Annahme von Inseraten für dis nächster- scheinende Nummer bis nachmittags 2 Uhr. Der Abonnementspreis betrügt vierteljähr lich 1 Ml. SS Pf. Inserate pro Zeile 10 Pf., Kinges. 20 Pf. Expedition: Waldenburg, Kirchgasse 255. Attentat auf den russischen Kaiser? "Waldenburg, 15. März 1887. Der Unternehmungsgeist hat sich in der deutschen Industrie- und Geschäftswelt mächtig entwickelt, seitdem die bekannten Vorgänge der 70er Jahre Manchem einen sehr ernsten Fingerzeig gegeben hatten, daß er auf einer falschen Bahn einherschreite. Die erste Hälfte der 70er Jahre beherrschte der Drang, recht schnell reich zu werden; man sah das Geld gleichsam auf der Straße liegen, und um es zu gewinnen, wurden alle möglichen und unmöglichen Mittel in Anwendung ge bracht, und zwar nicht immer reelle. Ohne Maaß wurde darauf loswirthschaftet, der Unternehmungsgeist wurde zum Sklaven einer wüthendeu Spekulation, die große Menge des Publikums, die nicht genug verdienen konnte, trieb die Spcculanlen zu immer tolleren Maß nahmen, und das Ende war, wie es sein mußte: Tausende und Abertausende verloren ihr ganzes Ver mögen oder doch einen Theil davon. Seit dem Krach der 70er Jahre haben wir schon öfter ähnliche Kata strophen, allerdings geringeren Umfanges, gehabt; aber j Mit gutem Gewissen können wir in Deutschland sagen, i keine einzige dieser Episoden ist durch geschäftlichen Leichtsinn oder ziellose Speculation hervorgerufen wor- den. Stets lagen andere Gründe vor. In anderen i Staaten, namentlich in Oesterreich-Ungarn und Nord- i amerika, wucherte die Speculation zeitweise schon wie- i der recht bedenklich, und die Folgen davon blieben auch nicht aus. In Deutschlands wirthschaftlichem Leben sind solche ganz dunkle Flecke nicht wieder zu - verzeichnen gewesen. Der Krach hatte die gute Wir- ' kung, daß man erkannte, wie das Gedeihen einer jeden Nation nur auf einer einzigen Grundlage fußt, auf der ernsten und ehrlichen Arbeit. Deutschland hat tüchtig arbeiten und die Arbeit schätzen gelernt, und aus der reellen Thätigkeit zog der gesunde, frische Unternehmungsgeist von Neuem Lebenskraft. Schauen wir uns um iin deutschen Vaterlande, wo- ; hin wir auch wollen. Die Fortschritte, die in den letzten zehn Jahren in jeder Beziehung gemacht wor den sind, sind kolossal, und mit Recht sagt man nicht nur von großen, sondern auch von mittleren und kleinen Städten, sie hätten sich in den letzten zehn Jahren so ver ändert, daß sie zuni Theil nicht wieder zu erkennen seien. Eisenbahn- und Verkehrswesen hat sich in un geahnter Ausdehnung entfaltet, eine Erfindung drängt die andere, und an den Annehmlichkeiten, welche das Leben verschönen, wird fort und fort gearbeitet. Was in früheren Jahren nur reichen Leuten zugänglich war, ist heute bereits Allgemeingut geworden. Und Alles würde noch ganz anders, wesentlich besser stehen, wenn nicht ein Alpdruck auf dem allgemeinen wirthschaftlichen Leben lastete, von dem alle Staaten Europa's berührt werden. Seit manchem Jahr wird bereits dagegen angekäutpft, auch jenseits des Oceans hat man seine Noth, aber es giebt kein anderes Mittel, als Abwar ten und Ausnutzung der jetzigen wenigen günstigen Verhältnisse, so gut das möglich. Und gerade in dem unverdrossenen Weiterarbeiten auch in schwererer Zeit hat der deutsche Unternehmungsgeist Großes geleistet, hier ist gezeigt, daß das deutsche Volk hinter keinem anderen der Welt zurücksteht. Das deutsche Reich ist längst zu klein für den deut schen Unternehmungsgeist; er entfaltet seine Thätigkeit an den entferntesten Gestaden des Weltmeeres, in schar fer, aber ehrlicher Concurrenz mit den anderen handel treibenden Völkern der Erde. Die deutsche Arbeit ist preiswerth; das ist ihr größter Ruhm und hat es ihr überhaupt erst ermöglicht, sich mit anderen Ländern zu messen, die uns um Riesenschritte in der internationalen Friedensarbeit voraus waren. Die Geschichte lehrt, daß die Nationen am wohlhabendsten dastanden, die den größten Welthandel betrieben. Deutschland kann nicht hoffen, in einem Dutzend Jahre die erste Handelsmacht der Welt zu werden, aber mit Stolz können wir heute schon sagen, daß wir eine der ersten Handelsmächte der Welt bereits geworden sind, und das ist eine That- sache, die uns zur gerechten Befriedigung gereichen muß. Wir können auch mit Zuversicht hoffen, daß wir noch weiter fortschreiten, sofern wir festhalten an der kräftigen, frischen Unternehmungslust und fern uns von allerSpeculation, diemitehrlicherArbeitnichtverträg- lich ist und auf die Dauer keinen Segen bringt. Zu alledem aber gehört ein fester Friede; drohende Kriegsgerüchte sind der friedlichen, einträglichen Arbeit größter Feind, und darum wollen wir vor Allem dem Wunsch der Zukunft vortragen, möge es so ruhig bleiben, wie es jetzt ist, zum Besten deutscher Arbeit und deutschen Fleißes. Politische Rundschau. Deutsches Reich. Der Kaiser arbeitete Montag Vormittag mit dem Geh. Rath von Wilmowski und nahm verschiedene Vorträge entgegen. Nachmittags unternahm der Kaiser eine ^Spazierfahrt und speiste nach der Rückkehr mit der Kaiserin. Der Prinz-Regent von Braunschweig wird am 19. d. M. mit seiner Gemahlin in Berlin eintressen. Mittwoch Nachmittag kommt der Kronprinz von Oesterreich in Potsdam an, wo derselbe bis zum 22. März beim Prinzen Wilhelm verbleibt. An sei nem Geburtstage wird sich der Kaiser auf dringendes Anrathen der Aerzte auf den Empfang der Mitglieder der Kaiserfamilie und der fürstlichen Gäste beschränken, die allerdings in sehr großer Zahl anwesend sein wer den. Möglicherweise findet noch ein Empfang der Botschafter statt, jeder andere Empfang fällt aber aus. Von Londoiz aus waren sensationelle Nachrichten verbreitet, gegen den Kaiser von Rußland sei am Sonntag ein erfolglos gebliebenes Attentat ausgeübt. Die Nachrichten sind unbegründet, es ist nichts gesche hen. Die kaiserliche Familie ist von Petersburg nach Gatschina übergesiedelt. Wiener Privatme'dungen aus Petersburg behaupten, es hätte thatsächlich am Sonntag ein Bomben- Attentat gegen das Czarenpaar während einer Spazierfahrt ausgeführt werden sollen. Der Anstifter ward verhaftet. (?) Prinz-Regent Luitpohd von Bayern ist am Sonn abend 66 Jahre alt geworden. Sämmtliche Münche ner Blätter beglückwünschen den Regenten zu seiner segensreichen Wirksamkeit, welche im Laufe eines Jahres so viele Schwierigkeiten überwand. Die Theilnahme an der Geburtstagsfeier war im Lande sehr groß. Der Rücktritt des Staatssekretärs von Hofmann in Straßburg steht fest. Als sein Nachfolger gilt der bisherige Leiter der Justizabtheilung der elsaß-lothrin gischen Regierung, Unterstaatssekretär von Puttkamer, der mit den Verhältnissen im Reichslande besonders gut vertraut sein soll. Fürst Bismarck stattete Sonnabend Nachmittag, nachdem er Herrn von Lesseps eine Gegenvisite gemacht, auch der Gemahlin des französischen Botschafters einen Besuch ab. Ferdinand von Lesseps ist Sonntag Abend von Berlin nach Paris zurückgereist. Ueber die Audienz beim Kaiser können wir noch berichten: Als Herr von Lesseps beim Kaiser war, marschirte gerade die Wache vorbei. Der Kaiser trat an's Fenster und dankte lä chelnd für die stürmischen Ovationen und winkte dann Lesseps zu sich an's Fenster, um die Scene in Augen schein zu nehmen. Dann zogen sich Beide zurück, während draußen die Nationalhymne angestimmt wurde. Der Kaiser ließ sich von Lesseps namentlich über den Bau des Panamacanals unterrichten und wünschte die sem Unternehmen den besten Fortgang. Alsdann ent ließ der Kaiser den Gelehrten mit den wärmsten Wün- > schen für sein ferneres Wohlergehen. Gegenüber einem ? Berichterstatter des „New-Jork Herald" sprach Lesseps ? sich dahin aus, England werde Egypten nicht behalten. Sollte es darauf bestehen, werde es schließlich zum Kriege mit Frankreich kommen. Als bestes Mittel zur Beruhigung Egyptens empfahl er die Rückberufung des früheren Khedive Ismail. Die „Nordd. Allg. Ztg." schreibt, die Unterredung zwischen dem Fürsten Bismarck und dem Frhrn. von Franckenstein habe keineswegs die Bedeutung, die s man ihr beilege. Der Kanzler conferire regelmäßig bei i Zusammentritt des Reichstages mit Mitgliedern aller ' Parteien — mit Ausnahme des Fortschritts. „Fürst ! Bismarck hat Unterredungen mit Herrn von Helldorf, ; Herrn von Bennigsen, Herrn Miquel u. A. gehabt. - Für jeden Abgeordneten, der ihn zu sprechen wünscht, - ist der Reichskanzler immer zu Hause gewesen. Es , entspricht also nicht den Verhältnissen, wenn der Besuch ! des Frhrn. von Franckenstein beim Reichskanzler als : eine hochwichtige Angelegenheit behandelt wird. Am Sonnabend waren'65 Jahre verflossen, seit Graf Moltke als Lieutenant aus dem dänischen in : den preußischen Dienst trat. In den nächsten Tagen steht, wie der „Post" aus j Straßburg geschrieben wird, eine größere Anzahl - von Ausweisungen solcher nicht landesangehörizen Personen bevor, welche Seitens der Behörde die wider rufliche Erlaubniß zum Aufenthalt im Lande erhalten haben. Namentlich dürfte sich diese Maßregel in ziem lich umfassender Weise auf Mülhausen und Umgebung erstrecken. Die rumänischen Blätter veröffentlichen den in jüng ster Zeit zwischen Deutschland und Rumänien ab geschlossenen Handelsvertrag bereits. Deutschland hat verschiedene Concessionen gemacht, aber auch eine ganze Reihe von Zollerleichterungen zugestanden erhalten. Der päpstliche „Osservatore Romano" fährt fort, der Centrumspartei Vorwürfe zu machen, weil sie nicht für das Septennat gestimmt haben. Die Eentrums-Blätter betonen demgegenüber, dieser Schritt würde für die Partei verhängnißvoll gewesen sein. FrankreitL,. In Paris fanden Sonntag verschiedene Anarchi- stenversammlungen statt, welche am Jahrestage der Ermordung Kaiser Alerander's II. dessen Mörder feierten. Die Kammer bewilligte 21 Millionen zur Deckung des endgiltigen Defizits der Ausstellung von 1878. Italien. Am Montag wurde der Geburtstag des Königs Humbert unter großer Theilnahme begangen. In Rom fand eine Parade statt, bei welcher der König lebhaft begrüßt wurde. Der deutsche Botschafter von Keudel ritt neben dem Monarchen. Der Herzog von Aosta reist am 19. März nach Berlin.