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WiNmsserTageblalt für Bürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter. Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, I «M.-uiii-ttck gebühr. Einzelnummern Wochenblatt für Wilsdruff u. Umgegend Falle höherer Gewalt. Krieg ober sonstiger «etneboftbrun^ni besteht dein Anspruch au, Lieserun, Jeitnng oder Kürzung der Bezngrpreisea. — Rücksendung eingesandter Schriftstücke ersolgt nur, wenn Porto beUiegt. Fernsprecher- Amt Wilsdruff Nr, 6 durchFernrusübe-mitteltenAnzeigenübern-hmenwirkeineGaranti- Richligkett brr . . .... K'°°r ^e^en werden muh °d-°rd.r«nttr°„eb.r,a^ Das Wilsdruffer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshcmptmannschaft Meisten, des Amts gerichts und des Stadtrats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt und des Finanzamts Nossen behördlicherseits bestimmte Blatt Sonnabend, den 31. Mai 1930 llilterstiitzliiig oder Arbeitsgelegenheit? 10 Mionen Arbeitslose Deutschland. Rumänien bezahlt die I i die es aus Deutschland importiert, mit A datz wir etwas verkaufen könnten, ohne etwas zu kaufen. So könnte das deutsche Mais mono pol einer rumänischen Kooperativorganisation zum Kaus von Jndustrieprodukten entsprechen Diese beiden Organisationen könnten sich verstän digen und dadurch würden die Schwierigkeiten, die entstehen, sich verringern." Sie ElMWg des VerMmVater m WchMhn mb ReilWM Berlin, 30. Mei. Der Verwalkungsrat der Reichsbahn gesellschaft hat jetzt dis Umwandlung erfahren, die durch den Uebergang vom Dawcsplon zum Youngplan möglich gemacht worden ist- Die vier ausländischen Mitglieder des Verwaltungs- rates der ReichsbahnMellschaft sind ausgeschieden und an ihre Stelle sind von der Reichsregierung neu in den Verwalkungsrat ernannt worben: als Vertreter Badens der Industrielle Hackels- berger - Lörrach, als Vertreter des deutschen Ostens Handels- kammerpräsident Grund-Breslau, als Vertreter der Arbeiter schaft der Gewerkschaftsfekretär Kaiser. Der vierte Vertreter, der vom Freistaat Sachsen zu stellen ist konnte bisher nicht ernannt werden. Die sächsische Regierung hat für diesen Posten ein Porschlagsrecht, hat davon aber bisher keinen Gebrauch gemacht, weil die Frage, ob als sächsischer Ver treter ein Regierungsbeamter oder eine unabhängige Persönlich- in den Mustriestaaku. Der Reichsarbeitsminlster über das Erwerbslosenproblem. Auf der im Plenarsaal des Reichswirtschaftsrates ab gehaltenen Tagung der Bundesausschüsse des Allge meinen Deutschen Gewerkschaftsbundes und des Allgemeinen Freien Angestellten bundes, die sich mit der Frage „Aufstieg oder Niedergang" beschäftigte, führte Reichsarbeitsminister vr. K. o. Stegerwald in einer Ansprache u. a. aus: Wir befinden uns gegenwärtig in einer Weltwirt schaftskrise. Das geht schon daraus hervor, daß in den drei hauptsächlichsten Industrieländern, den Vereinig ten Staaten von Amerika, England und Deutschland rund zehn Millionen Arbeitslose vorhanden sind. In Deutschland arbeitet der bedeutsamste Wirtschaftszweig, die Landwirtschaft, schon längere Zeit mit einer großen Unterbilanz, daneben wird mit zwei Millionen Arbeitslosen die deutsche Kaufkraft weiterhin jährlich um vier bis fünf Milliarden Mark geschwächt. Auch in der Finanzpolitik des Reiches und der Gemeinden wurden in den letzten fünf Jahren schwere Fehler gemacht. Und so stehen wir im Jahre 1930 vor der nüchternen Realität, daß, um die Finanzen des Reiches, der Länder, der Gemeinden, der Reichsbahn, der Arbeitslosenversicherung usw. in Ordnung zu bringen, wir Volk und Wirtschaft mit rund zwei Milliarden Mark neubelasten müssen, in derselben Stunde, in der man glaubte, daß durch die An nahme des Aoung-Planes Erleichterungen auf der ganzen Linie zu erwarten seien. Und nun wird mit einem gewissen Recht gesagt, daß es verfehlt sei, so hohe Unterstützungen zu verausgaben, anstatt mit diesem großen Betrage Arbeits gelegenheit zu schaffen. Das ist leichter gesagt als getan. Um zwei Millionen Arbeitslose normal beschäftigen zu können, sind an sechs Milliarden Mark notwendig. Diesen Betrag kann gegenwärtig eine Regierung mag sie zusammengesetzt sein wie sie will, weder durch Auslands- noch durch Inlandsanleihen, noch durch laufende Steuern beschaffen. Aus einer Wirtschaft können nicht beliebig Abgaben hcrausgcpreßt werden, wenn noch etwas übrigbleiben soll für die Lohn- und Gehaltsguote. Ich habe als Arbeitsminister bestimmt keine Veranlassung, Unter dem Druck der Not. Spionagegeschichten. — Nächtlicher Protest. — Schutz dem Osten. — Politischer Waffenstillstand. . Die Schieberei au der deutsch-polnischen Grenze erhält ganz eigenartiges Gesicht. Aus einem mehr an den Kalkan erinnernden Grenzzwischenfall wird eine ^pionageaktion. Wird ein „Fall Schnäbele". Der Mter eines polnifchen Spionagebureaus wird auf deut- iches Gebiet „gelockt", wird festgenommen, abtransportiert, Während polnische Grenztruppen vergeblich versuchen, Mch schlecht gezieltes Schützenfeuer und durch liber- Meiten der Grenze ihren Mann gewaltsam wieder zu be- Mn. So weit ist es in jenem historisch berühmt ge wordenen Fall des französischen Polizeikommissars und Monageleiters Schnäbele 1887 nicht gekommen. Gegen 7" lag ew Haftbefehl des Deutschen Reichsgerichts wegen vollendeter Spionage auf deutschem Gebiet vor und als er M Einladung eines deutschen Polizeikommissars zu einer glichen Besprechung in Grenzangelegenheiten nach Metz 'M wurde er festgenommen. Er hat seine Spionage ^gestanden, ist aber doch von Bismarck wieder freige- Men worden, weil die Einladung sozusagen das freie ^leit in sich schloß. In Frankreich aber, wo der Kriegs- Mlster Boulanger den „Revanche"-Gedanken empor- Mchte, war »ran drauf und dran, diesen „Fall schnäbele" als Anlaß zu einem Angriff auf Deutschland ^ benutzen; datz die Ministertollegen Boulangers sich der ^en Hetzerei des Kriegsministers entgegenstellten, hat M Kriegsausbruch ebenso verhindert wie das großzügige, Mgens hier und da nicht gebilligte Entgegenkommen Mniarcks. Solche Spionagegeschichten haben ja immer eine an sich, daß sie „inoffiziell" sind, da alle Negie ren einem stillschweigenden Übereinkommen gemäß Mts wissen", wenn irgendwo ein Spion erwischt wird. M die deutsch-polnische Auseinandersetzung geht auch „ darum, ob deutsches Gebiet verletzt worden ist oder Wobei es nicht eines etwas grotesken Einschlages P "ehrt, daß der Vertreter Polens in Berlin eine späte Mistunde benutzte, um seinen Protest beim Auswärtigen M anzubringen, dabei natürlich eine Abweisung erfuhr. ,. Daß man in Warschau sich mir der Bestallung '"er gemischten deutsch-polnischen Kom - Mssion zur Untersuchung des Zwischenfalles zufrieden- Wben hat, zeigt noch deutiicher, wie überflüssig und vor- My jener nächtliche Protest gewesen ist. Deutsch- MZ Spionageabwehr mutz aber aus einen Schelmen ""derthalbe setzen, besonders wenn man in Polen Deutsche „Spionage" und Landesverrat verurteilt, nur weil ^stzustellen versuchten, in welcher Stärke die Neste des Mtschmms sich in Polen erhalten haben. Das in Brom- , vg vor kurzem gefällte Urteil gegen Führer des längst ,^gelösten Deutschtumbundes ist ja durchaus nicht das '"sige dieser Art. Und wenn Deutschland sein Pro- m m der O st h i l f e durchführt, über das der Mchsiag nach seiner Rückkehr aus den Pfingstferien be iden wird, so dient auch alles, was darin vorgeschlagen Md, hoch nur der nicht zuletzt bevölkerungspolitischen Neidigung deutschen Bodens, will nur brennende Nöte fettigen. Wie schwierig das ist, geht ja allein schon aus M jüngsten Mitteilungen hervor, die Dr. Moldenhauer vft die Lage der deutschen Finanzen machen . "ßte. Auch vor diese Aufgabe einer vorsorglichen Sanie- Ms wird der Reichstag sich gestellt sehen, wenn er Mitte Mi wieder zusammentritt. In den letzten Debatten kam Wieder stark zum Ausdruck, wie sehr auf Gedeih und Merb die Rcichsfinanzen abhängig sind vom Er- Men der Wirtschaft, und daß man nicht aufs wue hinaus Steuern beschließen und verhängen kann, Mn man nicht spüren will, wie die Schraube überdreht Darum hält — trotz bevorstehender neuer Stener- Mhungen — die Negierung an der Absicht fest, sich und M Reichstag auf eine Steuerherabsetzung für M Zukunft festzulegcn, wenn erst einmal die Mnende finanzielle Not der Gegenwart durch Anspan- M aller, wirklich aller Kräfte überwunden sein wird, t Dabei wird es aber auch notwendig sein, mit fester Md gegen Störungen vorzugehen, die den Ernst der Müde anscheinend immer noch nicht erfaßt haben, Mern ihre parteipolitischen Differenzen mit Dolch oder Mole gegeneinander austragen. Politische Morde M fast schon zur ständigen Rubrik in den Zeitungen ge- M^n.und mit steigender Rücksichtslosigkeit werden durch dj» Schießereien und Stechereien auch Menschen bedroht, zufällig, jedenfalls gänzlich ungewollt in das Ge- Müiel hineingeraten. Hoffentlich bleiben Maßnahmen M staatlichen Selbstschutzes — die immer notwendiger MM — nicht im Stadium der „Erwägungen" stecken. vr stolpern über angebliche „Freiheiten", die dem zMtsbürger gelassen werden müßten. Leider scheinen die München Bestimmungen über den Waffenbesitz längst Zu genügen, auch die Strafen nicht die notwendige Mweckende Wirkung auszuüben. Und vielleicht doktert liau MEr noch zu sehr an den Symptomen herum, an- unt scharfem Messer den Krankheitsherd vorzu- MfUen. Die furchtbaren Ereignisse der letzten Tage MMN aber zu der Erkenntnis führen, wie zwingend ^. Wendigkeit geworden ist, ohne jede Rücksicht auf eine M? c>.M h erstellung einespolitischenWaf- u str l l st a n d e s zu sorgen. Dr. Pr. Vertrag aus längere Dauer beginnen. Ich denke, es wird nicht schwer sein, uns aus die Prinzipien, die diesem Vertrag als Grundsatz dienen müssen, zu einigen. Um die Auseinandersetzung zu erleichtern, müssen wir manche falschen Voraussetzungen beiseite lassen, die sich Nr. 125 89. Jahrgang Telegr.-Adr.: „Amtsblatt" Wilsdruff-Dresden Postscheck: Dresden 2640 Sie Aussichten der rumänischen Mrtschajlsverhandiullgen. Eine Unterredung mit dem neuen rumänischen Gesandten. Minister Dr. Georges Tasca, der neue rumä nische Gesandte beim Deutschen Reich, wurde in diesen Tagen vom Reichspräsidenten empfangen, um fein Be glaubigungsschreiben zu überreichen. In einer Unter redung mit dem diplomatischen O.-L.-Mitarbeitcr wies er besonders aus die kritisch gewordenen Handelsvertrags- Verhandlungen und die Notwendigkeit ihrer Klärung hin. Minister Tasca, der von Berlin seit seiner Ankunft den besten Eindruck empfangen hat, erkennt die sich für Deutschland ergebenden Schwierigkeiten in den Handelsvertragsverhand- lungen mit einem Agrarland, wie es Rumänien ist, voll an. Auch ist dem Minister die zu großer Vorsicht Anlaß gebende schwierige Lage des deutschen Wirtschaftslebens nicht fremd und er hat als Fachmann aus dem Gebiete der volkswirtschaftlichen Forschung und Organisation volles Verständnis für die große Rücksicht, die man deutscherseits der deutschen Landwirtschaft entgegenbringl. „Wenn man zu Handelsvertragsverhandlungen Stellung nehmen will, muß man vor allem dem Kernpunkt ihrer Wesens art seine Aufmerksamkeit zuwenden, d. h. man muß dem kaufmännischen Moment in solchen Verhandlungen besondere Beachtung schenken. Kaufmännisches Prinzip aber ist Geben und Nehmen; oder besser, nehmen, wenn man geben kann." Auf den Einwand, daß Deutschland durch die besondere Lage seiner Ostgebiete in dieser Hinsicht nicht immer frei handeln könnte und ihm jetzt durch das notwendig gewordene Ost- programm erhebliche Beschränkungen auferlegt würden, antwortete der Minister: „Das ist richtig. Aber will Deutschland seine Fertig- sabrikate, seine Maschinen und chemischen Produkte nach Rumänien ausführen, so muß es der rumänischen Wirtschaft auch die Möglichkeit geben, ihre Erzeugnisse, und das sind vor allem Getreide, Mais, Petroleum usw., in angemessener Menge nach Deutschland zu exportieren. Die deutschen Zoll Maßnahmen, die — was der Gesandte zugibt — eine innenpolitische Berechtigung haben mögen, machten jedoch einen solchen angemessenen und befriedigenden Export nach Deutschland unmöglich." „Die Verhandlungen, die zurzeit in Bukarest geführt werden, müssen unbedingt zu einem erfreulichen Ergebnis führen," erklärte er. „Das deutsche Volk ebenso wie das rumänische wären sehr enttäuscht, wenn man nicht zu dem ge wünschten Resultat gelangen würde. Ein Abbrechen der Ver handlungen ist doch unmöglich. Sobald der provisorische Ver trag abgeschlossen ist, müssen wir unverzüglich die Verhand lungen für einen manchmal in die deutsche sowie in die rumänische Presse ein geschlichen haben. Man hat zum Beispiel in Deutschland gesagt, datz Deutschland im Jnlande alle wirtschaftlichen Erzeugnisse, die es braucht, anbauen müsse. In Rumänien behauptet man, daß Rumänien alle Jndustrieprodukte, die es braucht, Herstellen müsse. So würden die Geldsummen, die über die deutsche Grenze geschickt würden, um damit Agrarprodukte zu kaufen, oder über die rumänische, um damit Jndustriewaren zu kaufen, in den betreffenden Ländern bleiben; und man konnte dann mit deren Hilfe die Lage der Arbeiter erleichtern Eiile ganz falsche Ausfassungl Keine Geldsumme überschreitet die deutsche Grenze nach Rumänien oder die rumänische nach "" ' Rumänien bezahlt die Jndustriewaren, ..." A g r a r p r o d u k 1 e n und Deutschland die rumänischen Agrarprodukte mit Industrie- Waren. Wenn diese zwei Länder keinen gegenseitigen Handel betreiben würden, so würde die deutsche Industrie mit ihren unverkauften Jndustrieerzeugnissen sitzenbleiben, und der rumä nische Bauer könnte nichts kaufen, da er seine Agrarprodukte nicht verkauft hat. Wir müssen also auf die Idee verzichten, tu Zwcckpcssimismus muß ich sagen, unsere Lage ist äugen- bliültch ernst. Durch verschiedene Maßnahmen, die bisher in Angriff genommen sind, hofft die Neichsregierung, wenn der rASAag ihren Vorschlägen beitritt, in kurzer Frist 120 000 bis 150 000 Arbeitern, insbesondere Bauarbeitern Arbeit und Brot verschaffen zu können. Für jene, die nicht sofort in den Produktionsprozeß eingegliedert werden können, muß gesorgt werden. Innerhalb von vier Wochen hat der Reichstag dar über zu entscheiden, wie neben den vorhandenen Mitteln noch für weitere 500 000 bis 600 000 Arbeitslose neue Mittel zu beschaffen sind. Der Leiter der Sozialpolitischen Abteilung des A. D. G. B sprach über das Thema „Für den Schutz der Arbeitskraft" und führte dabei aus: Nur auf dem Wege gesunder und auf lange Sicht angelegter Arbeitsmarktpolitik könne eine wirklich - Entlastung erzielt werden. Auch durch den Abbau sonstiger Sozlalleistungen, insbesondere der der Krankenversiche rung könnten nennswerte Ersparnisse nicht getätigt werden Niemals werden die Gewerkschaften anerkennen, daß eine weitere Verminderung der Massenkaufkraft der auf den >znlandsmarkt angewiesenen Wirtschaft einen gesunden Antrieb geben könnte. Der Leiter der Wirtschaftspolitischen Abteilung, W. Eggert, wendete sich gegen die wirtschaftliche Kata- st r o p h e n p o l i t i k. Ausgabendroffelung zur Arbeitslosensanierung. Im Haushaltsausschuß des Reichstages errechnete Finanz minister Dr. Moldenhauer bei der Arbeitslosenversiche rung einen weiteren Mehrbedarf von 600 Millionen Mark. Insgesamt belrage also der Fehlbetrag 736,6 Millionen. Zuni Teil werde sich die Deckung dieser Mehraufwendungen durcö Maßnahmen auf dem Gebiete der Arbeitslosenversicherun- selbst ergeben. In Zusammenhang hiermit sei auch eine Reihe von Maßnahmen in Vorbereitung, die durch Arbeitsbeschaffung die wirtschaftliche Lage im allgemeinen heben sollen. Bezüglich des noch verbleibenden Ausfalles habe sich das Kabinett bishc. ein allgemeines Bild über die Notwendigkeit einer Deckung gemacht, ohne sich auf einen bestimmten Weg festzulegen. Scho ! jetzt könne man sagen, datz man dabei an der Ausgaben seite des Haushalts nicht Vorbeigehen werde.