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Slr.S 8». Jahrgang Unabhängige Zeitung für alle Stände in Stadt und Land. Dicht verbreitet in allen Volksschichten. Beilagen: Illustriertes Sonntagsblatt Heimatkundliche Beilage Frau und Heim / Landwirtschaftliche Beilage. — Druck und Verlag von Friedrich May, G. m. b. H. in Bischofswerda. — Postscheckkonto Amt Dresden Nr. 1521. Gemeindeverbandsgirokasse Bischofswerda Konto Nr. 64 Anzeigenpreis: Die <1 mw breite einspaltige Millimeterzelle 8 Rpk Im Tertteil die SO ww breite Millimeterzeile SS Rpf. Nachlaß nach den gesetzlich vorgeschriebenen Sätzen. Für das Erscheinen von Anzeigen in bestimmten Nummern und an bestimmten Plätzen keine Gewähr. — Erfüllungsort Bischofswerda. Zernsorechrr Am» Bischofswerda Ur. 444 und <45. Sm Falle höherer Gewalt — Krieg oder ionftiaer irgendwelcher Störung de» Betriebe« der Zeitung oder der Besörderungseinrich. >- tungen — hat der Bezieher keinen ^Anspruch aut Lieierung oder Nachliefemng der Zeitung oder auf Rückzahlung de» Bezugspreise». Donnerstag, den 4. Januar 1S34 Der SSHWe LrMkr Tageökck firAWoßwerda AleukwH und Almgegend Einzige Tageszeitung im Amtsgerichtsbezirk Bischofswerda und den angrenzenden Gebieten Der Sächsische Erzähler ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekannt machungen dyr Amtshauptmannschaft, des Arbeitsgerichts, des Hauptzoll amts und des Bezirksschulamt» zu Bautzen sowie des Finanzamt» und de» Stadtrat» zu Bischofswttda behördlicherseits bestimmte Blatt . Erscheiauugswrts«: Lögllch mit Ausnahme der Sonn» und Feier tag«. Bezugspreis für di« Zeit «ine» halben Monats: Frei ins Haus halbmonatlich Mark 1.10, beim Abholen in der Geschäfts stelle wöchentlich 4» Pfg. Einzelnummer 10 Pfg. (Sonnabend nummrrlvPfg.) Tagesschau. * Lurch eia« schwere Schlagwetterexplosion wurden auf der zweitgrößten Grube Böhmen», der Grube ^Nelson III" la Dsseg bei Dux, 140 Bergleute eingeschlossen. Mr vier Bergleuten ge lang «», sich in ein benachbarte» Revier zu retten. Die Ansichten aus Bergung der übrigen Eingeschlossenea find fast aussichtslos. * Römisch« Berichterstatter pariser Blätter meideu, daß Ila- lieu den Wunsch habe, «ine Zusammenkunft der vier Großmächte zustaudezubringea, aus der Italien und England die Vermittler- Uad Schled»richlrrrolle Übernehmen »Sanken. 3a den heutigen Pariser Alorgenblättern kommt allgemein die Befürchtung zum Auadruck, daß MuffoVni den englischen Außenminister für seine Ansichten gewinn«« könne. * Lee Relch»prSsident hat auf Voqchlag de» R«ich»wehrmint. Her» den B-fthAhaber l« wehrkvri, lll, Generalleutnant Arhrrn. v. -ritsch, mit de« 1. Febrvar 1SZ4 zu« Lhes der Heere»leilung ernannt. wie kirchenmiaister Weber «»teilt, ist er am 22. Dezember von feinem Amt al» stlrchenmtirifier zurückgetreten. An derWägung der deutschen Kriegsopfer, die am Mittwoch ta München stattfand, «ahm auch eia Vertveter der französischen Srlegsopferverbüad« teil. Die finnische Regierung hat da» vorläufige deutsch-finnische Handelsabkommen vom 21. April 1922 gekündigt. Deutsche wa- re« werden bet der Einfuhr nach Finnland nicht mehr meistbe günstigt behandelt. Infolgedessen stad aych die finnischen waren von dee deutsche» Meifibegünstigung-Nst« gestrichen Horden. * Vie neuen französischen Elnfuhckoytingeate haben i« Eng- taud unliebsame veberraschuug herworgerufen. 3a der Angelegenheit de» Bayonner Bankkrach» Ächten einige Blätter Vorwürfe gegen den französischen Solonlalminister Dalmer, weil dieser in seiner Eigenschaft al» Arbeitsminister im 3ahre 1SZ2 den Sozialverflcheruqg-gesellschaften empfohlen haben soll, Bond» städtischer Leihhäuser zu erwerben. * 3a der Nähe von Epinal Frankreich) wurden in der Nacht zu« Voaaervlag bei einem Eisenbahnunglück 12 Soldaten verletzt, zum Teil schwer. * ja Rumänien ist Ministerpräsident Augelescu, der an die Stelle de» ermordeten Dura getreten war, seine» Amte» enthoben worden. Zum Müüsterpräsldeatea wurde Talarescu, der Führer der politischen liberale« Jugend, ernannt. - Ja den südamerikanlschen Staaten Peru und Bolivien be finden sich 8000 Indianer im Aufruhr. Sie plünderten mehrere Stationen einer in englischem Besitz befindlichen Eisenbahnlinie. 3a da» Aufstaadsgebiet sind Gruppen entsandt worden. Ausführliche» an anderer Stell«. Lin «eoer Panama-Skandal in Frankreich. Der Millionenbetrug beim «Kredit Municipal in Vayonne. — 475 Millionen gefälschte Anteilscheine. Noch ist di« öffentliche Meinung Frankreichs durchzit tert von der Erregung und Empörung über die Schlam perei und bewußte Unsicherheit auf den französischen Eisen- oahnen, die durch da» furchtbar« Eisenbahnunglück von Lagny aufgedeckt worden sind. In die leidenschaftlichen Diskussionen über Abhilfe und Besserung platzt nun die Nachricht von einem neuen Flnanzskandal hinein. An und für sich sind derartige Skandale gerade in Frankreich nicht selten. Der berühmteste ist der Panama-Skandal vom Jahre 1889, besten Name zu einem Kennwort für Angelegenheiten geworden ist, bei denen es sich um besonders umfangreiche Betrügereien und Korruptionen handelt. E» sei weiter an den Fall der Therese Humbert erinnert, an den Oustric- Skandal, in den «in aktiver Minister verwickelt war, an die Zeitungsskandale des berühmten Herrn Coty und andere „Ehrenmänner*, dl« «» vortrefflich verstanden haben, Ge schäft und Politik miteinander zu verquicken. Auch der neueste Fall von Bayonne fit wiederum typisch für die Verzahnung von Geschäft und Politik. Der Eredit Municipal in Bayonne hat seit geraumer Zelt Anteil scheine herausgegeben und in Umlauf gefetzt. Schließlich erreichten sie die Höhe von rund 470 Millionen Franken, von denen aber höchsten» SO Millionen gedeckt waren. Zwar fit der Direktor der Lank in Bayonne, Tisster, verhaftet worden, aber er ist offensichtlich nicht der Hauptschuldige, sondern er war nur der Strohmann des Generaldirektors und Finanzmanns Stavtski, der nach dpr einen Lesart ein flüchtiger Sude au» Rumänien sein soll, nach der ande ren aus Rußland stammt. Jedenfalls ist es diesem Bal- kanier oder Rusten, der erst nach dem Kriege nach Marseille gekommen war, gelungen, die französisch« Staat»angehorig« FukWre GMMWrW io MWWeo 132 Bergleute im brennenden Schacht eingeschloffen. Rettungsversuche ergebnislos. die Fachleute dem Ergebnis der eingeleiteten Rettungsaktion mit großem Pessimismus entgegen. Bis 21 Uhr gelang es, frische Wetterströme in die vergasten Reviere einzuführen, so daß die Qualm- und Dampfentwicklung um diese Zeit fast vollständig zum Stillstand gelangt war. Um diese Zeit begann die Einfahrt der ersten Rettungsmannschaft. Die Fortschritte der Rettungsaktion - dürften langsam vor sich gehen, weil das Einsteigen auf Leitern erfolgt und jeden falls auch mit starken Verbrüchen unter Tag zu rechnen ist. Man erwartet für die nächsten Stunden die erste Nachricht über das Schicksal der 1S2 Eingeschlossenen. Keine Hoffnung auf Reifung der SingeMffenen. Brüx, 4. Januar. (Eig. Funkmelda.) Bisher konnten 16 Tote geborgen werde«. Klopfzeichen der Liageschlossenen sind nicht mehr zu höre«. Die Aussichten auf eine Bergung der Liageschlossenen sind sehr gering, weil die riesigen Stich flamme« eine große Hitze entfalten. Alle Zugänge zum Unglücksschacht sind verschüttet. Aus den Schächten steigen giftige Gase auf, von denen einige am Ausgange de» Schach- tes arbeitende Rettungsmannschaften betäubt wurden. Die Ordnung wird durch 100 Gendarmen aufrechterhal ten, dis Mühe haben, die vielen Hunderte von Angehörigen der Verunglückten vor den Eingangstoren zurückzuhalten. Ueber die Ursache des Unglücks bestehen nur Vermutun gen. Es kann sich um eine Explosion brennbarer Gase, aber auch um eine Explosion des Dynamitlagers handeln. Die Fachleute erklären, daß im „Nelsonschacht Hl" schon seit einigen Tagen ein Grubenbrand brenne, den man mit siröß- ter Mühe, aber vergeblich, einzudämmen versuchte. Diesem Grubenbrand schreibt man die Explosion zu. Die vier geretteten Arbeiter haben sich soweit erholt, daß sie ihre ersten Eindrücke von der Katastrophe schildern können. Sie hatten plötzlich im Schacht einen dichten Qualm bemerkt und hatten versucht, zum Förderschacht zu gelangen. Als sie aber infolge des Rauches nicht weiter konnten, kehr ten sie um. Es gelang ihnen, durch den Notausgang des Schachtes 7 auszufahren. Auf der Grube 7 mußten gegen 4 Uhr morgens die Ret- tungsarbeiten eingestellt werden, da auf die Grube sich ein schwarzer Rauch legt. Die Grube wurde sofort abgeschlossen. Brüx, 4. Januar. (Eig. Funkmeldg.) Die Rekkungs- arbellen auf den „Nelson"-Schächlen werden ununterbrochen fortgesetzt. L» gelang, Teile der Schächte von den gefähr lichen Gasen zu besräen. Die größten Fortschritte wurden auf Schacht 7 erzielt. Der FSrderkorb konnte hier hinab gelassen werden, und die Rettungsmannschaften mit Gas masken versehen, konnten sich an die Arbeit macken. L» wird der Versuch gemacht, eine Verbindung mit dem zer störten Schacht II herzustellen. Die endgültige Zahl der eingeschlossenen Bergarbeiter wird mit 132 angegeben. Bis 10 Uhr vormittag» wurden keine Klopftöne vernommen. Man hegt keine Hoff nung, einen der Llngeschlossenen lebend bergen zu können. Dux, 3. Januar. Auf«, der zweitgrößten Grube Böh men», der Grube ,Eleison HI", in Qssegg bei Dux, die der Brüxer Sohlenbergwerksgesellschaft gehört, ereignete sich am Mittwochnachmittag eine schwere Schlagwetter-Explosion. 140 Bergleute sind in der Grube eingeschlossen. Dir Don nerstag In früher Morgenstunde konnte keine Hilfe gebracht werdkn, weil die au» dem Schacht strömenden Gase die Ret tungsversuche unmöglich machten. Er ist eine der größten Grvbenkatastro- phen, von denen Böhmen je betroffen worden ist. Alle Anlagen über der Erde sind vernichtet. Die Fensterscheiben in den Hausern der ganzen Umgebung sind durch die Gewalt der Explosion eingedrückt worden. Der Feuerschein war die ganze Nacht weithin sichtbar. E» besteht keine Hoffnung, die noch unter Tage eingeschlossenen 140 Bergleute zu retten. In später Abendstunde griffen die Explosionen von Nel son HI auf alle drei Abteilungen der Grube über, die un terirdisch miteinander verbunden sind. Alle Abteilungen haben nur zwei Ausgänge, die fast vollständig verschüttet wurden. Da» Städtchen vstegg wurde durch dl« Explosion wie durch eia Erdbeben ersHitlert. Aus den Trümmern de» Förderschachtaufbaues wurden ein Toter und ein ver wundeter geborgen. Die Lingeschlostenen befinden sich in einer Tiefe von 300 Meter. Die Telephonl«tunaen der Grube sind zerstört. Vier Bergleuten gelang es, sich zu dem benachbarten Revier des Nelson-VH-Schachkes zu flüchten und von dort auf Leitern in» Freie zu ge langen. Die Schachtanlage ist von den Angehörigen der einge- schlossenen Bergleute umlagert. Au» ganz Nordwestböhmen sind Rettungswagen und Feuerwehren alarmiert worden. Durch die Grubenexplosion wurde das Städtchen vssegg wie durch ein Erdbeben erschüttert. Eine riesige Stichflamme schlug aus dem Schacht empor und im Nu war die ganze Anlage in dichte Rauchwolken ge hüllt. Die Förderschale wurde durch die Gewalt der Explo sion au» der Tiefe emporgeschteudert und blieb oben in der Versteifung hängen. 132 Mann eingeschlossen. dnb. Brüx, 3. Januar. Wie nunmehr endgültig fest steht, befanden sich zur Zeit der Katastrophe 140 Mann der Belegschaft, einschließlich von neun Aufsichtsorganen, unter Tag. Zu den gemeldeten zwei Opfern kommen zwei Opfer der Explosion auf dem Förderschacht hinzu, und zwar ein Werkmeister und eine Waschfrau, die beide um die achte Abendstunde tot geborgen wurden. Außer den vier Geret teten ist noch ein Arbeiter unter den Trümmern des For derschachtes lebend geborgen worden. Eingeschloffen sind noch immer 132 Mann, für deren Schicksal die schwersten Besorgnisse gehegt werden. Reber die Ursache der Katastrophe bestehen zur Stunde immer noch nur Vermutungen. Mög licherweise kann es sich um die Explosion des Dynamitlagers handeln, das unweit der Sohle des Förderschachts im Schacht untergebracht war. Da das ganze Revier nach der Explosion von heftigen Rauchschwaden erfüllt war, sehen keit zu erwerben und seine Haupttätigkeit, nachdem er zu nächst von Geleaenheitsgeschäften gelebt hatte, nach Paris zu verlegen. Nach kleineren Schwindeleien wurde er schließlich wegen Ausgabe «ine» falschen Schecks verhastet. Und nun kommt da» Merkwürdige. Staviski muß es be reit» damals verstanden haben, sich der Fürsprache einsluß- reicher Gönner zu versichern, denn sein Prozeß wurde zwar begonnen, aber «r konnte nicht weiter fortgeführt werden, weil in jedem Termin «in ärztliches Gutachten verlesen wurde, demzufolge der Angeklagte vor Gericht nicht erschei nen könne. 1928 wurde schließlich der Prozeß als ergeb- ni»loa eingestellt. ... , Um das Jahr 1930 tauchte Staviski im Eredit Muni cipal in Bayonne auf. Auch dort kam er wiederholt mit den Gesetzen in Konflikt. Aber er verstand es jedesmal, sich der Umklammerung der Gerichte zu entziehen, ohne daß bis heute sestgestellt werden konnte, wie dies eigentlich möglich gewesen ist. Vermutlich haben ihm seine Freunde, di« ihm schon da» erstemal bei der Scheck-Geschichte aus der Klemme geholfen hatten, auch hierbei ihr« hilfreiche Hand bewiesen. Immerhin zog e» Staviski vor, seinen Namen zu änd«rn, Er nannt« sich jetzt schlicht Alexandre, damit «r vor allem wieder an den Spielbanken spielen konnte, die ihn mit dem Namen Staviski auf die schwarze Liste der vom Besuch der Spielbanken Ausgeschlossenen gesetzt hatten. Die Pariser Rechtsblätter behaupten nun, daß Sta viski die radikal-soziale Partei, also die Partei, zu der u. a. Herriot, Daladier, Chautemps und Paul-Boncour gehören, weitestgehend finanziert habe. Aus dieser Verbindung mit der gegenwärtig führenden Partei Frankreich» sollen sich denn auch seine Beziehungen zu führenden Persönlichkeiten der Politik erklären. Die „Action Franyaise" behauptet so gar, daß ein aktiver Minister, der noch vor kurzem Stell vertreter des Ministerpräsidenten und Justizminister gewe sen sei, die Ausgabe der falschen Anteilscheine in Bayonne durch seine Autorität gedeckt habe. Cs hat überhaupt den Anschein, als ob die staatliche Aufsicht über da» Bayonner Bankinstitut, wenn überhaupt, dann nur sehr lax und oberflächlich gehandhabt worden ist. Die Blätter behaupten ferner, daß Staviski von seinen Freunden in d«r Politik und in der Justiz gewarnt worden sein müß: denn er ist seit einigen Tagen spurlos verschwunden. Wie man ver mutet, in» Ausland entflohen . Aber nicht nur er allein ist r««htzeitt- entkommen, auch seine Frau und sein« Sekretäre