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^«Ä-M-S^AW YMLV^U-^rUUNA :- N»r die Gesamt- tStadt- u. Post.) «»,. ' - taa«: Elnsp. 24 mm vr. wm-Zctle M ISO, Sonderpreise: Familtenanz. v. Prtv. , <Aclegenheitran;. <priv. Natur) u.Ttcllenangeb., mm- Annahme; auch nimmt jedes ö°l--m. Bestellungen an. ».La^nvo'ch.unv» Das Letvzlger raaeblatt ««th»tt amtlich« ««raaatmqchaag«« de» Rates der Stadt «ei»»ig. deS V-l„-ivrä»diumS Leipzig, deö «mtSgerichtS Leipziq, »omi« verschiedener anderer U-HSrde« Nr. 114 kl^rvlnummsr LS0 ivisrk «lttivoclr, Äea 16. «si 1923 ^SsN-^US8«ds' 117 Vsdro Lin harmloser Kanzler K. V. Leipzig, 18. Mai. Die Reichstagsverhandlungen über die deutschnationale Interpellation über das Verbot der Deutschvölkischen Freiheitspartei trugen das Kainszeichen an sich, unter dem diese Kreise, die die Deutschen zum Brudermord aufhehen und nach den Aus- fiihrungen des Oberreichsanwaltes im Rathenau- Prozeß an den furchtbarsten Untaten schuld sind, bislang schon immer gestanden haben. Das ist das innerste Wesen des Bösen, daß die Aus sprache darüber nicht klärt, sondern noch Böseres schasst. Verhältnismäßig noch geringfügig muten dabei die Verirrungen politischer und juristischer Art an, die mit unterlaufen sind. Abgeordneter Dr. Maretzky schilderte den Staatsgerichtshof nicht anders, als ob es sich hier um ein wüstes Iakobinertribunal handele, das auf der Straße zusammengelaufen sei und unter Hohn auf „das elementarste Wesen des Rechts" seine Despoten launen befriedige. Dabei muß man die Würde dieses Gerichtes, die ruhige Haltung der klugen Richter, die überragende Vornehmheit seines Vorsitzenden, des Reichsgerichtssenatspräsidenten Dr. Schmidt, mit angesehen haben, um sich so recht zu vergegenwärtigen, wie. hier politische Berechnung auf die Urteilslosigkeit der breiten Massen spekuliert. Fast noch bedenklicher hin sichtlich der Würde des Rechtsbegriffes ist es, wenn Abg. Graf Westarp, der doch in juri- stischer Hinsicht nicht der erste beste, sondern Der- waltungsgerichtsrat ist, als Vertreter des gesam- ten deutschen Volkes dem Staat sein Monopol auf den Schutz der Person streitig macht, zügel- loses Eelbstschutzrecht der Einzelperson fordert und somit — er, der Verwaltungsrichter! — der staatlichen Rechtsordnung nichts anderes enl- gcgengcstellt als die Anarchie. Man sieht, es herrscht trübe Verworrenheit, wo auch immer nur Ke verhängnisvolle „Frei- heitspartei" sich auftut. Und sie spült ihre un durchsichtigen Fluten, wohin sie nur kann. Frei lich — vor dem Staatsgerichtshof hatte Herr Graefe tragikomisches Pech. Der Präsident er kannte mit höflichem Lächeln seine glänzende Rednergabe an, aber hinter diesem Lächeln blieb die Weisheit des Auguren unberührt. Als der Entscheid verkündet wurde, schlug das Lachen der in den Saal befohlenen Llaque sofort in fatalste Kümmerlichkeit um, und „die Pleite" war auf feiten der Deutschvölkischen, wie jeder sah. Was aber an dem kühl abwägenden Verstand des Staatsgerichtshofes abfloß, das hat eine andere Stelle des Reiches, die allerdings nicht weniger wichtig ist, arg bespritzt: Reichs- kanzlerDr. Cuno — das mußte gestern der Minister des Inneren zugeben — hat bislang von der Organisation der Deutschvölkischen Frei- heitspartei nichts gewußt, hat erst anläßlich der Verhandlung vor dem Staatsgerichtshof Näheres darüber erfahren und hat — um „Mitteilungen über die durch Turnerschaften herbeizuführende Ertüchtigung der Jugend" entgegcnzunehmen — den Oberleutnant Roßbach empfangen! Jetzt versteht man, warum die Rechtsparteien dem Staatsgerichtshof so böse sind: wäre ex nicht, so hätte der Reichskanzler gewiß für alle Zeiten seine rührende Unbefangenheit gegenüber den Deutschvölkischen wahren können! Welch glück- liche Veranlagung Dr. Cuno zu solcher Un bekümmertheit hat, das beweist auch, daß er bis her nie etwas von Roßbach vernommen hatte. Von Roßbach, den die einen Helden, die anderen Bandenführer nennen, dessen Name aber kaum einer Spitalinsassin unbekannt sein dürfte. Heute nun wird halbamtlich beschwichtigt: Herrn Roß- bachs Besuch hatte gar nichts auf sich, Roßbach hat sich nur seinerzeit beim Kanzler vorgestellt, um ihm zur Uebernahme seines hohen Amtes zu gratulieren. Das ist hübsch, patriarchalisch und demokratisch! Zwar können wir uns Ain rechtes Bild davon machen, wie z. B. wir für unsere Person so weit hätten vordringen können, um dem höchsten Beamten des Reiches unsere freund- lichen Glückwünsche darzubringen. Aber ein Roß bach ist eben ein Mann von ganz anderem Schmiß! Venn auch der beglückwünschte Kanzler das nicht ahnt — — Die Verhandlungen im Reichstag haben den Reichskanzler im Lichte einer Harmlosigkeit ge- zeigt, die das deutsche Volk in seiner denkbar schwersten politischen Krise aufs tiefste be- unruhigen muß. Der italienische Minister- Präsident hat in seiner Rote an Deutschland un< serer Regierung den Vorwurf „innerer Hem- mungcn" gemacht. Wir möchten dem Italiener ja so gern erwidern! Aber was bedeutet es denn anders als „Hemmungen", wenn ein Kanz- ler die schwersten inncrpolitischen Gefahren gar nicht ahnt; wenn er, statt die Verschwörer ein stecken zu lassen, sich von ihnen Vorträge über „Volksertüchtigung" halten läßt? Cs ist an dieser Stelle bereits angcdeutet worden: Wir scheuen eine Kanzlerkrise gar nicht, wenn sie sich als notwendig erweist. Aber dann darf sie — nur damit der splenckor personre gewahrt bleibe! — nicht erst erfolgen, wenn das Licht des deutschen Staates ganz am Erlöschen ist. Welch unstaatsmännische Vorstellungen in Berliner Regierungskreisen über einen Wechsel in hohen Stellen noch zu, herrschen scheinen, darauf deutet auch die halbamtliche Meldung hin, die den deutschen Gesandten in London, Sthamer, diplomatischer Ungeschicklichkeit zeiht, ihn aber „um der Form willen" vorläufig noch auf seinem Poften belassen wissen will. Von zwei Dingen eins: entweder hat Sthamec seine Pflicht getan, dann muß er bleiben; oder aber er hat versagt, dann duldet die Not des deutschen Volkes keine Rücksicht auf eine „Form", die nichts anderes ist als enge, zünftlerische Rücksicht der Gcheimdiplomaten, die sich als erhabene Schicht über der Masse des Volkes dünken. Sthamer ist Botschafter der deutschen Republik und kein Korpsstudent, Graf oder Prinz, der vor der Plebs nicht blamiert werden darf, weil das für diese ein politisches Agio bedeuten könnte. Wäh rend im deutschen Volk die politische und wirt- schaftliche Not immer furchtbarer anschwillt, eine Not, der nur wahrhaft große, einsichtsvolle Weltpolitik beikommen kann, tadelt man halb amtlich die unzulänglichen Diplomaten. Und läßt die also Disqualifizierten ruhig auf ihrem Posten, „der Form halber". Ein deutscher Bot- schsfterpvstey in London ist keine Sinekure, im Jahre 1923 ayl allerwenigsten. Das muß sich auch ein Reichskanzler sagen; dem es — wie so eben hervorging — an Beweisen für seine Harm- losigkeit nicht gebricht. wie Rohbach sich empfahl Drahtbericht unserer Berliner rchriftleitung Berlin, 15. Mai. Die Aufklärungen, die Reichsminister Oeser gestern im Reichstage über den Empfang des Oder, leutnants Roßbach beim Reichskanzler Cuno gegeben hat, werden durch folgende Mittei lungen ergänzt: Der Besuch Roßbachs beim Reichs- kanzler liegt bereits fünf Monate zurück. Sofort nach der Uebernahme des Kanzleramtes hat sich bei Dr. Cuno neben vielen anderen auch der ehemalige Freischarcnfllhrer Roßbach, der damals nicht unter Anklage stand und seit Oberschlesien nichts mehr von sich hatte hören lasten, eingefunden, um dennruen Kanzler zu beglückwünschen und sich ihm als Leiter einer Anzahl vaterländischer Verbände vorzustellen, die sich dem Kanzler zur Verfügung stellten. * Die Deutsche Demokratische Partei in Sachsen stellt fest, daß sie mit der d e u t sch - r e p ub l i k a - nischcn „Bewegung" im Freistaate Sachsen nicht das mindeste zu tun hat. Jene De- wegung, für die die Herren Scholz (Herausgeber der „Fackel") und Göhler zeichnen, will die Einrichtung der Hitler-Garden und der kommunistischen Sturm- abteilungen auf den Boden der republikanischen Auffassung verpflanzen. Oie Mißwirtschaft im Saargebiet Protest -es Landesrats Saarbrücken, 15. Mai. In der gestrigen Sitzung des Landesrats gaben sämtliche Parteien eine ge- meinsame Erklärung ab, in der gegen die sog. Notverordnung der Regierungskommistion und gegen die am 2. Mai erlassene Einschränkung des Streik postenstehens in der entschiedensten Weise protestiert wird. In der Erklärung wird die Regierungs kommistion vor der Welt angeklagt, daß sie ihre vor- nehmste, durch den Versailler Vertrag ihr gestellte Aufgabe, für die Wohlfahrt der Saorbevölkerung zu sorgen, wiederum in unerhörter Weise verletzt habe. Sie mache die Bevölkerung -um Gegenstand ihrer einseitigen politischen Bestrebungen und das Saar gebiet, das einzige der Obhut des Völkerbundes anvertraute Land, zu einem Sklavenstaot. Als Protest gegen die Verordnungen der Regierung», kommistion lehnte es der Landesrot ab, heute eine Sitzung abzuhalten. Auch der Alte sozialdemokratische Bergarbeiter verband hat gestern in einer Revierkonferenz be- schloffen, die Arbeit nach den mit der V^rgverwaltung getroffenen Vereinbarungen am 15. Mai wieder auf- zunchmen. Damit hat der Streik der Saarbergleute noch einer Dauer von genau IVO Tagen sein Ende genemmen. Ein neuer Gewaltakt Frankfurt a. M., 15. Mai. (Eig. Tel.) Die Franzosen haben in Der ver- aanacncn Nacht bzw. heute bei Tagesanbruch Vie Betriebe der .Höchster Farbwerke, vorm. Meister, Lucius L Brüning in .Höchst a. M., unv Ver Basischen Anitin- unv Lodasabrik in Ludwigshasen — Vas zweitgenannte Unternehmen mit einem starken Aufgebot von Lpahi, Vie von Trier abtransportiert worven waren — besetzt. In Höchst wurve alsbalv vcr verschärfte Belagerungozustanv proklamiert unv ver so- zialvemokratischc Lanvrat Zimmermann Durch Den Separatisten Schulinspek- tor Dr. HinDrichs ersetzt, eine Kreatur, Die Die Franzosen schon vor 4 Jahren Der Höchster Bevölkerung hatten aufDrängen wollen. Mit einem überraschenDen HanDstreich ist heute in Der MorgenDämmerung auch Die LtaDt Limburg a. D. Lahn von Den Franzosen in Die Okkupationszorre einbczoqen worDen. Hier ist Der Verkehr zwischen besetztem unv unbesetztem Gebiet bis auf weiters völlig unterbunDen worDen. Die allenthalben auftanchenDen Gerüchte, nach Denen bereits Die Rheinische Republik ausgerufcn sein soll, sinD vorläufig unbegrünDct. Richtig ist allerDingS, Datz Die Franzosen Durch verschieDcne Schritte unD GebärDcn bei Der Bevölkerung Den EinDruck hervorzurufen trachten, als ob Das separatistische Programm nunmehr vor seGicr Durchführung stttnDe. Die neue Gewalttat der Franzosen, die die deutsche Industrie in einen: ihrer wichtigsten Organe verwundet, gewinnt einen besonderen Charakter noch durch den Zeitpunkt, in dein sie erfolgt. Just den Augenblick, da England und Italien einen neuen Versuch zur Anbahnung einer friedlichen Erledigung der Reparations frage unternommen haben, hat die französische Regierung gewählt, um eine neue Kriegshand lung zu vollziehen, die Beilegung des Konfliktes durch einen neuen Gewaltakt zu erschweren. Aus solcher Gleichzeitigkeit von völlig gegen sätzlichen Schritten innerhalb der Entente ist zu nächst einmal der völlige Mangel an Ein heitlichkeit in den Entschließungen der ein zelnen Glieder dieser Mächtegruppe abzulesen. Die Aufgabe der deutschen Regierung wird da durch außerordentlich erschwert, wobei namentlich auch an die psychologische Wirkung einer derart „kombinierten" Politik zu denken ist, wie sie mit dem Nebeneinander des englischen Friedens- schtittes und der französischen Kriegsmaßnahme in die Erscheinung tritt. Es ergibt sich nämlich die Gefahr, - daß die öffentliche Meinung in Deutschland die Aufrichtigkeit der englischen Friedcnsbestrcbungen bezweifeln und in diesen nur ein Mittel zur Verhüllung der französischen Gewalttaten sehen könnte. Oder kann man an nehmen, daß die englische Politik, als deren Grundlage eben erst wieder das Einvernehmen mit Frankreich erklärt, dennoch ohne jede tatsäch- liche Fühlung mit den Pariser Machthabern sein könnte? In diesem Falle müßte dann das fran zösische Vorgehen so aufgefaßt werden, daß Frankreich sich gerade jetzt beeilen würde, vollendete Tatsachen zu schaffen, bevor noch Verhandlungen eingeleitct sind. Die vorliegenden Meldungen legen die Vermutung nahe, daß zu solchen vollzogenen Tatsachen auch die Verwirklichung der auf die „Rheinische Re publik" bezüglichen Absichten gehören sollen, denen die führenden englischen Politiker mehr als einmal ihre Mißbilligung ausgesprochen haben. Doch freilich, weit mehr als der eng lischen Politik, deren Autorität gegenüber Frank reich unter Bonar Law nicht größer zu sein scheint als unter Lloyd George, vertrauen wir in diesem Punkte dem Patriotismus der rheini schen Bevölkerung, die sich, wie bisher, allen Nach stellungen gewachsen zeigen wird. Auf jeden Fall aber bedeutet die Zuspitzung, die die Dinge durch das französische Vorgehen erfahren haben, einen neuen Hinweis darauf, daß die Führung der deutschen Angelegenheiten heute nur noch bei Männern ruhen darf, die nicht nur in den gemächlichen Künsten der herge brachten Diplomatie zu Hause, sondern imstande sind, Schlag aus Schlag zu handeln, Schachzug auf Schachzng prompt zu erwidern. Hoffen wir, daß die Mitglieder des Ministeriums Cuno- Rosenberg, deren Tun in der letzten Zeit zu mancherlei beunruhigenden Gedanken anregen tonnte, sich endlich als solche Männer erweisen werden. Ver Hergang der Besetzung Ludwigshafen, 15. Mai. (L i g. D r a h t b e r i ch t.) Uebcr die militärische Besetzung der Badischen Anilin und Sodafabrik wird noch gemeldet: Heute morgen gegen 4 Uhr wurde französische Ka vallerie in der Nähe des am Rhein liegenden Be zirksamtes zur Besetzung bereitgestellt. Gegen Uhr wurden der Oberbürgermeister und die Spitzen der Verwaltung, sowie der Dezirksamtmann von Dol metschern benachrichtigt, daß sie sich um 7 Uhr früh beim französischen Bezirksdelegierten einzufinden hätten. Dort wurden ihnen Mitteilungen über die Besetzung der Werke und den Zweck der Besetzung gemacht. Die Arbeiter der Morgenschlcht, die sich um 8 Uhr vormittags zur Arbeit begeben wollten, da sie von der Besetzung noch keine Kenntnis hatten, und die sich, als ihnen der Zutritt zur Fabrik verweigert wurde, in Trupps in der Nähe der Fabrik ver sammelten, wurden von berittenen Spahis mit gezogenen Säbeln auseinander, getrieben. Spahis und französische Gendarmerie zerstreuten jede Menschenansammlung in die Seiten straßen. Die Erregung unter der Bevölkerung und besonders unter der Arbeiterschaft über die Be setzung der Werke ist sehr groß. Zu Zwischen, fällen ist es bisher noch nicht gekommen. Um An sammlungen bei der Besetzung zu vcrWiden, hatten die französischen Besetzungsbchörden Umfangreiche Maßnahmen getroffen. Bon 5 bis 8 Uhr vormittags mußte der gesamte Etraßcnbahnverkehr im Etadttul Nord in Ludwigshafen eingestellt werden. _ Außer- dem war auch der gesamte Verkehr in dem Stadtteile von 5 bis 8 Uhr verboten. Die Direktion der Badischen Anilin, und Sodafabrik ist von der Besetzung vorher nicht be nachrichtigt worden. Es ist ihr auch bisher noch keine offizielle Mitteilung von der Besetzungs behörde zugegangen. Die unvorhergesehene Be setzung macht die heutige Gehaltauszahlung unmög- lich. Da von dem gesamten Betrieb der Badischen Anilin- und Sodafabrik, sowohl von dem alten Werk, als auch von dem Werk Oppau, wegen der durch die französische Rheinzollgrcnze hervorge- rufencn Ausfuhrsperre rns rechtsrheinische Deutsch land und ins Ausland, seit vier Monaten fast nur auf Lager gearbeitet werden konnte, sind die Vor- räte an Farbstoffen, Stickstoff usw. in den Silos der Fabrik sehr groß. Es handelt sich dabei tun Mil liardenwerte. Oer Grund der Besetzung Mannheim, 15. Mai. (Eig. Tel.) Zu der Be setzung der Anilin- und Sodasabrik teilte heute ein französischer Delegierter den Pressevertretern mit, daß die Maßnahme nur getroffen worden ist, um die Menge von Farbstoffen zu beschlagnahmen und obzufördern, die Frankreich und Belgien nach dem Friedensvertrag beanspruchen können. Man hoffe, binnen acht Tagen alle Maßnahmen durchgeführt zu haben. Die Derkehrssperre zwischen dem besetzten und unbesetzten Gebiet während des Einmarsches sei notwendig gewesen, um größere Ansammlungen zu verhindern. Um 8 Uhr morgens wurde die Verkehrssperre wieder aufgehoben. Nur einzelne Posten bleiben noch in der Nähe der Fabrik, um die Ordnung aufrecht zu erhalten. Besetzung Gelsenkirchens Gelsenkirchen, 15. Mai. (Eig. Tel.) Die Stadt Gelsen kirchen, die bisher in ihrem Innern keine Besetzung hatte, steht nun unmittelbar vor einer dauernden stärkeren Belegung durch französische Truppen. Heute vormittag erschien ein Kommando von drei Offizieren und zwanzig Mann im Rathanse und teilte dem Oberbürgermeister mit, daß die Stadt mit drei Bataillonen Infanterie belegt wer- den würde. Das erste Bataillon werde sofort ein rücken, die beiden anderen unmittelbar folgen. Als Quartier für das erste Bataillon benutzen die Fran- zosen den Gelsenkirchener Flirgplatz, die frühere Unterkunft der entwaffneten Schupo. Das zweite Bataillon wird in den Stadtteil Bismarck gelegt, der durch die Hafenanlagcn und durch eine Reihe von Zechen Bedeutung hat. Das dritte Bataillon wird im Mittelpunkt der Stadt, in der Nähe de« Haupbahnhofes, untergebracht. Man geht wohl nicht fehl, wenn man annimmt, daß die Franzosen r» neben -er Ausbeutung der Kohlenhalden bei der Besetzung Gelsenkirchens auch auf die Militarisierung der noch übrig ge bliebenen Haupteisenbahnlinie Wanne —Gel senkirchen— Duisburg abgesehen haben, da ihre Transportmöglichkeiten auf den anderen mili- tarifierten Strecken durch die großen Sprengungen der letzten Wochen stark in Mitleidenschaft gezogen sind.