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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 19.07.1896
- Erscheinungsdatum
- 1896-07-19
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-189607190
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18960719
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18960719
- Sammlungen
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1896
-
Monat
1896-07
- Tag 1896-07-19
-
Monat
1896-07
-
Jahr
1896
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 19.07.1896
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Größere Schriften laut unserem Preis- verzeichniß. Tabellarischer und Ziffernjah nach höherein Tarif. Extra-Beilagcn (gesalzt), nur mit der Morgen. Ausgabe, ohne Postbeförderung 60—, mit Postbesörderung 70.—. Annahmeschluß für Anzeigen: Abend-Ausgabe: Vormittags 10 Uhr^ Margea-AuSgabe: Nachmittags »Uhr. Vei den Filialen und Annahmestellen je ein» halbe Stunde früher. Anzeigen find stet» au die Expedition zu richten. / —c»— -ruck und Verlag von E. Polz in Leipzig W. Jahrgang. ^° 383. Sonntag den 19. Juli 1896. s Aus -er Woche. ^2. Der Entschluß der Regierung, Deutschland für die Theilnahme an der Pariser Weltausstellung zu enga- giren, hat von berufenster Seite seine Benrtheilung erfahren, und damit könnte die Erörterung dieser Entscheidung, an der ja nichts mehr zu ändern ist, abgebrochen werden, wenn nicht in demselben Augenblick, wo die „Hamburger Nachrichten" die Betheiligung politisch unzweckmäßig nannte, der officiöse „Hamb. Corr." sie als politisch unerläßlich bezeichnet hätte. „Die Ablehnung der Einladung", so schreibt daS letztgenannte Blatt, „würde in Pari» als eine absichtliche Zurücksetzung aufgefaßt worden sein." Man muß unbedingt zugeben, datz vie deutsche Regierung unklug handeln wurde, wenn sie Frankreich eine Zurücksetzung angedeihen ließe. Aber nur wenn man sich auf der vergeblichen Suche nach Rechtfertigungs gründen für die Entscheidung der Regierung befindet, kann man auf die Behauptung verfallen, Frankreich hätte die Nicht betheiligung Deutschlands gerechter- und vernünftigerweise als Zurücksetzung empfinden können. Als was sieht denn Frankreich diese „Säcularausstellung" an? Seiner Presse zufolge als eine moralisch und industriell durchaus werthlose Veranstaltung, bestimmt, einen winzigen Bruchtheil von Fran zosen zu bereichern. Niemals ist über ein Unternehmen gering schätziger qenrtheilt worden, als über diese Pariser Weltaus stellung inPariserZeitunaenundfranzösischen Provinzialblättern, und zwar nicht aus taktischen, sondern aus sachlichen Gründen. ES ist theils als leere, theils als speculative Phrase bezeichnet worden, wenn man sage, Frankreich erwerbe sich Ehre, indem es die Böller zu Gaste lade! DaS Fernbleiben einer vom Gastgeber also gekennzeichneten Festivität kann ihn unmöglich kränken, und die deutsche Regierung hätte sich unter dem Hinweis auf diese Selbsteinschätzung um so leichter von der Theilnahme ausschließen können, als sie selbst wiederholt durch Wort und Thal die Auffassung bekundet hat, daß Weltausstellungen eine ernstere Be deutung nicht zukommt. Anregungen, in Deutschland eine solche zu veranstalten, sind immer kurzer Hand zurückgewiesen worden. Die deutsche Demokratie hat sich immer als eine ehrliche Beratherin Frankreichs erwiesen. Wenn, was freilich selten genug vorgekommen ist, eine ausschlaggebende französische Parlamentspartei einmal Miene machte, einer Heeresvorlage Schwierigkeiten zu machen, war die „Frankfurter Ztg." immer sofort bei der Hand, um ihr nachzuweisen, daß sie unklug und unrecht handle. Und jetzt räth sie den Franzosen, sich ihres schlechten Parlaments so oder so baldmöglichst zu entledigen. Ein Berliner Blatt hat deswegen die Erwartung ausgesprochen, der getreue Eckart am Main werde demnächst auch ein kräftiges Wörtlein über und gegen Ven Parlamentarismus, wie er sich zum Schaden deS Reiches in Deutschland ausgewachsen hat, hören lassen. Diese Hoff nung beruht auf Unkenntniß deS Wesens und der Vergangen beit des demokratischen Organs. Die „Frankfurter Zeitung" bat oft in demselben Athem, in dem sie den Franzosen die Nothwendigkeit, für ihre Kriegsmacht Opfer zu bringen, darleate, jede Mehrausgabe für das deutsche Heer als Raub am Volke, als Opferdienst am Altäre deS „Götzen Milita rismus" gebrandmarkt. Warum? Darum. DieSocialdemokraten sollen beabsichtigen, in dem durch den Tod des Reichstagsabgeordneten Wiesele erledigten Wahl kreise Westhavelland-Brandenburg den bekannten i)r. Arons als Candidaten aufzustellen. DaS wäre, von einer Seite betrachtet, ein überaus geschickter Schachzug. Wenn die „Volkspartei", die im Wahlkreise nicht zu siegen vermag, aber 3 bis 4000 Wähler aufzustellen hat, Herrn AronS, den Schwiegersohn eines Bleichröder, zum Gegner bat, so sind ihre Kräfte halb gelähmt. Schon jetzt, obgleich die Bewerbung diese» Socialdemokraten noch gar nicht angekundigt ist, sondern bestritten wird, ist ein Berliner Blatt, das selig wäre, wenn noch ein Freisinniger in den Reichstag käme, durch eine Anzapfung des Dr. AronS in einem konservativen Blatte in den Ton des VertheidigerS des möglichen Gegenkandidaten verfallen. Den freisinnigen Agitatoren in Wefthavelland würde es er gehen wie Bileam. Ist das sicher, so fragt es sich doch noch, ob die socialdemokratifche Parteileitung sich nickt deS VortheilS einer Candibatur begeben wird, die für die freisinnigen Gegner ein Gegenstand theils natürlichen, theils noth- gedrungenen Respekts ist. Denn eö ist die Befürchtung nicht abzuweisen, daß die Bewerbung deS millionenreichen Social demokralen die Energie der nichtfreisinnigen Gegner verstärkt. Herr vr. Ludwig Bamberger schreibt in der „Nation"j: „Dem großen, idealen, abstrakten, unsterblichen Ganzen gegenüber darf die sterbliche Existenz de» Einzelnen vernichtet werden. Aber den Vortheilen anderer Nebenmenschen gewiß nicht von Gesetzes wegen. Wenn also keine Mehrheit beschließen kann, es sollen jo und so viele Menschen jährlich todtgeschossen werden, damit die Getreidepreise steigen (der Zusammenhang wäre logisch nicht schwerer zu finden al» beim Verbot de» Terminhandel»), so muß »ine Grenze zu finden sein für das Recht de» Eingriffe» in die Sphäre der Einen zu Gunsten der Anderen." Der „logische Zusammenhang" wäre höchstens zu finden, wenn man die „Todtzuschießenden" im Kreise der Getreidc- speculanten suchte. Deutsches Reich. Berlin, 18. Juli. Der Bund der Landwirthe und die seiner Führung sich überlassenden Conservativen baden seit langer Zeit nicht mehr den Ehrgeiz gezeigt, für regierungsfreundlich zu gelten. Jetzt aber, da eS ßilt, eine sie schonende Erklärung für die Niederlage in Löwenberg- Greiffenberg zu finden, wollen sie als Märtyrer ihres ÄouvernementaliSmuS auf der Wahlstatt geblieben sein. „Der Bauer", so ist in der konservativ-agrarischen Presse zu lesen, „hat kein Vertrauen mehr zur Regierung", und de-halb stimmt er gegen die Regierung und damit gegen den konservativen Candidaten, oder er bleibt zu Hause." Wir wären begierig, zu erfahren, wie der Bauer im Jahre 1896 zu der Meinung gelangt sein kann, die Regierung zu treffen, indem er einen Schlag gegen dir konservativ-agrarische Partei führt. Seit vier Jahren unterhält keine andere Partei einen auch nur annähernd so heftigen Kampf gegen die Reichs- und die preußische Regierung wie die in Löwenberg unterlegene. Und zwar dies auf so „volkSthümliche" Art, mit so deutlich erkennbaren persönlichen Spitzen, daß der Bauer, der die Männer der Regierung niederstrecken will, seine Aufstellung nirgend anders als bei der vorzugsweise durck Herrn v.Ploetz publicistisch und rednerisch repräsentirtenPartei suchen wird. Nicht die socialdemokratische und die Volkspartei, die conservative Partei in Preußen ist eS, die den Landwirthen Tag für Tag versichert, sie müßten zu Grunde gehen, weil die Regierung die von den conservativen Agrariern angerathenen Heilmittel, obwohl sie es könne, nicht anwenden wolle. Wenn man die Minister mit für den Bauer so verständlichen Redensarten reaalirt, wie sie in der bekannten Versammlung im CircuS Busch gefallen sind, in der „kleinen" Agitation aber zum täglichen Brod gehören, und dennoch glaubt, auf dem Lande im üblen Gerüche der Negierungsfreundlichkeit zu stehen, so unterschätzt man daS Fassungsvermögen der Bauern. * Berlin, 18. Juli. An der Thatsache, daß in der Erz- diöcese Posen rin Knabenconvict eröffnet werden soll, kann anscheinend nicht mehr gezweifelt werden. Die „Nordd. Allg. Ztg." beruft sich, wie bereits gemeldet worden, zur Rechtfertigung dieses neuen Zugeständnisses an das Polenthum auf daS Gesetz vom 2l. Mai 1886, daS in Art. 3 bestimmt: Die kirchlichen Oberen sind befugt, Convicte für Zöglinge, welche Gymnasien, Uni versitäten und kirchliche Seminare, hinsichtlich deren die gesetz lichen Voraussetzungen für den Ersatz des Universitäts studiums erfüllt sind, besuchen, zu errichten und zu unter halten. Nun heißt es aber, wie die „Magdeb. Ztg." hervor hebt, am Schluffe deS Artikels 2, daß die Wiedereröffnung der Seminare für die Erzdiöcese Posen-Gnesen und die Diöcese Kulm durch königl. Verordnung bestimmt werden solle. „Und unseres Wissens", fährt daS genannte Blatt fort, „ging damals vie Ansicht im Abgeordnetenbause allgemein dahin, datz auch bezüglich der Convicte Art. 3 nicht ohne Weiteres auf diese beiden Diöcesen Anwendung finden solle. So er klärten sich ja auch die lebhaften Anstrengungen, die von polnischer Seite, insbesondere von den damaligen Ab geordneten von Stablewski und von Zazdzewski gemacht wurden, um diese vom Herrenbause dem Gesetze ange fügte Einschränkungsclausel wieder zu beseitigen. Aber selbst wenn diese Auffassung nicht zutreffend sein sollte, so darf doch nicht der Absatz 2 deS Artikels 3 übersehen werden, in dem es heißt, dem Cultusminister sind die für die Convicte geltenden Statute« und die auf die .Hausordnung bezüglichen Vorschriften einzureichen, sowie die Namen der Leiter und Erzieher, welche Deutsche sein müssen, mitzutheilen, und die Frage ist nicht ohne Interesse, ob in dieser Beziehung die Vorschriften des Gesetzes bereits erfüllt und welche Garantien für die Zukunft geschaffen sind. Die Geschichte der früheren Jahre lehrt, daß dieser Punkt nicht unwichtig ist. Im Jahre 1835 wurde in Posen ein Klerikalseminar begründet. Die Lehrer waren im ersten Jahrzehnt säm mtlich deutscher Abkunft. Aber kaum war Erz bischof v. Dunin gestorben und Przglucki sein Nachfolger ge worden, so wendete sich daS Blatt. 1842 trat der Probst deS Seminars für einen Unterricht auf national-polnischer Grundlage ein, und wenige Jahre später war nur noch ein deutscher Lehrer an der Anstalt. Im Anstellungspatent wurde der Hinweis auf daS Unterthanenverhältniß fortgelassen, und 1846 setzte der Licentiat Ianiözewski «s durch, daß die Corre- spondenz mit den geistlichen Behörden nicht mehr in deutscher, sondern in polnischer Sprache geführt wurde. Auch hier gilt das: viscite woniti!" V. Berlin, 18. Juli. Die Kaiserin empfängt heute in Wilhelmshöhe deu Besuch des Großherzogs von Weimar, welcher dort bis morgen zu verbleiben gedenkt. Am Mittwoch und Donnerstag hat Professor Oncken auS Gießen der Kaiserin und den drei ältesten Prinzen Vorträge Uber Kaiser Wilhelm I. gehalten. 6.8. Berlin, 18. Juli. (Privattelegramm.) Der Kaiser hat dem Verein Berliner Künstler die wärmsten Glückwünsche zu dem mit Einstimmigkeit be schlossenen Ankauf eines eigenen Künstlerheims aus gesprochen. (Wiederholt.) (-) Berlin, 18. Juli. (Telegramm.) Der „ReichS- anzeiaer" veröffentlicht die Ergebnisse -e» RetchshanshaltS tm EtatSjahre 188»/W. Nach dem Endabschlusse sind an ordentlichen Einnahmen, soweit sie dem Reiche zu Gute kommen, im Vergleich mit dem Etat 1894/95 26 227 487 mehr eingekommen, von denen 1 357 796 ^ zur Deckung deS Mehrbedarfs an Ausgaben, 13 Millionen in Gemäßheit deS Gesetzes vom 16. April 1896 zur Verminderung der Reichsschuld verwendet worden sind, so daß dem Reiche als Ueder schuß 11 869691 verbleiben. G Berlin, 18. Juli. (Telegramm.) Die Botschaft der Republik Chile hat die Nachricht erhalten, daß die Königin von England das SchtedSrichtcramt in dem Grenzstreite zwischen Argentinien und Chile über nommen habe. — Berlin, 18. Juli. (Telegramm.) Gegenüber dem Vorwurf der „Frankfurter'Zeitung", der Entwurf be» Handelsgesetzbuch» sei von der Regierung verspätet vor gelegt worden, bemerkt die „Nordd. Allg. Ztg", der Theil deS Entwurfs, der auf dem Obligationenrecht deS Bürger lichen Gesetzbuchs beruht, habe selbstverständlich nicht fest gestellt werden können, bevor sicher zu übersehen war, welch« Gestalt daS Obligationenrecht annehmen werde. Der Ent wurf sei den HandrlSkreisen seit der Mitte deS Juni zu gänglich gemacht, der HanbelSstand dürfte daher wohl seine Einwände bis Ende September kundgeben können. ö. Berlin, 18. Juli. (Privattelegramm) Die Er klärung de» Herrn von NathusiuS-HundiSberg, daß nach seiner Ansicht die deutschen Landwirt-« mit dem ver flossenen Jahre zufrieden sein können, hat in der agrarischen Presse Entrüstung erregt, insbesondere wegen de» Hinweises, daß seine Wirtschaft in diesem Jahre die Tonne Getreide durchschnittlich um 21 .6 höher verwerthet habe, al- da» Jahr zuvor. Dieser Entrüstung gegenüber stellt die „Nat.-Ztg." Folgendes fest: Es ist eine unbestreitbare That sache, welche nur durch daS unablässige Klagen über ruinöse Getreidepreise fast verdunkelt worden ist, daß im ganzen Ernte- jabre 1895/96 die Getreidepreise höher standen, als im Ernte- jabre 1894/95. Alle Markt- und Jahresberichte erweisen eS, ^ie amtliche Statistik bestätigt eS. Der letzteren ist z. B. die olgende Tabelle entnommen, welche den Weizen preis in Berlin pro Tonne in Mark angiebt: 1894/95 1895/96 Juli 138,46 143,93 August 135,11 139,98 September.... 131,84 134,92 Oktober 124,59 138,78 November .... 129,04 142,66 December .... 133,67 144,73 Januar .... 136,35 150,64 Februar .... 134,71 156,32 März 139,69 156,04 April ..... 143,25 157,29 Mai 154,73 156,67 AuS diesen Zahlen eraiebt sich, daß während deS laufenden Erntejahres 1895/96 der Weizenpreis in Berlin durchweg und in jedem einzelnen Monate höher gewesen ist, als im vorauf gegangenen Erntejahre. Den gleichen Verlauf bat die Preis bewegung in den anderen LandeStbeilen, speciell z. B. in der Provinz Sachsen (Magdeburg), in Schlesien (BreSlau), in Ost preußen (Königsberg) und in Süddeutschland (München) ge nommen. Jeder deutsche Landwirth muß in der Lage gewesen sein, seinen Weizen im letzten Erntejahre besser zu verwerthen, als zu der entsprechenden Zeit im vorhergegangenen Ernte jahre. Bei Roggen ist die Preisbewegung dem Landwirth nicht so günstig gewesen; in den ersten Monaten des Ernte jahres, Juli und August, stand 1895 gegen 1894 um einige Mark zurück, aber in der für den Landwirth wichtigsten Verkaufszeit, September bis März, hat auch Roggen beständig einen um 2—8 besseren Preis erzielt als im Vorjahre. 8. Berlin, 18. Juli. (Privattelegramm.') Im Savoy-Hotel tagte beute eine Versammlung von ZcttungS- verlegern, auf der etwa 300 Zeitungen mit einem Leserkreise von über 2'/» Millionen vertreten waren. Al» Vertreter deS 130 Zeitungen umfassenden Vereins der Fachpresse hatte sich Herr I)r. Hasse, und als Vertreter des Verein» der Papierfabrikanten Herr Geh. CommissionSrath Niethammer eingefunden. Nachdem Herr Baltz (Berliner Neueste Nachrichten) zum Vorsitzenden gewählt worden, prä- cisirte der Vertrauensmann, der Verleger Herr Hermann Hilger-Berlin, die Stellung derselben zu dem geplanten neuen PostzcitungStarif und empfahl ein möglichst ein- müthigeS Vorgehen aller Interessenten. Die lebhafte Debatte, die sich an diese einleitende Rede anknllpfte, schloß mit der eii stimmigen Annahme folgender Resolution: „Die heute in Berlin versammelten Zeitungsbesitzer auS allen Tbeilen Deutschlands beschließen die Einsetzung einer Com mission, welche mit aller Macht gegen die Erhöhung des Tarifs vorgeben soll und einer später zu berufenden Ver sammlung Bericht zu erstatten hat. Sie soll den deutschen Zeitungen Material für die Agitation gegen die be absichtigte Erhöhung des Postzeitungstarifs liefern und insonderheit auch in Eingaben an alle maßgebenden Faktoren und Behörden die Unmöglichkeit der beabsichtigten Erhöhung in politischer, wirthschaftlicker und socialer Beziehung klar legen. Die Versammlung erklärt ausdrücklich, daß sie bereit, nut allen deutschen Zeitungen in Beralhung über diese An gelegenheit zu treten, da sie der Ansicht ist, daß bei ein- müthigem Vorgehen darauf gerechnet werden kann, den Wünschen aller Zeitungen gerecht zu werden." — In die Commission wurden gewählt die Herren Baltz-Berlin, Hilger-Berlin, Kaeller-Bielefeld, Werle-Breslau, Kutschbach- Halle, Madsack-Hannover, SiebeliS Hildburghausen, Spandel- Nürnberg, Boldt-Rostock. H) Berlin, 18. Juli. (Privattelegramm.) Der anarchistische Lese- und DiScutirclub „Vorwärts" in Ludwigshafen ist polizeilich geschlossen worden. — Die Anarchisten in Ludwigshafen und Mannheim haben den vor einigen Jahren von Berlin geflüchteten Buchdrucker Wilhelm Werner zum Delegirten für den Internationalen Arbeitercongreß in London ernannt. — Für die auS dem Zucht bause entlassene Anarchistin Agne» Reinhold sind nachträg lich noch 150 Mark bei der Berliner Sammelstelle ein- g gangen. (Wiederholt.) — Die negative Erklärung des Herrn v. Ploetz über seine Bezüge aus der Casse des Bundes der Land- wirthe haben, wie zu erwarten war, außer der „Deutschen TageSztg." kein einziges Blatt, nicht einmal ein conservativeS, befriedigt. Selbst seine sonstigen Bertheidiger meinen, er hätte lieber schweigen, als eine so nichtssagende nnd deshalb so deutungsfähige Erklärung abgeben sollen. Die „Köln. VolkSztg." hält ihm Folgende» vor: „Die Landwirthr, die er vertreten will, sollen sich alle in sehr schwieriger Lage befinden. Da darf man doch wohl fragen, wie es denn zu verantworten ist, daß Herr v. Ploetz auf ihre Kosten eine jährliche Einnahme hat, die wegen ihrer Höhe, mag diese auch nicht ganz klar sein, in Deutschland jedenfalls zu den Ausnahmen gehört. Herr von Ploetz ist uberdie« nicht der einzige — direkt oder indirekt — besoldete Bundesbeamte: ein ganzes Heer von Agitatoren reist im Lande umher, schriststellert, führt die Bundesgrschäfte rc. und läßt sich von den Bundesmitgliedern bezahlen. Selbstverständlich ist Niemand verpflichtet, für irgend Jemand und irgend etwa» umsonst zu arbeiten. Aber dann soll inan auch vor Denen, dir e» bezahlen müssen, nicht seine Selbstlosigkeit rühmen. Bor Allem aber wirst sich die Frage auf: ent spricht denn der Nutzen, den die Landwirth« von der Thätigkeit der Leiter und Agitatoren deS Bundes haben, den aufgewandten Kosten? Die positive Verbesserung ihrer Lage, die sie durch den Bund erreicht haben, ist doch miuimal im Vergleich zu den Summen, die der Bund schon verschlungen hat für di« „Agitation". Ma» wird vielleicht sagen, das gehr uns nicht» an, sondern sei Sache der Bundesmitglieder. Aber der Bund wirbt un ausgesetzt nach weiteren Anhängern unter den Landwirthen; er möchte am liebsten die Organisationen, die sich diese in den Bauern vereinen gegeben haben, ganz aufsaugen und sich allein al» die Irgitimirte Vertretung der Landwirthschaft hinstellen. Ta ist e« doch eine billige Forderung, daß den Umworbenen klarer Wein ein geschenkt werde, wo» ihnen denn der Bund zu bieten habe, wo da» an seine Tasse zn zahlende Geld bleibe und was die Empfänger dafür zur Hebung der landwirthschaftllchen Nothlage leisten." — Die „Deutsche TageSztg." veröffentlicht „mit schwerem patriotischen Herzen" Zuschriften von Land Wirth en über die Verwerfung des Margarinegesetzes durch den Bundesrath. Eine dieser Zuschriften lautet: „Die Nachricht, daß der vom Reichstage angenommene Marga- rmrgesetzentwurf seitens des BundeSrathS nicht angenommen ist, rüst geraoezn eine Empörung unter un» Landwirthen hervor, wovon Sie in Kenntniß zu setzen ich nicht verfehlen möchte. Wir sind überzeugt, daß Sie in Ihrer Zeitung der Stimmung, die thatsäch- lich herrscht und die anfängt, bedenklich zu werden, wiederum deu richtigen Ausdruck geben werden. Wie sich dir Zukunst unserer Landwirthschaft und damit die unseres Vaterlandes gestalte» wird, ist nun wohl klar, da wir jetzt Len Beweis haben, daß all die Versicherungen seitens der preußischen Regierung, im Besonderen seitens deS Herrn LandwirthschaftSministers, uns wenigstens mit „kleinen Mitteln" helfen zu wollen, für uns nicht den geringsten Werth mehr haben können." Dir Landwirth« des Reichstagswablkreises Löwenberg- Greiffenberg haben ihrer agrarischen „Empörung" und „be denklichen Stimmung" durch den Stimmzetlel einen eigen artigen Ausdruck gegeben. — Nach einer seiner Zeit von mehreren Blättern ge brachten Notiz hat das Seeamt in Brake in seiner Ver handlung über den Seennfall deS Mitte Juni v. I. an der Insel Santa Clara in Südamerika gestrandeten Bartschisfes „Bertha" Befremden über das Verhalten des deutschen Consuls in Guayaquil ausgedrückt, welcher fick bei dieser Gelegenheit seiner Reichsangehörigen nicht genügend an genommen habe. Während nämlich der Capitain der „Bertha" nach Guayaquil gefahren fei und wegen feiner Mittellosigkeit erst später wieder habe zurücksahren können, habe die Mannschaft das Schiff verlassen müssen. Der Steuermann habe sich telegraphisch von Puma auS an den deutschen Consul gewandt, der aber überhaupt nickt geantwortet habe. Heute meldet nun die „Nordd. Allg. Ztg ": „Die aus diesem Anlaß einqeleüeten Ermittelungen haben ergeben, daß dem kaiserl. Consul in Guayaquil aus dein Umstand, daß er das fragliche Telegramm unerwidert gelassen hat, kein Vorwurf gemacht werden kann. Derselbe hat das Telegramm an einem Sonntag Nachmittag nach 4 Uhr in seiner Privatwohniiug erhalten, es aber an demselben Tage nicht mehr beantworten können, weil das Telegraphenbureau in Guayaquil an Sonn- und Festtagen nur bis 4 Uhr Nachmittags geöffnet ist. Tie Be- antmortung am folgenden Tage ist unterblieben, weil der kaiserl. Consul, als er sich Vormittags vor 8 Uhr nach seinem Bureau begab, um auf das Telegramm zn antworten, daselbst den Steuer mann, welcher inzwischen mit der Mannschaft in Guayaquil wohl behalten eingetrofsen war, schon vorfand. Der kaiserl. Consul wies hieraus den Schiffbrüchigen ein Unterkommen an und hat sich auch im klebrigen derselben nach Kräften angenommen." — Die drei Regimenter der Dragoner, Kürassire und „Franzer", welche an einer Schlägerei an der Blüchcr- slraße Theil genommen haben, sind, nach einer Meldung der „Allg. Ztg", mit 6 Tagen Casernenarrest bedacht worden. Kein Mann und kein Unterofficier darf während dieser 6 Tage nach 8 Uhr die Cascrne verlassen. — Mangel an Arbeitskräften herrscht gegenwärtig, einem Berichterstatter zufolge, in der Damenkonfektion. Es ist dies um so bemerkenswerlher, als die eigentliche Saison erst später zu erwarten ist. Von den Schneidermeister» werden die größten An- strengungen gemacht, sich „eingearbeitete Mamsells" zu sichern. Im Norden, Osten und Südwesten der Stadt, wo der größte Theil der CoufectionSwerkstätten sich befindet, sieht man zur Zelt große rothe Placate an den Hauslhüren und an den Fenstern, Lurch welche Arbeiterinnen unter guten Bedingungen gesucht werden. Verschiedene Meister haben ein Prämiensystem für die Näherinnen eingerichtet; die Arbeiterin, welche eine bestimmte Quantität pro Woche liefert, erhält 2—3 in Baar extra. Eine größere Tamenniäiitelfabrik in der Brunnenstraße zahlte für jede Lurch Vermittelung einer anderen Person engagirte Arbeiterin 1 Entschädigung. Ter Grund für diesen außergewöhnlich stark hervortretenden Mangel an weiblichem Arbeitspersonal liegt in der Entwickelung der elektrischen und der Gasglühlichtindustrie. Zu Hunderten sind die Arbeiterinnen voa der Consection in diese Industriezweige übergegangrn. * Ans Schleswig-Holstein, 16. Juli. Aus Holstein liegen Nachrichten über das Auftauchen einer antisemi tischen Bewegung vor, welche diese in besonders charakte ristischem Licht erscheinen lassen. An der Spitze der Be wegung steht nämlich ein früherer Rechtsanwalt Graf Reventlow in Kiel, welcher trotz seiner Jugend bereits eine längere politische Evolution hinter sich hat. Derselbe ist ein Sohn des jetzt verstorbenen LandratheS von Husum, Grafen LudwigReventlow, der 1863 an derSpitzedernationalcn Bewegung in den Elbherzogthümern stand uub übrigens bereits 1859 in Eisenach zu den Mitstiftern deö deutschen Nationalvereins gehört hat. Sein Sohn machte sich anfangs als gerichtlicher Bertheidiger der dänischen Pubticisteu in Nordschleswig bemerkbar und aalt dann für einen Anhänger der Socialdemokratie, welche Tendenz er jetzt also mit der antisemitischen vertauscht hätte. Ob diese Wandlung die letzte sein wird, bleibt abzuwarten. * Kiel, 18. Juli. (Telegramm.) Das hiesige Ol-cr- verwaltungSgericht hat die Wiederaufnahme des Ver fahrens in dem bekannten Preßprocesse wegen des Wortes „for en Ordens skylo" (Um eines Orden» willen) in einem Artikel von „Flensburg AviS" beschlossen. Inzwischen haben die beiden Angeklagten ihre nach dem Urtheile der Flensburger Kammer auf einen Monat bemessene Gcsänginß strafe verbüßt. (Voss. Ztg.) * Schwerin, 17. Juli, lieber dir Besteuerung der mecklenburgischen Prinzessinnen nach ihrer Ver mählung hatte sich zwischen dem Finanzministerium und der Obersteuerbehörde ein Streit entwickelt, dem jetzt durch einen von den Ständen angenommenen Verordnungsentmurf ein Ende gemacht worden ist. Danach sollen die Prin- zessinrn der beiden großherzoglichen Häuser auch nach ihrer Vermählung für ihre Person von der Steuerzahlung befreit sein. LD Magdeburg, 18. Juli. (Privattelegramm.) Der Delrgirtentag des Bundes Deutscher Brauer gesellen beschloß die Gründung einer Central-Unterstützungs- casse für arbeitslose Bundes-Mitglieder, sowie einer Kranken-Zuschußcass« für di» Brauergesellrn Deutschland», er
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