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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 25.11.1911
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1911-11-25
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19111125027
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1911112502
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1911112502
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1911
-
Monat
1911-11
- Tag 1911-11-25
-
Monat
1911-11
-
Jahr
1911
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Abend-Ausgabe >>l Anzeige« Preis Bezug-Prei» cker lvS. ZülMSNg Nr. 327 Sonnsdenü, üen 25. Nooemver ISll Furcht MO ik rsr kiel' >um Ver- Private. atze Ü. >cr >nd nit lischen Stettin Mgr. »orten «<»4S m sich Gesl. X an I«r, 0228» ankh. erven V.stg» t— ich. ten — abgewirtschaftet. Oder sie könnte versuchen, mit der liberalen Regierung ein für die deutschen In'eießen gutes Geschäft zu machen, ohne jede Sentiment-ttttat. Das ist vielleicht, so kurz nach der Marokko Affäre, ein wenig viel verlangt. Man wird vielleicht ein wenig klarer sehen, wenn der englische Staatssekretär des Auswärtigen, Sir Edward Grey, am nächsten Montag seine große. langerwartcte Rede gehalt.-n hat. Aber auch davon darf man nicht zu viel er warten: man sollte sich durch Worte weder blenden noch ärgern lassen. «eU-Anschl. l lE Handel dzktlung. Cel.-Znschl. l lE Amtsblatt -es Nates und -es Valizeiamtes -er Lta-t Leipzig. Unser« heutig« Morgenausgabe umfaßt 18 Sriteu, di« Abendausgabe 8 Seiten, zusammen 20 Seiten. . Sus üer Vsh» gelchleuüert. 25s Roman von Carola v. Sqnatten. tNachdruck verboten.) Für neu -in,«tretende Leser: Lzarolia (lsallovary, rin junge« Mädchen au« vornehmer Weit, ist durch einen Schurkenstreich um ihr reiche« Erbe ge bracht. Sie wird nach mancherlei Irrfahrten Malerin und findet treue Helfer, dir dem verlorenen Testament nachforschen. Auch ein alter Tieuer ihre» Baler», Melttk, ist schon gesunde». crtreter t. Ter- > i baldigst -rrichten- liche Off. sn dieses MSN» m XlUIkt. ,ü uichen fs wers- tf einige en crit. i. Preis, ritt unt. >i/xped. rg.adSIS »tertetiahrt Be« .»irr» jraioie» » Ra» »ahmeflellrn a»a>I>oN » Vt. «anath, LS Mk. orrrtelia-U. „Ich finde Herr,l Kerkhelyi sogar äußerst liebens würdig!" nahm Szarolta den Maler in Schutz. „Sie, — das glaube ich gern! Wenn man so ver wöhnt wird, wie Sie es von unserem treuen Kunst genossen werden, har man begründete Ursache, ihm ein günstiges Zeugnis ruszustelien!" neckte Mayer uno fing dann an, Keribelyi mit seinem unverkauften großen Bilde zu necken. Die bisher.ge Unoerkäuflichkeit des „Sonnenauf gangs", der die allgemeinste Bewunderung erregt, und den er selbst für sein bestes Werk hielt, war des Ma lers wundester Punkt. Szarolta wusste es und warf ihrem Lehrer einen vorwurfsvollen Blick zu. weil er diesen Punkt berührt hatte. Dann sagte sie: „Und käme er noch zehnmal zurück, einen Körner findet er doch! Herr Kerkhelyi hat ganz recht, seinen Weg ruhig weiter zu gehen, er sühn ihn, muss >yn ans Ziel führen!" Kerkhelyi sagte nichts, warf ihr aber einen Blick zu, in dem noch mehr lag, als warmer Dank. „Hoho", lachte Mayer belustigt, „ein so kleines Mäuschen und fängt schon an zu piepsen! — Halt, Kleine, ehe Sie an di« Arbeit gehen, will ich Ihnen was zeigen." Er führte sie ins Nebenzimmer und sagte, vor d«r am besten belichteten Wand stehen bleibend: „Ich habe ein paar kleine Aenderungen oorgenommen, notabene mit des gnädigen Herrn Kerkhelyi Konsens." Die kleinen Aenderungen bestanden darin, daß er eine Anzahl seiner eigenen Skizzen und Studien durch solche von Szaroltas Hand ersetzt hatte. Unter einer jeden war ein Stückchen Karton angeheftet, auf dem in weithin sichtbarer Druckschrift der Nams „Szarolta Baros, Budapest" stand. Das junge Mädchen war grenzenlos verblüfft und stammelte: „O! — Das hätten Sie nicht tun sollen, Herr Mayer I S«hen Si« doch, wie jämmerlich sich mein« Sachen neben den Ihrigen ausnehmen!" „Jämmerlich nicht, grundverschieden )a, und da kommt daher, bah Sie schon ietzi eine sehr ausge sprochene künstlerische Eigenart besitzen", erwidert« der Künstler. „Und dies« Studien sollen dem Publikum qezeiat werden?" fragt« das jung« Mädchen, dessen Ehraerz es verletzt«, schülerhaft« Arbeiten der Oefsentlichkeft preisqugeben." „Natürlich; darum habe ich doch Ihr« best«n Sachen herausgesucht und hierher gehängt!" (Fortsetzung in der Morgenausgabe.) Die enMtze Flotte, üss Imperium unü üle Münzen. Arnold N. R e n n e b a r t h - London. Am 9. November in der Guildhall der Londoner City, wo man von Len englischen Kabinettsmini stern. als Gästen des neuen Lordmayors erwartet, dag sie etwas über ihre und die „große" Politik sagen, sprach natürlich auch der neue Marrneminister Wlnston Churchill. Der Kernpunkt der Rede kam ganz am Ende. Nachdem er der Hoffnung Ausdruck gegeben hatte, daß Deutschland 1912, nach Ablauf des Flottenprogramms, sich auf zwei große (eapitsl) Schilfe jährlich beschränken möge, schloß er: „Wenn »der die schon weiten Seerüstungsprogramme airderer Mächte Lurch neue und weitere Expansionen an schwellen, so würden wir (England) und andere Mächte Las außerordentlich bedauern; aber im Namen der Negierung muß ich erklären, daß von allen Staaten und Nationen der Welt Großbritan nien noch am ehesten fähig befunden werden wird, den scharfen (finanziel len) Druck zu ertragen, und am letzten jich dem öDuf der Pflicht entziehen ry i r d." Hier sei nur kurz darauf hingewiesen, daß der Minister zuerst nur von Deutschland spricht, dann aber tm Plural von den Programmen anderer Mächte. Die englische Admiralität hält sich also das Hintertürchen ofsen, selbst wenn Deutschland nach 1912 zu dem kleineren Programm übergeht, in gleichem Tempo, oder in einem beschleunigten, wei ter zu bauen, wenn z. B. Italien oder die Türkei, oder Oesterreich-Ungarn ein neues oder erweitertes Programm annehmen sollten. Doch das nur nebenbei. Hier soll nur die finanzielle Seite der Sache be rührt werden. Zu diesem Punkt liefert ein anderer Minister — der ebenfalls neugebackene Unterstaats sekretär des Auswärtigen, einen vielleicht unfrei willigen Kommentar: „Die Versicherungsgeseke — gemeint ist die Versicherung gegen Krankheit, Inva lidität und Arbeitslosigkeit — würden zu ihrer Fi nanzierung kaum neue Steuern erfordern. Mr. Lloyd Georges Budget — d. h. die 1909 neu einge führten Steuern — liefern ganz erträgliche Ein künfte; wenn man ferner sicher sein könnte, daß die anderen Nationen ihre Angaben für Kriegsschiffe nicht erhöhten, so hoffe die Regierung, an den Aus gaben für die Kriegsmarine zu sparen. Mit diesen Ersparnissen könnt« das Versicherungsgesetz finanziert werden, ohne neue oder erhöhte Steuern. Hat also der zweite Minister recht, so braucht Großbritannien, um seine Marine und die Versiche rungsgesetze zu finanzieren, in Kürze entweder neu« Steuern oder eine A n l e ih e, sei es für di« Ma rine oder für die Versicherungsgesetze. Beides wurde schon vorgrschlagen, besonders eine große 100 Mil lionen Sterling „Reichsverteidigungsanleihe"; der neue Marinemi-nister soll das letztere durchaus nicht von der Hand gewiesen haben. Die Einkünfte aus dem berühmten Budget des Finanzministers Lloyd George sind auch durch aus nicht so glänzende, wie man erwartet »«« V»>« t»«»r-arb k»«umdland» «,» »»» d»»«stbe» Aoloni»" »Kileyadrt ».«> Mi.. I^UMI »u.lchl Po»d<V,Ua»Id tn Vrlfti»«, Fanrmoit d»i> doiiovaal«», Ilali«» A>»»«i1and» Stok» Unaa«». Sl«»Iai»d. Schweden, Schwei. » Soanira. 2n alle» üdki^rn kwalen nui oiirtl »ucH dt» S«>choN»t>»U» de» «lalle» »rdatmch. Da» l.'»»p»ia«l Taaedlatt «rlchenil «»al ti«l»ch Sann- ». ^»i»k>aa» aal Nloegen«. Adonnemenia-Annadm« 2»h»»»i»,»ssr lioaein. Alllaien.Svedtlevre» »lU> Annahmestellen, Ioan« Ponamlern »ad vnetikasen^ St»,,lo»«ra»t,»l«t» ld DI. Verlesung oft ellenlanger Zitate ihre Gegner zu „vernichten". Diese üble Praxis hat zu Gegcnmaßregeln geführt, deren Anwendung eben die Sozialdemokratie nur sich selbst zuzuschrei ben hat. Wo sich aber die sozialdemokratischen Redner im Interesse der Allgemeinheit eine ver- nünfcige Selbstbeschränkung in der Ausnutzung der Redezeit auferlcgen, werden sie — daü kann für liberale Versammlungen mit Sicherheit ge sagt werden — nirgends um die ÄLöglichkit sachlicher Entgegnung gebracht werden. Indes dieser vorgeschobene Grund zum Ver bote des Besuchs bürgerlicl>er Versammlungen soll ja nur den eigentlicl-en Grund verschleiern. Es ist vorgekommcn, daß die sozialdemokratische Presse bürgerlichen Kandidaten höhnisch vorgc- worscn hat, sie sprächen ja nur in geschlossenen Ber,ammiungen. Tropdem diese Kandidaten seit dem öffentliche Versammlungen veranstalten, sich also znr Aussprache bereitstcllen, bleiben die So zialdemokraten die'en Versammlungen fern, weil der Parteiukas vorlicgt, der das Besuchsvcrbot enthält, und weil zu dessen striktester Durch führung vor den Versammlungslokalen häufig genug gcnössische Kontrolleure vosliert sind, um Neugierige warnend wegzuweisen. Da also der vorgegebene Grund, der das Vcrsammlungsverbot rcchtse.tigen soll, wegfällt, ist der wirkliche Grund tiefer zu suchen. Es ist eine längst bekannte Tatsache, das; die Sozial demokratie ihrer Anhänger gegenwärtig durch aus nicht mehr so sicher wie früher ist. Das' „klasscnkämpferische Proletariat" ist durchaus nicht eine so homogene Masse, wie die sozial demokratische Presse dies darzustellcn beliebt. Es ist im Gegenteil sehr mannigfach gegliedert und nicht wenige Schichten sind innerlich dem Er furter Programm bereits entfremdet. Diese Tat sache verhehlt man sich auch in den fübrenden Kreisen der Sozialdemokratie nicht. Die prak tischen Zugeständnisse an die freien Gewerkschaf ten, die sich schon oft recht wenig marxistisch aufgeführt haben, sind dafür untrügliche Be weise. Ilm einer tveiteren Lockerung des Partei gefüges vorzubcugen, ist, so schreibt die „Sachs. Natl. Korrcsp.", die Sozialdemokratie nun auf das probate Mittel verfallen, den Anhängern jede eigene Urtcilsbildung dadurch unmöglich zu machen, dass ihre Führer r>'en Besuch gegnerischer Versammlungen einfach verbieten und sür sichere - Durchführung dieses Verbots Soge tragen. Also lediglich bleiche Furcht vor ein- dringlicher Aufklärung; die zum Abfall vieler Anhänger führen würde, hat diekes Ver bot diktiert. Das ist ein deutliches Zeichen, daß die Sozialdemokratie in ihrer Position sich nickt so stark fühlt, wie sic sich den An schein gibt. Um nun das Schwä hcgcmhl zu um Mänteln, schiebt sie einen fadenscheinigen Grund für ihre Praktiken vor; und um zu ihrem Ziele zu gelangen, wendet sie das Mittel an, was sie den bürgerlichen Parteien so sehr verargt, er bärmlichen Zwang. Reife, Urteils fähige werden wie u n m ü n d i g e K i n d e r be handelt. Die freie Willense n t schließun g wird einfach vernichtet durch die Diktatur der M «»» Um««b««s »U Noaltta« »»u» i Mt »»» a»»«an» tz> Pj. llo «r. ?»>»«»«» »»» B»-Skd«» »m amt lich«» T.tt »t» P»nn»tl» so P» G»1chas»»«ni«mrn mtl Plo»»»rjchk1ft«« cm Pceci» »rdölN Rabatt nach Tarif. Br>laa»«rd«ht Letamt» ansta«« S Mr o Tarnend erkl. Paftgebiiht. TetldeNaz» d^ber. Feüertettt« Aulträa« tonnen ntckt ae»,,,n werden, nür da» Sticheln,n «« »efttmniten laaen ,n» Pla»«n wird trt» liar^nti» übernommen. Antelzen-Annahm«: Johanni»,all» «, bet lamlllche» HUlalen,. allen Annoncen« Erpeditlonen de» In- and An»lande» DrnA nn» Verla, »an Mick«» A KLeftaa Inhaber Paal ASeften. «ebattl.n an» AeIchSst»jt«A.; Iohannt»gaII» L Ha»»t«Atll»I» Dreaden: Seeftrah« < 1 (.Telephon «Srv, und Künstlerinnen erst recht? Die Menschen, naiür- lich die mir persönlich Nahestehenden ausgenommen, lind für mich so gut wie nicht vorbanden, und seit ich so denk«, ist auch jeder Stachel geschwunden, den mir die Kenntnis meiner Verhältnisse eingedrückt hat. Ich lebe nur für meine paar Freund« und für meine herrliche Kunst! Ueber unfern Arpad wirst Du Dich wundern, wenn Du ihn wiedersiehst. Er hat sich in den letzten Mo naten riesig entwickelt, spricht alles, ungar-sch wie deutsch, sprmgt wie ein Rehchen uno wird all: Tage hübscher! Sein Papa hat sich gegen damals, w'.e ich ihn kennen lernte, äußerst vorteilhaft verändert. Er besucht Gertruds und un/ser Atelier sehr fleißig und bat er irgend etwas Neues in Arbeit, so werden wir hinüber gerufen. Was mich betrifft, so mag ich Kerkhelyi sehr leiden. leit ich ihn näher kenne, er ist «in lieber, guter Mensch und wir sind sehr gute Freunde. Auf hoffentlich baldiges frohes Wiedersehen! Wie immer Deine Szarola. Die drei Räume, die Mayer zu seiner Ausstellung dienten, boten jetzt einen wirklich hübschen Anblick, und die mit fernem Verständnis oufgehängten Ge- mälde, Skizzen. Studien und Zeichnungen kam«n zur vollsten Geltung. Besucher waren augenblicklich nicht anwesend, aber Maner stand schon wieder vor seiner Staffelei und Kerkhelyi faß in einem altertümlichen Lehnstuhl, das Bild betrachtend, das Szarolta eben in Arbeit hatte. Es war ziemlich groß und stellt« den ältesten Teil der Ofner Königsburg im Schnee dar. Ueber d«m Ganzen lag «in eigenartig«» rötlich-gelbes Licht, das auch hier und da das Gewölk durchbrach. Niemand sprach bei Szaroltas Erscheinen, die leicht errötet«, als sie ihr« Arbeit einem Kritiker preisgegeben sah, dessen Urteil st« fürchtete.' Schwei, gend nahm si« ihr Malgerät zur Hand, um an die Staffelei zu gehen und ihrem schon im Rahmen stehen den Gemälde die letzt« Feile zu geben; da begann Kerkhelyi zu sprechen. ,Zch gratulier« zu Lies«r Leistung, si« zeigt Ihr ganzes Verständnis und Ihr feines künstleri'ches Empfinden, Fräulein Szarolta. Auch die Technik ist recht beachtenswert. Das Schönst« daran ist aber die Stimmung. Sie wirkt so verträumt wie ein Mär chen, und man würde sich nicht wundern, käme ein gespenstiger Reiterzug aus dem Burgtor heraus?" „Na, Kleine, da hären Sie's wieder beinahe mein« eigenen Wort«! Sonst ist Liebenswürdigkeit Ihr« Starke nicht, Kerkhelyi!" rief Mayer vergnügt. H«rbst nach Stuhlweißenburg fuhr, um den Produkten händler Rose, den Käufer des Sekretärs, auszusuchen. Dieser Mann hat aber inzwischen Bankerott gemacht, er selbst war nach Veszprim übersiedelt und durchzog als Hausierer das Land. Mein Lehrer fuhr auch dort- hin, konnte aber nicht mehr erfahren, als er schon in stuhlweißenburg gehört hatte, nämlich, Lag der Sekretär mit dem übrigen Mobiliar versteigert wer- den war; wohin er gekommen, wußte man nicht. Da gegen versprach der Hausierer gegen Zusicherung einer Hohen Belohnung, dem gesuchten Stück nachzuforschen. Endlich vor ungefähr vierzehn Tagen kam aus Deszpnm die Meldung, 'oer Sekretär stände in Szege- din zum Verkauf, und zwar bei einer Tandlerin namens Binowsky. — Wie immer in einem solchen Fall, war Herr Mayer sofort Feuer und Flamm«, und der Gärtner Marczi Urrar mußte sich Hals über Kopf reisefertig macken, denn er wollte noch am selben Tage die Fahrt antreten. Es war aber oergeblicke Mühe, denn der Sekretär der sich in der Trödelbude der alten Jüdin oorfand, besaß kaum einig« Aehnlichkeit mit dem meines Vaters. Der hellste Punkt in meinem Leben sind gegen wärtig di« Studien. Alle sagen, ich machte ganz er- staunllche Fortschritte, sogar Gertrud, auf deren Urteil ich das meiste Gewicht lege! Auf ibren Wunsch b«- such« ich seit ein paar Wochen die Meisterschule, um nach dem lebenden Modell, vor allem aber, um nach der Antike zu zeichnen und Anatomie zu hören. Meine Studien leitet nach wie vor Herr Mayer. Gegenwärtig veranstaltet er «ine Ausstellung seiner sämtlichen noch unverkauften Werk« im eigenen Atelier. Zu diesem Zweck wurde es glänzend her- gerichtet. Jetzt zeigt sich Mayers Popularität, denn ichon vorgestern, am Eröffnungstag, war der Besuch ein sehr guter. Nun aber zu Dir, meine liebe, liebe Margita! — Laß mich Dir immer wieder sagen, wie wir Dich so sehr vermissen, und zwar um so mehr, je länger Deine Abwesenheit dauert. Ich beneide Dich um d«n Aufent- hält in Zürich. Ein paar Wochen noch, dann darfst Du Dich mit Fug Dr. Margita Kisfalva nennen, und Du hast alle Plage üb«rstonv«n? An dem bedeutungs schwer«» Tage werden wir alle an Dich denken, ganz besonders ich! Du gibst doch Drahtnachricht, gelt? Letzten Montag war ich bei Deiner Mama und fand sie etwas milder gestimmt gegen mich. Ob das wohl di« Sorge um Dich macht? Mit meinen künst lerischen Studien ist sie aber noch immer nicht ein verstanden. Alle Künstler ständen in schlechtem Ruf, Terrorismus sus Die zunehmende Stärke der Agitation für die kommenden Ncichstagswahlen zei.lgt eine sehr ausfällige, bemerkenswerte Erscheinung. Wäh rend dre ganze sozialdemotratisclss: Presse im Stile der Jnvelhymnen des „Vorwärts" ans dem Fahre 1W3 einen überwältigenden Sieg des deutschen Proletariats ankündigt, während Bebel bei den Marokkodebattcn im Reichstage wieder einmal den unmittelbar bevorstehenden Eintritt des schon so oft vergebens prophezeiten großen Kladderadatschs anmeldete, scheinen die Bezirksorganifationen der Sozialdemokratie die politische Lage doch etwas nüchterner nnd sach licher zu beurteilen. Gewiß gebricht es auch da nicht an Rührigkeit in der AgitatiouSarbeit, aber man meidet mit ängstlicher Scheu Auseinander setzungen mit den bürgerlichen Gegnern. In den verschiedenen Reichstagswahlkreisen ist ein Generalerlaß der Sozialdemokratie verbreitet worden, der den Genossen empfiehlt, gegnerische Versammlungen nicht zu besuchen. Zur Begrün dung dieses höchst eigentümliclum Verbots be rufen sich die Parteioiktatorcn auf vereinzelte Beispiele von Versammlungen, in denen den so zialdemokratischen Rednern die Redefreiheit arg beschränkt worden sei, wodurch diese nicht in der Lage gewesen feien, das „unsinnigste Zeug", da? von den Gegnern vorgetragen worden sei, im Sinne Marxens zu beleuchten und natürlich zu widerlegen. Wäre diese Begründung des Ver sammlungsverbots . nicht so außerordentlich fadenscheinig, so könnte man sie beinahe geschickt nennen. Denn was erreichen die Sozialdemo kraten durch dieses Verbot? Daß ihre An hänger nicht in die Lage kommen, sich selbst ein Urteil über die Anschauungen und Willens richtungen der bürgerlichen Parteien zu bilden. Wie steht es aber in Wirklichkeit mit dieser famosen „Begründung"? Wenn man hier und da zu einer gewissen Beschränkung der Redezeit in öffentlichen Versammlungen gelangt ist, so ge schieht dies lediglich deshalb, weil dre sozialdemo kratischen Redner ohne Rücksicht darauf, daß außer ihnen zumeist auch noch andere Wähler zu Worte kommen wollen, sehr häufig die ge währte Redefreiheit mißbrauchen. Statt in einer halben Stunde kurz und kräftig und sachlich die Gegner zu bekämpfen — und jeder halbwegs geschickte Polüiker vermag in dem Zeitraum einer halben Stunde gar vieles wirkungsvoll vorzubringen — glauben die Sozialdemokraten, ein bis zwei Stunden nötig zu haben, um durch hatte. Besonders sind die Beträge der neuen Boden- fteu e r n —Wertzuwachssteuer undSteuern au'„unle- bautüs L_nd" — durchaus klägliche Di. Anlegung ein^ Reichsg-uuobuches e^o^den vorläufig rie^ge Aus gaben und einen gewaltigen und teuern Beamten apparat. Die Steuerverw-lltung betont denn auch in ihrem Jahresbericht, daß man auf namhafte Beträge in den ersten Jahren nicht rechnen Lüüste. Der Vor anschlag für das erste Jahr der Wertzuwachssteuer war 1 Million Mark: gebracht hat sie kaum 40 000; für di« Steuer auf „unbebautes Land" 7 Mill. Mark, gebracht hat sie etwa 260 000 Bei der Einführung der neuen Steuern faselten die neuen Freund« des Ministers von märchenhaften Beträgen, 400 Mill. Mark das Jahr und mehr . Es wird lang« Jahre dauern, ehe diese Steuern namhafte Beträge bringen. Auf sie ist also zur „Finanzierung der Flotte oder der Vetsicberungsgeietze" kein Verlaß. Nun zu den Kolonien, d. h. den großen selb ständigen Kolonien, Kanada und Australien, die im Begrftf sind, eigene lokale Flotten zu gründen. Süd afrika hat sich in dieser Frage noch nicht endgültig entschieden; die selbständige Kolonie Neuseeland leistet einen bestimmten Beitrag zur Marine des Mutter landes. Während üer Flöttenpanik 1908, als in Lon don auch der „Re.chspiessekongreß" tagte, erklärte Lord Roseberry und andere, England allein, ohne Hilfe seiner Kolonien, sei nicht imstande, die Kosten der Seerüstungen zu tragen. Wird England nun durch Gründung der lokalen Kriegsmarinen in Ka nada u;rd Australien finanziell entlastet? Die stra- tegvjch« Frage bleibt unerörtert, trotzdem wohl die englische Admiralität in ihres Herzens Grunde immer noch dielokalen Marinen eher sür eine Schwächung als Stärkung der englischen Seemacht hält. Finanziell wird England nicht ent- leite t, weder direkt noch indirekt. Die Politik „tvo ta one" — Zwei englische gegen ein deutsches Schiff — bleibt bestehen, ob die Kolonien nun Kriegs schiffe bauen oder nicht. Die englischrn Ausgaben sür die Marine müßen also immer mindestens das Doppelte der deutschen betragen. Dazu kommt, daß auch Australien versuchen wird, bereits die näch sten Torpedebootszerstörer ganz oder teilweise in Australien zu bauen, wenn auch vielleicht noch einige Zeit vergehen wird, ehe es größere Schiffe fertigstellen kann. Kanada dagegen hat nur ein paar ält«re Kreuzer von England gekauft und will von vornherein seine Kriegsschiffe selbst in Kanada bauen. Dies« Kolonien streben eben danach, eigene Industrien zu begründen, und sich vom Mutterlande unabhängig oder doch unabhängiger zu machen. Dies« Zeilen sind nicht geschrieben, um den Anschein zu erwrckcn, als ob England nicht sein Aeußerst?s tun würde, um seine Seeherrschaft aufrcchtzuer- halten. Der obenerwähnte Plan der Anleihe bleibt rmmer offen, wenn auch unter schwerem Opfer zu einer Zett, wo englisch« Konsols — si« standen einst 114 — nur 78 bis 79 stehen. Sie sollen auch nicht „uferlosen" deutschen Flottenplänen das LVort reden. Diese Zeilen sollen nur etwas die Schwierigkeiten zeigen, in der sich eine liberale englisch« Regie rung, die auf Sparsamkeit, besonders in den Aus gaben für Rüstungen, eingeschworen war, befin det, und die „Bereitwilligkeit" eben dieser Regierung erklären, mit Deutschland sich zu arrangieren. Die deutsche Politik kann z we i e r l e i tun: sich ablehnend verhalten, die liberale Regierung ihrem Schicksal überlaßen, Las sie in ihren Finanzen finden würde. Di« liberal« Regierung hier hätte dann in kurzer Zeit — viel kürzerer Zeit, als Liberale hier zugeben wollen rlMerTllgMlltt Handelszeitung zerr., »o«r»s 757. i»» 6.2.r. l.Il.l. «SS7 azo»» !4, I. ist. i. ,^l. !Uhr. »«« Hofrat Kolmanitzki verschob die Entscheidung für einig« Tage und erkundigte sich inzwischen bei Onkel Ludwig nach Mellik und den näheren Umständen. Wir brachten ihm di« Antwort persönlich — Onkel wünschte meine Begleitung — und es wurde ausgemacht, daß der gute Mensch wirklich eine Reih« von Wochen auf der Deobachtunzsstation zubringen soll. Er wird auf Onkels Kosten in der zweiten Klaß« mit eigenem Zimmer untergebracht und wird jede Freiheit ge- nicßcn, die mit der Hausordnung irgendwie vereinbar ist. Kolmanitzki äußert«: Derlei Schikanen sähen Dr. Lsallovary sehr ähnlich, und wir dürften gew.ß sein, daß er uns icden Prügel vor di« Füße werien würde, dessen er habhaft werde. Zu mir war der Hosrat sehr nett. Er sprach viel und sprach sehr anerkennend von Papa. Wenn mit dem Prozeß auch nichts ausgerichtet werden sollte, sagte er. so dürfte ich doch stolz sein, einen solckxn Vater gehabt zu haben, und auch stolz, so viele treu«, opferwillige Freund« zu besitzen. Ich bin es auch! Onkel Ludwig und die Freund« all« sind wegen des Prozeßes voll Hoffnung. Es treten leider immer noch neue Ausgaben hinzu, an die kein M.nsch gedacht hat. So riet z. B Dr. Lazar dieser Tage zu einem Aufruf an Pfarrer Körös, Papas zweiten Testaments- zeugen, der in allen größeren amerikanischen Zev- ungen veröffentlicht werden soll. Es handelt sich um eine Adresse, die hier durchaus nicht erhältlich ist. Körös war ein Mann von sehr freier Gesinnung, be- äm deshalb Mißhelligkeiten mit dem Erzbistum, egte sein Amt ni«d«r und wandert« aus. Wie es cheint, hat er alle Beziehungen zu seiner Familie und seinem Vaterland« abgebrochen — Dieser Ausruf wird natürlich ein Sündengeld kosten und vielleicht keinen Erfolg haben. All das bedrückt mich begreif- licherweis«. Papas Sekretär will sich noch immer nicht finden laßen. Di« neue Spur, di« man verfolgt hat, erwies sich al« «ine falsch«. Du weißt, daß Herr Mayer im
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