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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 04.05.1912
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1912-05-04
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19120504026
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1912050402
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1912050402
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1912
-
Monat
1912-05
- Tag 1912-05-04
-
Monat
1912-05
-
Jahr
1912
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BezuqS-Prei- ftr Leipzta md «»rar»« dvrG »nser« Träger und Spedtleor« r«»l i«, Hau» gedraqt: I» Pf. «onatU, L7V Mt. vieneliährl. Bet unlern Ftltaleu «. Na» nahmesteüen adarhaU: 7V Vf. monatü r^S NN. «tHeljährl. D»ech »t« P»It: inner-alt Deutlchland» und der deutschen Kolonien vterteljährl. S.SU Ml., monatl. 1.2V Ml. au»Ilhl. Posldeslellacld. ferner in Belgiea, Danemark. den Donaustaaten, Italien, Luremdura. Niederlande, Nor» »««en, Oesterreich. Ungarn, dlv-iand, Schweden und Schwei-. In allen tibriaen Staaten nur dtreit durch die tbeschäst». stell« de» Blatte» erhältlich. Da» Leip-tg«, Tageblatt «rlcheint 2«al täglich. Sonn» u. tzeteNag» nur morgen». Nbonnem«nt»»Nnnadm« I»d»»»»,«ss« 8, -et unseren Trägern. Filialen, Spediteuren and Annahmestellen, sowie Postämtern «ad Lrtesträgern. ikta,«io,r»ä»»»»r«t» 10 Ps. Abend Ausgabe. UciWgcr TaMaü - .. l 14 6S2 sNachtanschlntzs AL . 2 l »ll-emein« Deutlch« Li.dtt. 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Zstscssug. Die vorliegende Ausgabe umfaßt 10 Seilen. Das Wichtigste. * In Frankfurt a. M. ist eine Aus sperrung von 60 Prozent der Met akl ar beit er erfolgt. (S. Dtschs. R.) * Aus Deutsch-Ostafrika werden meh rere Pest fälle gemeldet. (S. Tageschr.) * In der Umgebung von Marrakesch rrscht unter den Eingeborenen große ärung. (S. des. Art.) * Nach mehrwöchiger Verhandlung wurde heute im Methylaltoholprozcß das U r teil gesprochen. (S. Gericht.) Die preutzilche RsngUlte lSl2. Die neue „Rangliste der Königlich Preußi schen Armee und des XIII. (Königlich Württem- bergischen) Armeekorps für 1912" ist fast druck fertig. Sie wirb abgeschlossen mit dem 6. Mai, dem Datum des 30. Geburtstages des Kronprinzen, dessen B e f ö rd e r u n g z u m Obersten dann zu erwarten steht. Das erste Prachtexemplar soll in Wiesbaden dem Kaiser durch den Vorsteher der Geheimen Kricgskanzlei, Oberstleutnant v. Zastrow, überreicht werden. Die Freigabe der neuen Armeebibel für das Publikum durch den Buchhandel steht etwa für den 16. Mai zu erwarten. Durch die am 1. Oktober v. I. eingetretene Vermehrung der technischen Truppen um zwei Luftschiffer-Bataillone und ein Kraftfahr-Ba- taillon, durch die neuerrichteten technischen In spektionen und durch die zahlreichen bei der In fanterie etatmäßig gewordenen Maschinengewehr- Kompanien ist der Umfang des großen Nach schlagewerkes, das wiederum von der Königl. Hosbuchhandlung von E. S. Mittler und Sohn verlegt wird, um ein erhebliches, gegen 1911 ge wachsen. - - In der Generalität ist, seit dem Mai 1911, der rangälteste Generalfeldmarschall v. Hahnte mit Tode abgegangen. Als neuer General feldmarschall ist König Georg V. von England hinzugekommen. Von den Generalen sind drei — v. Dulitz, v. Kleist, Gronau — verab schiedet worden; damit wurden die Gencralinspet- tionen der Fußartillerie und der Kavallerie, so wie das Gouvernement Thorn neu besetzt. In der F ü hr u n g der A r m e e k o r p s ist im letzten Jahre keine Aenderung eingetrcten. Acht Gene ralleutnants wurden zu Generalen der In fanterie, der Kavallerie und der Artillerie be fördert, darunter die Großherzöge von Sachsen und Mecklenburg-Schwerin, Herzog Friedrich II. von Anhalt und der Prinz Johann Georg von Sachsen. 21 Generalleutnants und 9 charak terisierte Generalleutnants wurden zur Dispo sition gestellt, ein Generalleutnant, der Kom mandeur der 22. Division in Kassel, v. Oertzen, ist gestorben. 43 Generalmajore und Bri- gadelommandcure sind aus dem aktiven Dienst geschieden, außerdem noch drei Obersten der Ka vallerie und einer des Ingenieur- und Pionier- torps, die sich in Brigade-Kommandeurstellungcn befanden. Neubesetzungen haben im abgelanfencn Ranglistenjayre u. a. noch erfahren: die Direktion der Militärtechnischen Atademie, der Vorsitz der Obcr-Militär-Prüfungs-Kommission, die Inspek tion der Kriegsschulen, das Präsidium des In genieur-Komitees, die Inspektion der technischen Institute der Artillerie, sowie die Kommandan turen von Stuttgart, Posen, Altona, Breslau, Straßburg i. E. und Danzig. Vierzehn Divi sionen, die vier Kavallerie-Inspektionen und zwei Ingenieur-Inspektionen haben den Inhaber ge wechselt. In der neuen Rangliste werden nur noch ganz wenige Regimenter ausschließlich adelige Ossizierkorps aufweisen. In der ganzen Infanterie ist nur das 1. Garde-Regiment H. F. ohne bürgerlichen Einschuß für Ofsiziere, Fähnriche und Fahnenjunker geblieben. Bei der Kavallerie wird es immerhin noch weiter etwa ein Dutzend Truppenteile geben, deren Offiziere sich allein aus dem Adel rekrutieren. verdsnü ischiilcher ZnüuttrieUer. Der Gesamtvorst and des Verbandes fach- sischer Industrieller trat am Donnerstag in Dres den zu einer Sitzung zusammen, an der 21 Mitglieder des Gesamtvorständes teilnahmen. Nach Erstattung des Geschäftsberichts erfolgte die Aufnahme von 171 sächsischen F a b r i k b e t r i e b e n, die seit der letzten Sitzung die Mitgliedschaft Les Verbandes erworben haben. Zu der Frage der Deckung der Wehrvor- lagen berichtete der Syndikus Dr. S t r e s e m a n n, von der durch den Verband veranlaßten Versamm lung der Interessenten des Spiritusgeroerbes, die am 19. April im Hotel „Bristol" in Dresden stattgefun den hatte. Nach einem Bericht des Fabrikbesitzers Hey de über den Stand der Verhandlungen wegen der Neuregelung der Tarabestimmun gen in Frankreich und entsprechet» der bereits früher eingenommenen Haltung des Verbandes wurde be schlossen, den verbündeten Regierungen den Dank für die bisherige Wahrnehmung der deutschen Inter essen in dieser Frage auszusprechen und der Hoffnung Ausdruck zu geben, daß es gelingen möge, eine M i I- derung dieser den Export erschwerenden Bedingun gen durchzusetzen. Zur Frage der Revision dler Land- gemeinöeordnung beschloß der Vorstand nach einem Referat des Herrn Dr. März, die von dem Verband der Zweiten Ständekammer des Königreichs Sachsen unterbreiteten Vorschläge wegen der Ver tretung der Industrie, namentlich der juristischen Personen in der Gemeindeverwaltung erneut der Ersten Ständekammer einzuberichten. Eine lebhafte Erörterung knüpfte sich an die Besprechung über den gegenwärtigen Stand der Gemeindesteuer reform im Königreich Sachsen. Angesichts der Ab sicht der Regierung und der Stände, eine Umsatz steuer auf der Basis einer prozentualen Abgabe vom Umsatz der Großbetriebe im Kleinhandel einzu führen, wurde beschlossen, grundsätzlich dagegen Ein spruch zu erheben, daß in dieser Weise der Umsatz eines Geschäfts mit dem daraus zu erzielenden Ge winn in Verbindung gebracht würde. Die Schluß folgerung, daß der Umsatz maßgebend für den Gewinn aus einem Unternehmen sein müsse, stell« eine äußerst rohe Art der Steuererhebung dar und nehme keiner lei Rücksicht auf die mannigfaltigen Faktoren, von denen das Geschäftsergebnis beeinflußt sei. Da es nicht unmöglich sei. daß ein: derartige Auffassung später einmal auch auf die Besteuerung der Industrie Platz greife, so beschloß der Vorstand, sich grundsätzlich gegen dies« geplante Art der Steuererhebung zu wenden. Der Gcjamtvorsland nahm weiter Stellung zu der Anregung zur Einführung der 24 st ü n d i g e n Zeit ei n t c i l u n g, und beschloß, diese Bestrebungen kräf tigst zu unterstützen, da aus der jetzigen 12stündigen Zeiteinteilung außerordentliche Nachteile für Handel und Industrie sich ergäben. Die Beratungen über diesen Punkt der Tagesordnung gaben Gelegenheit, auch die Frage der Revision des Gregora- ni scheu Kalenders, sowie auch die Unter stützung der esperantistischen Bestrebung"»: zu er örtern. Ium Toüe ües Gouverneurs a. O. v. Lenntglen. Wie wir bereits in einem Teile unserer heutigen Morgenausgabe meldeten, ist am Freitagabend in Berlin der Gouverneur a. D. Rudolf v. Ben nigsen, Direktor der Kolonialgesellschaft für Süd westafrika, an den Folgen einer schweren Halsentzün dung gestorben. Rudolf v. Bennigsen wurde am 12. Mai 1859 ge boren, trat nach Absolvierung des Studiums der Rechte in den preußischen Staatsdienst ein und wurde 1888 Landrat in Peine (Hannover). Einige Jahre später ging er in den Reichskolonialdienst Uber: Im Frühjahre 1893 wurde ihm die oberste Leitung der Finanzverwaltung in Deutsch-Ostasrika übertragen; 1895 wurde er dort zum FinanzLrrektor ernannt und gleichzeitig mit den Funktionen res Oberrichters be traut; von 1896 bis 1897 führte er die Geschäfte des Gouvernements derselben Kolonie. Dann kehrte er in die Heimat zurück, um hier in der Kolomalver waltung des Auswärtigen Amtes tätig zu sein. Im Jahr« 1899 ging er dann als erster Kaiserlicher Gou verneur nach Deutsch-Neuguinea. Im Frühjahr 1902 nötigte ihn ein chronisches Malarialeiden, nach Europa zurückzukehren und um seine Pensionierung einzukommen. Im Juli 1908 wurde er als Mitglied in den Ausschuß der Deutschen Kolonialgesellschaft gewählt und im Februar 1909 zum Direktor der Deutschen Kolonialgesellschaft für Südwestafrika be rufen. Infolge seiner regen Anteilnahme an allen kolonialpolitischen Fragen geriet er auch mit dem Reichskommissar a. D. Dr. Peters in Konflikt, dem er in einem Zeitungsartikel wegen seines Briefes an den englischen Bischof Smithies von Magila Vor würfe machte. In dem gegen ihn vor dem Kölner Schöffengericht angestrengten Prozesse, wie auch in seinem Streite mit dem Konsul Eschke und dem Ab geordneten Erzberger erzielte er obsiegende Erkennt nisse. Der Schitleritteik sm Nieder rhein. Sieden Schiffahrtfirmen an der Ruhr und am Niederrhein, ferner die Gesellschaft Johann Knipp scher (Ruhrort und Duisburg), die von den Arbeits einstellungen betroffen waren, haben sich nach der „Frlf. Ztg." mit den Streikenden geeinigt. Zwei Schiffe der Gesellschdft Knippscher, die in Mainz vor Anker lagen, haben ihre Fahrten bereits wieder ausgenommen. Eine große Anzahl niederrheinischer Reedereien, d'e dem Arbeitgeberverbande nicht angehören, haben Verhandlungen mit dem Transporrarbeiteroerband eingeleitet, oie zur Einigung mit den Arbeitern ge führt haben. Daher »st die Besatzung der diesen Firmen gehörenden Schiffe zur Arbeit zurückgekehrt. Dagegen lehnen die großen Reedereien, die dem Ar beitgeberverbande angehören, entschieden jede Ver handlung mit der Arbeitnehmerorganisation ab. Im übrigen hat der Streik an Ausdehnung ge wonnen, da das gesamte Personal von 4 Reedereien, das bis Freitag Bedenkzeit hatte, in den Ausstand getreten ist. Anderseits mehrt sich die Zahl der Ar beitswilligen aus den Oderhäfen, Hamburg und Hol land. Gegenwärtig bemüht man sich von seilen der Streikenden sehr eifrig, auch die holländischen Ma schinisten und Heizer zum Anschluß an den Streik zu bewegen. In Anbetracht besten, daß die im Rotter damer Schifsahrtsstreik erbetene Unterstützung von feiten der Deutschen ausgeblieben ist, herrscht in Holland wenig Neigung zum Streik. Die Frachten geben in die Höhe, da leerer Kahnraum wenig an- geooten ist. Die Reedereien verharren vorläufig bei ihrer ablehnenden Haltung. Der stalienilch-türkilche Krieg. Die offiziöse römische Zeitung „Tribuna" schreibt zur Oeffnung der Dardanellen: Die Türkei hat dein Verlangen Rußlands nach gegeben, das die bedingungslose Wiederöffnung der Dardanellen forderte und durchsetzt«, sie hat nach gegeben auch gegenüber Italien, das dieselbe Ansicht vertrat wie Rußland und das ganze Gewicht seine» Einflusses geltend machte. Der vcn Rußland und Italien vertreten« RechtSstarrdpunkt ist von so in d« Augen fallender Einfachheit und zwingender Logik, daß er sofort von den Mächten verstanden, akzeptiert und üurchgesetzt würbe. Da es nur einer halben Stund« bedarf, um die für die Schiffahrt freigegebene Straße der Dardanellen zu schließen, hat die Türkei Las Sperrungsrecht nur dann, wenn eine feindliche Angriffsflotte in Sicht ist. Da das Vorgehen der Türkei darauf abzielt, den Welthandel zu schädigen, um sich eine bequem« Waffe gegen Italien zu ver schaffen, hat Italien, indem es die Handlungsweise der Türkei in das rechte Licht stellte, einen voll ständigen Sieg daoongetragen, der um so größere Be deutung hat, als die Türkei vor allem im Auge hatte, uns Schwierigkeiten mit den Mächten zu schaffen. Die italienische Flottendemonstration vor den Dardanellen hatte einen politischen und einen militärischen Zweck. Da das türkische Geschwader nicht aus den Darda nellen auslief, um eine Schlacht anzunehmen, konnte der militärische Zweck, abgesehen von der Zer störung der Forts (?), nicht erreicht werden. Aber das politische Ziel wurde vollständig erreicht. Die Jungtürken, die in der inneren und in der äußeren Türkei der Armee und den Wahlkomitees immer ver- 19) Äüs. Geschichte eines Frauenherzens. Von Emmy von Pannewitz. lNachdruck verboten.) xvm. Im Wilborgschen Hause waren traurige Tage ein gekehrt. Wochen, Monate waren vorübergegangen seit jener schrecklichen Juninacht, wo Baron Wilborg vom Schlage gerührt in dem Kabinett seiner Frau zu Boden gesunken war. Trübe Herbstnebel kamen gezogen, und noch machte sich keine Aenderung im Zu stande des Kranken bemerklich. Krank und schwach, die rechte Seite ganz gelähmt, so lag er auf seinem Lager, fast beständig in leichtem, unruhigem Schlum mer. Man konnte ihn nicht allein lasten, denn sowie er erwachte, wollte er Menschen sehen. In treuer Sorge saß Ada an seinem Bett, erst Tag und Nacht, weil der Arzt ein Einschlafen zur ewigen Ruhe befürchtete. Bleich und schmal waren ihre Wawgen geworden, oder war es das durch den grünen Schirm gedämpfte Licht, das sie totenbleich erscheinen ließ? Neben ihr spielte der kleine Georg. Lärm machte er ja nicht, dachte sie mit traurigem Herzen. „Ada, mach Licht", tönte es vom Kranken lager her. „Die Lampe brennt, Wilborg." „Ach was, es ist ja ganz dunkel." Ratlos sah Ada auf das eingefallene Gesicht des Kranken. „So steck' doch das Gas an." Stillschweigend kam die Frau dem Befehle nach. „Nun, wird's bald. Ihr denkt, ich liege fest, da braucht niemand mehr für mich zu sorgen", klagte Wilborg in grämlichem Ton. „Das Gas brennt, lieber Mann, alle sechs Flam men." „Es brennt! Großer Gott, dann bin ich blind." Adas Herz stand fast still vor Entsetzen. „Blind", urchtbarstes Wort! Abgeschieden von jeder Lebens- reude, ausgestohen aus der Gemeinschaft der Meu chen. Heiß« Tränen rannen über die Wangen der ungen Frau. Das Grauen und das Entsetzen, was sie empfunden vor dem Manne, war längst dem tief sten Erbarmen gewichen mit der Jammergestalt, oie auf dem Leibensbette vor ihr lag. Wohl war es schwer, seinen tausend Wünschen gerecht zu werden, wie oft hatte er sie die ganze Wohnung durchjagt nach einem Buche, einer Zeitung, die dann doch nicht gefunden wutde, weil er sie selbst vernichtet oder fortgegeben. „Du bist ja jung, wenn ich nur laufen könnte!" Grämlich, ärgerlich über ein Nichts war er oftmals geworden und hatte Ada angefahren, wie es selbst die Tante auf Berga nicht getan. Der Arzt verlangte Schonung auch für ihre Ner ven, Ada schüttelte Sen Kopf. „So lange er lebt, pflege ich ihn." Das war die einzig« Antwort, die sie mit ruhiger Miene stets wieder dem Arzt gab. Bewundernd blickte er auf zu der jungen Frau, die Jahre hindurch von einer Gesellschaft zur anderen geflogen war, der gehuldigt wurde, wo sie erschien, und die nun im einfachsten Hauskleidr, als wäre es selbstverständlich, di« niedrigsten Dienste am Kranken bett verrichtete. Mit sanftem, stets freundlichem Ge sicht erfüllte sie die wunderlichsten Wünjche des launenhaften Kranken. Die Frau war eine Heldin, eine Heilige! Und wie man bislang die elegante Weltdame geschätzt und gefeiert, so feierte man jetzt die Samariterin. — Eben hatte der Arzt die Untersuchung der Augen beendet. Es war keine Hoffnung! Ern neuer Schlag anfall hatte den Unglücklichen des Augenlichts be raubt. War vorher die Pfleg« «in« schwierige ge wesen, so wurde ne jetzt fast unerträglich. Täglich mehr merkte man, daß der bisher rege Geist seine Spannkraft zu verlieren begann. Es war ein lang sames Absterben der Eehirnnerven. Tagelang lag er da in völliger Apathie, bis ein förmlicher Wut ausbruch ihm plötzlich die verlorenen Kräfte zurück zauberte, freilich nur auf kurze Zeit. Gläser, Flaschen und was im Bereich seiner linken Hand war, wurde von ihm ergriffen und mit wildem Zorn im Zimmer herumgeworfen. Adas Stimme, die ihn sonst zu beruhigen ver mochte, verhallte machtlos, und eines Tages, als sie sanft sich über sein Lager neigte, versetzte der Kranke ihr einen Stoß, daß sie taumelnd zurückrlog, im Fallen mit dem Kopf an eine Tischkant« stoßend. So fand sie der Arzt, notdürftig das rinnende Blut mit einem Tuche stillend, in halber Ohnnracht am Fenster lehnend. Das Kind hatte sich weinend in ein« Ecke verkrochen. „Um Gottes willen, Frau Baronin!" „Es ist nichts" wehrte Ada ab. „Im Fallen stieß ich mich am Tisch." Der Arzt hatte die Sachlage erkannt. Wütete doch der Kranke weiter, der Anfall schien heute be sonders lange anzuhalten. Wenige Worte auf einen Zettel geschrieben, sann wurde der Diener fortgr- schickt. Nach kürzester Frist erschien ein geübter Krankenwärter. Ohne weitere Befehle obzuwarten, installierte er sich neben dem Tobenden. Der Arzt führte Ada und bas Kind hinaus. Dann schickte er dieses zu seiner Wärterin und klingelte der Jungfer. „Helfen Sie Ihrer Herrin in den Mantel!" befahl er der Erstaunten. „Frau Baronin, der Kranke ist gut besorgt, jetzt gehen Sie fort bis zum Abend, sehen Sie Menschen, beiuchen Sie Freund«, nur hinaus! Ich habe für Sie die Verantwortung, die Pflege kann noch Monate dauern, da heißt's haushalten mit den Kräften." Ohne Widerrede folgte Ada den Worten des Arz tes. es tat ihr so wohl, wenn jemand für sie sorgte! Fast willenlos schlug sie den Weg ein, den sie schon ein paarmal gewandert war in diesen Wochen, den nach der alten Teller Heerstraße. Es war «in weiter Weg, bislang hatte sie ihn nur im Wagen zurück gelegt, aber die Luft tat ihr wohl, wenn es auch rauhe Herbstnebel waren, die sie umgaben, so daß die Laternen wi« gelbe Flecken erschienen, zeigend, wo sie brannten, aber unvermögend auch nur die nächste Umgebung zu erhellen. Ob es nicht doch unvorsichtig war, sich in das Wetter hinauszuwagen? Einerlei, nur nicht nach Hause, der Doktor hatte recht, sie mußte einen Men schen sehen, mit ihm reden! Und ihren Plan auf geben? Jemand anders besuchen? Fade Schmeiche leien hören, wo es sie verlangt nach einem ernsten, freundlichen Wort? Nein, das tat sie nicht! Mochte der Weg auch weit sein, das Ziel war ein erstrebens wertes. Sie kannte es ja schon, das kleine be hagliche Zimmer mit dem grünbezrmenen Sofa, den weißen Deckchen und den vielen schönen Oelgemäl- den, die von der Hängelampe mit der Milchglas kuppel matt beleuchtet wurden. Da klingelte die Pferdebahn. Sie hielt an einer Weiche an der Bahnhofstraße. Sie zeigte eine grüne Scheibe. Sprach nicht Hans von seiner grünen Pferdebahn? Zum Bedenken keine Zeit, eben kam di« andere heran. Rasch hineingesprungen. „Bitte, wohin fahren Sie?" Ada fragte besangen den Schaffner, war es doch das erstemal, daß sie fuhr. „Zoologischer Garten — List, Fräulein", antwor. tet« der freundliche Mann. Sie zog ihre kleine Börse. „10 Pfennig nur das weite Ende." Weiter ging's, durch elegante Straßen zuerst, dann wurde es stiller und dunkler, die Läden hörten auf. Häuser, Kasernen endlich grüne Bäume und vor ihnen der Lister Turm, im Sommer das Ziel froher Spaziergänger, eines der vielen Restaurants in der Erlenriede, hergerichtet aus Len alten Befestigungen de: Stadt an der Leine. Hastig öffnete Ada die Tür zu dem Garten. Die regenschweren Zweige des niedrigen Strauchwerkes streiften ihren Mantel, sie achtete es nicht, denn der freundliche Schein der Hängelampe verriet, daß die alte Dame zu Hause sei. Ada schritt die schmale knar rende Holztreppe hinauf. Oben wurde die Tür ge öffnet. D»e alt« Dame erschien auf der Schwelle, das Strickzeug in der Hand, das Knaul am Boden nach rollend. Ein munteres Kätzchen sprang auf und suchte mit seinen Samtpfötchen di« weichen Woll- säden zu verwirren. „Peter, willst du wohl!" Dann nach der Treppe sehend: „Mein Gott, Frau Baronin! Sind Lis es denn wirklich bei dem Wetter? Ich habe Ihren Wagen gar nicht halten hören." Ada lachte, es war ein frisches, kindliches Lachen. „Ach seien Sie nicht böse, verehrte Frau, daß ich bei dem Wetter Sie überrasche! Ich mußte hinaus. Ich bin ohne Wagen gekommen, mit der Pferdebahn", fügte sie fast triumphierend hinzu. - „Nun, da sind Sie ja gut h«rg«kommen". meinte die älter« Frau, nicht ahnend, datz es für die Baro nin Wilborg «in immerhin außergewöhnliches Beför derungsmittel sei, welches sie benutzt hatte. „Aber nun kommen Sie herein, liebes Kind, ent ledigen Sie sich Ihres schweren Mantels und trinken Sie eine Tasse heißen Te." Frau Horst schob Ada über die Schwelle und bald saßen die beiden Frauen an dem traulichen Teetisch in gemütlichem Plaudern beisammen, wie alte Freund«. (Fortsetzung in der Morgenausgabe.)
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