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Wchmtz-ZeitiW Verantwortlicher Redakteur: Psul Ithnt in Dippoldiswalde. Mit achtseitigem „Jllustrirtrn Unterhaltungsblatt." Mit land- und hauswirthschastlicher MonatSbeilage. Inserate, welch« bei«« bedeutenden Auflage Blattes eine sehr wirk« same Verbreitung linden werden mit 1V Pfg. di« Spaltenzeil« oder deren Raum berechnet. — Ta bellarische und complieirte Inserate mit entsprechen dem Aufschlag. — Einge sandt, im redaktionellen «heile, die Spaltenzeil« 2« Pfg- 84 Pfg., einmonatlich 42 Pfg. Einzelne Nummern 1v Pfg. - Alle Postan- galten, Postboten, sowie die Agenten nehmen Be- Amtsblatt , für die Königliche Umtshauptmannschaft Dippoldiswalde, sowie für die Königlichen "Amtsgerichte und dre SLadträtye zu Dippoldiswalde und Iraumstein rote „Weißeritz-Seitung" «scheint wöchentlich drei mal: Dienstag, Donners tag und Sonnabend. — ÄmtckUckl» 48« nehmen an: in Dippoldiswalde: die Expedition, — in Altenberg: Buchdindermstr. Schütze, — in Krauenstein: Nadlermstr. Hardt, oir „MrMNtz-LrttNNs mann, — in Glashütte: Buchdindermstr Schubert, - in Kreischa: Buchbinder Berger, - in Potschappel: Kaufmann Theuerkauf Nr. 120. Sonnabend, dm 11. Oktober 1890. 56. Jahrgang. Lokales und Sächsisches. Dippoldiswalde, 10. Oktbr. Nächsten Sonntag Ä und Montag wird unsere Kirmes begangen, und W irtzt schon find die Vorbereitungen dazu im vollen I Gange. Die von unfern Kaufleuten schon wochenlang H angebotenen und inzwischen erkauften „Backwaaren" I werden schon seit gestern verarbeitet und in Gestalt i von Kuchen und Bäben massenhaft aus den Back häusern nach Hause geschafft, zur Ergötzung besonders der Kleinen, denen ein Fest ohne Kuchen wie uns eine ; Suppe ohne Salz erscheint. Schon seit Anfang der ' Woche läuft der grobe Teich ab und immermehr kon- I zentriren sich Karpfen und Schleien auf die tiefere H Mitte, aus der sie dem am Freitage gezogenen Netze I sicher nicht entrinnen werden. Und gescheuert und D aufgeputzt wird auch, damit es dem nach den Manöver- D strapazen doppelt erquickungsbedürfligen Sohne, der U in der Residenz „in Stellung" befindlichen Tochter, die I beide auf „Urlaub" kommen, und andern zum reich lichen Kirmesgenusse geladenen und vielleicht auch un geladenen Gästen daheim recht behagen möge. Doch I schließt diese« Wohlbefinden im Familienkreise keines wegs rms, das auch auswärts vergnügliche Unter haltung gesucht und genoffen werde. Und dafür ist I am Sonntag durch das übliche Kirmes-Loncert unseres Männergesangvereins im Schießhause, wie nicht minder " durch das von Heinold in der „Reichskrone" für Mon tag angekündigte Militär-Concert, beide mit obligater I Tanzmusik, hinreichend gesorgt. Es fehlen also weiter nichts, als der ersehnte „Urlaub" und wenn irgend möglich, ein paar schöne sonnige Herbsttage, um das Kirmesvergnügen zu einem erwünschten, erquicklichen Familienfeste zu gestalten, besonders wenn der weise Spruch ,Xv qniä niwig", zu deutsch „Du sollst nicht zu viel pampen!" die ihm gebührende Berücksichtigung findet. Also: „Viel Vergnügen! und „Wohl bekomm'S!" — Es mag unseren Lesern gegenüber nicht uner wähnt bleiben, daß in dem Museum des hiesigen Erzgebirgsvereins für die nächste Zeit u. A. eine I Anzahl höchst interessanter malayischer Waffen zur I Ausstellung mit gelangt find, die Herr Hofphotograph Koch (Dresdener) in Einaapore s. Z. selbst mit nach hier gebracht und freundlichst leihweise für das Mu seum zur zeitweisen Besichtigung überlassen hat. Be suchsstunden Sonntags von 11—12 Uhr. Eintritts geld nach Belieben. Im Interesse des Museums ist ! recht zahlreicher Besuch erwünscht. — Einst und jetzt. Unter dieser Ueberschrist bringt der „Schwäb. Merk." folgende zeitgemäße Be trachtung: In unserer Jugend Tagen, da ein einiges deutsches Vaterland noch ein bloßes Gedankending, bei besseren und schwungvolleren Naturen ein Gegen stand der Sehnsucht und der Hoffnung war, da be geisterten wir unS für jenes bekannte Lied von Dingel stedt „Die Verbannten", in welchem der Dichter sechs dunkle Ehrenmänner und zwar einen Ruffen, einen Spanier, einen Griechen, einen Schweizer, einen pol nischen Juden und einen Deutschen in irgend einer Schenke zusammentreffen und ihr Schicksal erzählen läßt. Alle sind aus ihrem Vaterlande vertrieben und jeder beschließt die Erzählung seines Abenteuerlebens mit einem Fluch auf sein Vaterland, bis die Reihe des Erzählens an den Deutschen kommt, dem die Spieß gesellen zurufen: „Komm Deutscher, nimm Dein Glas zur Hand und thue wie wir thaten, ruf Zeter auf Dein Vaterland, das Land, das Dich verrathen!" Der Deutsche aber ruft mit hocherhobener Stimme: „Das wolle Sott im Himmel nicht, daß Solches je geschehe! Rein, wer mit deutscher Zunge spricht, ruft Deutsch land niemals wehe! Und wenn ich sie, die mich ver stieß, nie Wiedersehen werde, mein letzt' Gebet und Wort bleibt dies: „Gott schütz' die deutsche Erde!"" — Mit schmerzlicher Wehmuth haben wir uns dieses herrlichen Liedes erinnert, als wir in den Berichten über die Feier der Aufhebung des Sozialistengesetzes, die in verschiedenen Berliner Lokalen von den Sozial demokraten zum Theil mit „Hissen einer rothen Fahne" veranstaltet wurde, lasen, daß in einem dieser Lokale der Gesang des sogenannten Weberliedes mit tausend stimmigem Beifall und Jubel ausgenommen worden sei, dessen Schlußrefrain lautet: „Deutschland, wir weben dein Leichentuch, wir weben hinein den zwiefachen Fluch!" Als Deutschland noch keine Nation war, sondern ein machtloses, in sich zerrissenes, den Spott der Nationen herausforderndes Gebilde, da hieß es : „Mein letzt' Gebet und Wort bleibt dies: Gott schütz' die deutsche Erde!" L Glashütte. Die hies. Hauptverpflegstation wurde im dritten Vierteljahre 1890 von 230 „armen Reisenden" aufgesucht. Es erhielten: 132 Nachtver pflegung, 60 volle und 38 halbe Tagesverpflegung. Der jüngste war 17, der älteste 67 Jahre alt. — Hier und in der näheren Umgebung, besonders in Luchau, kommen vereinzelt schon seit Ende August Krankheitserscheinungen vor, die der Influenza aufs Haar gleichen. Es ist leicht möglich, daß diese Krankheit, wie an andern Orten, auch hier wieder ihren Einzug gehalten hat, wenn sie auch in sehr milder Form austritt. — In der deutschen Uhrmacherschule wird jetzt an einer Repetiruhr gearbeitet, die für den Salonwagen des deutschen Kaisers bestimmt ist. H Poffendorf. Mit nächstem Montag beginnt an unserer Schule nach 14tägigen Herbstferien das Winterhalbjahr, mit welchem der Vormittagsunterricht eine Stunde später, also erst um 8 Uhr seinen An fang nimmt. Auch der Unterricht in der Fortbildungs schule wird von nächster Woche an wieder ertheilt und zwar Dienstags und Freitag- 5—7 Uhr Abends. - Hänichen. Ein recht bedauerlicher Unglücks fall trug sich am vergangenen Dienstag, Abends 9 Uhr, am Kommünikationswege im Poisenthale zu. Als ein von Deuben nach Pirna zurückkehrender Geschirr führer einen für das Gefährt zu schmalen Weg passirte, stürzte daselbe plötzlich um und erdrückte den auf dem Wagen sitzenden 20jährigen Ernst Heinrich Hilber aus Hinterjeffen bei Pirna. Infolge des dabei erlittenen Schädelbruches trat der Tod sofort ein. Der Todte wurde zunächst in der Poisenthalschenke untergebracht. Kutscher und Pferde blieben unverletzt. Kreischa. In der ersten Sitzung der dies jährigen Wintersaison im hiesigen Landwirthschaftlichen Verein sprach Herr Professor vr. Kirchner aus Leipzig über die „Mittel zur weiteren Hebung der Rindvieh zucht". Als allgemein wichtige Hauptpunkte aus diesem Vorträge seien folgende erwähnt: Das Rindvieh nützt durch Dünger, Milch, Fleisch und Fett, Arbeit. Im Dünger ist besonders viel Stickstoff vorhanden, derselbe muß soviel als möglich festgehalten werden, weil er im künstlichen Dünger am theuersten ist. Die Frage, ob die Leistungsfähigkeit des Rindviehes in Bezug auf Milch, Fleisch und Arbeit erhöht werden kann, ist ent schieden zu bejahen. Die jungen Thiere, welche ein gestallt werden, müssen nur von den besten Milchkühen abstammen. Die Milch sämmtlicher Kühe im Stalle darf nicht nur nach ihrer Menge gemessen, sondern muß besonders auch auf den Fettgehalt geprüft wer den. Der Fettgehalt ist aber so unterschiedlich als die Raffen selbst. In Bezug auf Mastfähigkeit und auf Arbeit muß besonders auf Abstammung gesehen wer den. Wie weit die Kraftentwickelung gebracht werden kann, beweist der Fall, daß ein paar Simmenthaler Ochsen 430 Centver vom Platze zogen. Bei Pränlt- irungen soll nicht bloß das Aeußere bestimmend sein, sondern es sollen auch die Zuchtgenoffenschaften Stamm bäume anlegen und über den Milchertrag Auskunft geben können. Die sogenannten Milchzeichen, wie Milchspiegel, Milchadern, Kopf, Hörner und Ohren, bieten bei Beurtheilung keine unbedingte Sicherheit. Kraftfuttermittel gebe man nicht so viel, daß ein Theil davon unbenutzt aus dem Körper wieder ausgeschieden wird. Durch die Fütterung wird der Fettgehalt der Milch überhaupt nicht erhöht, derselbe ist eine Eigen- thümlichkeit des einzelnen Thieres. Dre-drn. Die Umbauarbeiten am königlichen Residenzschloß haben in der letzten Zeit einen guten Fortgang genommen. Bereits treten mehrere halb kreisförmige Erker hervor, welche in ihrer Rundung das Aeußere von Kirchenkanzeln tragen. Treulich ist bisher von dem Hofbauamte an der Aufgabe fest gehalten worden, alles gute Alte und historisch Wich tige zu erhalten, alles Neue dagegen im Style der deutschen Renaissance und somit in enger Ueberein- stimmung mit dem Vorhandenen berzustellen. Die Witterung «ar bisher für di« Arbeiten sehr günstig. Für die Jnnenräume ist bekanntlich eine Umgestaltung nur insoweit ins Auge gefaßt, als sie durch die Er neuerung des Dachwerks bedingt wird. Es betrifft dies insbesondere den durch seine rothe Sammetbe kleidung der Wände bekannten Parade- oder Thron saal und das daneben gelegene Kaffeezimmer. — Vor dem Amtsgericht zu Guttentag ist ein Austausch von Grundbesitz zwischen dem König von Sachsen und dem Herzog von Ratibor vollzogen wor den. Nach dem „Oberschl. Anz." trat der König von Sachsen dem Herzog das Forstrevier Dombrowitza gegen das Vorwerk Thurze ab. — Von den, im Bau begriffenen oder in Bau vorbereitung stehenden hiesigen Staats-Neubauten ist zu berichten, daß der Nordflügel der kal. Kunstakade mie im Rohbau nahezu fertiggestellt ist. Der riesige Amtsgerichts-Neubau ist an der Ziegelstraßenfront bereits zum Theil mit Sparrwerk versehen, während man auf dem Bauplatze zum neuen Finanzministerium, auf dem techten Elbufer gegenüber der Brühlschen Terrasse, seit Anfang Juli bemüht ist, die feste Grün dung zu veranlassen. Die Grundbauten führt der Baumeister Teichgräber aus. Es sind 24,000 Kubik meter Boden auszuheben und 17,000 Kubikmeter Be ton einzulegen, der eine Stärke von etwa 2 Meter erhält. Die Gründung wird daher eine ganz vorzüg liche und geschieht unter stetiger Ueberwachung des Landbauamtes. Leider hat die Hochfluth in den be wältigten und bearbeiteten Waffen arge Verwüstung angerichtet. Das neue Finanzministerium erhält 143 Meter Frontlänge, 60 Meter Tiefe und 2 Lichthöfe. — Welchen Umfang die im Februar d. I. in den städtischen Schulen in Dresden ausgebrochene granulöse Augenentzündung (egyptische Augenkrankheit) genom men hatte, ersieht man aus den für die erforderlichen Maßnahmen geforderten Aufwand, welcher eine Höhe von 28,000 M. erreichte. — Angesichts der erneuten Agitation der Ultra montanen zum Zwecke der Aufhebung des ReichSge- setzeS, betreffend die Ausweisung der Jesuiten aus dem Deutschen Reich macht das „Leipz. Tagebl." da rauf aufmerksam, daß wir in Sachsen gegen diese Eventualität, selbst wenn sich für ihre Verwirklichung im Reichstag und Bundesrath eine Mehrheit finden sollte, durch unsere sächsische Landesverfassung geschützt find, nach welcher im Königreich weder neue Klöster errichtet, noch Jesuiten oder irgend ein anderer geist licher Orden jemals ausgenommen werden darf.