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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 20.12.1896
- Erscheinungsdatum
- 1896-12-20
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-189612207
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18961220
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18961220
- Sammlungen
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1896
-
Monat
1896-12
- Tag 1896-12-20
-
Monat
1896-12
-
Jahr
1896
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 20.12.1896
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Die Morgen-Ausgabe erscheint um V,7 Uhr. di« Abend-Alltgab« Wochentags um b Uhr. Rrdartion und ErpeM-«: JotzauneSgaffe 8. Die Expedition ist Wochentag» ununterbrochen geöffnet von früh 8 bi» Abend» 7 Uhr. Filiale«: Ltl« klemm'» Lortim. (Alfred Hahn), Univrrsitätsstraße 3 (Paultnum), Lonts Lösche, Kathariuenstr. 14, Part. Und Königsplatz 7. Bezugs.Preis ^dm Hanptexpedition oder den im Stadt, mmrr und den Vororten errichteten Aus- üabrstrllen abgeholt: vierttlj«hrltch^l4ck0, b« zweimaliger titgttcher Zustellung in» AauS 5.50. Durch di« Post bezogen für Deutschland und Oesterreich: vierteliäbrlich L.—. Directe tägliche Kreuzbandiendun^ in» Ausland: monatlich 7.50. WpMer TagMatt Anzeiger. Amtsblatt des Königlichen Land- nnd Amtsgerichtes Leipzig, -es Ratljes und Polizei-Amtes -er Ltadt Leipzig. 848 Sonntag den 20. December 1896. AnzeigenPreis die 6 gespaltene Petttzeile LO Pfg. Reclamen unter dem Redactioa-strich <4ge- spalten» 50 vor den Familiennachrichten (6 gespalten) 40^. Größere Schriften laut unserem Preis- verzeichniß. Tabellarischer und Zisferusap nach höherem Tarif. tzkptra-Beilagen (gesalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbeförderurig KO.—, mit Posibesörderung 70.—. Annahmeschluß für Anzeigen: Abend-Ausgabe: Bormittags 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittags 4Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je eine halbe Stunde früher. Anzeigen sind stets an die Expedition zu richten. Druck und Verlag von tk. Polz in Leipzig. SV. Jahrgang. sowie nachfolgende Ausgabestellen: Arndtstraße 3L Herr k. 0. Kittel, Colonialwaarenhandlung, Beethovenstraüe 1 Herr ^lieoä. keler, Colonialwaarenhandlung, Brühl 8V (Ecke Goethestraße) Herr lierm. Ae88ke, Colonialwaarenhandlung, Frankfurter Strahe(Thonlasinsstraßcn-Ecke) Herr OttokrniiL, Colonialwaarenhandlung, Löhrftrahe IL Herr Ltlunrd lletxer, Colonialwaarenhandlung, Marschnerftrahe v Herr 8ellreii)er, Drogengeschäst, Nürnberger Strahe 45 Herr Ll. k. Aldreeltt, Colonialwaarenlzandlung, in Anger-Crottendorf Herr ködert Vrelver, Zweinaundorfer Straße 16, - Eutritzsch Herr ködert Bitner, Buchhandlung, Delitzscher Straße 5, - Gohlis Herr Robert Attuer, Buchhandlung, Lindenthaler Straße 5, - Lindenau I4nilner L 6ei8t, Wettiner Straße 51, Ecke Waldstraße, Buchbinderei, - Neustadt 8ebeit'8 Amwneeu-kxpeMiou, Eisenbabnstraßc 1, Im Interesse rechtzeitiger und vollständiger Liefenrng des Leipziger Tageblattes wollen die geehrten Leser die Bestellung für das I. Vierteljahr 1897 baldgefälligst veranlassen. Der Bezugspreis beträgt wie bisher vierteljährlich für Leipzig 4^ LV mit Bringerlohn für zweimaliges tägliches Zutragen L LV durch die Post bezogen für das Te Reich und Oesterreich-Ungarn V In Leipzig nehmen Bestellungen entgegen sämmtliche Zeitungsspediteure, die Hauptexpedition: Johannesgasse 8, die Filialen: Katharinenstratze 14, Königsplatz 7 und Universitätsstratze 3, Peterskirchhof L Herr Uax Xlortli, Buchbinderei, Ranstsche Gasse 6 Herr krieür. Kl8el»er, Colonialivaarenhandlung, Ranstädter Steiuweg ll Herr 0. LnKettuami, Colonialwaarenhandlung, Schützenftrahe L Herr ^ul. 8ebiiniicbeu, Colonialwaarenhandlung, Westplatz 32 Herr k. Klttriob, Cigarrenhandlung, Aorkstrahe 32 (Ecke Berliner Straße) Herr v. Vvbu8, Colonialwaarenhandlung, Zeitzer Strahe 35 Herr V. KÜ8ter, Cigarrenhandlung, in Plagwitz Herr U. Orüt/inann, Zschochersche Straße 7 g, - Reudnitz' Herr lV. kuxmami, Marschallstraße 1, - - Herr Loi'ub. lieber, Mützengeschäft, Leipziger Straße 6, - Thonberg Herr k. kiintteli, Reitzenhainer Straße 58, -- Bolkmarsdors Herr V. 4.. ^uuwaun, Conradstr. 55 (Ecke Elisabethstr.). Aus -er Woche. K Nur noch ein Vierteljahr trennt uns von der Feier des hundertjährigen Geburtstages Kaiser Wilhem'S I. und in den Blättern mehren sich die Nach richten über Vorbereitungen zur würdigen Begehung des großen Erinnerungstages. Es entspringt einer richtigen Empfindung, wenn dadurch ein Freund unseres Blattes zu rer Frage gedrängt wird, ob denn am Geburtstage des alten Kaiser- noch keine Schritte gethan sein sollen, seinem unver gleichlichen Fcldherrn ein Denkmal zu setzen. Die Frage ist nm so mehr berechtigt, als die hundertste Wiederkehr deS Tages, der uns Moltke schenkte, in vier Jahren zu feiern sein wird, eine kurze Spanne Zeit, wenn bis dahin ein Standbild in der Neichshauptstadt von der Dankbarkeit seines Volkes zeugen soll. Auf dem nationalliberalen Dclegirtentage im October war der Wunsch laut geworden, der Parteivor- sland möge die Angelegenheit in die Hand nehmen, eine An regung, der nicht Folge gegeben werden konnte, weil derartige Unternehmungen selbstverständlich nicht von einer politischen Partei ausgehen dürfen. Der Vorstand mußte sich aus die Aufforderung an die Parteigenossen beschränken, nach Grün rung eines Tenkmal-ComitSs dieses in jeder Richtung zu fördern. Seitdem ist nichts geschehen. Warum, ist unerfindlich. Wenn man sagt, der" geringe künstlerische Erfolg der PreisanS- schreibung für das Berliner Bismarck-Denkmal könne nicht zur Stellung einer zweiten großen Aufgabe für die Künstler auf muntern, so ist da- nicht stichhaltig. Im Gegcntheil, je deut licher die Schwierigkeit deS Gelingens gezeigt ist, desto früh zeitigeres Beginnen empfiehlt sich. Die „Germania" erklärt die Behauptung, die angekün digten Bebrl'schen Enthüllungen Uber die Hintermänner oes Herrn v. Tausch seien im Reichstage auf Einwirkung von Seiten des Centruins unterblieben, für falsch. Da sich das Blatt aus nähere Angaben nicht einläßt und der „Vor wärts", sonst sehr bereit, ein bismarckfreundliches Blatt der „Lüge" zu zeihen, vollständig schweigt, so wird man gut thun, der schlecht accreditirten „Germania" vorerst keinen Glauben zu schenken. Daß übrigens Bebel Nickis zu enthüllen hat, steht fest. Für ihn wie für die — Anderen kann es sich nur um eine tendenziöse Gruppirung von Thatsachen und Preß stimmen handeln, die die schließliche „Feststellung", die „Hinter männer" seien Fürst BiSinarck und sein Sohn, nicht allzu absurd erscheinen läßt. Von Hintermännern überhaupt wird es auch in der demokratiscken Presse immer stiller, nur das „Berliner Tageblatt" verräth noch einen Drang nach Er- Icuntniß von Menschen und Dingen, wie es ihn gegenüber seinem Mitarbeiter Stärk niemals an sich verspürt hat. Um übrigens selbst diesem „Organ" etwas Gute» nachzusagen, sei erwähnt, daß der dilatorische „Verein der Staats bürger jüdischen Glaubens" über Mangel an Unter stützung bei der gesammten Presse, also auch bei der Zeitung des Herrn Mosse, sich zu beschweren Ursache gehabt hat. Hat die politische Freiheit den Freimuth gegen die Mächrigen gefördert? In der absolutistischen Zeit im Jahre 1841 schrieb, wie aus der eben erschienenen Fortsetzung eines biographischen Wertes zu ersehen ist, der damalige Comman deur des 5». Armeekorps in Posen, General von Grolmann, in einem die Polenpolitik betreffenden Briefe an König Fried rich Wilhelm IV. das Folgende: „Noch erlauben Ew. Majestät, daß em alter, treuer Diener Ew. Majestät und des Vaterlandes, der vielleicht nicht mehr viele Zeilen an Ew. Majestät richte» wird, die dringende Bitte wagt, ni 'hr Vorsicht in Rede nnd Schrift eintreien zu lassen. Die rissendeit der Zeiten erfordert eine Besonnenheit nnd Ruhe, wena nicht Mißverständnisse aller Art die traurigsten Verwirrungen herbei führen sollen." Der König hat diese Mahnung nicht übel ausgenommen, sondern sich in einem Antwortschreiben nach der Veranlassung erkundigt. Die Zerrissenheit mit ihren Aufgaben für die Machthaber feblt auch unserer Zeit nickt, besitzt sie aber einen Mann, der solcke Worte an die höckste Stelle zu richten wagt? Centruin und Conservative haben im Reichstage das im vorigen Sommer beschlossene, wegen seiner Verschärfungen aber vom BundcSrath zurückgewiesene Margarinegesetz mit Milderungen eingebracht, die nicht viel bedeuten wollen. Die Vorschrift, die Margarine mit einem chemischen Er kennungszeichen zu versehen, ist weggefallen, und das Gebot der getrennten Verkaufsräume für Butter und Margarine auf Orte mit mehr als 5000 Einwohnern beschränkt worden. Jene Vorschrift wäre eine arge Belästigung reeller Fabri kanten und Geschäftsleute und unwirksam gegen betrügerische Händler gewesen, denn die Chemie, die daS Erkennungszeichen an die Hand giebt, lehrt auch, wie man cS entfernen kann. Und was das Gebot der getrennten Verkaufsräume angeht, so trifft es, wenn auch ans größere Städte beschränkt, doch noch immer viele Millionen von Verbrauchern in der nicht städtischen lohnarbeitenden Bevölkerung. Wir haben in Deutschland sehr viele ganz überwiegend von Fabrik arbeitern bewohnte Orte, die mehr als 5000 Einwohner zählen, aber doch nicht groß genug sind, um den rentablen Unterhalt gesonderter Verkaufsräume bezw. Ge schäfte für Butter und Margarine zu gestatten. Außer dem wachsen alljährlich eine Menge Ortschaften in die Reihe der Gemeinden mit über 5000 Einwohnern herein, ohne daß ihre wirthschaftlichen Verhältnisse sich dadurch veränderten. Soll darum die 5001. Seele den ungetrennten Verkaufs räumen den Garaus machen?" Wir haben schon beim Zusammentritt deS Reichstags die Wiederaufnahme einer Margarinegesetzgebung als dringlich bezeichnet, aber die Er wartung ausgesprochen, die Mehrheit möge sich bei dem von den Regierungen für erreichbar Erklärten bescheiden. Dieser durch den Jnitiativentwurf nicht erfüllte Wunsch ist noch jetzt nicht aussichtslos, denn die „Köln. Volksztg." nimmt als etwas Selbstverständliches eine nochmalige Coniinissious- beratbuiig in Aussicht nnd fordert für diese „Besonnenheit und Mäßigung." Von der Margarine läßt sich ungezwungen zu den gericht lichen Triumphen des Abgeordneten Mohr aus Bahren feld übergehen. Wenn diesem Herrn sein bisheriges Glück treu bleibt, so werden die seinen Widersachern zudictirten Geldstrafen zu Summen anschwellen, die ihren wohl- thätigen Einfluß auf die Finanzen wenigstens der kleineren deutschen Staates nicht vermissen lassen werden. Der Zweifel abe:, ob Herr Mohr eine Zierde der/ nationalliberalen Fraktion des preußischen Abgeordnetenhauses ist, wird auch durch diese obsiegenden Erkenntnisse nicht behoben. Die angekündigte preußische Richterbesoldungsvorlage sieht eine Erhöhung der AnfangSgehälter der Richter von 2400 auf 3000 .L vor. Es herrscht darüber viel Genug- tbuung, aber die Sache bat doch auch ibr Bedenkliches. Steht nicht zu befürchten, daS sich von den Wogen der Goldströme Hoffahrt und Wohlleben in die Richterfamilieu tragen lassen nnd dort die Einfachheit der Sitten verdrängen werden, sv daß der Nutzen der Leiber den Seelen zum Schaden aus schlagen kann? Die Vergangenheit des preußischen Herren hauses bürgt dafür, daß auch diese Seite der Angelegenheit der gebührenden Beleuchtung nicht entzogen bleiben wird. Deutsches Reich. U Berlin, IS. December. Wenn bei der Erhöhung der Beamtengehälter auch die Gehälter der Uni ver sitäts - Professoren eine Erhöhung erfahren sollen, so bat dabei namentlich auch der Wunsch vorgewaltet, die vielfach hinter dem Bedürsniß zurückbleibende Dotirung der außerordentlichen Professuren aufzubeffern. Die procentuale Aufbesserung dieser Gehälter wird aber zur Erreichung dieses Zieles nicht genügen, und es ist daher auf eine Ergänzung derselben vermittelst einer anderen Ordnung der Collegiengelder Bedacht genommen. Es liegt in der Absicht, bei der Neu besetzung von Professuren folgende Einrichtung betreffs der Collegienhonorare durchzufübcen: Bis zur Höhe von 2000 ^. jährlich, in Berlin von 4000 sollen in der Folge diese Honorare dem Professor unverkürzt zufließen; von dem etwa übersteigenden Betrage soll dem Professos die eine Hälfte verbleiben, die andere aber an einen Fonds ab geführt werden, Weicker nach Erreichung einer bestimmten Höhe, für Berlin 360 000 die Mittel für eine bessere Dotirung der außerordentlichen Professuren, sowie zur Gewinnung besonder- tüchtiger Kräfte, welche nur durch außerordentliche Dotirung der betreffenden Lehrstühle sick heranziehen lassen werden, liefern soll. Betreffs der bereits im Amte befindlichen ordentlichen und außerordentlichen Professoren ändert sich natürlich am Bezüge von Collegien- geldern nichts. Sie bleiben im vollen Geuufse dieses Honorars, auch wenn ihr Iahresbetrag sich auf mehr als 2000 bezw. 4000 beläuft. Nur der Bezug der jetzt in Aussicht genommenen Gehaltserhöhung wird davon abhängig gemacht, daß sie in der Folge aus den Bezug der Hälfte des jenen Satz (2000 bezw. 4000 im Jahr) übersteigenden Tbeiles der Collegiengelder verzichten. Es bleibt daher den im Amte befindlichen Professoren die Wahl ganz frei, ob sie ihre bis herigen Bezüge unverändert fortbehalten wollen oder ob sie sich ein höheres festes Gehalt unter Verzicht auf eventuelle Collegiengelder sichern wollen. X. Berlin, 19. December. DaS Reichsgericht hat letzthin entschieden, daß ein Anspruch auf Erstattung von Zinsen für zu Unrecht eingezogene und demnächst infolge für begründet erklärter Reklamationen zurückerstattete Steuerbeträge nicht einklagbar seien soll. Es wird in einem Blatte hervorgehoben, wie bedauerlich das sei, da infolge deS recht langsamen Verfahrens bei Steuerberusnngen, wenn eS sich um größere Steuerbeträge handelt, oft recht erhebliche Zinsverluste entstehen. Wir geben dies als richtig zn, aber dieser Nachthril ist noch nicht der schlimmste, denn der Zinsverlust wird allenfalls zu ertragen sein. Man denke aber daran» daß durch die langsame Erledigung von Berufungen und die späte Rückzahlung der zu Unrecht zu viel oder überhaupt erhobenen Steuern gerade kleine Leute empfindlich in ihrer Existenz ge schädigt werden können. ES kann für einen kleinen Kauf mann, der, obwohl er sein Geschäft erst seit kurzer Zeit be treibt und vielleicht noch gar keinen Gefchäftsgewinn daraus zieht, dennoch plötzlich auf Grund irgend welcher irrthüm- lichen Annahmen für ein ganzes Steuerjahr die Staats- und Communalsteuern von einem fälschlich angenommenen Ein kommen von 2000 oder 3000 hat zahlen müssen, zu einer erheblichen Verlegenheit werden, wenn er diese Summe erst sehr spät erkält und inzwischen vielleicht auf die bedenkliche Hilfe gefährlicher Geldmänner angewiesen ist. Wie eine Bc schleuniguug de» BerusungSverfabrcns zu erzielen ist, das sollte die Regierung und die Einzellandtage ernst haft beschäftigen. * Berlin, 19. December. Tie Untersuchung gegen den Criminalcommissar von Tausch, so schreibt ein Berickt erstatter, dem wir die Verantwortung für seine Mit tbeilungen überlassen müssen, nimmt äußerem Vernehmen nack einen bei weitem größeren Umfang an, alö sick dies ursprünglich vermuthen ließ. Zunächst dürfte das Strafverfahren wegen Meineid» nicht auf den Fall be Weihnachten an Fürstenhöfen. Von Th. B. «all, Berlin. Nachdruck verdoleu. Wenn in der Hütte armer Leute da« „Stille Nackt, heilige Nacht" aus dem Munde von Kindern ertönt, dir nur in Lumpen aebüllt und aller Freude bar sind an diesem tckönsten aller Feste, dann erklingt vielleicht zur selben Ttunde, im gleichen Augenblick eben die« innige Lied auch m den glänzenden Räumen, wo die Mächtigen dieser Erde die Wiederkehr der Weihnacht feiern. Ist doch di« Feier gerade diese» Feste-, da« den Unterschied der Stände und blassen zu verwischen und vorübergehend aufzuheben wie kein zweite» geeignet ist, im Grunde dort oben wir hier unten dir gleiche. Nur daß freilich in den Fürstenschlössern die Geschenke reichlicher ausfallen und der Christbaum in einen w kostbaren Sckmuck gekleidet ist, wie ihn eben nur die Hochststehenden den Ihrigen bieten können. Die Tanne selbst findet sick heute wohl überall, wo man überhaupt Weib nackten friert. In den einzelnen Gebräuchen mögen sich sonst zwar die verschitdenen Herrscherhäuser je nach der ^itte ihres Landes unterscheiden, aber den duftigen Sprossen des Waldes in seinem grünen Nadelkleid und dem Kerren- sckein, der von ihm au»geht, haben sie insaesammt. Der deutsche WeibnacktSbaum hat jedes andere Symbol dieses Feste- au« den Prunksälen gekrönter Häupter verdrängt, um selber, al« Sieger überall herzlich bewillkommnet, seinen Ein zug zu halten. Jahrhunderte freilich vergingen, bevor die» möglich wurde, und eS bedurfte der emsigsten Versuche, um dem Tannen baum einen Platz bei fremden Völkerschaften M erringen. Selbst eine den Deutschen so stammverwandte Nation, wie die Engländer, wollte sich im Anfang durchaus nickt mit unserem grünen Tannenschmuck befreunden. Aus dem Throne de« britischen Jnselreicke« saß da« Hau« Hannover, also doch ein echt germanische« Fürstengeschlecht, aber der heimathlichen Sitte vermochte e» nicht Eingang zu verschaffen. Man be quemte sich also recht und schlecht zum Mistelzweigr und der immer grünen Stechpalme, den landesüblichen Symbolen diese« Feste«. Erst der Prinzregent Albert, der Gemahl ver Königin Viktoria, hat dem deutschen Weihnachtsbaum in Windsor eine dauernde Stätte erkämpft. „Wir haben einen echten, grünen Tannenbaum ausgestellt, mit Aepfeln und Nüssen behangen und mit brennenden Wachslichtern ge schmückt", schrieb er an seinen Bruder, den vor einigen Jahren au- dem Leben geschiedenen Herzog Ernst von Coburg-Gotha. Und die Königin Victoria selber schilderte die Scene: „Albert bat darauf bestanden, daß er einen Weih- nacht-baum haben wolle. Da» AuSputzen hat nn» viele Freud« gemacht; welcke Fülle von Poesie liegt doch in dieser schönen Sittel Nun flammt und glitzert er weithin durch die Räume, zur Freude der Kinder, die sich nicht satt sehen können an dieser lieblich-schlichten Pracht" . . . An den deutschen Fürstenhösen selber ist natürlich der WeibnacktSbaum überall anzutreffen. Bekannt ist, wie hoch der alte Kaiser Wilhelm diese Sitte hielt: sowohl in den traurigen Weihnachten seiner Jugend, als er an der Seite seiner geliebten Mutter, der Königin Luise, vor dem kor sischen Eroberer in den äußersten Norden de» halbirten Reiche- floh, als auch in den Tagen deS höchsten Ruhmes, da das deutsche Hauptquartier in den stolzen Räumen von Versailles aufgescklagen war, wo einst der „Sonnenkönig" seine glänzenden Feste beging — niemals hat der Tannen baum am heiligen Abend gefehlt. Auch sonst hielt der greise Monarch mit der ihm eigenen Treue fest an sämmtlichen Gepflogenheiten, die sick für dies Fest mit der Zeit ein gebürgert batten. Die Dienerschaft empfing ihre Geschenke, unter denen der Teller mit seinem reichlichen Inhalt an Aepfeln, Nüssen und Pfefferkuchen einen wichtigen Bestandtheil bildete. Die Mitglieder der kaiserlichen Familie aber erfreuten sick durch Spenden, die auf sinnige Weise dem geheim gehegten Wunsche gegenseitig Genüge verschafften. In dem schmucklosen Scklosse zu Babelsberg findet Ach manche Hand arbeit, die von der Großherzogin Don Baden dem hoben Elternpaar für die Weihnachten mit emsigem Fleiße gestickt wurde, während die Kaiserin Friedrich, bekanntlich auf den meisten Gebieten der Kunst zn Hause, bald eine werthvolle Skizze auf die Leinwand zauberte, bald eine Büste oder Statuette eigenhändig meißelte. Dann versammelten sich die gesammten Mitglieder der kaiserlichen Familie, um dem Bierkarpfen zuzusprechen, der am heiligen Abend allgemein Üblichen Sau«mann«kost in deutschen Landen, wenigstens in Nordveutfchland, und zum Abendtisch aß man schließlich Mohnpielen, die bei den Hohenzollern seit undenklicher Zeit an diesem Feste niemals fehlten. Im historischen Eckzimmer aber strahlte der Christbaum im Lichtrrzlanz und kündete weithin der vorüberwallenden Volksmenge, daß droben nack echt germanischer Sitte die Weihnachten gefeiert würden Wenn dies Fest beute an fast sämmtlicken Fürstenbofeu Europas so viele echt germaniscke Gebräuche aufwcist, so liegt der Grund zumeist darin, daß eben überall dort eine deutsche Dynastie herrscht oder noch außerdem enge, liebe Beziehungen zu der eigentlichen Heimath in Kraft geblieben sind. Die Hohenzollern in Rumänien haben ebenso gut ihren Cbristbaum wie die Coburger in Belgien. Die deutsche Herrscherin, die so sicher nach dem Tode des Gatten im stammverwandten Holland die Zügel der Regierung lenkt, und da« habsburgische Fürstenkind, da» unter weit schwierigeren Verhältnissen den sonst stets schwanken spanischen Thron mit geradezu männlicher Thatkraft für den jugendlichen König z» festigen sucht: beide haben den licktergeschmückten Sohn des germanischen Waldes al« charakteristische« Symbol der Weih nachten an ihren Höfen eingebürgert. DaS HauS Schleswig- Holstein-Sonderburg-Glück-burg, da- über Dänemark herrscht, ist an sich im Grunde deutsch mit jedem Tropfen Blut«, der durch seine Adern rinnt. Hier hatten germanische Ge pflogenheiten stet« ihre Stätt«; sie stammen noch aus der Zeit her, da der greise Monarch al- schlickter Privatmann ohne die geringste Anwartschaft oder Hoffnung auf die nordische KöniaSkrone in Deutschland selber seine Tage spann. Aehnlich verhält eS sich mit den Bernadotte« in Schweden. Diese eigentlich südfranzostsche Dynastie hat sich von Ebe zu Ehe mit deutschen Fürstenkindrrn verschwägert, nnd wenn die Kronprinzessin von Schweden den heiligen Abend feier», so geschieht die« in treuer Erinnerung an ibr traute« Eltern haus in Karlsruhe und ganz nach der Weise, wie sie e« h«j
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