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WchmM sw Mskuss Erscheint > wöchentlich dreimal u. zwar Diens tags, Donnerstag und Sonnabends. Bezugspreis viertelj. j Mk. 30 j)f., durch die Post bezogen j Mk. 55 Pf. Einzelne Nummern j O Pf. Thmndt. Men, Mtnlehn md die UmgegkN-t». Kmlsblatt Inserate werden Montags, Mittwochs und Freitags bis spätestens Mittags s2 Uhr angenommen. Insertionspreis s O pf. pro dreige spaltene Lorpuszeile. für die Ugl. Amtshauptmannschaft Meißen, für das Agl. Amtsgericht und den Stadtrath zu Wilsdruff, sowie für das Agl. ^orstrentamt zu Tharandt. Druck und Verlag von Martin Berger in Firma H. A. Berger in Wilsdruff. — Verantwortlich für die Redaktion H. A Berger daselbst. No. 14. Donnerstag, Sen 31. Januar Bekanntmachung. Sonnabend, den S. Februar Sss. Js., Mittags 12 Uhr findet im hiesigen Verhandlungssaale öffentliche Sitzung des Bezirksausschusses statt. Die Tagesordnung ist aus dem Anschläge in hiesiger Hausflur zu ersehen. Meißen, am 29. Januar 1895. Königliche Amtshauptmannschaft, von Schroeter. 18SS. Tagesgeschichte. Audienz bei König Albert von Sachsen. Anläß lich der Anwesenheit des Königs Albert von Sachsen bei der Geburtstagsfeier des Kaisers hatte, wie die „Staatsbürgerztg." mittheilt, die Mehrzahl der sächsischen Reichstagsabgeordnelen heute Vormittag 10 Uhr 45 Min. bei dem Könige eine Audienz, welcher auch der sächsische Gesandte, Graf Hohenthal. und der sächsiche Militärbevollmächtige, Graf Vitzthum, be'wohnten. An der Audienz nahmen sämmtliche Abgeordnete der deutsch-sozialen Reformpartei Sachsens Theil, mit Ausnahme des durch Krank heit verhinderten und telegraphisch entschuldigten Abgeordneten Hänichen, sowie die konservativen Abgeordneten von Frege, von Herder, Hauffe, Sachße und der nationalüberale Abgeord nete Böhme. König Albert, der außerordentlich frisch aussab, ließ sich die Abgeordneten, soweit sie ihm noch nicht bekannt waren, durch den Grafen Hohenthal vorstellen und zog Jeden einzeln in ein kurzes Gespräch, wobei er ein ausgezeichnetes Ge- dächtniß, sowie genaue Kenntniß der Verhältnisse in den ein zelnen Wahlkreisen und betreffs der letzten Wahlcampagnc der Ordnungsparteien gegen die Sozialdemokratie bekundete. In leutseligster und freundlichster Weise erinnerte er jeden Einzelnen an irgend ein bedeutendes Norkommniß aus dem Wahlkreise und knüpfte daran treffende Bemerkungen. Beim Abgeordneten Graefe erinnerte sich der König, daß er seit langer Zeit die Stadt Bischofswerda, die den Fürsten Bismarck zu ihren Ehren bürgern zähle, nicht gesehen habe, und sprach die Hoffnung aus, bald einmal dorthin zu kommen. Zum Schluß hielt der König an sämmtliche Herren noch eine Ansprache, in welcher er kurz einige politische Fragen streifte, so namentlich das finanzielle Verhältniß der Einzelstaaten zum Reich. Er betonte dabei die Nothwendigkeit einer festen Regelung dieses Verhältnisses, damit die unglückseligen Schwankungen aufhören möchten, welche den Einzelstaaten eme geordnete Finanzwirthschaft unmöglich machen. Wenn die Einzelsta'aten auf Mehrüberweisungen verzichten wollten, so müsse andererseits auch dafür gesorgt werden, daß sie nicht zuzuzahlen hätten. In huldvollster Weise verabschiedete sich so dann der König von jedem Einzelnen mit kräftigem Händedruck und wünschte besten Erfolg zur gemeinsamen Arbeit. Ueber die Reiseabsichten des Fürsten Bismarck werden von gutunterrichteter Seite authentischer Nachrichten mitgetheilt. Der Fürst trug sich schon bei seiner Uebersiedelung von Barzin nach Friedrichsruh mit der Idee, bei seiner Durch- i reise durch Berlin beim Kaiser vorzusprechen und für das an läßlich des Heimganges der Fürstin Bismarck bezeugte Beileid seinen Dank persönlich auszusprechen. Er hatte damals davon Abstand genommen und dann daran gedacht, zum Geburtstage des Kaisers nach Berlin zu kommen. Aber auch diese Absicht ist später aufgegeben worden. Dagegen steht nunmehr fest, daß Fürst Bismarck in einer späteren Frist dem Kaiser seine Auf wartung machen wird. Auf der anderen Seite hegt der Kaiser die bestimmte Absicht, den Fürsten ia Friedrichsruh zu besuchen. Nachdem der Bundesrath in seiner letzten Sitzung dem auf grund des § 105 ä der Gewerbeordnung zu erlassenden Ausnahmevorschriften für die Sonntagsruhe in Industrie und Handwerk, sowie der Kaiserlichen Verordnung über die Inkraftsetzung der auf die letzteren Erwerbszweige bezüglichen Sonntagsruhcvorschriften rugestimmt hat, wird die Veröffentlichung beider BundeSrathsbeschlüsse in allernächster Zeit erfolgen. Da mit wird ein Werk zum Abschluffe gebracht werden, das lang wierige Arbeiten verursacht hat. Die Novelle zur Gewerbe ordnung, welche die Sonntagsruhevorschriften enthält, datirt vom 1. Juni 1891. Der Haupttheil ihrer Bestimmungen trat mit dem 1. April 1892 in Kraft. Die Inkraftsetzung der Sonntagsruhcbestimmungen war besonderen Kaiserlichen Ver ordnungen Vorbehalten. Eine solche folgte zunächst für das Handelsgewerbe. Für dieses griff die Sonntagsruhe mit dem 1. Juli 1892 Platz. Die Erfahrungen jedoch, welche man in t diesem verhältnißmäßig schnellen Jnkcaftsetzen gemacht hatte, ließen e- zweckmäßig erscheinen, vor der Ausdehnung der Sonn tagsruhe auf Industrie und Handwerk eingehende Erhebungen bei den einzelnen Gewerbszweigen anzustellen, damit nicht etwa unbedingt nothwendige Arbeiten, die ihrer Natur nach nicht unter die gesetzliche Ausnahme des § 105 c fallen, an Sonn- und Festtagen verhindert würden. Es wurden deshalb, nachdem im Reichsamte des Innern die Vorarbeiten fertiggestellt waren, mit Vertretern der einzelnen Gewerbegruppen und zwar sowohl aus dem Kreise der Arbeitgeber wie Arbeitnehmer in Berlin Konferenzen abgehalten, in denen die Vorarbeiten den gründ lichsten Besprechungen unterzogen wurden. Aus Grund dieser Besprechungen wurden die Ausnahmevorschriften für die meisten Gewerbegruppen festgestellt. Für einzelne konnten sich die Ar beiten auf schriftlichem Wege erledigen lassen. Jedoch ist kein Gewerbszweig, der an der Frage Interesse hat, ungehört ge lassen. Nachdem dann noch die Einzelregierungen zu Gut achten über bestimmte Fragen veranlaßt worden waren, gingen die Ausnahmevorschrifteir für die einzelnen Gruppen nach ein ander dem Bundesrathe zu. Der letztere ist nunmehr zu einem endgültigen Beschlusse gekommen. Die deutsche Industrie hofft, daß, nachdem die Vorarbeiten zur Inkraftsetzung der auf sie be züglichen Sonntagsruhcvorschriften so gründlich ausgefallen sind, tiefergehende Betriebsstörungen aus den letzteren für sie nicht erwachsen werden. Nachdem die Geschäftsordnungskommission des Reichstags mit Stimmengleichheit diejenigen Vorschläge einer Verschär fung der Disziplinargewalt des Hauses abgelehnt hat, welche vom Präsidenten selbst als das Mindesterforderniß be zeichnet sind, ist die Möglichkeit einer „ Präsident enkrifis" wieder näher gerückt. Vorläufig mag allerdings die Erwartung einer schiedlich-friedlichen Lösung der Schwierigkeit noch festgehalten werden. Es heißt wenigstens, daß die ablehnende Haltung der Centrumsmitglieder in der Kommission keine endgiltige sei. Dieselben würden vielmehr in der Lage sein, für das volle Maß der Erweiterung der Disziplinargewalt zu stimmen, wenn über einige Nebendinge, so über die praktische Ausführung des Ausschlusses von der Sitzung, eine Verständigung gefunden werde und dergleichen. Es bleibt abzuwarten, was das Centrum nun seinerseits zur Lösung dieser Nebenfragen vorzuschlagen ge denkt. Die „Nat.-Lib. Korr." bemerkt heute bereits in dieser Angelegenheit: Sollte der Rücktritt des Präsidenten aus Anlaß dieser Differenzen unvermeidlich sein, so würde sich selbstver ständlich die Frage auch für die nationalliberalc Fraktion auf werfen, ob sie weiterhin im Präsidium vertreten zu sein wünscht. Wie in der Reichstagssitzung vom 23. d. M. vom Staats sekretär v. Bötticher festgestellt ist, wird sich der Reichstag noch in der laufenden Tagung mit einem Gesetzentwurf über die Konsumvereine zu beschäftigen haben. Daß ein solcher Ent wurf Aussicht auf Zustandekommen hat, geht aus den Reichs tagsverhandlungen früherer Tagungen hervor. Wir erinnern nur daran, daß sogar der Antrag, den Reichskanzler zu er suchen, dem Reichstage ein Gesetz vorzulegen, durch welches den Konsumvereinen die Abgabe von Waaren an Nichtmitglieder schlechthin und unter Strafandrohung verboten wird, in der Session von 1893/94 in namentlicher Abstimmung mit 131 ^egen 92 Stimmen angenommen worden ist. Für den Antrag stimmten damals die Konservativen, das Centrum, die Reichs partei, die Polen und Antisemiten, gegen die Nationalliberalen, Freisinnigen und Sozialdemokraten. In der letztverflossenen Tagung war ein gleicher Antrag von den Jesuiten eingebracht worden, blieb jedoch unerledigt. In der jetzigen ist er noch mals wiederholt; von anderen Seiten, wie vom Centrum, von den Nationalliberalen und von den Antisemiten sind andere, mehrfach recht weitgehende Anträge auf Aenderung des die Konsumvereine behandelnden Gesetzes über die Erwerbs- und Wirthschaftsgenossenschaften gestellt. Die Frage des Befähigungsnachweises ist bekanntlich vorige Woche im Reichstage mit knapper Mehrheit im Sinne der deutschkonservativ-ultramontanen Anträge entschieden worden. Die „Post" erklärt nun, eS wäre sicher besser gewesen, wenn der nicht so weitgehende, aber dafür auch die gegen jene zu er hebenden Bedenken vermeidende Vorschlag der Reichspartei an genommen worden wäre und fährt fort: Zunächst wird der Beschluß keine erhebliche praktische Bedeutung haben. Die Re gierung beharrt auch ihm gegenüber auf dem Plane, durch die Einrichtung von Handwerkerkammern zunächst Organe zu schaffen, welche die Gesammtheit der Handwerker, ihre Auffassungen und Ansichten vertreten, und setzt unter deren Beirath die weiteren Entschließungen fort. Dieser Plan hat an sich viel für sich, die Gefahr liegt aber vor, daß damit die endgiltige Entscheidung weit hinausgeschoben wird. Das wäre im Interesse der Hand werker sehr unerwünscht. Die definitive Entscheidung über Befähigungsnachweis und Zwangsinnung muß, sei cs in zu stimmendem, sei es in verneinendem Sinne, ohne Zweifel so bald als möglich getroffen werden, damit die Handwerker oder doch ein großer Theil derselben aufhöre, ihre Kraft auf die Er reichung dieser seiner Ziele zu konzentriren. Die Regierung wird daher mit der Durchführung ihrer Pläne so rasch als möglich vorzugeben haben. Bezüglich der vom 1. Mai d. I. ab auf allen deutschen Eisenbahnen gleichmäßig eintretenden Sonntagsruhe für den Güterverkehr ist zu bemerken, daß es sich dabei nicht etwa um einen vollständigen Stillstand des Güterverkehrs an den Sonn- und Festtagen handeln wird, sondern nur um die Ein führung von gleichmäßig durchführbaren Beschränkungen des Verkehrs im Güterdienste auf den deutschen Eisenbahnen. Da bei sollen besondere örtliche Verhältnisse, sowie die Eilgut- und Viehbeförderung eine geeignete Berücksichtigung finden, auch soll etwaigen Vereinbarungen benachbarter Bahnverwaltungen für besondere Fälle nicht vorgegriffen werden. Insbesondere soll es einzelnen Bahnverwaltungen unbenommen bleiben, in be sonderen Bedürfniß- oder Konkurrenzfällen mit Rücksicht auf eine benachbarte Auslandsbahn auch an Sonn- und Feiertagen Güterzüge abzufertigen. Als Feiertage, an welchem im allge meinen die Güterabfertigung ganz ruhen oder wesentlich ein geschränkt werden soll, sind der Nenjahrstag, der Himmelfahrts tag, der zweite Oster- und Pfingsttag, sowie die beiden Weih nachtsfeiertage festgesetzt worden. Außerdem soll es den ein zelnen Regierungen anheimgestellt sein, nach landesüblicher Sitte für einzelne Festtage noch besondere Anordnung zu treffen. Paris, 28. Januar. Die heute im Parlamente ver lesene Botschaft des Präsidenten Faure bezeichnet seine Wahl als eine Ehre der arbeitsamen Demokratie, welcher er angehöre. Faure betont, er werde seine ganze Wachsamkeit auf die Sicher stellung und Beobachtung der konstitutionellen Gesetze richten. Das Parlament habe bewiesen, daß das freie Wirken der be stehenden Institutionen unter allen Umständen ausreicht zur Sicherung und ununterbrochenen Erledigung der Staatsgeschäfte. Die republikanische Staatsordnung sei gegen Gefahren voll kommen gesichert, denn alle guten Elemente werden sich in dem Gedanken der Versöhnlichkeit, der Beruhigung und der so zialen Gerechtigkeit vereinigen zur Förderung des materiellen und sittlichen Wohles. Wir sind stolz auf das Heer und die Flotte und stark genug, um mit Recht laut unsere Friedens liebe bethcuern zu können. Im Besitze werthvoller Sym pathien, denen es treubleibt, rüstet sich Frankreich in neuem Streben nach Fortschritt, die Völker zu den großen Festen der Arbeit einzuladen, welche würdig sind, das Jahrhundert zu krönen. Faure fordert schließlich alle, dmen der Glanz des französischen Namens am Herzen liegt, zur Vereinigung und gemeinsamen Arbeit für die Macht und den Ruhm der Re publik auf. Paris, 29. Januar. Präsident Faure empfing heute nachmittag das diplomatische Corps. Den Botschaftern und Gesandten wurden bei der An« und Abfahrt die militärischen Ehren erwiesen. Faure war von seinem Civil- und Militär staat umgeben; außerdem wohnte der Minister des Auswärtigen, Hanotaur, dem Empfange bei. Der Nuntius, welcher die Ge sandten vorstellte, beglückwünschte Faure zu seiner Wahl und fügte hinzu, in Faures Namen, welcher Frankreich an ein Leben von Ehre und Arbeit erinnere, erblicke er das Versprechen und die Garantie einer langen Zukunft von Sicherheit, Wohlergehen und Frieden, welchen Hoffnungen, da die Bestrebungen der Re gierungen und die Interessen der Civilisation übereinstimmen, das diplomatische Corps daS Bedürfniß fühle, sich anzuschließen. Der Nuntius schloß seine Ansprache mit dem Ausdrucke der Sympathien aller Souveräne. Faure dankte und fügte hinzu, er werde sich erstreben, die guten Beziehungen Frankreichs zu den anderen Mächte aufrecht zu erhalten und weiter zu entwickeln. Hierauf wurde das diplomatische Corps vsrgestellt.