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A-orker Wochenblatt. M i t t h e i l u » g e » über örtliä)e und vaterländische Angelegenheiten. . Elfter Jahrgang. P^cis für den Jahrgang bei Bestellung von der Post: 1 Thaler, bei Bestellung des Blatte« durch Botengelegenhelte 2» Neugroschen. 20. 2" Mai 1846. u e b t^r Iuftenderziekung. So klar es auf der einen Seite ist, daß durch die Bildung das Selbstgefühl und durch dieses die Frei heit einer Nation erstarken muß, so wenig läßt sich doch auf der anderen Seite verkennen, daß die Civi- lisation für Teuscbland Schwäche und Unfreiheit im Gefolge batte. Mit Schmerz sehen wir zurück auf die ehemalige Größe unseres Volks und fast möchten wir in den Naturzustand desselben uns wieder versetzt wünschen, wo die Freiheit nicht der Weihe höherer Bildung bedurfte, sondern an der unverdorbenen Krast und Tugend ihrer Söhne sich erhielt. Die Wahrheit liegt aber eben in dem Gegensätze. Es gilt, den nach, tyeiligen Einfluß der Eivilisation zu paralpsiren durch Zurückführung des Volks zur Tugend und Wieder erweckung des Nalivnalsinns, und wir glauben , daß dies gelingen wird durch Verbreitung immer größerer Bildung unter dem Mittelstand». Denn in ihm beruht die eigentliche und größte Kraft des Staats. Dies wissen die Gegner der Freiheit recht wohl und darum wollen sie nicht, daß der Bürger politisch mündig werde. Sic fürchten, um den gewöhnlichen Ausdruck dieser Herren zu brauchen, das SvlkAovor- »omont des Volks. Wir aber theilen diese Furcht aus dem doppelten Grunde nicht, weil wir an sich gar nichts Widernatürliches und Schreckliches darin sehen, wenn das Volk sich selbst regiert, dann aber, weil dieses leider noch nicht die Höhe der moralischen Kraft errungen hat, um sich selbst regieren zu kön nen. Wir wünschen, daß die Bürger sich immer mehr jener edleren Bildung nähern mögen, welche durch'TugendsiNn, Sitlcnrcinheit und Vaterlandsliebe getragen und gehoben wird und den inneren Men schen mit der Gluth der Begeisterung für das Erha bene und Gute, für Narivnalgröße und Menschen glück durchdringt. Dann werden sit eine Achtung gebietende Phalanx sein im Kampfe gegen Vvrr urtheil und Ucbcrhebung der bevorzugten Klassen im Staate. Die freundlichen Leser werden diese Abschweifung entschuldigen und nach den vorauSgcschicktcn allge meinen Reflexionen mir zu dem Gegenstände folgen, auf welchen ich ihre Aufmerksamkeit zu leiten gedach te. Die Jugenderziehung soll und muß die Grund lage sein für die politische Zukunft unseres Vater lands. Wie aber betreibt man diese Erziehung? Ich will nicht reden von der Volksschule, obwohl sich über sie Vieles sagen ließe, was anders und besser sein sollte, wie z. B. die Stellung der Schullehrer, welche mit Lust und Liebe unterrichten sollen, wäh rend in der Nebenstube Weib und Kind am Hunger, luche nagen. Ich rede nur von der Zeit, wenn der Knabe aus der Schul« heraustritl in das bürgerliche Leben, um ein Handwerk zu lernen, auf welches er sein Fortkommen in der Welt finden will. Denn nun ist die Leitung der Erziehung lediglich in die Hand der Ellern und Lehrherren gegeben; der Staat aber und die Gesellschaft unterstützt dieselben nur mittelbar durch Errichtung und Erhaltung von Bil dungsanstallen für Erwachsene, zu deren Benutzung Niemand gezwungen werden soll. Dies ist auch im Principe ganz recht; deun Zwang wird am besten vermieden und es liegt darin eine theilwcise Ueber. lassung jener gefürchteten Selbstregierung an daS Volk, freilich nicht in dem oben angedculeten Sinne. Wie aber benutzt man diese Freiheit! Anstatt die zarte Pflanze zu ziehen und sorgsam zu hüten, über, laßt man sie in der Regel sich selbst, unbekümmert, welche Richtung sie nehmen werde. Ich will dahin gestellt sein lassen, ob sich diese Bemerkung im AU. gemeinen rechtfertigen durste; so weit aber mein Ge sichtskreis reicht, habe ich leider diese Erfahrung ma chen 'müssen. Wir habend eine Sonnlagsschule und wie Wenige besuchen sic, wir haben eine Turnanstalt