Volltext Seite (XML)
Mschofswerdaer Hauptblatt und gelesensteZeitungimAmtspertchts- bezirk Bischofswerda und angrenzenden Gebieten Dies Blatt enthält die amtlichen Bekanntmachungen der Amtshaupt- Mannschaft, der Schulinspeküon und des Hauprzollamts -n Bauhen, des Amtsgerichts, des Finanzamtes und des Lladtrats zu Bischofswerda Unabhängige Zeitung für alle Stände in Stadt und Land. DichtesteVerbreitung inallenVolksschichten Beilagen: Sonntags--Unterhaltungsblatt und Landwirtschaftliche Beilage. Geschäftsstelle Bischofswerda, Altmarkt 15. — Druck und Verlag der Buchdruckcrei Friedrich Mai; in Bischofswerda. — Fernsprecher Nr. 22. --—-r:--—— - — : : Erscheinungsweise: Jeden Werktag abends für den folgend. Tag. Vezugspreis: Bei Abholung in der Gefchüstssteil? monatlich Md 3.— , bei Zustellung ins Haus monatlich Mk 3 25, durch dir Post bezöge» vierteljährlich Md. 9 SO mit Zustellungsgebühr. Wie Postanstaftcn, Postboten, sowie Zeitungsausträger und die Geschäfts stelle des Blattes nehmen jederzeit Bestellungen entgegen. Postscheck-Konto: Amt Dresden Nr. 1521. - Gemeinde» verbandsgt: Lckasse Bischofswerda Konto Ne. 64. Im Falle höherer Gewalt — Krieg oder sonstiger irgend welcher Störung des Betriebes der Zeitung oder der Besürderungseinrich- tungen -- hat der Bezieher keinen Anspruch auf Lieferung oder Nachlieferung der Zeitung oder auf Rückzahlung des Bezugspreises. Anzeigenpreis: Dir «gespaltene Grundzeile (Zlm. -Posse H oder deren Raum 120 Pfa.. örtliche Anzeigen 80 Pfg Im Text teil (Zlm. Masse 11) 250 Pfg-, die Zgesoallene Zeile Bei Wieder» Holungen Nachlaß nach feststehenden Sätzen. - Amtliche Anzeigen die Igespaltene Zette 150 Pfg. - Mr bestimmte Tage oder Plätze wird kein Gewähr geleistet — Erfüllungsort Bischofswerda. Nr. V9 Freitag, den 29 April 192 l. 75. Jahrgang. Amerika verhandlungsbereit'? Vertin, 28. April. (Drahtb.) Lläilermelduugen aus London zufolge sind dort Nachrichten eingetrosfcn üb?r die wahrscheinliche Bereitwilligkeit Amerikas, mit Deutschland weiter zu verhandeln, um eine Grundlage für neue Besprechungen zwischen Deutschland und den Alliierten zu finden. Amerika wird vermutlich Frankreich zu verstehen geben, dah eine Besetzung des Ruhrgebiets Amerika unange nehm sein würde. Im Falle einer Weigerung Frankreichs, «oriäuftg von weiteren Gebietsbesetzungc» abzuschen, sol len England und Italien gebeten werden, die neuen Pläne Frankreichs nicht zu unterstützen. In Engla n d scheint mein den neuen deutschen Vor- schlügen nicht ungünstig gesinnt zu sein. -In Frankreich heu chelt mun grüße Entrüstung und die Pariser Presse bezeich net die Gegenvorschläge als unannehmbar. Man ist in Paris mit allen Mitteln bestrebt, eine amerikanische Neinuittlung zu vereiteln Der inglLsche Vvtschafler bei Tiurvns ! Berlin, 28. April (Drahtb.) Wie die „Buss. Zrg." hört, bat der englische Botschafter in Berlin Lord Abernun gestern Reichsminister Simons ausgesucht, der ihm erläuternde Er klärungen zu den deutschen Vorschlägen machte. Weiter verzeichnen wir noch folgende Drahtmeldungen: London, 27. April. lDrahtber.) Wie Neuter aus Washington meldet, hat die amerikanische Regierung bis heute mittag keine von ermächtigter Seite hennhrende Be nachrichtigung über die Haltung der Alliierten erhalten. Un zweifelhaft wird das Staatsdepartement den Empfang eini ger Angaben über die Annehmbarkeit der deutschen Gegen vorschläge abmarten, ehe es nach Berlin eine Antwort er teilt. London, 27. April. (Lrahlb.) Der in London weilende belgische Minister des Äußeren Iaspar erklärte, Belgien könne den deutschen Vorschlag nicht annehmen. Leiner Mei nung nach ist die letzte deutsche Note kein wirklicher Fort schritt. Jeder Vorschlag aus Berlin müsse aus den Pariser Bedingungen beruhen. Paris, 27 April. (Drahtb.) In einer Haoasmeidung aus London heißt es, die Besprechungen zwischen den alliier ten Staaten wurden heute nachmittag fortgesetzt. Der Tag endete mit einer wichtigen Besprechung zwischen Loucheur und Iaspar. Aus englischer wie aus französischer Leite ver stand man zuerst nicht so klar die neuen deutschen Vorschläge infolge ihres offenbaren Mangels an Deutlichkeit. Man Hube sich davon überzeugen können, daß diese neuen Vorschläge nur eine Skizzierung der Vorschläge von London waren und daß sie unannehmbar sind. Paris, 27. April. lDrahtber.) Morgen vormittag tritt unter dem Vorsitz des Präsidenten Millerand der Minister rat zusammen. Dis Aussprache Über dte amerikanische Note im Reichstag. Außenminister Dr. Simons hat am Dienstag gesprochen. Somit erwuchs nmmrehr am Mittwoch den Patteien die Clus gabe, den Blütenstrauß ministerieller Redesloskeln zu zer pflücken. Herr Simons genießt solange noch Schonzeit, bis die amerikanische Aktion aus irgend eine Werse die Zukunft geklärt hat. Nur, um das aus schwankendem Grund stehende Werk der jetzigen Regierung nicht zu Fall zu bringen, ent schlossen sich die Regierungsparteien durch den Mund des Herrn Rießer eine kurze Erllm-ung abgeben zu lassen, die dahin '.autete, daß man — wenn auch mit allerschwerster Sorge — den Schritt der Regierung gutheiße. Das sollte kein Lob und auch keine schwache Anerkennung sein, sondern lediglich zum Ausdruck bringen, daß dieser Augenblick, uw alles am seidenen Faden düngt, nicht dazu angetan ist. ein Kabinett zu stürzen und selbst einzelne Personen ouszusctzai- len. Man nmß eben abwarten! Vie Erklärung der Regierungsparteien. Abg. Dr. Rieher (D. Bp.): Im Namen der Retchstags- kraktionen des Zentrums, der Deutschen Rolkspartei, der Deutfchdemokretischen Partei und der Bayerischen Volkspar- te, habe ich folgende Erklärung abzugeben: .Nachdem die Londoner Verhandlungen abgebrochen soaren, hat das deutsche Volk la fester Entschlossenheit die übe, grohe Lei«--Deutschland« verhängten Awaagomatz- regelu getragen. Sie haben bisher ihren Zweck nicht erreich». Sic werden, auch verschärft, ihn niemals erreichen. Unseren Volksgenossen danken wir für ihre Treue. Wir sind über zeugt, daß sie auch in Zukunft, wenn es notwendig werden sollte, dieselbe standhafte Opferwilligkeit beweisen würden. Das enthebt uns aber nicht der Pflicht, alles zu tun. um neue Gewalt obzuwcnden. Schweren Herzens, ober im vollen Ge fühl unserer Verantwortlichkeit sprechen wir daher unser Ein verständnis dazu aus, daß die Regierung den Weg, der sich ihr bot, betreten hat, um die Vermittlung des Präsidenten der Vereinigten SlaaMn von Nordamerika zu erlangen. Wenn der Präsident diese Aufgabe übernimmt, so erösnel sich damit auch die Aussicht, der Welt den Frieden zu geben, welchen sie herbeischnt, und die freiheitliche Entwicklung Deutschlands in ruhigen Bahnen zu sichern. Die Vorschläge, die dem Präsidenten der Vereinigten Staaten mitgcleilt wor den sind, umtcn uns Ungeheueres zu. Das deutsche Volk ist aber gewillt, rückhalllos zu leisten, was es überhaupt leisten kann. Ls wird mit uns der Auffassung sein, daß für rückschaucndc Betrachtungen jetzt nicht die Zeit ist. Schlägt auch dieser versuch fehl, so ist vor der Geschichte festgestellk, daß Deutschland alles getan hat, was in seinen Kräften stand, um der erschöpften und zerstörten Welt den Frieden zu verschaffen. In diesem Bewußtsein wird das ^deutsche voll allem Schweren, das die Gewalt verhängen kann, furchtlos und ungebeugt standhaften." Die Erklärung löste bei der Mehrheir des Hauses starten Beifall, bei der Linien ein ge törichte Zwischenrufe aus. Dann folgte für die Mehrheitssozialisten Hermann Müller- Franken. Seine Rede, die etwa eine Stunde dauerte, be schäftigte sich mit parteipolitischen Angriffen, die in dicker Stunde am besten unterblieben wären. Abg. Müller-Franken (Soz.): Al ehr als zweimal ist der Reichsregierung von der Rechten der Vorwurf der vollende ten Würdelosigkeit gemacht woroen. Das ist uus diesen Rei hen nichts Neues. Derselbe Vorwurf ist einst der Sozst:- demakratie gemacht worden. Heute aber sitzen in der Neue rung sogar die Parteien der Herren Rippler, Stinnes und Lersner. (Heiterkeit.) Aber wenn die deutschuatiouale Fral tion auch diesmal einen Redner gewählt hat, der an den früheren Aktionen wenig beteiligt ist, so handelt es sich doch um die Abwendung von Folgen, die durch ihre Partei her vorragend mit herbeigeführt worden sind, von den Folgen des Krieges, der herbeigesiihrt ist durch einen e robe- r u n g s w ü t i g e u Militarismus. (Großer Lärm rechts.) Das Rennen in die Sackgasse der Londoner Ver handlungen konnte nur ein politisches Pasfivum sein. Das haben wir bereits damals gefugt, und die Entwicklung hat uns recht gegeben. Der Ton der Note zeigt, daß die Regie rung den besten Willen Hal. Die Reparationsfrage können wir nicht ohne Fühlungnahme mir den führenden europäi schen Ententemächten regel,!. Wir müssen für Geld sorgen. Was Österreich gegenüber möglich ist, muß auch Deutschland gegenüber möglich werden, nämlich eine internationale Finanzunterstützun«. Wenn das Neichskabinett einstimmig zu der Auffassung ge kommen ist, daß die Reparationslasteu getragen werden, so, ! haben wir keine Veranlassung, dagegen zu protestieren. Denn! ! in dieser Regierung fitzt die Deutsche Volkspartei, die die ! besten Beziehungen zur deutschen Wirtschaft hat. (Sehr gut!) links.) Es bleibt ui dem Gesamtangebot noch eine Differenz von 26 Milliarden Goldmark. Wir sind der Auffassung, daß an dieser Differenz die Vereinbarung nicht scheitern darf. Man appelliert immer nur an das Weltgewissen, das bisher noch kein Mensch gesehen hat. Es wäre besser, die Männer von 191-1 hielten ein wenig mehr den Mund «Lachen rechts), denn Sic (nach rechts) tragen die Schuld. (Lärmender Wi derspruch rechts. Gegennüe. Rein, Ihr Verrat!) Am 1. Mai steht nicht nur die Repaiation, sondern auch die Entwaffnung aus der Tagesordnung. (Zuruf rechts: Ententevertrettr, gewerbsmäßiger Agent!) Die Behauptung Lest-vres, daß in Deunchland zwei Millionen Soldaten mobi lisiert seien, ist allerdings falsch. Aber es geschehen in Deutsch land Dinae, die di-ffe Auffassung im Auslände unterstützen. (Abg. Helfserich: Wie z. B. Ihre Rede. Heiterkeit.) Tatsäch lich sind in Deutschland noch ungeheuer viel Waffen versteckt. (Zuruf rechts: Bei den Kommunisten.) Sitzen in der Ratze burger Kaserne etwa Kommunisten? Die Regierung muh so schnell wie möglich alle kkr bekannten Warenlager im Osten vwnichten. Der Selbstschutz ff» nur Maske. Die s Deutschnationalen wollen die Republik beseitigen. (Sehr richtig! links.) Wir, die wir nicht erst seit dem November ' 1918 Republikaner sind, , werden unsere Gegenmaßnahmen treffen. zHörtl Hörti rechts.) Die bayrische Regierung beweist durch ihr Festhalten an der Entwasfuungssrage, daß nicht das All gemeinwohl für sic maßgebend ist, sondern die militaristische Politik. Das ist die einmütige Auffassung der bayrischen Sozialdemokratie. Wir kommen aus den Schwierigkeiten» in die uns der Krieg gebracht hat, um so eher heraus, wenn wir sichtbar zeigen, daß wir den Geist der Gewalt beschworen haben. Der Gedanke der internationalen Schiedsgerichts barkeit marschiert. Wir haben diese Auffassung von jeher mrtrelen. Abg. Dr. Helfserich (Dnatt.): Wenn in dieser ernsten Stunde der Führer einer großen Partei nichts anderes zu sagen weiß, als ein einseitiges Urteil über die Ursachen de» Weltkrieges, so ist das traurig. Durch derartige Reden stärken Sie nur Herrn Briand. (Lärmende Zurufe links.) Was über die Verantwortung am Kriege gesagt worden ist, ist das Gegenteil der Wahrheit. Sis (nach linis) brauchen diese Behauptung nur, um das größte Verbrechen, das je am deutschen Volke begangen worden ist, zu decken. (Zurufe links. Zuruf des Abg. Kuhn: Verbrecher! Präsident Loebc ruft den Abg. Kuhn zur Ordnung.) Auch im Auslande beginnt allmählich die Sonne der Wahrheit durch das Gewölk der Lüge hindurchzudringen. Sie (nach links steilen sich aber davor. (Lachen links.) Das kaiserliche Deutsch land ist die friedliebenste Macht der ganzen Welt gewesen. (Erneutes Lachen links.) Der bekannte Kronrat 1918 wac einstimmig der Anschauung, dah Belgien kein Friedenshin dernis bilden dürfe, bis auf die Maßnahmen, die aus Grün den der militärischen Sicherheit begriffen werden müßten. Das wichtigste ist aber, daß der Kaiser über diese Anregun gen hinausgegangen ist. Der Kaiser hat Herrn von Kühl mann am Ende des Krvnrats selbst gesagt: „Jetzt haben Sie freie Hand. Zeigen Sie, was Sie können und sorgen Sie dafür, daß das deutsche Volk bis Weihnachten den Z rieben hat." (Lebhaftes Hört, hört! rechts. Große Un ruhe links.) Wenn Sie (nach links) Vorwürfe erheben wol len, dann tun Sie es nach einer anderen Stelle. Nach dieser Einleitung komme ich zu meinen eigent lichen Ansführugen. Meine Freunde gehen nicht blind durch die Welt. Deutschland ist wehrlos einem rachsüchtigen, einem vernichtungssüchtigen Gegner preisgegeben, der bewaffnet ist bis an die Zähne. Daher sind in Kenntnis der Dinge meine Freunde bereit, schwere Opfer zu bringen. (Lärmende Zwischenrufe links.) Der Grund unserer Opfer bereitschaft ist die Absicht, wenn irgendmöglich, zu einer Ver ständigung zu kommen. Nicht ist der Grund irgendeine mora lische Verpflichtung, nicht, dah Deutschland moralisch etwas gutzumachen hätte, daß Deutschland moralisch den anderen Ländern etwas schuldig sei. Im Dezember vorigen Jahres hat Lloyd George festgestellt, daß es eine eigentliche mora lische Kriegsschuld nicht gibt, daß man von allen Seiten in den Krieg hineingestolpert und hineingetaumelt ist. Derselbe Manu, der diese Worte aussprach, derselbe Mann sagte dem Reichsminister des Auswärtigen wenige Monate später: ..Das Anerkenntnis der Kriegsschuld Deutschlands ist das Fundament des Versailler Vertrages." Der Versailler Vertrag ist aufgebaut auf der boden losesten Lüge. aus der femals in der Weltgeschicht ein Vertrag aufgebaut worden ist. (Sehr richtig! rechts.) In jener Sitzung hat der Reichsminister des Äußeren geschwiegen. Erst nach mehre ren Tagen hat er in ganz lahmer Weise geantwortet, Deutschland sei nicht der allein Schuldige. Ich weiß, der Reichsminister hat kein schlechtes Gewissen. Aber so spricht jemand, der ein schlechtes Gewissen hat. Auch wir sind be reit, auf Gnmd des Versailler Vertrages Opfer zu bringen, um die Katastrophe zu verhindern. Aber wir sind nicht bereit. Opfer zu bringen, die das deutsche Volk ver sklaven und verurteilen. Da hat unser Entgegenkommen eine Grenze. Wenn ich a» der Entwicklung unserer auswärtigen Politik in den letzten Monaten Kritik üben will, so möchte ich das Mißverständnis nicht aufkommen lassen, als ob wir den Versuch unserer Re gierung, durch Vermittlung Amerikas zu einer Verständi gung zu kommen, kritisieren. Es kommt hinzu: Der Friede ist durch die erpresserischste Gewalt erreicht worden. Die Schuld daran trägt vor allen Dingen e i n Mann, der von der anderen Seite des Ozeans her'ibergekommen ist mit einem großen Koffer der aufrichtigsten Ideale, der einen Frieden der Völkerversöhnung verhietz und dessen Charakterstärke nicht ausreichte, um diese Versprechungen zu verwirklichen. (Sehr richtig! rechts.) Sie Znach links) können sagen, das ist diplomatisch unklug: Sie find ja die großen Diplornaten. (Heiterkeit rechts.) Mr Hoden ein Recht, von diesen Dingen zu sprechen. Luch'«ine