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Wöchentlich erscheinen drei Nummern. Pränumerations- PreiS 22! Sgr. li Thlr.) vierteljährlich, S Thlr. für »aS ganze Jahr, ohne Er höhung, in allen Lh-ilen der Preußischen Monarchie. Magazin für die Man prSnumerirt auf dieses Leidlatl »er Mg. Pr. Staats- Zeitung in Berlin in der Expedition sgriedruds-Straße Nr. 72); in der Provinz so wie im Anslande bei dm Wohllöbl. Post-Aemtern. Literatur des Auslandes. 144. Berlin, Freitag den 30. November 1838. England. Howe, St. Vincent, Nelson.") Wenn alle Kenner des Seewesens — wie inan doch nicht anders annehmen kann — in dem Unheile übereinstimmen, daß die Lords Howe, Nelson und St. Vincent die größten und aus gezeichnetsten See-Offiziere der neuesten Zeit waren, so dürfte cs hier weder am unrechten Orte, noch auch ohne Jmeressc sey», in kurzen Worten ihre individuellen Charaktere und die von jedem Einzelnen umcr ihnen wahrend seiner AmtSthätigkeil befolgten Grundsätze näher zu bezeichnen. Sie Alle waren geschickte und talentvolle Admirale im ausgedehntesten Sinne des Wortes, Jeder besaß in allen Zweigen des Seedienstes Lie'ausgezeichnetste Erfah renheit; ja man könnte diese drei Manner, die bei Einführung und Erhaltung von Ordnung und Disziplin auf der Flotte so überlegene Kenntnisse, Energie und Eifer entwickelt haben, bei nahe als gleiche Großen betrachten. Es mochte vielleicht gar nicht zu viel behauptet seyn, daß sie zur Ausbildung der Marine mehr gewirkt haben, als irgend einer oder als alleihre Vorgän ger, so daß wir mir voller Wahrheit aus dem Gefühle der Weh» muih mit den Worten des Dichters ihnen nachrufen: „Lebt wol)l, mit euch Ist auch die Hoffnung solcher Größen todt." Lord Howe muß als derjenige unter ihnen bezeichnet wer den, der die Bahn brach. Er war durchaus sein eigener Lehrer im Seewesen; er war in keiner bestimmten Schule ausgebildet, — man kann mit vollem Grunde sagen, daß cs zur Zeil des Anfangs seiner Laufbahn noch gar keine Schule gab. Was er in den verschiedenen Zeilen feines Dienstes sich aneigncte, war nur durch Vergleichung, Beobachtung und Nachdenken gewon nen; kaum'waren damals äußerst schwache Spuren eines festen Systems, geschweige denn einer Wissenschaft des Seewesens zu finden. Taktik, Evolutionen und Signale hatten sich zwar all- mältg, gleichsam in dürftiger Nachahmung des Französischen Wesens, cingeschlichen, aber ihre Entwickelung war fast gqr nicht vorgeschritten, ihre Anwendung von Niemand versucht, außer von dem talentvollen, aber unglücklichen Kcmpcnfelt, der beim Versinken des „Royal George" umkam. Nach ihm faßte Lord Howe die Wichtigkeit dieser Dinge auf und verlor sie nicht wieder aus seinen Augen, bis er sie zu einem völligen Systeme ausgebildet Hane, welches lange unter dem Namen „Howe's Signale" bekannt war. In der Vervollkommnung dieses Systems blieb er dann unermüdlich; mochte er vor Anker liegen oder auf hoher See sich befinden, sowohl in der Theorie als in der Praxis ging seinem Sinne dieser nützliche Gegenstand über Alles. Wir haben kaum nölhig, zu wiederholen, daß Howe in seiner Amts führung und nach seiner Gemüthslage ein kühner, kaltblütiger und entschiedener Mann, daß er theoretisch und praktisch durch und durch Seemann war, daß er seine Kenntnisse meistens durch die sanfte Gewalt der Uebcrzeugung und durch die Macht des Beispiels auf Andere zu übertragen wußte. Lord St- Vincent war hinsichtlich der Taktik und Disziplin ein Schüler Honw's. Als er einst sein Unheil über den Voriheil eines nächtlichen Seegefechte gegen einen überlegenen Feind abge ben sollte, entschied er sich aus keinem anderen Grunde dagegen, als weil man dadurch des großen Donheils von „Howe's Sig- nalen" beraubt werde. Hinsichtlich der Disziplin hingegen dürfte hier dxr Schüler durch sein Instructions-System den Lehrer über troffen haben. Howe war geduldig, leutselig, nachsichtig und wohlwollend, er fesselte durch diese Eigenschaften Offiziere und Matrosen; An Vincent dagegen war streng, durchgreifend und entschieden, er hielt fest an dem Grundsätze, daß Gehorsam Leben und Seele des Sccdicnstcs sey— das Wort OI,e«Ii<m7.a war ein Lieblittgsausdruck von ihm. Wahrend so der Eine dem „8u»viter m uwä» nachhing, hielt der Andere an dem „t'orlicor in rv". Die lumullmrendcn Matrosen im Hafen von Portsmouth, die man nur halb gebändigt Hane, wurden durch das milde und leut selige Benehmen Howe's und durch das Vertrauen, welches sic auf ihn setzten, vollkommen zur Ordnung zurückgebracht. Oie Flammen der Empörung zu Cadix loderten nicht so schnell auf, „ P.Dictt Parallele dildet kehr vassend ren Schluß von Barrow s l-tl« «s t-»r> S. dir- !IS und 98 des Magazins. als sie durch die schleunigen und kräftigen Maßregeln des Lord St- Vincent, durch sein dclcrminirtes und entschlossenes Einschrei ten unterdrückt wurden, welches hier so unbedingt nölhig war, um die Verbreitung jenes Geistes der Insubordination zu hin dern, der auf einigen zur Blokade eines entfernten feindlichen Hafens beorderten Schiffen sich gezeigt hatte. Obgleich diese beiden biederen Admirale zur Erreichung desselben Zieles so verschiedenartige Wege einschlugcn und durch ihre Temperamente fast im Gegensätze zu einander standen, heg ten sie dennoch die größte Achtung und Ehrerbietung gegen ein ander. So oft St. Vincent des Lord Howe gedachte, geschah cs immer in den Ausdrücken hoher Lobpreisung und Anerkennung; er pflegte von ihm zu sagen, Howe sey ein Mann von wenig Worten, allein immer seh, was er spräche, zweckmäßig und sehr beachtenswert!). Nicht selten gab cs sich bei den trivialsten Ver anlassungen und in ganz gewöhnlichen Aeußerungen kund, von >vie zärtlichen Gesinnungen gegen einander sic bcscclt waren. Lord St- Vincent sagte oft, indem cr in seinen Frühstück-Saal cimral: „Freilich habe ich auch an diesem kalten Morgen meine blauen Hosen ungezogen; denn Lord Howe trug blaue Hosen, und ich glaube sein Beispiel auch selbst in der Kleidung nach- ahmen zu müssen." Andererseits betrachtete Howe den Lord St. Vincent als den ersten Admiral seiner Zeil; cr äußert in einem Briefe: „Ich kann Dich nur beauftragen, ihm, was mich betrifft, ganz einfach und aufrichtig zu versichern, daß meine Erwarmngen durch seine ausgezeichnete Amtsführung nicht über troffen sind." Unstreitig war cr ein Mann, der keine Furchc kannte, ein Feldherr von hoher Einsicht, kühn im Entwürfe, lhal- ktäftig in Ler Ausführung, frei in seine» Ansichten, hochherzig und wohlthälig ohne Ostentalion; ein scharfer Beobachter der Menschen, nachsichtig gegen kleinere Beleidigungen, streng ge gen solche Vergehen, die eine verstockte Natur bekundeten. "Sei ner politischen Richtung nach gehörte cr den Whigs an, zu denen cr auch unwandelbar hielt; allein seine Freunde erfuhren immer, daß er seinen politischen Ansichten keine Einmischung in seine Amtsführung gestattete. Seine Befähigungen zu der Stelle eines Chefs waren die glücklichsten, unter ihm bildeten sich und stiegen viele treffliche Offiziere empor. Neben allen diesen Verdiensten, welche die öffentliche Meinung nach Gebühr anerkannte, konnte ihm dennoch nachgcsagt werden (zumal von Jemand, der ihn genauer kannte), daß er, sowohl auf hoher See als auch unter Umständen auf dem Lande, die Manieren eines ungeschliffenen Matrosen angenommen, daß er Sleifsinnigkeft in seinen Ent schlüssen, Rauheit und Harte in der Ausübung seiner Befehls- haberschaft über die Offiziere der Flotte bewiesen habe; in Ge sellschaften zeigte cr sich dagegen als einen Mann vom feinsten Tone und von höfischem Wesen. Sein AmtScharaklcr war feste Entschlossenheit und konsequente Beharrlichkeit in seinen Vorsätzen. Nelson war in Charakter und Benehmen sehr weit ver schieden von den beiden erwähnten Feldherren. Obgleich nicht einmal so ganz eigentlich Seemann, verstand er es dennoch aufs beste, die Anstrengungen anzufeuern, den Eifer zu beleben; er besaß Lie eigemhümlichc Gabe, jedem einzelnen Offizier, von dem höchsten bis zu dem niedrigsten, den Glauben einzuflößcn, daß ein Jeder für sich ganz besonders zu dem Gelingen der Unternehmun gen beitrüge, was denn natürlich Muth und Vertrauen in Allen ungemein erhöhte. In seinen Erfolgen war er immer äußerst glücklich; wohin es auch ging, ihm zu folgen hallen Alle die größte Lust. In der Thal war Nelson ein ganz besonderer und einziger Charakter, — „cr war nur mit sich selbst zu vergleichen" — kein Zweifel, daß auch Lie Nachwelt wenige Manner gleichen Schlages wird aufzeigcn können. Wir können nicht leugnen, daß Nelson auch seine schwachen Seilen Halle, aber welches menschliche Wesen hätte diese nicht? Er ist ganz ungercchler Weise mit Anlonius verglichen worden, als sey er bereit gewesen, die Well einer zweiten Cleopatra zu opfern — ein Vergleich, wie er nicht leicht irriger gefunden werden kann. Von^einem ein zigen unglücklichen Falle abgesehen, der durch die Schuld einer augenblicklichen Beihörung einen unauslöschlichen Fleck auf sein Andenken geworfen hat, ließ er sich niemals, irgendwie den bc- klagenswerchen Einfluß der angedemeten Umstande in seine Amts pflichten zu Schulden kommen. Wenn seine Gegenwart erfordert wurde, gab er alles Vergnügen und alle Lieblingsneigungen da hin; in seinen Gedanken konnte nicht die kleinste Sorge um sein