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MsdmfferTaMait Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, D« »Wilsdruffer Tageblatt* erscheint an allen Werktagen nachmittags 5 Uhr. Bezugspreis: Bei Abholung in »re »eichSsisftrllc und den Ausgabestellen r RM. im Wonat, dm - usteltung durch di« Boten 2,30 RM., bei Poftbeftellung r AM. z>,,rigi><d Aitr> g. „ . gebühr. Einzelnummern iSBpfg.Alle llononital'kn Wochenblatt für Wr sdruss u. klmrzegeno Postboten und unsereAus. trigerund Kmchöstsp-Ue» ——— nehmen zu jeder Z«U B«< stellungen entgegen. Im Falle höherer E-walt. Krieg oder sonstiger V-Irecdsstörungen besteht ietn Anspruch aus Lieserung »er Zeitung oder Kürzung des Bezugspreises. — Rücksendung eingesandter Schrlststüche ersolgt nur, wenn Porto deiliegt. für Bürgertum/ Beamte/ Angestellte u. Arbeiter. Anzeigenpreis: die 8 gespaltene Nanmzeile 20Rpfg., die 4gespaltene Zeile der amtlichen Bekanntmachungen ^»Hieich»- Pfennig, die 3 gespaltene Reklamezeile im textlichen Teile 1 Reichsmark. 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Der Young-Plan wird, falls er, trotz der großen Schwierigkeiten, die sich ihm anscheinend jetzt im Haag entgegenstellen, in Wirksamkeit treten wird, wenn er auch eine Herabsetzung unserer Jahreszahlungen von zweiein halb auf zwei Milliarden Mark mit sich bringt, die eigene Kapitalbildung der deutschen Volkswirtschaft nicht aus reichend genug stärken. Es wird schwer sein, die Last zu tragen. Deutschland, das noch auf Jahrzehnte hinaus an der Abtragung seiner Reparationslasten arbeiten muß, bedarf vor allem erweiterter und neuer Pro duktionsmittel und Arbeitsmöglichkeiten. Arbeits fähige und Arbeitswillige sind genug da; aber es fehlt an der finanziellen Kraft, welche die notwendige Be schäftigung geben kann und Betätigung ermöglicht. Die erschütternden Ziffern unserer Arbeitslosigkeit reden davon eine eindringliche Sprache. Zur Schaffung von Fabrikationsstätten, die den Arbeitswilligen Produk tionsmöglichkeiten und Mittel zur Verfügung stellen, zur Erkundung und Eröffnung neuer Absatzgebiete gehört neben dem Unternehmungsgeist und der Unternehmungs lust Kapital, Kapital und noch einmal Kapital. Und an diesem gebricht es der deutschen Volkswirtschaft. In diesem trostlosen Zustand bot sich uns fremde Hilfe an, die mit ausländischem Geld uns beizu springen bereit war. Nicht um unserer schönen Augen willen tut man das, sondern nur weil und nur insoweit man durch eine Kapitalbeteiligung an deutschen Werken glaubte, hohe Verdienste erzielen zu können. Neben den unzweifelhaften Vorzügen, die sich durch diese Speisung mit ausländischen Kapitalien für die deutsche Volkswirt schaft ergab, lauern schwere Gefahren. Solche Kapitalbeteiligung des Auslandes ist auf zweierlei Arten möglich: einmal durch Gewährung von Darlehen, seien es kurzfristige oder langfristige, und dann durch den Erwerb ganzer Werke oder von Aktien und Aktienpaketen. Während der ausländische Anleihe geber mit der Hingabe nur die Rechte des Gläubi gers erhält, das Geld mit Zinsen wieder zurückzu fordern, rückt der Aktienerwerber in die viel mächtigere Position des Eigentümers ein. der nach Maßgabe der Größe seines Anteils über deutsches Gut in weitgehendstem Maße verfügen und mit ihm schalten und walten kann. Deswegen ist die immer mehr um sich greifende Vergrößerung ausländischen Kapitalbesitzcs in Deutschland mit schwerer Sorge und scharfem Mißtrauen zu überwachen. Die Überfremdung, d. h. die maßgebende Ein flußnahme der Kapitalgeber auf die Geschäftsführung und die Schickialsaestaltnug deutscher Unternebmungeu. ist das Schreckgespenst, das binter dem ausländischen Geldgeber sich drohend aufreckt. Wenn bei der letzten großen Trans aktion zwischen der ..A. E. G." und dem amerikanischen Riesenkonzern der „General Electric" ausdrücklich betont wird, daß die erstere kapitalmäßig nicht überfremdet wird und deutsches Eigentum bleibt, so wird man die Er wartung und Hoffnung aussprechen müssen, daß dies auch in Zukunft so bleibt. Denn der Auslandsbesitz von einem Drittel des A.-E.-G.-Kavitals bedeutet doch eine schwere Gefahr. Dieselbe Gefahr droht auch bei den übrigen deutschen Gewerbezweigen, in denen ausländische Kapi talien zwar befruchtenden aber bedenklichen Einfluß ge nommen baben, wie z. B bei der Marqarineindustrie durch Holland, der Automobilindustrie, deren größtes Unternehmen, die Opelwerke, vor kurzem an die Ameri kaner übergegangen ist, bei dem Kunstseidenkonzern und der Radioindustrie ebenfalls durch Holland, im mittel deutschen Brannkoblenbergban durch die Tschechoslowakei, in der Papierindustrie durch England. Auch ein großer Teil der deutschen Filmindustrie ist bereits überfremdet und wie es beißt, toll jetzt auch der Emelkakanzern in ausländischen Besitz übergeben Wenn man bedenkt, daß bei diesem Untcrnebmen. da-? neben der Herstellung von Filmen auch eine große Anzahl von Theatern betreibt, neben geschäftlichen Belangen auch kulturelle auf dem Sviel stehen, so wird man bier eine ausländische Einflußnabmc in doppelter Hinsicht kritisch betrachten müssen. Dazu kommt noch folgendes: Bekanntlich bat. als das Reich seinerreit den unglück seligen Pböbuskonzern,für den Mittel der Steuer zahler in reichem Maße verbraucht worden waren, über nehmen mußte, es den Theaterbcsitz daraus dem Emelka- konzern übergeben, mit dem ausdrücklichen Betonen, daß dies deswegen geschehe, weil Garantien dafür geboten sein, daß diese maßgebenden Lichtspielhäuser in deut schem Besitz und unter deutschem Einfluß bleiben würden. Eine Begründung und eine Entschuldigung für eine derartige Investierung deutscher Reichsmiktek kann auch nur darin gesucht werden, daß dieses Unter nehmen im Dienste deutscher Interessen wirken und kn ideeller Beziehung das wieder einbringen soll, was es materiell gekostet hat. Jctz soll dieser Zweck hin fällig gemacht werden dadurch, daß ausländisches Kapital bestimmend und natürlich seinen eigenen Interessen dienend eintreten soll. Der deutsche Steuerzahler hat ein dringendes Interesse daran, eine Antwort auf die Frage zu erhalten, ob die Nachricht von dieser geplanten Transaktion den Tat sachen entspricht und ob die Regierung wirklich gewillt ist, dieser Preisgabe deutscher Belange gleichgültig zuzu sehen. Sie HaM AilWsse eingesetzt Der Zwist der Uoung-Mubiger. Wirtschaft vor Politik. Man war darauf vorbereitet, daß auf der Haager Konferenz ein heftiger Streit entbrennen würde um die Quoten Verteilung der deutschen Reparations leistungen, und wußte, daß das Abwcichen der Sachver ständigen von dem Verteilungsschlüssel von Spa viel böses Blut gemacht hatte. Daß aber die verschiedenen Meinungen gleich zu Beginn, in den ersten Sitzungen, s o kraß aufeinandcrprallen würden, wie es geschehen ist, darauf war wohl niemand gefaßt Der eng lische Schatzkanzler Snowden zog alcich in seiner An trittsrede forsch vom Leder und schlug nach rechts und links aus. Zunächst richteten sich seine Ausführungen besonders gegen die Bevorzugung Frankreichs durch die Neuverteilung der Reparationen, dann wandte er sich gegen die Regelung der deutschen Sachlieferungen, aus deren Gefährlichkeit für England er hinwies im Hin blick auf die deutsche Konkurrenz auf dem Weltmarkt. Der Stein war ins Rollen gebracht worden und nachdem England so offen und freimütig seine Wünsche erklärt hatte, folgten in der Dienstagsitzung die Rumänen, Portugiesen, Italiener, Franzosen, Grie chen und Jugoslawen mit einer kurzen Skizzierung ihrer Verteilungswünsche. Der Vertreter Deutschlands, Dr. Stresemann, tat deshalb das, was zu tun sür ihn in dieser Situation das einzig Gegebene war: er erklärte sich bei diesem Gläubigcrstreil zunächst für unbeteiligt und kündigte seine politischen Erörterungen für den Zeit- - punkt an. in dem die Diskussionen wieder in das politische Fahrwasser geleitet sein würden. Die Erklärung Dr. Stressmanns hatte folgenden Wortlaut: In den verschiedenen Er klärungen. die hier abgegeben worden sind, sind gegen sätzliche Meinungen zu wesentlichen Teilen des Aoüng- Planes zum Ausdruck gekommen. Es handelt sich um diejenigen Punkte des Aoung-Planes, die in erster Linie das Verhältnis der Glänbigerregierungen untereinander angeht. Ich glaube daher, daß ich mich darauf beschränken kann, mich aus die seinerzeit von der Reichsregierung abgegebene Erklärung zu beziehen, nach der Deutschland bereit ist, auf der Grundlage des Ao ung-Planes zur Lösung des Reparations- Problems zu gelangen. Da, wie der Präsident betont hat, unsere General aussprache sich lediglich auf den Noung - Plan, nicht aber aufPolitische Fragen bezieht, kann ich davon ab- schen, daraus hinzuweisen, welche politischen Fragen nach Auffassung der deutschen Ncichsregierung mit der Regelung der Neparationsfrage im Zusammenhang stehen. Ich behalte mir vor, aus diese Fragen zurückzu kommen, sobald der wirtschaftliche und der politische Aus schuß der Konferenz gebildet sind, die ihre Arbeiten gleich zeitig aufnchmen werden. Was die Regelung des Uvung-Plancs an- belangt, so möchte ich der dringenden Hoffnung Ausdruck geben, daß es dem Finanzausschuß der Konferenz gelingen wird, darüber eine Einigung unter den beteiligten Re gierungen zu erzielen. Die deutsche Negierung wird mit allen Kräften dahin wirken, eine Regelungzum Ab schluß zu führen, die, wie der französische Finanz- Minister Chöron sagte, die Vergangenheit liquidiert und die Grundlage eines dauerhaften guten Verhältnisses zwischen den beteiligten Reaierunaen bilden kann Schluß der Generaldiskusslon im Haag. Bildung eines finanziellen und eines politischen Ausschusses. Mittwoch nachmittag ist im Haag die allgemeine Aus sprache über den Aoung-Plan fortgesetzt worden, nachdem eine Privatbesprechung der Vertreter der sechs einladenden Mächte stattgesunden hatte. Die Sitzung, die den Abschluß der allgemeinen Aus sprache brachte, wurde vom belgischen Außenminister Hymans mit einer Erklärung eröffnet, in der er seine Anerkennung für die Leistungen der Sachverständigen aussprach. Er wies darauf hin, daß das ganze Werk ein Kompromiß darstelle. Die belgische Regierung habe den Uoung-Plan als Ganzes angenommen. Er hob her vor, daß darum aus diesem Plane nichts herausgerissen werden könne. Wenn man über Einzelheiten verhandeln wolle, wüßte man vielleicht auch einen neuen Sachver ständigenausschuß einberufen. Hymans kam zu der mit großem Nachdruck ausgesprochenen Schlußfolgerung, daß der Plan als Ganzes angenommen werden müßte. Hierauf sprach A d a t s ch i - Japan, der zunächst die „schweren Opfer" Japans erwähnte und so dann die Erklärung abgab, daß die japanische Regierung den Uoung-Plan als Basis für die endgültige Re gelung angesehen haben wolle. Der amerikanische Vertreter Wilson, der der Sitzung als Beobachter beiwohnte, behielt sich seine im Namen der amerikanischen Regierung abzugebenden Be merkungen für die finanzielle Kommission vor. Hierauf wurde die Generaldiskussion geschlossen. Es folgten dann die geschäftsordnungsmäßigen Vor schläge Jaspars. Es wurden ein finanzieller und ein politischer Ausschuß gebildet. Im finanziellen Ausschuß sollen alle Mächte durch je zwei Delegierte vertreten sein. Die finanziellen Probleme, die nur die einladenden Mächte be treffen, sollen von deren Vertretern allein behandelt wer den. Titulescu, durch Marinkowitsch unterstützt, verlangte Klarstellung, ob die sechs einladenden Mächte gegebenenfalls einen besonderen Ausschuß bilden wollten, worauf festgestellt wurde, daß nur ein Ausschuß gebildet werden solle, bei dessen Arbeiten die Materie nach Inter essen geteilt werden soll. An den Beratungen, die nur die Interessen der einladenden Mächte berühren, sollen die sechs eingeladenen Mächte nicht teil nehmen. Die politische Kommission besteht gleichfalls aus je zwei Delegierten, jedoch nur der ein ladenden Mächte. Unterausschüsse für beide Kommissionen sind nach Bedarf vorausgesehcn. Snowden- England schlug unter allgemeiner Zu stimmung für den Finanzausschuß den belgischen Finanz minister Baron Houtartals Vorsitzenden vor; er nahm die Wahl dankend an. Für die politische Kommission wurde von BriandHcndcrsonals Vorsitzender vor- gcschlagen. Auch dieser Vorschlag wurde angenommen. Dem Generalsekretär Sir Maurice Hankey sollen möglichst bald die Namen der von den einzelnen Mächten zu ernennenden Delegierten bekanntgegeben werden. Die Vorsitzenden der beiden Ausschüsse zählen als Delegierte nicht mit. Die erste Sitzung der beiden Ausschüsse ist auf Donnerstag nachmittag vier Uhr anberaumt worden. Jie Ausgabe der MWen Ausschusses Haag, 7. August. Nach dem Abschluß der allgemeinen Aussprache veröffentlicht das Eeneralsekretariat der Konferenz eine amtliche Verlautbarung, in der hinsichtlich der Arbeiten des lillllllllllllllllllllllllllllMIII MeEWiiW- Auf dem Präsidenten stuhl lrechtss der holländische Außen minister Jonkheer Bcelaerts van Blook- land Ui- Rcchtsncben ihm der englische Schatzkanstcr Snow den. Links der fran zösische Ministerprä sident Briand. Weiter links Reichsaußen- ministcr Dr. Strese mann, Rcichsfinanz- minister Dr. Hilfer ding, Reichswtrt- schastsminister für die besetzten Gebiete Dr. Wirth (2). ttlMUIMlllMMUWMMill