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Pulsnitzer Anzeiger Ohorner Anzeiger Haupt- und Tageszeitung für die Stadt und den Amtsgerichtsbezirk Pulsnitz und die Gemeinde Ohorn bestimmten Plätzen keine Gewähr. Anzeigen sind an den ErscheinungStagen bis norm. 10 Uhr aufzugeben. — Verlag: Mohr k Hoffmann. Druck: Karl Hoffmann u. Gebrüder Mohr. Hauptschriftleiter: Walter Mohr, Pulsnitz; Stellv.: Walter Hoffmann, Pulsnitz. Verantwortlich iür den Heimatteil. Sport u. Anzeigen Walter Hoffmann, Pulsnitz; für Politik, Bilderdienst und den übrigen Teil Walter Mohr, Pulsnitz. D. A. VI.: 2250. Geschäftsstellen: Albertstiaße 2 und Adoif-Hitler-Str atze 4. Fernruf 518 und 550 Der Pulsnitzer Anzeiger ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschaft zu Kamenz, des Stadtrates zu Pulsnitz und des Gemeinderates zu Ohorn behördlicherseits bestimmte Blatt und enthält Bekanntmachungen des Amts gerichts Pulsnitz, sowie des Finanzamtes zu Kamenz Dirn Zeitung erscheint täglich mii Ausnahme der gesetzlichen Sonn- und Feiertage. Der Bezugspreis betrögt bei Abholung wöchentlich 45 Rps.. bei Lieferung frei Haus 50 rllpi. Postbezug monatlich 2.30 RM. Im Falle höherer Gewalt oder sonstige: Betriebsstörungen Hai der Bezieher keinen Anspruch aui Lieferung der Zeitung oder Rückzahlung des Bezugspreises. — Preise und Nachlaßsätze bei Wiederholungen nach Preisliste Nr. 3 — Für das Erscheinen von Anzeigen in bestimmten Nummern und an Nr. 152 Donnerstag, den 2. Juli 1936 88. Jahrgang Blums erste Bölkerbundsrede Keine Stellungnahme zum Ostafrika-Konflikt Am zweiten Tage der Genfer Völkerbundsversamm lung kam als erste Großmacht Frankreich zum Wort. Der französische Ministerpräsident Blum hielt eine halb stündige Rede, die bezeichnenderweise jedes Eingehen aus die Sanktionen und den italienisch-abessinischen Konflikt peinlich vermied. Blums Ausführungen waren eine all gemeine Betrachtung über die alten Genfer Probleme: Völkerbund, kollektive Sicherheit, Abrüstung usw. Für dis Lösung der schwierigen internationalen Frage brachte die Rede keinen praktischen Vorschlag. Zur augenblicklichen Genfer Krise erklärte Leon Blum, die Ursachen für das Versagen des Völkerbundes liegen nicht im Pakt, sondern in seiner verspäteten, unbestimmten und zweideutigen Anwendung. Die Pakt-Verpflichtungen müßten deshalb verstärkt werden. Die französische Abord nung könne keiner der Revisionsformeln zustimmcn, die die Rolle des Völkerbundes aus eine akademische Beratung zurückführen würden. Frankreich werde mit ganzer Kraft dazu beitragen, dem Völkerbund neues Leben zu geben. Die französischen Reform Pläne beschränkten den Beistand auf die geographisch und politisch dem angegrif fenen Staat am nächsten stehenden Länder, aber auch so bleibe das Risiko eines Krieges bestehen und müsse mutig getragen werden. Um ihm zu begegnen, könne man nur an Abrüstung denken, obwohl dieser Gedanke heute bei nahe als eine lächerliche Utopie erscheine. Aber ohne Ab rüstung könnten die internationalen Schiedssprüche keine Wirkung haben und die friedlichen Sanktionen nicht ab schrecken. Kollektive Sicherheit und Abrüstung bedingter sich gegenseitig. In diesem Sinne werde Frankreich seiner Einfluß geltend machen und vor keiner Initiative zurück schrecken. Im weiteren Verlauf seiner Rede sprach Blum vor den beiden „Rechtsverletzungen", wobei er es wieder fertig brachte, die Wiederherstellung der deutschen Staatshohei im Rheinland mit der Besetzung Abessiniens durch Malier auf die gleiche Stufe zu stellen. Weiter erklärte er, der Völkerbund müsse an die Länder, die diese „Rechtsbrüche' begangen hätten, die wesentliche Frage stellen, ob sie enr schlossen feien, eine bessere Zukunft vorzubereiten und ar dem Werk des entwaffneten Friedens im Rahmen des neuerstandenen Völkerbundes mitzuarbeiten. Sie müßter gefragt werden, welche Absichten sie hegten und welchc Garantien sie Vorschlägen wollen. Die der Versammlung unterbreitete italienische Denkschrift stelle einer wertvollen Beitrag in diesem Sinne dar. Es sei zu wün schen, daß die deutsche Antwort auf den englischer Fragebogen ihrerseits den Ausgangspunkt für einer politischen Wiederaufbau Europas bilden könne. Frie densangebote und Abrüstungsvorschläge seien von überall her gekommen, aber sie müßten erst auf ihre Aufrichtigkeil geprüft werden. England erkennt die Eroberung Abeffiniens nicht an Das Hauptereignis der Rachmittagssitzung der Völ- kcrbundsversammlung war die Rede des englischen Außen Ministers Eden. Er begann mit einer Sympathieerklä rung für den Kaiser von Abessinien, der mii Würde seine Sache vor dem Völkerbund vertreten habe. Im übrigen gab Eden zu, daß die wirtschaftlichen und finanziellen Sanktionsmaßnahmen im italienisch-abessinischen Konfliki infolge des raschen Verlauss der militärischen Ereignisse in Abessinien ihren Zweck nicht erfüllt haben. Nach Auffassung der englischen Regierung könnte nur rin militärisches Vorgehen das gewünschte Ergebnis her- bciführen. Aber er könne nicht annchmen, daß bei der gegenwärtige» Weltlage ein solches militärisches Vor gehen als möglich betrachtet würde. Angesichts dieser Lage könne er nur mit größtem Bedauern wiederholen, daß unter den gegenwärtigen Umständen die Fortführung der Sanktionen keinen Zweck mehr habe. Gleichzeitig sei die britische Regierung der Meinung, daß die Versamm lung in keiner Weise die italienische Eroberung Abessi niens anerkennen sollte. Sollte beschlossen werden, daß die Sanktionen nicht länger fongefübri werden sollen, so sei die britische Re gierung der Ansicht, daß ihre Z u s i ch e r u n g e n, die sie gewissen anderen Regierungen gegenüber gemacht habe, nicht mit den Sanktionen außer Kraft treten sollen, son dern daß sie die Uebcrgangszeil der Unsicherheit, die ein- trclen könnte, überdauern sollten. Die britische Regierung erkläre demgemäß, das; sie bereit sei, diese Verpflich tungen aufrecht zu erhalten, wenn eine Lage entstehen sollte, die diese Verpflichtungen bei der Durch führung der Aktion unter Artikel 16 in Kraft gesetzt hätte. Rach Eden hielt der Sowjctkcmwchsar Lirwinow eine wie üblich mit versteckten Ausfällen gegen Deutsch land gespickte Rede, in der er die Verstärkung des Dölkev- bundspaktes forderte. Es habe sich erwiesen, daß wirtschaft liche Sanktionen allein die italienische Armee nicht wieder aus Abessinien vertreiben könnten. Deshalb sei er, Litwi now, wie fast alle Völkerbundsmitglieder zu der Ueber- zeugung gekommen, daß die weitere Anwendung der wirt schaftlichen Sanktionen nutzlos geworden sei. Aus den Ur sachen des abessinischen Mißerfolges müsse man Lehren für die Verhütung ähnlicher Vorkommnisse in der Zukunft ziehen. In diesem Zusammenhang lief Litwinow gegen die vorge schlagene Abschaffung des Artikels 10 (Garantie der gebiets mäßigen Unversehrtheit) Sturm ebenso wie gegen die Ab schaffung des Artikels 16. Dieser Artikel berge starke Mög lichkeiten in sich, die im abessinischen Krieg aus vielfachen Gründen, z. B. auch wegen der „anderweitig in viel stärkerem Maßstabe betriebenen Kriegsvorbereitungen" bei weitem nicht ausgeschöpft worden seien. Die Unvollkommenheit des Paktes beruhe aus seinen Lücken und Unklarheiten. Er enthalte keine klare Definition des Angriffes und sehe kein Organ für dessen Feststellung vor. Die Durchführung wirtschaftlicher Sanktionen müsse für alle Staaten obligatorisch werden und diese in wenigen vorstellbaren Ausnahmefällen Hand in Hand mit militärischen Maßnahmen gehen. Bis man aber soweit sei, müsse Europa mit einem Netzwerk von Aegionalpakten über zogen werden. Als stärkste Garantie für den Frieden be trachte die Sowjetunion nach wie vor die totale Abrüstung. Solange diese radikale Maßnahme nicht getroffen werde, bleibe nichts anderes übrig, als den Völkerbund, d. h. die kollektive Sicherheit und den Grundsatz der Unteilbarkeit des Friedens, zu verstärken. Damit war die Mittwoch-Aussprache beendet. Es sind noch 15 Redner vorgesehen. Am Freitag nachmittag soll der Kovr- binationsausschuß, d. h. Lie Sanktionskonferenz zusammen treten, die für die Aufhebung der Sanktionen zuständig ist und wahrscheinlich auch der Völkerbundsrat. Zusammenkunft der Restlocarnomächte in Vrüffel? Die Vertreter Frankreichs, Belgiens und Englands, d. h. der Restlocarnomächte, waren in Genf bei einem ge meinsamen Abendessen vereinigt. Sie beschlossen, vorläufig weder in Gens noch in Montreux eine formale Zusammen kunft abzuhalten. In englischen Kreisen denkt man jedoch an eine neue Zusammenkunft vor September. Die Fran zosen sind für eine Begegnung in Brüssel in der zweiten Julihälfte. Man spricht vom 21. Juli. Bisher haben die Engländer zwar noch nicht zugestimmt, aber man hält in englischen Kreisen eine solche Zusammenkunft für möglich. Der Genfer Die italienischen Völkerbunds-Journalisten werden ausgewiesen Die während der Sitzung der Völkerbundsversammlung vom Dienstag verhafteten italienischen Journalisten wurden am Mittwoch 22,15 Uhr aus dem St. Antonien-Gefängnis entlassen. Sie begaben sich zu Fuß und unter Bewachung von Polizisten in Zivil ins nahe gelegene Polizeigebäude, wo u. a. der italienische Gesandte in der Schweiz, Tamars, und der italienische Generalkonsul in Gens, Speiser, anwesend waren. 22,30 Uhr wurden die verhafteten Journalisten end gültig auf freien Fuß gefetzt, nachdem ihnen zur Kenntnis ge bracht worden war, daß gegen sie ein Ausweisungsbe fehl vom Kanton Genf erlassen worden sei. „Beleidigung des italienischen Heeres" In der römischen Presse kommt einhellig die Ent rüstung über das Auftreten des Negus vor der Völker bundsversammlung zum Ausdruck. Man vermutet hinter den Vorgängen in Genf „gemeine antifaschistische Speku lation". „M cssaggero" spricht in der Ueberschrift zu seinem Genfer Bericht von „planmäßigen antifaschistische» Provokationen". Die italienische Regierung, so schreibt der Genfer Korrespondent des Blattes, der zu den weni gen nicht in Haft genommenen italienischen Journalisten gehört, habe alles mögliche getan, um in Genf Verständnis dafür zu wecken, daß die Anwesenheit des Negus in der Bundesversammlung in einem Augenblick, in dem Italien mit seiner Denkschrift eine Versöhnungsgeste vollzog, zu schweren Störungen führen könnte. Man habe gewußt, daß der Negus in seiner Red« das italienische Heer beschimpfen werde, aber auch die ein flußreichsten Mitglieder des Völkerbundes hätten nicht ge- nügend Tatkraft entwickelt, um die Gefahr zu bannen. Aus den Versöhnungsgeist Italiens sei mit einer Geste ge antwortet worden, die „die berechtigte Gegenaktion der italienischen Journalisten hervorgerufcn" habe. Gegenüber dieser Haltung Genfs werde Italien in Erwägung ziehen müssen, welche Maßnahmen sich als zweckmäßig erweisen Die gleiche Auffassung kommt in dem Mittagsblatt des „Giornale d'Italia" zum Ausdruck. Im übrigen sind sich die Genfer Berichte der römischen Presse darin einig, daß die Rede des Negus eine einzige Belei digung des italienischen Heeres gewesen und daß diese in amharischer Sprache gehaltene Rede in Wirklichkeit von im Dienste der Freimaurerei und des Zwischenfall Antifaschismus arbeitenden europäischen Ratgebern des Negus in französischer Sprache aufgesetzt worden sei. Moskaus riesige Lustausrüstung Der Flugzcugstand um 72 v. H. vergrößert. Der Moskauer Korrespondent des „Daily Telegraph" berichtet, daß nach dem Stand im Juni der sowjetrufsischo Flugzcugpark eine Vergrößerung von 72 v. H. gegenüber t»em Jnhrcsbeginn aufweisc. Der Leiter der sowjetrussischen Flugzeugindustrien, Kaganovich, soll bei Bekanntgabe dieser Zahlen ge sagt haben: „Wir haben stets genug Flugzeuge sür die Verteidigung unseres Vaterlandes. Unsere Flugzeuge werden immer höher und immer weiter fliegen und unsere Feinde notwendigenfalls vernichten. Unsere Flugzeug werke sind jetzt größer, als irgendwelche in Europa und Amerika. Wir haben gar nicht notwendig nach dem Westen zu blicken." pariser Oper streikt Zum Zeitvertreib ein „Streikball". Paris, 2. Juli. Die Streikwelle hat jetzt auch das Theater erfaßt: Nach Beendigung der Abendvorstellung der Komischen Oper blieben ein Teil der Künstler und das Personal im Hause und hielten dieses besetzt, um einige Forderungen durchzusetzen. Um 2 Uhr nachts veranstal teten die Streikenden zum Zeitvertreib unter den Klängen eines Teiles des Orchesters der Komischen Oper einen „Ball". Von den Tenören bis zu den Garderobenfrauen streikt alles. Es geht u. a. um den Rücktritt des unbelieb ten Direktors Gheusi. Streikende beschießen Gitterzug Wie aus Böne, einem Hafen an der nordalgerischen Küste, gemeldet wird, haben 400 streikende eingeborene Bergarbeiter einen Güterzug mit Erz, der die Bergwerks stadt Uenza verlassen hatte, beschossen. Die polizeiliche Bedeckung des Zuges, zwei Gendarmen, machte von ihren Schußwaffen Gebrauch. Einer der Streikenden wurde ver letzt. Mobilgarde ist von Bone aus nach dem Ort des Zwischenfalles abgegangen.