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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 10.02.1912
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1912-02-10
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19120210028
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1912021002
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1912021002
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1912
-
Monat
1912-02
- Tag 1912-02-10
-
Monat
1912-02
-
Jahr
1912
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Bezug-Preis für L«lp,ta und Vorort« durch unser« Iräaer und Spediteure Lnral tLaiich in» Hou» ««bracht idt Pf. monatU, r.7V «I. oierteljöhrl. Bet unfernLtlialen u. üln- nahmeftrllen abaeholt 7S Vt. monatL. LS Ml. oierlelfährt. Lurch bi« Volt: innerhalb Deutschland, und der deutschen Kolonien vterteljährl. S.8V Ml., monatl. 1^»Ml. au,Ichi. Poltdesteilaeld Ferner in Belgien, Dänemark, den Donauitaaten, Italien, Luremdura. Kieberlande. Nor< Wegen Oesterreich» Ungarn. Rußland, Schweden, Echwett u^ Spanien. In allen übrigen Staaten nur direkt durch die S«>chäst»st«U» de» Blatte» erhältlich. Da» Letptiger Tageblatt erscheint 2 mal täglich. Sonn» u. Feiertag» nur morgen». ildonn«mrnt»»Annahm« I,danai»»aN« 8, det unteren Trägern. Filialen. Spediteuren und Annahmestellen, sowie Postämtern und Briefträgern. Mt,1«slo»rtagt,pr«i» 10 Pp Abend-Ausgabe. MWiger TagMM s 14892 sRachtanschlu» L ^Uchchchch^ » . l "^2 lUachkauschl.« rki.-Ln,chiV^uoerszenung. rel.-ÄnschlsiE Amtsblatt des Nates und des Nokizeiamtes der Ltadt Leipzig. Anzeigen.Pr^s für Snlerat« au» Ueipn, und Umgeb«, die llpalktg» Petitieil« LPf die KeNamo- »eil» sMk. oon au.wart» h>> P,. «,Nam« 1Ä «l. Inserat« oon Behörde» >m amt« ltcheu Teil o,e Petttietl» z,, Pf <b«lchäf»»oa»«tgen mii Pl-doorschritt«« tm Preis» erhöht Nada« nach Taris «»>1 aaeuedükr ch«sa«ch auslag, S Mi. 0 Tausend «rkl PoligedühL Trttbeilag» hoher. Feilenetl», Bufträg« können »ich« »urüch, grfogen werden. Für da» Erscheinen an oeitimmlen Tagen und Plänen wirb kein« ibarankt« übernommen. Snjeigen-chnnahm«' I«h«,»t»,aN» bet sämtlichen F«ltal«a a. allen Annonc«» Lipeditionen de» 2» and Builand««. Druck und Verl«, ,o» gych«r L Kürstem Inhaber Paul KReUe». NedaNton und S»sch<s1»It«ll«: Johann,»goss« L Haupt-Filiale Dr»»»«a: Eeestrabe t, 1 iTelephon öüAX Nr. 75. 10S. Jahrgang Sonnsdenü, üen !0. ^rbrusr l9l2. Die vorliegende Ausgabe umfaßt 8 Serien. Das Wichtigste. * Mitte Februar erscheint ein Buch vom Könige Friedrich August über seine Sudan- reife. (Dergl. Feuill.) * Der gestern gewählte Präsident des Reichstags, Abgeordneter Spahn, legte sein Amt nieder. (S. Leitartikel.) * Heute fand vor dem Reichsgericht der Spionageprozeß gegen den italienischen Gips- figurenhändler Egisto Barsanti statt. Der An geklagte wurde von der Anklage der Spionage freigesprochen, dagegen wegen Bestechung zu 10 Monaten Gefängnis verurteilt, von denen 2 Monate als durch die Untersuchungshaft verbögt erachtet werden. * Die Abteilungen des Reichstags haben sich konstituiert. (S. Pol. Nachr.) * Im Ruhrkohlenrevier droht eine Arbeiterbewegung. sS. bes. Art.) Spahn legt öss Reichstags, prsiiülum nieüer! Berlin, 10. Febr. (Tel.) Der PräsidentdesReichstags, Abg. Spahn, hat soeben in der Fraktionssitzung des Zentrums mitgeteilt, er werde am nächsten Montag in einem Schreiben sein Amt als Präsident des Reichstags nieder» legen. »Vielleicht ist es die erfreulichste Seite des neu gewählten Reichstagsvorstandes, daß er keine Dauer verspricht." Mit diesen Worten haben wir die Be sprechung der Lage, die durch die gestrige Wahl des Reichstagspräsidiums heraufbeschworen worden ist, in unserer heutigen Morgennummer geschlossen und rascher, als man es annehmen konnte, ist dieser Fall eingetretcn. Das Zentrum und sein Auserkorener, der gestern gewählte Reichstagspräsident Spahn, wollen das Odium, zusammen mit einem Sozial demokraten im Präsidium des Deutschen Reichstags zu sitzen, nicht auf sich nehmen, und der Ge wählte stellt daher sein Amt dem Reichstag zur Ver fügung. Wir sind also so weit wie vorher, und die Wahl mit allen ihren Unerquicklichkeiten steht uns abermals bevor. Einzelheiten über den Beschluß, der in einer heute vormittag abgehaltenen Fraktions sitzung der Zentrumspartei des Reichstags gefaßt worden ist, stehen noch aus. Kemüe Lrüe. Roman von Richard Nordmann. (Nachdruck verboten.) " Allerdings kam noch ein zweiter bedeutender Um stand hinzu, der sie nach der heimatlichen Insel zog, aber Lieser allein war es nicht, denn dafür hätten sich andere Mittel und Wege finden lassen können; es war wirklich einzig und allein nur ihre Kindesliebe, die sie dorthin zurückführte, und mit bangem Herzen zählte sie die Stunden, bis sie auf San Marina lan den sollte. Es fiel ihr in diesem Augenblick mit unheimlicher Schwere aufs Herz, daß sie ihre Ankunft dem Vater nicht mitgeteilt und seine Antwort nicht abgewartet hatte! Aber war es nicht gerade diese Antwort ge wesen, die sie um jsden Preis verhindern wollte? Wenn sie einmal da war, würde er sie nicht von sich weisen — oder doch? Konnte er nicht ebenso gut sagen, was er hätte schreiben können: „Du bist so lange nicht gekommen, jetzt will ich dich nicht mehr?" Ihr Herz klopfte heftig bei diesem Gedanken, und die namenlose Unruhe, die sich ihrer immer mehr und mehr bemächtigte, entriß ihr einen bangen Seufzer. Der jung« Schiffsleutnant fuhr aus seinen Träu men empor und glaubte beinahe an eine holo« Fort setzung seiner Illusionen, als er das schöne, blonde Mädchen mit den dunklen Augen, die ihn grüßten wie ein Märchen aus seiner Kinderzeit, neben sich sitzen sab. Bei der Bewegung, die er machte, flatter ten auch Elenas trübe Gedanken davon, sie lächelte ihn freundlich an, und er sagt«: ,,Si« haben mir noch nicht erzählt, weshalb Sie ein ganzes Jahr am Rhein geblieben und nicht gleich zu Ihrem Vater zurückgekehrt sind, Fräulein Elena"" „Ich Labe so lange gebraucht, um mit meinem Schmerze fertig zu werden, und glaubte es noch außer dem der Toten schuldig zu sein, nicht sofort an den Ort zurückzukehren, wo sie sehr schwer gelitten und von wo sie einst geflohen war. — Aber es ist noch nicht alles", fügte Elena rasch hinzu. „Ich habe mich vor zwei Jahren verlobt." „Wahrhaftig — mit wem?" „Mit Jugenio Gerhardos." „Jugenio —?" Der junge Mann stieß es atemlos hervor, und seine Lippen zitterten. „Ich begreife Ihr Staunen. Ich, die ich seit meinem zwölften Jahre nicht mehr in Griechenland Ein kurz vor Redaktionsschluß einlaufendes Tele gramm des offiziösen Telegraphenbureaus meldet: Ter Entschluß des Abgeordneten Dr. Spahn, sein Amt als Neichstagspräsiüent niederzulegen, beruht, wie wir hören, nicht aus einem Beschluß der Zentrumsfraktion. Diese war vielmehr ge rade im Begriff, in Besprechung der Frage einzutrcten, als ein Abgeordneter erschien und die Mitteilung machte, daß Lis Beratung gegenstands los sei, da er mitteilen könne, daß Dr. Spahn sich entschlossen habe, am Montag sein Amt niederzulegcn. Die Mitteilung wurde mit allgemeinem Bei fall ausgenommen und die Fraktion sprach dem Abgeordneten Dr. Spahn ausdrücklich ihr Vertrauen aus. Der neue vulkslchMgeletzentWULl unü üie psrteien. Die „Sächsische Nationalliberale Korrespondenz" schreibt in einem längeren Aufsatz u. a.: Tas vorläufige Ergebnis der zweitägigen Ver handlung ist freilich die Tatsache, Lag sich für den Ent wurf, jo wie er ist, keine Mehrheit in der Kammer finden wird. Das ist aber nicht das einzige Ergebnis. Wichtiger ist, daß durch die streng sachliche Rede des Abo. Tr. Seyfert eine andere Grundlage gezeigt wurde, die sich voraussichtlich als genügend tragfahlg erweisen wird. Das ist aber nicht in dem Sinne ge schehen, als sei die nationollibcrale Fraktion geneigt, ihre Erundforderungcn aufzugeb-en, nur um irgend eine leidliche oder auch unleidliche Losung herbeizu- fübren. Wir meinen aber, daß für die Freunde eines wirklichen Reformwerks kein Grund vorliegt, einem trübselig.'n Pessimismus nachzuhiinien. Diese Mei nung wird jeder teilen, der gewiße Wandlungen be trachtet, die gegen Ende der Verhandlungen deut lich wurden. So hätte es niemanden iiberrmcht, wenn die Partei, die sich laut rühmt, die reformeifrigste zu sein, die Sozialdemokratie, auch diesmal wie so oft ihre Mitarbeit abgelehnt hätte. Sie hat das nicht getan; sie hat Lurch ihren letzten Redner, den Abg. Schulze, im Gegenteil Einspruch erheben lassen gegen den Gedanken, daß sie von der Deputations arbeit nichts erwone. Und das gleicke geschah durch den koniewativen Redner Dr. B ö h m e, der cs seiner seits sorglich vermied, die von Herrn Opitz zu Anfang der Verhandlungen betonten Scheidelinien zu ver schärfen. Herr Opitz hat sich nicht in die Schuldepu tation wählen lassen. Die Führung der konservativen Sacke wird also innerhalb der Tevutation Herrn Dr. Böhme in erster Linie anvertraut sein. Zur Deputation gehört auch Aba. Bi« ner, der in seiner Rede bei seinem sehr wichtigen Streitpunkts, nämlick bei der Forderung der allgemeinen Volksschule an die Seite der naticnallib-ralen Redner trat, im Gegensatz zu Herrn Opitz und seinen eigenen Freunden. Nach alledem ist es ziemlich überflüssig, sich mir Len Betrachtungen des ..Berliner Tageblattes" unü der „Frankfurter Zeitung" über den prophezeiten Mißerfolg des ganzen Refornnverkes aufzuhalten. Diese Preße folgt nur einer zur Gewohnheit geworde nen Anschauung, wenn fie die nationalliberile Partei verdächtigt. Laß ihr jede grundsatzlose Gesetzesmache genehm sein werde. Wäre es der nationalliberalen Partei nicht ernst um die Durchsetzung emer Reform im liberalen Geiste, so hätte sie gewiß nicht schon vor zwei Jahren mit der eigenen praktischen Vorarbeit eingcsitzl und bedeutungslos ist es gewiß auch nicht, Laß sie dabei der Führung Les Herrn Srminardirek- tors Tr Seyfert folgte, der als Vorkämpfer der Schulreiorm seine allgemein anerkannten Verdienste hat. Also abwartcn! Die Verjüngung ü-r Mmee unö -ss KüiMhrs-es rennst. Die llcbcralterung des Osfizierkorps der Armee hat in Len letzten Jahren bedenklich zu genommen. Hauptleute, die init fast 10 Iah - renersteineKompanie erhalten und Stabs offiziere, die mit 50 Jahren noch kein Bataillon haben, sind leine Seltenheit. Es ist klar, daß unter diesen Verhältnissen nur noch „Springer", die durch den Generalstab oder die Adjutantur gegangen sind, in dis wirklichen Führer st eilen gelangen können. Vom höheren Truppcnkommandeur wird heutzutage eine so vielseitig- und anstrengende Tätigkeit verlangt, daß nur Offiziere mit festester Gesundheit und in nicht zu vorgeschrittenem Lebens alter den Anforderungen gewachsen sein können. Die große Masse aller Regimentskommandeure erreicht aber jetzt erst um die Äkitie der 50 herum diese ver antwortungsvolle Dienststellung. Eine Verjüngung des Lffizierkorps ist daher dringend geboten, wollen wir unssre Führer auf der Höhe der Zeit erhalten. Der Kaiser und die Heeresleitung sind daher — wie die „Mil.-pol. Korrespondenz" erfährt — gewillt, eine durchgreifende Verjüngung allmählich durchzufllhren. So sollen von jetzt an nur noch solche Generale zu Divisions kommandeuren ernannt werden, die das 56. Lebensjahr nicht überschritten haben. Um die geplante Verjüngung bald zu beginnen, wird das Frühjahrsreviremenr in den höheren Kommando stellen der Armee diesmal besonders stark sein. Eine Armeeinspektion und drei Armee korps werden neue Führer erhalten. Von den 12 ältesten Divisionskommandeuren wer den allein die Generalleutnants Scholtz in Frank furt a. M.. v. Below (1. Garde-Division) und v. Cündell in Hannover im aktiven Truvpendienst verbleiben. Die übrigen neun Divisionen werden neubesetzt werden. Ferner ist, z. T. bereits vor Schluß des alten Jahres, der „blaue Brief" erlassen worden an 16 Brigadegenerele der Infanterie und je 8 der Kavallerie und Feldartillerie. Im ganzen wer den also noch an über 30 Generalmajore bis zum 22. März in Pension gehen. Dieser immerhin erhebliche Wechsel in den höhe ren Stellen wird sich jedoch für die unteren Dienstgrade verhältnismäßig wenig bemerkbar machen und kann das dort völlig ins Stocken ge ratene Avancement nicht genügend in Fluh bringen. Deshalb ist man weiter entschlossen, auch eine größere Anzahl Stabsoffiziere und ältere Haupt leute und Rittmeister zu pensionieren. Daß eine solche Maßregel von dem Kaiser, der sie verordnet, selbst als sehr schmerzlich empfunden wird, zeigt sein Brief, den er an den Herzog von Cambridge richtete, als dieser seiner Stellung als Oberkomman dierender der englischen Armee enthoben wurde. Es heißt darin: „Es ist er böseste und schrecklichste Augenblick im Leben eines Soldaten, wenn er den Dienst verlassen muß, den er wert gehalten hat." Gegen die Interessen der Schlagfertigkeit unseres Heeres müßen aber alle Sentiments zurückstehen. war und fast die halbe Welt durchzog, mußte gerade am Rhein einen Landsmann kennen und lieben lernen! Sie wissen doch, daß Jugenio der Neffe Friedrich Gerhardos', des Kompagnons meines Vaters, ist?" „Ja —". murmelte Kamillo. „Ich kenne Jugenio sehr gut —" „Nun sehen Sie, wie komisch! Nie habe ich weder Jugenio noch seinen Bruder Alexander auf San Marina gesehen. Als ich ein Kind war, befanden sich die beiden bereits in den Gymnasien zu Athen und später auf der Universität; als sie dann nach voll endeter Studienzeit nach San Marina zurückkehrten, war ich mit Mama bereits fort, für immer. Ich kenne Alexander Gerhardos, den Bruder Jugenios, meinen künftigen Schwager, gar nicht." „Und — Jugenio —? Wie kam es — ?" fragte der junge Schiffsleutnant mühsam. „Eigentlich sehr einfach. Sie wißen, daß sein Vater ein Deutscher, seine Mutter eine Korfiotin war? Nun, sein Vater besaß zusammen mit seinem Bruder Gerhardus — oder Gerhardos, wie man ihn auf der Insel nennt — ein Gut in Westfalen, das von der Schwester der beiden bewirtschaftet wurde. Die Schwester starb, und bald darauf verloren Jugenio und Alexander ihren Vater. Da entschloß sich Friedrich Gerhardus, das Gut zu verkaufen und sandte seinen Neffen Jugenio nach Deutschland, um den Verkauf zu besorgen. Nachdem dies geschehen, bereiste Jugenio einen großen Teil Deutschlands und kam auch an den Rhein. Wir befanden uns damals gerade bei Mamas Eltern in Köln, und Jugenio ver kehrte im Hause einer Familie, mit der wir innig be freundet waren. Bei einem „Jour" sahen wir uns Las erstemal —" „Und er verliebte sich natürlich gleich in Sie!" stieß Kamillo hervor. Elena errötete. „Unsere Gespräche über meinen Vater, über Griechenland und San Marina brachten uns rasch näher, denn wenn ich auch mit meinem Denken und Fühlen deutsch geworden bin, waren mir die Erinnerungen an das Land, wo ich meine Kind heit verlebte, doch lieb und wert. Wir fanden gleich so viele Berührungspunkte —" „Und er ließ nichts unversucht, Ihre Liebe zu ge winnen, er umgarnte Sie —" „Ach. das hatte er nicht nötig!" erwiderte Elena mit einem entzückenden, glückseligen Lächeln, das ihre ganze Zärtlichkeit und Bewunderung für den Ge liebten verriet. Kamillo senkte seinen Kopf, verschluckte ein bitteres Wort und sagte dann: „Das war vor zwei Jahren? Warum — sind Sic — noch nicht vermählt mit Jugenio, da da Sie ihn so sehr lieben?" Die Beantwortung dieser Frage schien Elena schmerzlich und peinlich zu sein: Kamillo merkte es, aber trotzdem wiederholte er: „Warum. Elena?" „Mama hatte eine ja, eine mir un ¬ faßliche Abneigung gegen ihn. An dem Tage, wo Jugenio sie um meine Hand bat, schlug sie es ihm rundweg ab." „Weshalb?" „Sie hat es nie motiviert, ich fühlte bloß ihre Ab neigung. Jugenio war in Köln der Liebling aller; Mama zu gewinnen, war er nicht imstande." „So hatten Sie sich also heimlich mit ihm ver lobt?" „Ja. Und wir schwuren einander zu, so lange zu warten, bis Mamas Widerstand gebrochen sein würde. Aber sie blieb unbeugsam, und ich habe Jugenio wäh rend der zwei Jahre unseres Verlobtseins nur vier mal gesehen." „Heimlich?" „Ja", bekannte sie errötend. „Es ging nicht anders. Er kam nach Rom, ein nächstes Mal nach Sylt, wo wir den Sommer verbrachten, und zuletzt nach Capri — wenige Wochen vor Mamas Tode." „Dieser Widerstand Ihrer Mutter ist mir eigent lich unbegreiflich", warf Kamillo in tiefem Sinnen ein. „Ich wundere mich bloß, daß Sie nach dem Tode Ihrer Mutter nicht zu Jugenio geeilt sind und dort Trost gesucht haben!" „Hätte ihn Mama geliebt, wäre es mein erstes gewesen, aber so würde es mir wie ein Verrat, ja, wie eine Art Triumph über di« Tote erschienen sein, gerade zu ihm zu gehen. Glauben Sie mir, daß ich selbst jetzt noch ein dumpfes Gefühl des Unrechts mit mir Herumtrage, daß ich es wie eine Pietätlosigkeit empfinde. gerade nach San Marina zu meinem Vater und zu Jugenio zu gehen." „Ihr Zartgefühl ist rührend", sagte Kamillo. „In des könnte und würde Ihnen selbst Ibre Mutter keinen Vorwurf machen, denn nichts ist natürlicher als das. was Sie im Begriffe sind zu tun. Es ist ein ewiges Gesetz, daß der Lebende den Toten besiegt." „Ihre Worte tun mir so wohl, mein Freund!" rief Elena warm. „Reichen Sie mir die Hand und ver sprechen Sie mir, daß Sie es möglich machen werden, zu meiner Hochzeit nach San Marina zu kommen!" Sie hielt seine Rechte gefaßt; sie fühlte, daß Liese Königlich preutzilches Lsnäesökonllmiekollegium. In der Freitagsitzung sprach zunächst Professor Dr. L. Sering über die Politik der Grund besitz Verteilung in den Weltreichen. Er hebt lfervor, daß Deutschland sich darauf an gewiesen sicht, auf einer Fläche, ö/, so groß wie der ^taat Texas, einer Bevölkerung von 65 Millionen mit einem Naclstvuchs von 8—900 000 jährlich nicht bloß Unterhalt zu verschaffen, sondern auch die Grundlage der Unabhängigkeit zu erhalten. Wollen wir unseren Rang unter den Völkern behaupten, so muß nicht nur der einzelne mehr leisten als hie Bewohner jener Riesenreiche, sondern wir müssen uns eine wirtschaftliche, soziale und politische Orga nisation schaffen, die jeder anderen ebenbürtig ist. ^Beifall.) Redner beleuchtet die Grundlagen der amerikanischen, kanadischen, russischen und englischen Agrarpolitik und verweist insbesondere aus die großen Erfolge der englischen Agrarpolitik in Irland. Er empfiehlt, die Domänen in viel höherem Grade als bisher für Ansiedelungszwecke nutz bar zu machen. Eine großzügige Kolonisation habe bisher nur in Posen und Wcstpreußen stattgefunden, aber die Ansiedelungskommission zehre an ihrem älte ren Besitzstand, sie verkaufe mehr Land als sie er- werbe. Die Fideikommißgründung be dürfe lest er Regelung und Einschrän kung. Redner empfiehlt zum Schlüsse die Wieder aufnahme eines vom Landesökonomiekollegium vor 2 Jahren gefaßten Beschlusses, der von der Staats regierung eine energische Initiative zur Ver mehrung des kleineren und mittleren Besitzes in Gegenden mit abnehmender oder still stehender Bevölkerung fordert (Lebhafter Beifall.) lieber den Stand und die Entwickelung der bäuerlichen Besitzklassen in den skandinavischen Ländern sprach Tr. Fro st- Christiania: Große Gebiete mit großen Gütern nach ostelbischen Begriffen seien in Skandinavien nicht vorhanden. In Dänemark ist noch etwa >/ro dcS Landes in Händen des Adels, aber in allen dr« nordischen Staaten geht die Grundherrschast in der Entwicklung zurück, neue Fideikommisse sind verboten. Das Schwergewicht liegt im Bauernstand, der wirt schaftlich, politisch und sozial das Lebensmark der nordischen Völker ist. In allen drei Ländern wird die Besiedelung des OeblandeS durch den Staat und durch Vereine viel gefördert. (Beifall.) In der Debatte bezeichnet Freiherr von Wangenheim die Bildung neuer Fidei,- ko mmis s e als einen Luxus, der möglichst ein geschränkt werden müsse. — Professor Dr. Serina gibt seiner Freude über diese Zustimmung Ausdruck. Zum nächsten Punkt der Tagesordnung, Maß nahmen zur Besserung der L'and- arbeiterverhältnisse begründet Ritterguts besitzer Freiherr v. Marenhölp einen Antrag, der die Förderung des Arbeitsnachweises für in ländische Arbeiter bezweckt. Der Ausbau dieses Ar beitsnachweises diene zugleich der Bekämpfung der Landflucht und somit der sozialen Fürsorge. Graf Rantzau wendet sich gegen die paritä tischen Arbeitsnachweise. Geh. Obcrregierungsrat Freiherr von Fal ken Hausen aus dem Landwirtschaftsministerium erklärt, daß die Regierung gerne den Interessen der Landwirtschaft bei der Arbeiterbeschasfung nach kommen wolle. Noch sind besondere Mittel nicht ein gestellt, im nächsten Etat soll das nachgeholt werden. zitterte, sie sah sein todbleiches, fassungsloses Antlitz. I seine verstörten Augen und den stummen, blassen Mund, der vergebens nach einer Antwort rang. Da erstarb auch ihr Lächeln, erschrocken blickte sie ihn an, eine seltsame Beklommenheit legte sich um die Brust, und sie stotterte: „Was —, ja, sagen Sie —, was haben Sie — Sie sehen krank aus, Kamillo?" „Ich könnte Sie ja jetzt belügen, Elena —. ich könnte eine Ausflucht gebrauchen, aber wozu?" er widerte er langsam. „Da Sie so aufrichtig waren, , will ich es auch sein, wir sind ja alte Freunde. Ich werde nicht zu Ihrer Hochzeit kommen." „Mein Gott, wie Sie das sagen! Weshalb nicht?" „Diese Antwort schenken Sie ntst. Elena!" „Oh — auch Sie hassen Jugenio?" rief Elena er bleichend. „Ich habe ihn nie geliebt — es ist auch möglich, daß ich ihn hasse." In diesem Augenblick schob sich ein« weibliche Ge stalt durch ein« der Türen in den Speisesaal. Sie «war weit über die V:«rzig, klein, mager, ihre Toi lette von tadelloser Eleganz, aber auf ihrem Kopf saß ein so winzig kleines, englisches Strohhütchen mit weißem Schleier, daß es schien, als wollte seine Besitzerin allen Humor, der ihr im Leben fehlte, durch diese Kopfbedeckung roettmachen. Wie ver steinert blieb sie stehen, als sie Elena und den Mn- rinec ffizier gewahrte, und es war, als ob sie der An blick des jungen Mannes in einen ungeheuren Zwie spalt der Gefühl« stürzte, denn anfangs streckte sie ihm die Hand entgegen, dann versucht« sie ein süß- saures Lächeln, dann zog sie ihr Gesicht rasch wieder in finstere und nicht gerade wenig« Falten, und schließlich rief sie mit unsicherer Stimme: „Sind Sie es denn wirklich, Herr Kamillo?" Und auf ihrem Gesicht stand es mit nicht mißM- verstehenden Lettern geschrieben, daß weder die Jahre noch seine Uniform imstande waren, sie all« di« zahllosen bösen Streiche vergessen zu mache«, deren Opfer fie auf San Marina, al, Elenas Go» vernante und spätere Gesellschafterin der Frau Pall«» strazzi, gewesen. Dieser „entsetzliche" Kamillo vo« einst, der fie verhöhnt, geärgert, zur DerzweiflunG gebracht, erschien ihr in diesem Augenblick wie ein böses Omen auf ihrer Fahrt nach San Marina, und fie gab diesem Gedanken sogleich Ausdruck. (Fortsetzung in der Morgenausgabe.)
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