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57. Jahrgang. HL 198. Bezugs-Gebühr »»rikljähll. >i>r Dir». d»n d»t lögnq zwei- maliger Zuiragungian Sonn- und Moulage» nur «lnma» 2,üv M., durch uuewarlig» »om- mWonllre di»:!,»« M. Bei »tnmaliger z,u- ftellung durch die Post N M «ohne Besiellgeidj. Au » land: Oester reich-Ungarn b,«I> Nr., Schweiz »,«» grk«., Italien 7,17 Lire, Nachdruck nur mit drutUchrr 0ucN«n- an.ab« «„Dresdner Nachr,->zu>Wg, - Un- »eriangi« Manustripie werd.ntchiaujdewahrl. Telegramm-Adresse: Nachrichten Dresden. Fernsprecher: II » 2üst<i » 3V01. Sonntag. Lü. Juli ISIS. Kogvünöot 1858 Druck und Verlag von Liepsch L.' Reichardt in Dresden. kii>W kainsclimecker: Oie „vrssclnsr ^acliricßilsn" ke/.ielit man in »Ml« I »t. Wl«, r «ui rnorgOrrs unck »berrcls äurcii Lai-I ^A8eIio>l1, King8ii-3lj6 23 q. , fonl/sn/^- L/ioco/scke > /?sdm- 5/iocokscke/(-reTsfel ^ S/'/'ket'- Lstocolscks 1 Oscso /ne tzr ikg. osLser»/- xee Lsekon Lore 2,zo hi. 2. 3 u.- hi, Anzrigen-Tints. VI,»nähme von Anlün- digungen di» nachm A Uhr. Eonnlogh nur Morienstrah, ltü van N di» Uhr. 7 ,k emipaliige Ietle <tlu>a K LNben» »0 P« . dl, zwi-ktpaHig, Ieile uitf 2,iis,iie 70 Pf., die zweiipali. VieklameieUe l.ko M.. Familien. Viachrichlen aus Dre»« den die einspali. ,fei!e 2K Pf. — In Nun», »nein nach Sonn und Hetertagen erhöhter Tarif. — Aurwarlige Aufträge nur gegen VorauLdezahlung Jedes LKIcAtrlau 10 Pj. Hauptgeschäfts st rlle: Marirnstraßc 28 4t». !,ams)en aller?fri ööiime L kennen Vizetor-tsstr-rrks s. Tslspkor, 463?. g tz ö>?c IuennLU8 ^ Oi-cvr koaiifainor ckvutse-kpr unci en^liKolior Knrug-, NvSvn-, I^slvtot- unci Wvstvnstoffv iu ailcm mciciornou tz'urbov unck I'rimn-kjuniitLtvn. irill»r«>tll« I»«, ttnnk«» ^ >i< I»« . Us«i1«rint»t I«<; kür königlich ldüct>8i8cl>6 unck tt«»»1« IIvi ui»»» !'ür8« l« I 8vdekle!8fr388k 19 21 tnauöL»). ALri? erlrgo <Lefo^. Mutmaßliche Witterung: Südwestwind, aufklarend, wärmer, trvcten, Gewitterneigung. Die Ernennung des Herrn Geh. Negicrungsrates Tr. Krug v- Nidda zum K r c i s h a u p t m a n n von Dres den ist nunmehr erfolgt. Der neue Ärcishauptmann tritt sein Amt am I. Oktober an. Die französische D e p » t i c r t c » k a m m c r nahm einen Zusntzartikel an, wonach die Jahrgänge 1910, 1911 und >912 n u r zwei Jahre zu dienen haben. Die Vorbereitungen für den deutsch-russischen -Handelsvertrag haben in letzter Zeit in Petersburg weitere Fortschritte gemacht. Die bulgarischen Greneltatcn veranlaßtcn den Magi strat von Athen, die Stadt Berlin um Protest gegen die Greuel zu bitten. Nntcrrichtetc Kousiautinopelcr Kreise erklären, die vor A d r i a n v p e l augelangtcn Truppen wurden sich dort in .den vorgeschobenen Stellungen verschan zen, um jeden Angriff znrückznwcisen. Die Pforte lehnte den bulgarischen Vor schlag, den Ergeneflus; als türkisch-bulgarische Grenze sestzusetzen, ab, weil es dazu jetzt zu spät sei. Eine rumänische Kavallerie-Division nahm eine Bri gade der 9. bulgarischen Division gefangen. Nach serbischen Meldungen sandte die bulgarische Kriegsverwaltung am Freitag 7000 Manu frischer Truppen nach der Linie K ii st e n d i l-D u b n i tz a. Rumänien will Sofia zunächst nicht besetzen. In Südafrika wird ein Generalstreik der Eisenbahner und Bergleute befürchtet. Unterstützen wir Sesterreich gegen Rußland? Die neuen Ereignisse auf dem Balkan haben die alte R ivalitüt z w i s ch e n N u si l a n d und Oesterreich- Ungarn, die manchem bereits überwunden schien, von neuem aufleben lassen. Es ist kein Zweifel, dasi die Donaumonarchie bei diesem Ringen ins Hintertref fen geraten ist, und das, der russische Einslus, zur zeit aus der ganzen Ralkanhalbiuscl dominiert. Es ist schon an dieser Stelle nngedcntet worden, das, nur eine entschlossene Abkehr von den Grundsätzen einer überspannten Prestige-Politik die Doppelmonarchic vor weiterem Verlust an Ansehen und Macht retten, ihr diejenige Stellung als Balkanmacht wieder versclnFscu kann, die ihr zukommt. Es wird nötig sein, das; man im Wiener Auswärtigen Amte die gemachten Fehler cinsieht und, anstatt die slawischen Vakkanstaatcn gegeneinander auszuspielen, nur denjenigen Staat wirklich unterstützt, der in seiner Eigenart der zuverlässigste Faktor sür den Balkan- sriedcn ist. Rumänien. Vorläufig scheint man allerdings am Ballhausplatz von der richtigen Einsicht noch wci« entfernt zu sein, wie wäre cs sonst möglich, dast Graf Berchtold in einem Blatte, das in vorzüglicher Fühlung mit Sen leitenden Staatsmännern in Oesterreich steht, also auch in diesem Falle richtig unterrichtet sein musi, der deutschen Poli tik den Vorwurf ungenügender Unter- st ii tzung in den Schwierigkeiten der Balkanpolitik macht und sich über das Schwergewicht beklagt, das Deutsch lands Friedensliebe sür die österreichische Aktionslust be deute. Graf Berchtold hat wahrhaftig keine Ursache, sich über mangelnde Unterstützung Deutschlands in der Oricnt- krtsis zu beklagen. Die höchste verantwortliche Stelle im Deutschen Reiche hat öffentlich und unumwunden erklärt, das, wir Oesterreich unterstützen würden, wenn eö hart auf hart käme, das, wir ihm unsere militärische Macht zstr Verfügung stellen würden, wenn es von Rußland oder seinen Trabanten im Südosten Europas angegriffen würde. Zu mehr konnten wir uns nach dem klaren Wort laut des Dreibundvcrtragcs nicht verpflichten. Zugleich haben die amtlichen deutschen Stellen in Wien keinen Zweifel darüber gelassen, dah eine aktive, über das Mas, des Notwendigen Hinausgreisende Balkanpolitik Oester reichs. die unweigerlich zu Konflikten mit Rußland führen müßte, nicht unsere Unterstützung fände, keinen 6asu» kmckaris für uns bedeutete. Auch der Kaiser als ober ster Kriegsherr hat dem österreichischen Thronfolger Erz herzog Franz Ferdinand bei seinem Besuche in Berlin Anfang November vorigen Jahres und später bei der Hos- jagd in Lctzliugen deutlich zu verstehen gegeben, wieweit die militärischen Verpflichtungen Deutschlands Oesterreich gegenüber gehen, daß Deutschland keine direkten Inter essen auf dem Balkan zu schützen habe und Oesterreich den rechten Moment zum Eingreifen verpaßt habe. In dem austro-scrbischcn Konflikt, in dem Streit um Slutari hat Oesterreich Fehler begangen und seine Zeit verpaßt. Für diese Mißgriffe sucht man jetzt in Wien die Friedensliebe der Berliner leitenden Stellen verantwortlich zu machen. Die österreichischen Staatsmänner Hütten durchaus Veranlassung, an die eigene Brust zu schlagen und ihre Tatenlosigkeit und mangelnde Entschlußkraft zu beklagen, statt Deutschland zu verdächtigen. Lediglich die -Haltlosigkeit und der Ziclzackkurs der Wiener auswürti gen Politik haben die österreichische Monarchie in die jetzige verhängnisvolle Lage gebracht. 'Niemals horte man etwas von einem festen Programm Oesterreichs in den bangen Tagen und Monaten der letzten Orient krise, niemals wurden dem Volke feste Ziele gezeigt, obwohl die Mehrheit der Bevölkerung an den wirtschaft lichen Folgen der verstärkicn Bereitschastsstcllung schwer zu tragen hatte. Die Pläne der leitenden Staatsmänner waren durchaus in Dunkel gehüllt und die Be völkerung mußte sich mit Mutmaßungen begnügen. In Wien mutzte man wissen, wo die Interessen Oesterreichs aus dem Balkan lagen und wieweit sic gingen, Berlin konnte den SknatSmünnern in Wien nicht sagen, was sie zu tun und zu lassen hatten. Unsere Negierung hatte lediglich dafür zu sorgen, daß wir nicht um solcher Interessen willen in den Krieg mit Rußland hineingczvgcn wurden, die unS direkt nichts angingcn und sie hat ihre Pflicht getan, als sic der Wiener Regierung eröffnen ließ, daß Oesterreich, falls es die fortgesetzten Reibungen bis zum Kriege mit seinen Gegnern triebe, nur auf seine eigene militärische Kraft angewiesen sei, daß aber eine solche Austragung des Konfliktes angesichts der Ueber- macht der Gegner sür die Monarchie nicht ratsam sei. Unsere Treue gegen Oesterreich steht über allem Zweifel, aber wir müssen, wie Bismarck in seinen „Gedanken und Erinnerungen" 12. Baud) so meisterhaft ausführt, dafür sorgen, daß der Weg von Berlin nach Petersburg frei bleibt. Unsere Ausgabe kann es nicht sein, den Gegensatz zwischen der Donau monarchie und dem Zarenreiche zu erweitern und zu ver tiefen, sondern „ u n s c r c b c i d e n kaiserlichen Nach barn in Frieden zu erhalte n". Nicht bloß Deutsch lands, auch Oesterreichs Iniercssen sind am besten gewahrt, wenn cs uns gelingt, „die drei Kaiserreiche einig zu er halten und den Ehrgeiz unserer beiden östlichen Nachbarn in den Orienthändcln entweder zu zügeln Die Pforte, anscheinend ermutigt durch das Reiterstücks chcn der türkischen Kavalleristen, stärkt sich selbst den Rücken. Aus Konslantinvpel liegen sehr energische Eiklärnngen türkischer Staatsmänner vor, aus denen man den Schluß! ziehen kann, das, die türkischen Truppen sich zwar nicht in, wohl aber vor Adrian vpel verschanzen w o l l c n , zu dem Zwecke, sich eine bessere, günstige geogra phische und strategische Grenze zu sichern. Man betont sogar in Koustantinopel, das, cs gleichgültig sei, ob sich dagegen Widerspruch erhebe. Auch dem bulgarischen Unterhändler gegenüber hat nach einer Konstautinvpclcr Meldung die Pforte erklärt, daß es jetzt zn spät sei, Vorschläge zu machen. Somit wäre eine Lage geschaffen, die als äußerst be drohlich angesehen werden muß, falls die leitenden tür kischen Kreise dem nun wohl bald einsetzcnden Drucke der Großmächte nicht doch noch uachgcbcn. Diese -Hoffnung kann man wohl auch immer noch haben, denn die Groß mächte besitzen mehr als einen Trumpf, um sich in Stambul Gehorsam zu verschaffen, auch muß jeder türkische Vor marsch und jeder Widerstand auf die Dauer infolge Geld mangels erlahmen. Daran wird auch die Tatsache nichts ändern, daß in der Türkei Geldsammlungen für das Heer veranstaltet werden. Die nationalen Regungen im tür kischen Volk sind ohne Zweifel anerkennenswert, aber im Interesse des allgemeinen Friedens in Europa muß drin gend die Hoffnung ausgesprochen werden, das, m Stambul noch Einsicht cinsctzt. Eine im Abendblatt veröffentlichte Nachricht, wonach ein Diplomat äußerte, ein cvcnt. Ein schreiten einer Großmacht (Rußland!) gegen die Türkei müsse den europäischen Krieg zur Folge haben, gibt oder in beiderseitiger Verständigung zu befriedigen". Tie Existenz beider Mächte ist sür uns unentbehrlich, daher ist auch das Einvernehmen mir beiden eine Sache der politischen Notwendigkeit und Klugheit. Bismarck hat bei Begründung des Bündnisses und auch später niemals daran gedacht, sich als Vorspann sür abeuteucrhaste Pläne oder spezifische Futcresseu Oesterreichs aus dem Balkan be nutzen zu lassen, und er hat bis zum Ende seiner Kanzler schaft immer darauf gehalten, das; die „Brücke nach Petersburg" nicht abgebrochen werde. Wenn er in seinem hintcrlasscncn Werke sagt: „Es ist nicht die Aus gabe des Deutschen Reiches, seine Untertanen mit Gut und Blut zur Verwirklich u n g von nachbar lichen Wünschen herznlcihen. Tie Erhaltung der österreichisch-ungarischen Monarchie als einer unabhängi gen Großmacht ist sür Deutschland ein Bedürfnis des Gleichgewichtes in Europa, sür das der Friede des Landes bei eintrctcnder Notwendigkeit mit gutem Gewissen eingesetzt werden kann. Man sollte sich jedoch in Wien enthalten, über diese Assekuranz hinaus Ansprüche aus dem Bündnisse herlciten zu wollen, sür die es nicht ge schaffen ist", dann haben diese Worte, die auf Grund der Erfahrungen des Krimkricgcs und des russisch-türkischen Krieges von 1877/78 geschrieben wurden, heute genau den selben Wert wie zur Zeit ihrer Abfassung. Der Vorteil, daß Deutschland in orientalischen Konflikten die um ge ringsten interessierte Macht ist, kann ihm und der ganzen Welt um so besser zustatten kommen, je länger es seinen Einsatz zurückhält, auch wenn dieser Vorteil nur in längerem Genüsse des Friedens bestünde. Deutschland hat der verbündeten Monarchie einen größeren Dienst er wiesen dadurch, das, cs ihr Ungestüm mäßigte und zum Frieden und zur Verständigung riet, als wenn es rück sichtslos den Kaiserslaat unterstützte und damit den russi schen Krieg nud den Wcltbrand heraufbeschwor. Zu dieser auch sür Oesterreich einzig zuträglichen Linie haben wir uns nach vielen Fährnissen glücklich zurückgesunden, sie wird nach Potsdam und Berlin auch die Richtlinie der Zukunft für unS sein. Penn die Petersburger Meldung wahr ist, das; Ruß land aus eigener Initiative zu einer Annäherung und V e r st ä n d i g u n g mit Oesterreich-Ungarn die Hand bieten und so auch den Gegensatz, der die Wurzel vieler Konflikte aus dem Balkan ist, mildern und in weite rer Zukunft beseitigen will, und wenn weiter Oesterreich in die dargcbotcnc Hand einschlägt, dann wird das nie mand mehr begrüßen als das deutsche Volk. Graf Berch- tolö aber wird dann erfahren, daß auch seine Monarchie von dem „Schwergewicht" profitiert, das Deutschland durch seine Friedensliebe in die Wagschalc geworfen hat. sehr viel zu denken. Man kann deshalb nur den Wunsch haben, daß die Einigkeit der Großmächte, die sich im ersten Teil des Balkaukriegcs so gut bewährt hat, erhalten bleibt, mag diese oder jene Großmacht auch noch so große Austrenguugeu machen, jetzt Privatgeschäfte zu betreiben. * Die Ansicht in Konstantinopel. Wie zu dem Eintreffen türkischer Kavallerie vor Adrianopel au unterrichteter Stelle in Koustantinopel er klärt wird, hat die Regierung im Augenblicke kaum die Absicht, Adrianvpel zu besetzen oder gar zu behalten: sie sei aber scst entschlossen, sich eine starke vorgescho bene günstige geographische und st rategi- s ch e G r e » z c zu sichern, gleichgültig, ob sich dagegen Widerspruch erheben sollte. Europa sei nach der in Kon- stantinopcl herrschenden Ansicht durch die Londoner Frie- dcnöverhandlnngen lediglich die Rolle des Vermittlers zugcsallen. Was damals zustandckam, sei durch den darauffolgenden Krieg null nud nichtig geworden. Die Türkei halte sich heute wieder für ebenso frei, wie vor den Friedciiüvcrhandlungcn, und werde daraus die Fol gerungen ziehen. Sic fordere nur die gleiche Behand lung. wie sic den Alliierten von den Großmächten zuteil wurde. Spätestens im Lause des Sonntags werden In fanterie und Kavallerie in die vorgeschobenen Stellungen vor A d r i a n o p c l e i n g c r ü ck t sein und sich dort verschanzen, um jeden Angriff energisch zurückwciscn zu könne«. Die Türken bleiben vor Adrianopel.