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Nr. 20. Friedrich Georg Wieck s 1804. v. Neuillindzwailzigstcr ^llhlgllNss. Zu beziehen durch alle Buchhandlungen und Postämter. Wöchentlich ein Süsiell Herausgegeben von vr. Otto Dammer Anwendung des überhitzten Dampfes. Von Prost Or. H. Schwarz. Wird Wasser unter dem mittleren Drucke der Lust, beim Stande des Barometers von 760 Millimeter in metallenen Gefäßen erhitzt, so verwanden es sich in Dampf von 100" C., und zwar produzirt dabei ein Raumtheil z. B. ein Liter Wasser 1700 Raumtbeile ge sättigten Dampf von einer Atmosphäre Spannung. Wird das Wasser statt in einem offenen Gefäße in einem ge schloffenen Kessel mit hinreichend starken, widerstandsfähigen Wan dungen erhitzt, so- nimmt der erzeugte Dampf darin allmälig eine höhere Spannung, gleichzeitig aber auch eine höhere Temperatur an. Ein Raumtheil Wasser giebt dabei z. B.^-^—----- 850 Raumtheile Dampf von 2 Atmosphären Spannung, der eine Quecksilbersäule von 2 x 760 — 1520 Millimeter Höhe tragen kann, oder der auf die einschließenden Kesselwandungen, auf den Kolben der Dampf maschine mit einem Drucke wirkt, der für den Quadratzoll 2x14 — 28 Zollpfund beträgt. Dabei zeigt sich die Temperatur desselben aus 121,40 erhöht. Bei 3 Atmosphären Druck steigt die Tempe ratur auf 135,1 u. s. f- Bei 50 Atmosphären Spannung wird eine Temperatur des Dampfes von 266 " C. erreicht. Um dem Dampfe diese Temperatur zu geben, ist natürlich ein Kessel von ungemein großer Festigkeit nothwendig, eine Schwierigkeit, die sich bei größeren Apparaten zum Fabrikbetriebe kaum überwinde» läßt. Jedenfalls würde ein solcher Kessel große Gefahren der Explosion darbicten. Um Dampf von so hoher Temperatur zu erzielen, giebt es aber noch einen anderen, viel einfacheren Weg. 3u dem gewöhnlichen Dampfkessel steht der erzeugte Dampf mit überschüssigem Wasser in Berührung. Schließe ich die Ausströmungsöffnungen desselben ab, und fahre fort zu feuern, so verdampft in dem Dampfraum, der viel- leicht 1700 Liter Dampf, das Produkt eines Liters Wasser, halten kann, noch der Dampf eines zweiten, dritten Liters u. s- s. hinein, eS tritt die höhere Spannung und damit die höhere Temperatur ein. Ich kann aber auch den Wasserdampf von gewöhnlicher Span nung vom Wasser isoliren, ich kann ihn continuirlich in ein Rohr ab- oder durch das Rohr leiten, und wenn ich dann dieses Rohr er- Hitze, so theile ich dem Dampf von einer Atmosphäre Spannung ebenso überschüssige Wärme mit, als wenn Luft oder irgend ein ! anderes Gas in diesem glühenden Rohre enthalten wäre. Diesen ! isolirten und nachträglich erhitzten Dampf nennt man überhitzten Damp f. Im Wesentlichen verhält er sich wie ein erhitztes GaS, nur daß er verhältnißmäßig eine größere Wärmemenge ausnimmt, indem seine lpcz. Wärme 0,450 größer ist, als die der übrigen Gase. Gleich der Luft und den anderen Gasen dehnt sich der Dampf beim Erhitzen aus. Er vergrößert sein Volumen, falls er sich frei auSbchncu kann; es steigt seine Spannung, der Druck gegen die einschließcndcn Wände, falls die Ausdehnung verhindert wird. Dabei folgt er freilich Hauz anderen Gesetzen, als wir oben bei dem mit Wasser in Bcrübrung stehenden gesättigtem Dampfe angegeben haben. Während bei diesem eine Tcmperatursteigerung um 21,40 C., von 100 auf 121,4" C., einer doppelt so großen Spannung entspricht, schließt sich der über hitzte Dampf mehr den Gasen an, bei denen nach Gay-Luffac's und Dalton's Untersuchungen eine Temperatursteigerung von 1" C. nur eine Volumen- resp. Spannungsvermehrung von 0,00375 bemerkt, obige Tcmpcraturdifferenz daher nur einer Vermehrung des Volumens von 1 auf 1,07925 entspricht. Nach älteren Untersuchungen von Siemens scheint es, als ob die Ausdehnung des Wasscrdampfes beim Ueberhitzen, wenigstens bei wenig über dem Siedepunkt liegenden Temperaturen bedeutend größer sei, als bei der Luft. Dampf von 100O C., der ans 110" C. überhitzt wird, soll sich 5mal stärker aus- dehnen, als Luft bet derselben Temperaturdifferenz, während bet 188" F Ausdehnung' nur noch das Doppelte von der der Luft beträgt. Um uns hier nicht auf speziellere Untersuchungen einzulassc», konstatiren wir also, daß sich der Dampf beim Erhitzen analog den übrigen Gasen ausdebnt. Der überhitzte Dampf hat in der In dustrie hauptsächlich nach zwei Richtungen hin, nämlich zur Erzeugung mechanischer Kraft und als WärmeübertragungSmittcl Anwendung gefunden, demnach zu denselben Zwecken, zu denen auch der gewöhn liche gesättigte Dampf verwendet wird. Was nun die Anwendung zur Gewinnung mechanischer Kraft ! «»belangt, so war es hauptsächlich folgende Betrachtung, welche die Uebcrhitzung des Dampfes in Anregung brachte. Bei den Dampfmaschinen, welche mit gewöhnlichem Dampfe be trieben werden, wird nur ein relativ sehr kleiner Thcil der durch die Verbrennung der Kohlen erzeugten Wärme in mechanische Kraft nm- gesetzt. Bei den anerkannt besten Dampfmaschinen, den Cornwalliser Dampfqrubenpumptn, die mit hochgespanntem Dampf, starker Ex pansion und Eo-der.salioa arbeiten, werden nur 7 der erzeugten