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t.Vcrcv«. Mr Herausgegeben von vr. Otto Dammer k'. Die Uhrenfabritatioil iu Deutschland und einigen anderen Ländern. I. Die Uhren der alten Griechen und Römer. Die Ubren-Ersiiidungen des ! Mittelalters. Die heutige Uhrenfabrik»!!»». «Fortsetzung.) Man hat nun vor Allem zu unterscheiden Schlaguhren und Taschenuhren, da die Erfindung der letzteren feststehend iu eine weit spätere Zeit fällt. Manche erzählen, Papst Paul I. habe dem König Pipin schon 760 eine Räderuhr geschenkt. Manche nennen den Prie ster Pacifius in Verona fum die Mitte des 9. Jahrhunderts), Andere wieder Gerbert, den nachmaligen Papst Sylvester II. (gestorben 1003). Erst im 12. Jahrhundert fing man in den Klöstern an, ! Schlaguhren mit Räderwerk zu gebrauchen. Im 13. Jahrhundert , soll Sultan Saladin dem Kaiser Friedrich II. eine solche Uhr mit Gewichten und Rädern zum Geschenk gemacht haben nnd daher rührt die Vermuthung, die Sarazenen seien die eigentlichen Erfinderder Gewichtuhren und diese seien erst durch die Kreuzzüge nach Europa gekommen. Dante erwähnt ausdrücklich der Schlaguhren, so daß die selben demnach schon zu Ende des 13. Jahrhunderts in Italien be- kannt gewesen sein müssen. Im Jahre 1288 erhielt ein englischer Mechaniker ein Privilegium für die Verfertigung einer Uhr am Thurm der Westminsterhalle, doch wurden die Tburmuhren erst im 14. Jahr hundert allgemeiner. Berühmt waren in den ältesten Zeiten Thurm uhren zu Bologna, Straßburg, Courtrai, Speierrc., berühmte Meister Jakob Dondi zu Padua und in Deutschland Heinrich von Wyck. Die ersten Taschenuhren soll der Nürnberger Peter Hele (um das Jahr 1500) gemacht haben, wofür auch der Umstand spricht, daß man sie „Nürnberger Eier" nannte. Die erste Pendeluhr aber soll Huyghens noch vor dem Jahre 1658, nach Behauptung der Eng länder wiederum Richard Harrig im Jahre 1641 verfertigt haben, während sie die Erfindung der Spiralfeder dem Physiker Robert Hoke zuichreiben, Andere auch hierfür Huvghens nennen und die Er findung um das Jahr 1670 setzen. Die Repetiruhren erfand Bar low in London im Jahre 1676. Der Schöpfer der Chronometrie oder der Kunst, sehr genaue tragbare Uhren zur Bestimmung der geographischen Länge zu verfertigen, ist der Engländer Harrison, der 1776 starb. Die flache Cvlinderuhr erfand Lepine, die Ankeruhr Leroy. Hinsichtlich brr älteren Zeit gehen die Angaben ungemein aus einander. Die einzelnen Nationen machen sich auch gegenseitig die Ehre der Priorität der Erfindung streitig, wie dies so oft bei Er findungen der Fall ist. Seitdem hat sich die Uhrmacherei ungemein vervollkommnet und fast jedes Jahrzehnt weist neue Entwickelungs phasen auf. Berühmt geworden in Deutschland und auf allen Hauptmärkten der Erde sind die Schwarzwälder Uhren mit tausendfachen Arten von Gehäusen und Vorrichtungen, wie Wecker, Schlagwerk, Spielwerk, Kukuk rc. rc. Man macht zwar auch auf dem Eichsfelde, im thüringer Walde und im sächsischen Erzgebirge Wanduhren, aber cs haben diese Fabrikationsorte bei weitem nicht die Entwickelung und Be rühmtheit erlangt, wie der Schwarzwald, sie setzen ihre Fabrikate meist nnr in der Umgegend ab, während die des Schwarzwaldcs in alle Welt wandern. Das Alter der Schwarzwälder Uhrenfabrikation geht bis zum Jahre 1683 zurück Heutzutage hat sich die Uhrenmacherei zwar nur theilweise zum fabrikmäßigen Betriebe umgestaltet, dagegen zu einer sehr vollständigen Arbeitstheilung durchgebildet, so daß so ziemlich ein jeder Arbeiter seinen ganz besonderen einzelnen Theil an der Uhr ausschließlich macht und besondere Zusammensetzer für die Fertig- machung der Uhren da sind. Man hat Schildbretmacher, Schild dreher, Schildmalcr, Gießer von Uhrglocken und Uhrrädern, Trieb- sedcrmacher, Kettenmacher, Uhrgestellmacher, Uhrräderdreher, Holz uhrmacher rc. Der Uhrmacher, der sie znsammcnsetzt, verkauft sie dutzendweise an den Händler. Den Verkauf besorgen Spediteure, sogenannte Packer, welche die Uhren an die Hauptagentcn in Straß- bürg, Frankfurt a. M., Kehl, Ulm, sowie an die Menge Reisende schicken, welche für das Geschäft thätig sind, und zwar in allen Län- dern, selbst in Ostindien. Wir kommen im zweiten Artikel auf diesen hochentwickelten Industriezweig besonders zurück. In Frankreich, England und Nordamerika werden die meisten Schwarzwälder Uhren verkauft. Die Preise sind theilweise unglaublich billig, der Schwarz wald fertigt von der kleinen Wanduhr zu 25 Groschen an dis zur größten Spieluhr für den englischen Markt zu 15,000 Gulden. Für die besseren Haushaltungen werden die Ltutzuhren, „Stock uhren", „Kabinctsuhren", gefertigt und besonders auf Eleganz der Gehäuse gesehen, deren Arbeit meist theurer ist als daS Uhrwerk selbst. P.nis liefert allein jährlich mehr als 5000 feine Stockuhren, in Deutschland hat Wien eine sehr entwickelte Fabrikation in der Branche, es liefert nach einer ungefähren Schätzung jährlich 1500 Stück in Kästen, 400 in Bronze, 6000 in Holz und 10,000 Nipp-