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Wochenblatt für Nr. 58 1882. Freitag, den 21. Juli - 50 - 50 Erscheint wöchentlich 2 Mal D ienstag und Freitag.) Abonnementsprris vierteljährlich 1 Mark. Eine einzelne Nummer tvstet 10 Pf. Jaseratenannahme Montags u. Donnerstags bis Mittag 12 Uhr. König!. Amtshauptmannschaft Meißen, am 14. IM 1882. I. V. Gilbert, Bez.-Ass. Bekanntmachung, Durchschnittspreise für Marschfourage betr. Von der König!. Kreishauptmannschaft zu Dresden sind die Durchschnittspreise für Marschfourage in dem Hauptmarktorte des hie sigen Bezirks, der Stadt Meißen, auf deu Monat Mai dieses Jahres folgendermaßen festgestellt worden: 8 Mark 7 Pfg. für 50 Kilo Hafer, 4 - 5 2 - 30 reichte dieses Verschwendungssystem unter dem vorigen Khedive, Is mail Pascha. Dessen Streben ging auf nichts Geringeres hinaus, als sich von der Pforte gänzlich unabhängig zu machen. Zu diesem Zweck erhöhte er die Armee, machte große Waffenbestellungen, ließ Panzer schiffe bauen re. und als er 1869 auf Betreiben des Sultans von diesem Wege abstehen mußte, versuchte er es mit Geld und erkaufte von der Pforte ein Recht nach dem andern mit schweren Summen, dabei legte er dem ohnehin schon überbürdeten Lande die schwersten Opfer durch den Bau des Suezkanals auf. Die Eröffnungsfeierlich keiten dieses Kanals ließ er sich fabelhafte Summen kosten; man spricht von 28 Millionen Thalern. Zu alledem kam noch landwirthschaftliche und handelspolitische Mißwirthschaft, Korruption an allen Ecken und Enden. Natürlich konnte unter solchen Umstünden das Land nur den geringsten Theil von dem aufbringen, was Ismail Pascha für feine Zwecke brauchte. Es wurde daher Anleihe auf Anleihe gemacht, die Suezaktien wurden verkauft, bis auch das nicht mehr ging. Das Geld bekam er größtentheils von den Engländern. Es war daher keine beneidenswerthe Erbschaft, die der jetzige Khedive antrat; sie hat sich denn auch recht bald verderblich für ihn erwiesen. Daß das Ge witter sich über seinem Haupte entladen, darf man daher nur zum Theil auf seine Unfähigkeit zurückführen. An ihm rächen sich die Sünden der Väter. Aber auch diejenigen sind mit schuldig, mittelbar wenigstens, die durch Gewährung von Anleihen an einen allbekannt verschwenderischen und nur auf fein persönliches Interesse bedachten Regenten den Ruin des Landes beschleunigen halfen, die Herren Eng länder, die jetzt mit ihrem Hausfriedensbruch dem Lande den Gnaden stoß geben. Denn wie man sieht, schlägt ihr Gewaltstreich in das gerade Gegentheil von dem um, was es bezwecken sollte. Alexandrien, jetzt ein Trümmerhafen, stände noch in seiner Pracht da, wenn dieser kopflose Eingriff unterblieben wäre. Was aber noch weiter daraus sich ergeben wird — ja diese Frage mögen die Herren Engländer sich selbst vorlegen und froh sein, wenn es überhaupt ohne ernstliche Verwicklungen für sie abgeht. Im allgemeinen Interesse kann man das nur wünschen. Admiral Seymour hat eine Bekanntmachuiia erlassen, worin er anzeigt, daß er mit Zustimmung der egyptischen Regierung die Wieder herstellung der Ordnung in Alexandrien übernommen habe. Brand stifter sollen sofort erschossen, Marodeurs verhaftet werden; es ist Niemand gestattet, die Stadt nach Sonnenuntergang zu verlassen. Am Schluffe fordert Admiral Seymour die Bevölkerung auf, sich wieder an ihre Geschäfte zu begeben. Aus London meldet man der „Pol. Korr.", daß die englischen Rüstungen, obwohl Alles zur sofortigen Beförderung von 40,000 Mann bereit ist, in ungeschwächtem Maße andauern. In den Arse nalen und auf den Werften herrscht eine ungeheure Thätigkeit, und den Matrosen der Handelsschiffe werden ansehnliche Handgelder be willigt, um sie für die Kriegsmarine anzuwerben. Die Ernte in Ungarn ist, einzelne Distrikte der nördlichen Ko- mitate ausgenommen, überall im Zuge. Weizen giebt sowohl quanti tativ als insbesondere qualitativ im Allgemeinen eine gute, im süd lichen Theile Nieder-Ungarn sogar eine ausgezeichnete Ernte. Die Roggenernte ist allgemein etwas weniger als mittelmäßig ausgefallen. Frühjahrssaaten versprechen mit wenigen Ausnahmen eine gute Mittel- ernte, im größten Theile Siebenbürgens eine sehr gute Ernte. Be hackfrüchte entwickeln sich trotz der letzthin eingetretenen Dürre schön. Weintrauben stehen fast ausnahmslos gut. Futter hat im ganzen Lande eine schwache Ernte gegeben. Nicht alle Wilden sind, wie Seume behauptet, bessere Menschen als wir „übertünchte Europäer". Die Schwarzen z. B. auf der In selgruppe der Hermits in der Südsee haben nicht nur die Kolonisten der deutschen Station beraubt und ermordet und dann deren Häuser niedergebrannt, sondern auch das deutsche Handelsschiff „Freya", das vor der Insel auf ein Korallenriff stieß und festsaß, nach allen Regeln der Kunst beschossen, nachdem sie den Kapitän, der ans Land gegangen war, ermordet hatten. Die Wilden feuerten mit den geraubten Hin terladern sehr geschickt und die deutsche Mannschaft, die alle Fracht über Bord werfen mußte, um von dem Riff abzukommen, war in großer Gefahr und hatte mehrere Verwundete undTodte. Ein deut sches Kriegsschiff wird die Schwarzen nächstens moros lehren müssen. Der Verkehr auf der Gotthardbahn gestaltet sich von Woche zu Woche bedeutender. Für den Monat Juli ist bereits eine ordentliche Steigerung der Einnahmen vorhanden und nimmt man an, daß der selbe eine Einnahme von 750,OM Franks — 3000 Franks pro Kilo- für die König!. Amtshauptmannschast zu Meißen, das König!. Amtsgericht nnd den Stadtrath zu Wilsdruff Zweiundvierzigster Jahrgang. Tagesgefchichte. Berlin. Die traurige Entwickelung, welche die orientalischen Verhältnisse genommen haben, die Wahrscheinlichkeit, daß Kompli kationen nicht unernster Art sich zwischen den Westmächten entspinnen können, die Nothwendigkeit, die Geschäfte so zu leiten, daß wir, d. h. Deutschland, unter allen Umständen von Allem, was sich auch ereignen möge, unberührt bleiben, alles dies nimmt die Arbeitskraft unserer Diplomatie in vollstem Maß in Anspruch. Wohl zu keiner Zeit ist der geschäftliche Verkehr zwischen Berlin und Varzin ein so überaus reger gewesen als gegenwärtig. Die Nachrichten, welche vom Sommer sitz des Fürsten Reichskanzlers über dessen Befinden hierher gelangen, sind erfreulicher Weise recht günstige; die Venenentzündung ist ver schwunden, die neuralgischen Schmerzen haben sich, dank sei es der kräftigen Waldesluft, welche die lauenburgischen sowohl, wie die pom- merschen Besitzungen des Fürsten Bismarck auszeichnet, und welche ihren heilsamen Einfluß auf das Nervenleiden des Kanzlers schon vielmals bethätigt hat, fast gänzlich verloren; aber man erfährt zu gleich, daß die Anforderungen, welche an die Arbeitskraft des Fürsten Bismarck gestellt werden, außerordentlich hohe sind, und das mehrfach nöthig war, das Vollgewicht seines Einflusses und seiner diplomatischen Gewandtheit in die Wagschale zu legen, um die Geschäfte am Bos porus und am Nil so zu leiten, wie es für das Gedeihen und den Frieden Deutschlands nöthig und ersprießlich ist. Im Reichsschatzamt werden Vorbereitungen für die Ausarbeitung der Entwürfe der Erhöhung der Bier steuer und der Einführung der Branntweinkonsumsteuer getroffen. Das „Deutsche Tageblatt" giebt eine Uebersicht über die nicht immer auf gesetzlichen Wegen sich bewegende Agitation der Fort schrittspartei, der zu entnehmen ist, wie groß die Regsamkeit der selben sei im Vergleich zu den Leistungen der Konservativen und ihres Centralkomitees. Dieselbe hat nämlich nicht nur 9 Broschüren in 106,960 Exemplaren, Flugblätter in der Zahl von 9,600,000 Exem plaren verbreitet und 250 Vorträge (mit Kostenaufwand von 11,855 Mk.) halten lassen, sondern hat auch 7 Parteitage in verschiedenen Provinzen veranstaltet und für ihre ganze Agitation ca. 200,000 M. aufgebracht, unter welcher Summe sich auch 50,000 M. besonderer Fonds für Reichstagsabgeordnete befindet, dazu bestimmt, auswärtigen Abgeordneten die Äufenthaltskosten in Berlin zu ersetzen, bekanntlich eine verfassungswidrige Praxis der Fortschrittspartei. Berlin. Die am Freitag auf dem Anhalter Bahnhof erfolgte Abreise der neuerdings ausgewiesenen Socialdemokraten hat durch die von den Begleitern derselben versuchte Demonstration zu Excessen geführt, welche ohne Zweifel ihr Nachspiel vor dem Strafrichter haben werden. Einer der anwesenden Socialisten hielt eine bluttriefende Rede. Die Polizei mußte den Bahnhof absperren, um Ordnung zu schaffen, wobei ein Individuum sich thätlich an Beamten vergriff. Alle Nachrichten aus Egypten konzentriren sich um die Greuel- thateu und Verwüstungen, die in und um Alexandrien stattgefunden haben und, traurig genug, wahrscheinlich noch stattfinden. Alexandrien, das große, schöne, blühende Alexandrien, mit mehr als 10 000 Häusern und Palästen und über 200 000 Einwohnern gleicht nur noch einem Schutthaufen, denn die weit über die Forts hinweggeflogenen und in die Stadt hineingefallenen Bomben der Engländer und die Zerstör- ungswuth der racheschnaubenden Egypter vernichteten Alexandrien fast vollständig. Die arabischen Pöbelhaufen erwürgten gegen 5000 noch ln Alexandrien befindliche Europäer, von denen sich nur einige Häuf- dem Hafen retteten, dann kamen räuberische Beduinen in die s / ? vollendeten Brand und Plünderung. Admiral Seymour sM i"viel als möglich Mariuetruppen gelandet, welche verschiedene Stadtlyelle Alexandriens besetzten und die Plünderer mit Flintenschüssen verjagten. Der Vizekönig ist gerettet und befindet sich unter englischem Pascha soll nur eine Stunde hinter Alexandrien mit 20 000 Mann stehen und entschlossen sein, weiter zu kämpfen. Wer tragt die Verantwortung der Greuelzustände in Egypten? In Egypten fit nie sonderlich gewirthschaftet worden, aber mit der Erhebung zum Vicekönigrcich ini Jahre 1806 ist eine Aera der Ver schwendung eingetreten, die kein anderes Land mit so verhältnißmäßig wenig Kulturboden wie Egypten (nur etwa der 20te Theil des Areals) hätte ertragen können; aber auch dieses fruchtbarste aller Länder ist dabei zu Grunde gerichtet worden und erhält durch die jüngsten Er eignisse einen Stoß» von dem es auch bei der denkbar besten Ver waltung sich sobald nicht wieder erholen wird. Seinen Höhepunkt er Erscheinr wöchentlich 2 Mal (Dienstag und Freitag Abonnementspreis vierteljährlich 1 Mark Eine- einzelne Nummer — für kostet_10 Pf Nossen, Siebenlehn und die Umgegenden.